miju #30

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42 du liest miju #30 // november ’18

dem Raubtier Mensch und dem Beutetier Pferd, weil es dem natürlichen Umgang mit dem Pferd entspricht. Kommunikation über Körpersprache. »Pferde kommunizieren weltweit nur über eine einzige Sprache, das ist die Körpersprache und das schauen wir uns von der Natur ab«, fasst der Pferdemensch zusammen. Und in anderen Worten: »Ich will, dass das Pferd ehrlich mitmacht und nicht nur weil’s Leckerli bekommt.« Aufmerksamkeit, Vertrauen, Respekt seien dabei die drei Säulen des Natural Horsemanship. Zuspruch findet Manuel Pühringer von allen Seiten. »Oft sind Problemchen vom Pferd in Wirklichkeit Problemchen von Menschen«, weiß er nach lebenslanger Erfahrung mit ihnen. Arbeit mit Tieren macht einen Menschen grundsätzlich ruhiger, geerdeter, selbstdisziplinierter, man lernt zu verzeihen, denn so etwas wie Rache gibt es bei Tieren nicht. Ein Tier findet im Moment statt. Und Menschen, die mit Tieren arbeiten, können besser mit Menschen, denn sie achten auch bei ihrer eigenen Spezies auf die Körpersprache. Das Reiten liegt bei den Pühringers in der Familie, auch der Vater ist Reiter und besaß bereits ein Pferd, noch bevor Manuel geboren wurde. Zu Turnieren geht der junge Reiter aber nicht, denn er will seinen Pferden den Stress von Turnieren nicht antun. Wettbewerb und artfremder Stress würde außerdem dem Grundgedanken des Natural Horsemanship widersprechen. »Ich weiß, was ich da stehen habe, und wenn jemand das sucht, dann findet er das bei mir auch ohne, dass er mich auf Turnieren gesehen hat«, betont Pühringer. Natural Horsemanship ist freilich ein ganzheitliches Konzept, das über das Reiten und den Umgang mit den Pferden hinausgeht. Es betrifft die gesamte Haltung der Tiere. Die Pferde werden auf der Lucky Horse Ranch naturgetreu gefüttert. »Natürlich geht das in der menschlichen Haltung nicht 100-prozentig so wie in der Wildbahn, aber wir nähern uns dem«, sagt

Manuel. Fohlen bekommen keine Unmengen an Kraftfutter zugesetzt, »damit sie mit drei Jahren dastehen wie fertige Pferde, die angeritten und auf Turnieren vorgestellt werden.« Ein Pferd ist von seiner natürlichen Entwicklung erst mit 6 Jahren ausgewachsen und komplett fertig, weiß der Züchter. »Wenn das Pferd ernährt wird, wie es das braucht und wie es gesundheitsfördernd ist, steht es mit drei Jahren noch nicht völlig kompakt da, bleibt dafür aber auch länger gesund«, betont Pühringer. Ein Pferd mit drei Jahren anzureiten lehnt er außerdem ab, weil die Wirbelsäule erst mit etwa 6 Jahren fertig ist: »Dann hab ich das Pferd halt länger da stehen, aber dafür ist es gesund, auch wenn der Kunde das will, wie es sonst gemacht wird. Die ganzen Kraftfutter und Zusatzstoffe blasen ein Pferd nur auf, entwickeln es aber nicht.« Wenn er bei Turnieren Drei- bis Vierjährige vorgestellt sieht, die alle Gangarten draufhaben, dann kommen ihm die Tränen, wie er sagt. Deshalb gibt Pühringer seine Pferde auch nur an die Stellen ab, wo er weiß, dass es passt: »Da gehts mir nicht ums Geld, sondern um das Tier.« Auf der Lucky Horse Ranch sollen Zucht, Ernährung, Haltung und Ausbildung vereint werden. Gesundheitserhaltende Ausbildung bedeutet für Manuel Pühringer vom Boden aus dem Pferd Muskulatur aufzubauen. Das Pferd ist schließlich von seiner Anatomie her kein Tragetier. Pferde bräuchten Platz, weiß Manuel Pühringer, und dementsprechend lange haben sie nach einem geeigneten Grundstück gesucht. Derzeit halten sie 16 Pferde auf insgesamt 5 Hektar, alles in Offenstallhaltung mit Weiden. »Ich stopf mir nicht den Stall voll mit Pferden, so wie es oft gemacht wird«, betont Pühringer. Die Pferde haben rund um die Uhr Heu und immer Auslauf. »Daher sind sie viel ruhiger, weil sie keinen Stress haben, wann das nächste Futter kommt. Wenn ein Pferd vier Stunden nicht frisst, produziert es zu viel Magensäure, die wiederum Magengeschwüre auslösen kann. Das verursacht Stress«, erklärt der Pferdemensch. Bei Pühringer steht


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