REISHAUER Sonderdruck DM 2019

Page 1

1/19

www.digital-manufacturing-magazin.de

AUF BAU U N D OP T I MI E RU N G I T - G E S T Ü T Z T E R PROD UK TION SPROZE SSE

D, A, CH: 9,50 Euro, weitere EU-Länder: 11,70 Euro

Industrie 4.0 | Internet der Dinge

Weltmarktführer setzt auf SAP ME

Maschinenbau 4.0 mit SAP Digital Manufacturing


T I T E L S T O R Y : M A S C H I N E N B A U 4 . 0 M I T S A P D I G I TA L M A N U FA C T U R I N G

Digitale Montage für mehr Prozesssicherheit Mit SAP ME (Manufacturing Execution) als neuem Steuerungssystem in der Produktion richtet sich der Schweizer Maschinenbauer Reishauer neu aus, und das sowohl in Richtung vernetzter Produktion als auch in Bezug auf Digital Manufacturing. Die von IGZ realisierte Lösung sorgt für Prozess­ sicherheit und Rückverfolgbarkeit jedes einzelnen Montageschritts. VON ANDREAS BUSCH

M A S C H I N E N , wie sie die Reishauer AG herstellt, gibt es nicht von der Stange. Das Unternehmen aus Wallisellen in der Schweiz hat Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, China und den USA. Als weltweit führender Technologieanbieter setzt Reishauer für das Verzahnungsschleifen mit seinen Wälzschleifmaschinen seit Jahrzehnten die Standards und fertigt jede Maschine kundenindividuell, was eine hohe Variantenvielfalt mit sich bringt. Die Produktionszeit der Maschinen bis zur Auslieferung beträgt in der Regel mehrere Wochen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind bisher zahlreiche Papierdokumente mit fertigungsrelevanten Daten entstanden – vom Anlegen des Auftrags in SAP ERP zur Kommissionierung im Lager bis über die gesamte Montage hinweg, bei der zusätzliche Prüfschritte angefallen sind. Dies führte zu einer beachtlichen Anzahl von Zeichnungen, Montageanleitungen, Prüfpapieren oder Kommissionierungszetteln. Nach Fertigstellung der Maschine wurden diese eingescannt und dem Kunden als Produktdokumentation übermittelt. Die aufwändige Dokumentation ist Garant dafür, dass die Produktionsmaschinen stets in der richtigen kundenindividuellen Konfiguration fertiggestellt werden.

OEE-Berechnung, Prozess­ verriegelung, Traceability Reishauer deckte über die papierbasierte Dokumentation drei wesentliche Aufgaben ab: Die Betriebsdatenerfassung, die Verriegelung der Prozesse und die

8

1/2019

Steigerung der Prozesssicherheit im Bereich der Baugruppenmontage durch produktions­ begleitende Online-Arbeitsanweisungen sowie Verbau-Plausibilisierung in SAP ME.

Rückverfolgbarkeit (Traceability) zur Überwachung des Fortschritts einzelner Montageschritte. Dadurch wurden die aktuellen Ist-Fertigungsdaten mit den Soll-Vorgaben im ERP-System abgeglichen. Schwerpunkt der Digitalisierungsinitiative von Reishauer in der Produktion waren diverse Verbesserungs- und Optimierungspunkte, die das Unternehmen durch die papierlose Fertigung erreichen wollte. Dies waren die initiale Bereitstellung der immer umfangreicheren Fertigungs­ dokumente und Dokumentationsauf­ gaben sowie die sichere Organisation des Informationsflusses von konstruktiven Änderungen an die Produktion, zum Beispiel Zeichnungen. Ebenso wichtig war die Berücksichtigung geänderter Kun-

denanforderungen während der Produktion sowie die Verbesserung der Transplanung, parenz zwischen Produktions­ Fertigung, Logistik und auch der kaufmännischen Ebene durch eine gemeinsame und unmittelbare Sicht auf die aktuelle Produktionssituation. Und nicht zuletzt legte man ein Augenmerk auf die weitere Absicherung der Prozesskontrolle über alle Fertigungsstufen hinweg mit Verbesserungen der Kennzahlen und des Reporting sowie auf die zusätz­liche Absicherung der Qualität.

Geführte Montage mittels SAP MES Zwar haben die Produktionsmitarbeiter in der Reishauer-Fertigung über die Jahre hinweg ein sicheres Gefühl für ihre Produktionsabläufe entwickelt, den-


Mit den in Wallisellen produzierten Wälzschleifmaschinen setzt Reishauer weltweit Maßstäbe für das Verzahnungsschleifen.

noch ist es nur mit einem MES möglich, sie wirklich kontrolliert durch die einzelnen Montageschritte zu führen. Deshalb entschied sich das Unternehmen im Jahr 2016 für die Einführung von SAP ME, um einerseits den Overload an papierbasierten Vorgängen durch ein hoch flexibles Standard-Manufacturing-ExecutionSystem abzulösen und andererseits eine maximale Integration in die bestehende SAP-Welt sicherzustellen. Implementierungspartner waren die SAP-Manufacturing-Experten von IGZ, für die aus Sicht von Reishauer insbesondere die langjährige sowie tiefgehende Erfahrung und Kompetenz im Produktionsumfeld spricht. „Uns überzeugten das professionelle Projektvorgehen, das uns Transparenz in allen Phasen des Projektes gewährte sowie das umfangreiche Testmanagement. Wir haben IGZ zudem als führenden SAP-ME-Anbieter im deutschsprachigen Markt wahrnehmen können, was sich anhand deren Referenzen auch belegen lies“, betont Oliver Ritter, MESProjektleiter bei der Reishauer AG. Die SAP-MES-Standardsoftware ermöglicht die Visualisierung der Auftragsübersicht und das automatische Festlegen der Bearbeitungsreihenfolge für eine optimale Prozessverriegelung. Sie kommuniziert bei Reishauer mit den eingesetzten SAP-Modulen für das Qualitätsmanagement, die Produktionsplanung, dem Dokumentenmanagement, der Materialwirtschaft und der Instand-

haltung, um montagerelevantes Equipment sowie unterschiedlichste Qualitätsmeldungen erstellen und aktualisieren zu können. SAP ME gibt Online-Rückmeldungen zum jeweiligen Fertigungsauftrag an das ERP-System zurück. So werden beim Verbau von Komponenten und Baugruppen die dazugehörenden Seriennummern automatisch erfasst und zum Equipment in SAP ERP zurückgemeldet. Zusätzliche Qualitätsmeldungen lassen sich direkt in SAP ME erstellen und automatisch während des Montageprozesses an das QM-Modul in SAP ERP zurückmelden. Dadurch realisiert der Maschinenbauer durchgängige Montageprozesse von „Topfloor to Shopfloor“, fertigt im Produktionsumfeld papierlos und redu­ziert auf diese Weise das bestehende Fehlerpotenzial.

ports möglich. Der Maschinenbauer kann so das Effizienzpotenzial visualisieren und geeignete Maßnahmen einleiten. Im System lassen sich alle Aufträge und ihr Fertigungsstand in Echtzeit nachverfolgen. Prozessverriegelung im MES-System bedeutet: Der nachfolgende Prozessoder Montageschritt lässt sich nur dann starten, wenn der vorherige Montageschritt abgeschlossen und quittiert wurde. Man kann auch keine Dokumente einsehen und Daten zu einer Maschine erfassen, solange der Auftrag noch nicht auf dem Bildschirm im SAP-ME-Terminal ersichtlich ist – eben weil die vorigen Schritte noch nicht durchgeführt oder abgeschlossen wurden. Ohne diese systemseitige Führung wäre es sonst möglich, den nachfolgenden Produktionsschritt bereits früher zu starten, beispielsweise auch dann, wenn die auftragsspezifische Zeichnung oder Maschinenkonfiguration mittlerweile auf Kundenwunsch geändert wurde, oder alle für die Montage notwendigen Komponenten noch nicht vorliegen. SAP ME hingegen führt den Werker kontrolliert durch alle Prozesse, so dass er keinen Arbeitsschritt mehr versehentlich überspringt. Alle Aktionen lassen sich protokollieren und der Abschluss jedes Teilschritts automatisch an SAP ERP übertragen. Produktionsplanung und Controlling haben damit stets eine aktuelle Übersicht über den jeweiligen Stand der Fertigung, was die Produktionsplanung erleichtert. Durch die enge vertikale Systemintegration und die konsistente Datenrückmeldung entfällt der manuelle Aufwand. Am Ende der Produk-

Mit digitalisierten Vorgängen zur Smart Factory Kein Reishauer-Produktionsleiter muss Messwerte und sonstige Kennzahlen an der Maschine ablesen und manuell in ein Formular eintragen, von dem sie dann wiederum in das ERP-System übertragen werden. SAP ME greift die Betriebsdaten automatisch ab und speichert sie zum korrespondierenden Auftrag. Das ermöglicht eine durchgängige Rückverfolgbarkeit und den Zugriff auf stets aktuelle Daten. Dadurch sind Auswertungen und Analysen der erfassten Daten durch eigens konfigurierte Dashboards sowie Re-

Integrierte Qualitätsprüfung mit SAP ME und SAP Visual Enterprise 3D-Viewer.

Sonderdruck aus dem DIGITAL MANUFACTURING Magazin 1/2019. Das komplette Magazin erhalten Sie unter www.digital-manufacturing-magazin.de, bzw.win-verlag@guell.de. Copyright 2019 WIN-Verlag GmbH & Co. KG, alle Rechte ­vorbehalten. Nachdruck, Vervielfältigung aller Art und digitale Verwertung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages: info@win-verlag.de.

1/2019

9


T I T E L S T O R Y : M A S C H I N E N B A U 4 . 0 M I T S A P D I G I TA L M A N U FA C T U R I N G

das Projekthaus auch über die gesamte Rollout-Phase hinweg. „Wichtig war es uns auch, dass SAP ME mit einer hohen Standardabdeckung installiert und eingeführt wurde“, erklärt Oliver Ritter.

SAP-ME-Rollout auf die komplette Fertigung

Vollautomatische Anbindungen von hochkomplexen Fräszentren an SAP ME.

tion lassen sich so die maschinenrelevanten Dokumente wie Abnahmeprüfzeugnis und Komponentenliste per Mausklick mit SAP ME an den Kunden online übertragen. Bei Reishauer führt das zu einem großen Zeit- und Effektivitätsgewinn.

Wesentliche Anforderungen im SAP-Standard umgesetzt Realisiert wurde die systemgestützte Produktion bei dem Schweizer Unternehmen zunächst in der Schleifschlittenund Schleifkopfmontage – einem Teilbereich der Montage. Dort läuft das System seit 2017 produktiv. Reishauer hat mit SAP ME verschiedene Arbeitsplätze für die Montage der benötigten Baugruppen eingerichtet. So lassen sich Bauteile bereits vorfertigen, wodurch sich die Durchlaufzeit der Aufträge verkürzt. Die Schleifschlitten-/Schleifkopf-Montage diente als Pilotbereich mit dem Fokus, diesen mit einer hohen Standardabdeckung in das SAP ME zu implementieren. Anhand des Piloten prüfte man, ob das System jeglichen Anforderungen in der Reishauer-Produktion als rolloutfähiges Template gerecht wird, wie die Werker mit SAP ME arbeiten können und welche Erweiterungen gegebenenfalls notwendig sind. IGZ setzt in seinen ME-Projekten auf ein bewährtes Vorgehensmodell mit klarem Ziel und Konzept sowie einer erprobten Einsatzanalyse und Feinspezifikationsphase im Vorfeld der Umsetzung. Dieser

10

1/2019

Bilder: IGZ

Ansatz entsprach auch den Vorstellungen von Reishauer. Das Unternehmen profitierte insbesondere vom Know-howTransfer des im Produktionsumfeld sehr erfahrenen Projekthauses. Nach dem Train-the-Trainer-Prinzip vermittelt IGZ seinen Kunden bereits während des Projektes das Wissen, um weitere Rollouts zum Teil auch eigenverantwortlich durchzuführen und damit IT-Budgets für externe Unterstützung zu reduzieren. Bei Bedarf und auf Kundenwunsch begleitet

SAP-Standardsoftware und MES-Experten mit hohem ­Technik Know-how – beides ­vereint IGZ perfekt.“ OLIVER RITTER, MES PROJEKTLEITUNG BEI REISHAUER

Mehr als 60 Werker und Schichtleiter arbeiten mittlerweile mit dem System. Reishauer hat dafür in der Produktion mobile Touch-Terminals für eine effi­ziente und schnelle Auftragsdurchführung installiert und dadurch die Möglichkeit geschaffen, komplexe Arbeitsanweisungen und Konstrukti­ onszeichnungen für eine sichere Werkerführung anzuzeigen. Mit komplexen User-Interfaces müssen sich die Werker jedoch nicht befassen: Die Anwenderoberfläche ist ergonomisch und der Zugriff erfolgt webbasiert. Man muss somit nichts installieren, sondern kann auf jedem Mobile Device einen vorin­ stallierten Web-Browser verwenden. Die Arbeit mit SAP ME hat bei dem ­Maschinenbauer nicht nur zu einer höheren Effizienz geführt, sondern auch zu mehr Transparenz und zu einem deutlich höheren und besseren Online-Dokumentationsgrad. Das System unterstützt die Anwender und Anwenderinnen in jedem einzelnen Produktionsabschnitt und ermöglicht eine übersichtliche, kontrollierte und vor allem papierlose Fertigungssteuerung. Produktion und Logistik sind zudem eng in SAP integriert und miteinander vernetzt, ebenso mit der administrativen IT-Ebene. Termine für alle Bereiche werden in einem zentralen System abgebildet und darüber synchronisiert. Die Online-Prozessverriegelung reduziert Fehler und Nacharbeitsaufträge. Das Ergebnis: Reishauer konnte die Qualität und Effektivität der täglichen Produktion steigern. SAP ME kommt nicht nur in der Baugruppenmontage zum Einsatz, sondern auch in der gesamten Taktmontage, in welcher die einzelnen Baugruppen miteinander „verheiratet“ werden. Reis­ hauer plant ferner weitere Rollouts für die nachgelagerte Fertigung, darunter vollautomatische Anbindungen von hochkomplexen Fräszentren an die rt MES-Lösung. Andreas Busch ist Verkaufsleiter SAP Manufac­ turing bei der IGZ Ingenieurgesellschaft mbH.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.