#30 // november ‘18 // absolut gratis //
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Spannungsfelder
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aben Sie manchmal auch den Verdacht, phasenweise bestimmte Floskeln oder Begriffe besonders häufig zu hören, ja und sogar selbst zu gebrauchen? Rein subjektiv verhält sich das gerade mit dem Wort Spannungsfeld so. Aber warum bekommt etwas ganz Banales plötzlich so viel Aufmerksamkeit? Ist doch jeder zu jeder Zeit in einem gewissen Spannungsfeld. Gerade jetzt steuern wir auf das größte zu: die Adventszeit. Ruhig und besinnlich soll sie sein, doch ist sie in Wahrheit die größte Hetzerei des Jahres. Ein Spannungsfeld zwischen In-Sich-Kehren und Einkaufstrubel, zwischen Gedenken in aller Stille und Vorbereitungen für das große Fest. Ein ganzes Leben voller Spannungsfelder hat Wolfgang Neubauer. Er ist Archäologe und muss als solcher zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Grundbesitzern agieren. Im Grunde ja auch zwischen Geschichte und Gegenwart. Und vor allem zwischen einem sehr ausfüllenden Beruf und einer
erausgeber, artdirector Alexander Bernold h chefin vom dienst Kathrin Bernold medieninhaber und gesamtproduktion brandits Kreativagentur + Verlag anschrift Oserstraße 45, 2130 Mistelbach kontakt 02572 20834, redaktion@miju.at, werbung@miju.at chefredaktion Mag. Viktoria Antrey grafik Patricia Schritter, Kathrin Bernold, Alexander Bernold illustrationen @zweizeichen Bianca Pletzer, Kathrin Bernold autoren dieser ausgabe Mag. Viktoria Antrey, Ingrid Fröschl-Wendt, Daniel Gepp, Werner Buser fotos Alexander Bernold, Daniel Gepp, von Firmen und Privatpersonen zur Verfügung gestellt, Shutterstock anzeigendispo Alexander Bernold, Kathrin Bernold korrektorat Herbert Hutz druck NP Druck, St. Pölten erscheinungsweise sechsmal jährlich brandits ist ein Unternehmen der K. Bernold GmbH miju
#31 erscheint im März 2019
Großfamilie. Oder der Franz Windisch, der uns erzählt, wie sehr das Krippenbauen gerade in Mode kommt. Wenn es um Weihnachten geht, sehnen sich immer mehr Menschen nach dem ganz Persönlichen, wo sie doch sonst ihr Glück im Materiellen suchen. Vielleicht besprechen wir deshalb die Spannungsfelder jetzt so oft, eben weil gerade vor Weihnachten eine gewisse Sehnsucht in uns aufkommt, zur Ruhe zu kommen. Wir wünschen Ihnen jedenfalls eine entspannte Zeit und ein spannendes Jahr 2019. miju kann das Denken anstoßen. Reflektieren Sie mit uns. Eure miju Mag. Viktoria Antrey
Alexander Bernold
Chefredakteurin
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geschriebenes: vikoria antrey // fotografiertes: alexander bernold, zvg.
aufdecker unserer
Geschichte Aus der Schweiz zieht er ins Weinviertel. Er gräbt, ohne die Erde zu berühren, nach den hiesigen Kreisgrabenanlagen und dem englischen Stonehenge, das er kurzerhand im MAMUZ nachbaut. Er war Wissenschafter des Jahres, ist Leiter des Ludwig Boltzmann-Institutes für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie, außerordentlicher Professor an der Universität Wien, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Teil einer Großfamilie. Der Mann hat sicher viel zu tun und wirkt doch so ruhig. Wolfgang Neubauer ist Archäologe ohne Schaufel, denn er scannt und röntgt den Boden. Zerstörungsfreie Untersuchung nennt man das. Und er ist begeisterter Wahl-Weinviertler.
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n Föllim dreht sich bekanntlich die Weltachse. Vielleicht ist das der Grund, warum es die Familie Neubauer ins entlegene Dorf am Rande der Gemeinde Poysdorf zog. Geboren und aufgewachsen ist Wolfgang Neubauer in der Schweiz. Nach Wien kam er, um Prähistorische Archäologie, Informatik und Mathematik zu studieren. »Eigentlich wollte ich in Innsbruck studieren. Zwischen den Bergen, nebenbei als Skilehrer arbeiten«, erzählt Neubauer den Traum vieler Studenten. Doch er wollte Archäologie und Informatik kombinieren. Letzteres gab es aber an der Uni Innsbruck nicht. In Linz hätte es Informatik gegeben, dafür wiederum keine Archäologie. Also ist es Wien geworden. Ein paar Semester wollte Neubauer dann in Norwegen studieren. Aber in Wien wurden die Magnetfeldmessungen möglich, die den jungen Studenten so sehr faszinierten, und diese funktionieren auf Lössböden hervorragend. Also ab ins Weinviertel zu den unzähligen Zeugnissen frühester Besiedlungsgeschichte, um sie ohne Zerstörung zu untersuchen. Zu allererst widmete er sich den Kreisgrabenanlagen im Weinviertel. Im Zuge der großen Messungen in Asparn an der Zaya besucht Neubauer einen Feuerwehrheurigen, wo er unverhofft seine Gattin kennenlernt. Mittlerweile haben die beiden fünf Kinder. Mit jedem Kind haben sie sich weiter von der Stadt entfernt, wie Neubauer es ausdrückt: Zuerst lebten sie in Wien, dann in Ulrichskirchen, mit dem ersten Kind zogen sie
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nach Neubau-Kreuzstetten und seit 13 Jahren lebt die 7-köpfige Familie in Föllim bei Poysdorf. Es zog sie immer weiter in die Grünruhelage. Natürlich werden sie oft gefragt, was es bringe, wenn man so weit am Land lebt. »Es bringt Ruhe und die Dörfer nördlich von Mistelbach sind sehr viel offener als südlich davon. Speziell die Dörfer rund um Poysdorf, da ist man sehr rasch integriert, das ist ein großer Vorteil« – das empfindet der Archäologe als großen Unterschied innerhalb des Bezirks. Vielleicht ist die Offenheit aber auch nur ein Spezifikum für Föllim. »Außerdem ist es am Land sehr viel sinnvoller mit Kindern. Hier macht man die Tür auf und sie können sicher im Garten spielen. In Wien ist das sehr viel komplizierter. Da hätten wir wahrscheinlich nur ein Kind«, gibt Neubauer zu bedenken. Außerdem seien die Fahrzeiten zum Institut und zum Flughafen entscheidend. »Von Föllim dorthin ist es die gleiche Zeit wie von der Stadt weg. Uns gefällt es hier«, schließt Neubauer. Durch die Beschäftigung mit den neuen Methoden des Bodenröntgens und -scannens hat es sich ergeben, dass der Archäologe von Beginn an mit Geophysik und Geodäsie zu tun hatte. Mittlerweile betreibt er damit Untersuchungen in Norwegen. »Das heißt, der ursprüngliche Plan nach Norwegen zu gehen, hat sich jetzt immerhin dahin entwickelt, dass wir nun große Projekte dort machen. Diesen Sommer war ich mit 30 Studenten in Norwegen für eine Lehrgrabung«, schildert der 55-Jährige. Das macht er ein- bis zweimal im Jahr. »In Norwegen wäre es im Sommer angenehm zu graben«, sollte er sich täuschen, »denn im Weinviertel ist es nicht mehr lustig, wenn die Sonne so brutal herunterheizt oder ein Gewitter kommt und alles wegschwabt.« Doch dann hatte es auch in Norwegen 30 Grad den ganzen Monat. Einstweilen noch selten, bald vielleicht Normalwerte. Eine spezielle Vorliebe für nordische Kulturen hat Wolfgang Neubauer aber nicht notwendigerweise, nur weil er in Österreich und Großbritannien den Menschen der Steinzeit auf der Spur ist und in Norwegen den Wikingern. »Gerade im Weinviertel finden wir die ältesten Spuren von sesshaften Menschen«, erklärt Neubauer sein wissenschaftliches Interesse an der Gegend und weiter: »Wenn man sich nicht die Weltgeschichte, sondern die Geschichte des Menschen in der Welt anschaut, dann ist das Weinviertel ein ganz
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wichtiger Bereich. Um 5000 v. Chr. hat bei Kleinhadersdorf eine große Siedlung bestanden. Die Auswertungen sind noch nicht fertig, wahrscheinlich werden wir Anfang nächsten Jahres etwas präsentieren können. Es sind die ersten Siedlungen in dem Raum und in Österreich überhaupt. Hier haben sich die ersten Menschen im heutigen Österreich niedergelassen. Die Archäologie ist überall dort aktuell, wo der Mensch gelebt hat.« »Wir haben die Cheops-Pyramide gescannt, wir haben die Sphinx gescannt, wir waren in Stonehenge, aber die Kreisgrabenanlagen in Wilhelmsdorf sind genauso wichtig«, betont der Wissenschafter des Jahres 2015. Immerhin gibt es im Weinviertel eine sehr große Dichte davon mit um die 40 Stück. Und sie sind wesentlich älter als Stonehenge. »Wir würden also nie Stonehenge untersuchen, bevor wir nicht die Kreisgrabenanlagen im Weinviertel untersucht hätten«, erklärt Neubauer die Dringlichkeit weiterer Feldforschungen in unserem Gebiet. So wissen wir heute, dass die Menschen damals vom nördlichen Balkan, aus der Donau-Theiß-Region eingewandert sind und ihre Kultur mitbrachten, die sich hier mit anderen Kulturen vermischt hat, woraus wiederum neue Kulturen entstanden sind. »Deshalb sind diese Monumente sehr wesentlich gewesen, denn damit demonstrierten die neuen Kulturen Macht und erschufen ein Wir-Gefühl. Um 4900 v. Chr. gibt es eine Zäsur. Um diese Zeit datieren sich sehr viele Gräber mit Hunderten von Toten. Die Keramiken, die diese Leute gehabt haben, sind nicht mehr da. Dafür finden wir ganz massiv Obsidian. Der kommt in den Tokajer Bergen vor, wo er zu dieser Zeit abgebaut wurde. Dann geht der Abbau dort zu Ende. Fragt man sich, warum wird nicht mehr abgebaut? Weil die Leute nicht mehr dort sind. Wahrscheinlich wegen ökologischen Katastrophen. Ein mögliches Szenario: Die Theiß ist war Oberlauf stark ausgetrocknet, in den Becken bildeten sich dann Algenteppiche, die das Grundwasser und Brunnen vergifteten, die Leute mussten die Heimat verlassen und gingen ins heutige Weinviertel. Im Auswanderungsgebiet findet man zahlreiche kultische Hinweise, dass Menschen Naturkatastrophen irgendwelchen höheren Mächten zugeschrieben hatten: In Ungarn gibt es einen Brunnen, in dem eine ganze Familie bestattet wurde – ein Hinweis auf verseuchtes Brunnenwasser –, mit dazu bestattet hat man Hunderte von Gefäßen. Damit wollte man scheinbar die Naturmächte
befrieden, die das Sterben dieser Familie und vieler anderer Menschen ausgelöst haben sollen«, gibt der Forscher einen kurzen Abriss der Frühgeschichte unserer Heimat. Diese Einwanderungsbewegung ins heutige Weinviertel wird leider nicht friedfertig zugegangen sein, weiß er anhand der vielen Massengräber. Flankiert von zweien seiner vier Söhne, erzählt Neubauer dann von seinem Leben abseits der Wissenschaft: »Ein Argument, warum man so weit draußen nicht wohnen kann, ist immer, dass es wenig kulturelles Angebot gäbe. Aber wenn man fünf Kinder hat, braucht man kein kulturelles Angebot. Abgesehen davon gibt es sehr wohl genug, das genauso toll ist wie etwas in Wien. Da geh ich lieber ins Nonseum, wenn’s eine lustige Geschichte gibt, als irgendwohin in Wien.« Doch auch er kommt, wie so viele andere, um einen kleinen Einwand nicht umhin: »Ich ginge auch gern zu den Puppentheatertagen. Aber da habe ich das Problem, dass ich immer erst mitkriege, was für ein Programm gewesen wäre, wenns schon wieder vorbei ist. Das habe ich noch nicht ganz verstanden, warum man in einer Region, wo keine Millionen von Leuten leben und es daher eigentlich recht simpel wäre, eine Information breit zu streuen, Dinge nicht besser bewerben kann.« Manchmal drängt sich auch bei Neubauer das Gefühl auf, als wolle man neue Besucher um jeden Preis vermeiden. Beispiele gäbe es dafür noch viele weitere. Etwa sind ihm und etlichen anderen treuen Kunden des Weinmarkts Poysdorf das 30-Jahr-Jubiläum desselben entgangen. Seinen jüngsten Sohn beschäftigen derweil noch andere Dinge. Er malt eine Schatzkarte auf ein Blatt Papier, das ihm der Vater gegeben hat, nur die Rückseite, die darf er nicht bemalen: »Das brauch ich noch, ist ein Geheimcode für ein Computerprogramm.« Auch Arbeitsunterlagen werden mit den Kindern geteilt, genau so, wie sie in seine Forschungsprojekte mit einbezogen werden. Manchmal kommt der eine oder andere auf Grabungen in den Sommerferien mit, aber die großen Projekte finden in der Schulzeit statt. Der Kleinste verrät, dass er Zauberer werden will, der Mittlere setzt seine Ziele eher kurzfristig, er will zuerst mal die Schule schaffen. Ein Forschungsbereich, wie der des Herrn Neubauer, ist interdisziplinär sehr breit gefächert. Historiker, Physiker, Geodäten, Geophysiker, Mechatroniker oder Maschinenbauer sind nur wenige der Spezialisten, deren Expertise bei seinem archäologischen
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Forschungsfeld benötigt wird, will man Ausgrabungen durchführen, ohne die Erde zu berühren. Bei den Ausgrabungen im Zuge der A5-Baustelle waren Neubauer und sein Team nicht dabei. »Das ist das große Problem mit dem Gesetz, das in Österreich nur eine Anlassgesetzgebung ist«, bedauert Neubauer. »Große Flächen werden verändert oder zerstört, ohne dass Grabungen stattfinden. Im Durchschnitt 20 Hektar pro Tag! Dabei könnte so viel erhalten bleiben, wenn man das Gelände vorab zerstörungsfrei untersuchen würde.« In Österreich wird nur entlang der Trassen gegraben und das auch nur, wenn eine Baggerschaufel bereits etwas freigelegt hat. »Aber dass die ganzen Informationen links und rechts neben der Trasse durch Überschüttungen und dergleichen verloren gehen, ist ein Trauerspiel«, konstatiert der Wissenschafter. Dabei könnte man aber auch europäische Richtlinien hernehmen. »Da gibt es etwa die Valetta-Konvention, ein Teil des Malta Treatys aus dem Jahr 1992, die besagt, dass zerstörungsfreie Methoden vorab eingesetzt werden müssen. Dies wurde in Österreich erst 2015 ratifiziert. Das zeigt deutlich, wo der Stand in unserem Land ist. Das sind Dinge, auf die wir gerne immer wieder hinweisen. Traurig, wenn man bedenkt, wo im Ausland wir mit unseren Untersuchungsmethoden überall unterwegs sind und was dabei alles herauskommt und zu Hause schieben sie mit dem Bagger die Sachen davon«, kann der Experte das Unverständnis nicht begreifen. Noch dazu: Bringe dann eine Baggerschaufel etwas zutage, sodass besagter Anlass eintritt, dass gegraben werden müsse, würden auch noch viel zu wenig Mittel freigemacht, weshalb die Grabungen sehr schnell wieder abgeschlossen werden müssten und dadurch wiederum nicht auf dem letzten Stand der Wissenschaft gearbeitet werden könne. Demgegenüber sieht Neubauer die internationalen Vorzeigeprojekte seines Teams, zu denen auch Carnuntum zu zählen ist, wo sie das gesamte römische Stadtgebiet im Ausmaß von 10 m2 vermessen haben. Aber dies sei dem persönlichen Verständnis und Interesse des ehemaligen Landeshauptmanns Dr. Pröll zu verdanken. Der habe erkannt, dass diese Methoden wichtig sind im Spannungsfeld von Denkmalschutz und Wirtschaftsentwicklung, damit bei der Raumplanung Konflikte zwischen diesen beiden Positionen erst gar nicht entstehen. »Das war sehr wichtig, dass er das über die Jahre hinweg unterstützt
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hat, dafür sind wir sehr dankbar. Seine Unterstützung hatte nichts mit dem Bundesgesetz oder dem Bundesdenkmalamt zu tun, sondern war eine Initiative des Landes Niederösterreich und des Herrn Pröll«, findet Neubauer bemerkenswert. Ein spezielles Interesse für Kelten oder Wikinger kann Wolfgang Neubauer bei sich nicht finden, der räumliche Fokus auf Mittel- und Nordeuropa hat andere Gründe. Im Gegenteil, sein Team und er betreiben zurzeit 35 größere Projekte, die nach thematischen Schwerpunkten einzuteilen sind. Das sind zum einen die römischen Städte mit Carnuntum und Flavia Solva. Ein ganz wesentliches Thema sind die Wikinger. »Das interessiert uns insofern, als dass wir viele skandinavische Partner haben, mit denen wir diese Projekte gemeinsam durchführen. Wir haben bereits vor etwa 15 Jahren eine große Wikingersiedlung in Schleswig-Holstein untersucht und würden gerne ihren Spuren bis Vinland in Nordamerika folgen«, führt Neubauer aus. Der andere große Themenbereich sind die Kreisgrabenanlagen, wie wir sie im Weinviertel haben, und die englischen Hengemonumente wie Stonehenge. Dieser Schwerpunkt Jungneolithikum, also die Zeit, in der die Menschen beginnen sesshaft zu werden, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, wird weiterhin ein Schwerpunkt bleiben. »Was wir neu begonnen haben, sind Unterwasser-Prospektionen. Das machen wir etwa im Salzkammergut. Da setzen wir Sonargeräte ein und können hochauflösende Bilder machen, wie sie bisher noch nicht gemacht wurden«, erzählt der Archäologe von seinen spannenden Aufgaben. Ob Gewässer, steile Klippen, Urwälder oder unsere metertiefen Lösshügel. Alle diese Geländearten müssen untersucht werden können und dazu braucht es spezielles Gerät und Technik. »Spezialflugzeuge mit großen Kameras, mit großen Laserscannern, mit Hyperspektral- oder Thermalscannern, womit wir große Gebiete
abdecken«, kommen da zum Einsatz, »auch Drohnen werden manchmal gebraucht, wobei dafür der Flugraum bereits sehr begrenzt ist, in manchen Gebieten ist ihr Einsatz bereits verboten, weil zu viele unterwegs sind.« Oft überfliegen sie Gebiete immer wieder, um die Veränderung in einem Gelände über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren. Auch im Weinviertel tun sie das. Wolfgang Neubauers Arbeit wird mit Respekt und Anerkennung behandelt, immerhin hat er viel für unser Geschichtswissen geleistet. So wurde er kürzlich in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen und 2015 vom Club der Wissenschaftsjournalisten zum Wissenschafter des Jahres gewählt. Diese Auszeichnung wird an jene Wissenschafter verliehen, die »zur Mehrung des Rufs der Wissenschaft international beitragen«. Von manchen Wissenschaftern hat man den Eindruck, sie wären auf einer Insel, doch Neubauer findet eine Erklärung für den Anschein: »Vielleicht wirkt es deshalb so, weil sie sich nicht so ausdrücken können, wie sie das wollten. Aber wir haben ständig mit Leuten zu tun. Mittlerweile haben wir sicher schon mit 10.000 Grundbesitzern gesprochen, was wir da tun und auf ihrem Land vorhaben. Und das müssen wir so erklären, dass sie es auch verstehen. Da lernt man, von seiner Insel herunterzukommen.« Andererseits findet Neubauer müsse man der Gesellschaft, die die Wissenschaft finanziert, auch die Erkenntnisse daraus zurückgeben. Im Grunde ist ein Wissenschafter ein Auftragnehmer der Gesellschaft, und wie jeder Auftragnehmer muss er dem Kunden für das Geld Ergebnisse liefern. »Deshalb gehen wir auf die Medien aktiv zu, sprechen mit dem ORF, ob er nicht eine Dokumentation über mehrere Jahre mit uns machen möchte, sind am Bücher schreiben, sprechen mit Printmedien. Die enge Zusammenarbeit mit Medien führt dazu, dass dann auch korrekte Informationen publiziert werden. Das ist klar die Verantwortung der Wissenschafter«, betont der Archäologe. Wohl eines von Wolfgang Neubauers bekanntesten Projekten ist die Stonehenge-Ausstellung im MAMUZ. Die Idee dazu überkam ihn, als er eine Feldforschung an Stonehenge durchgeführt hatte, die dabei erhobenen riesigen Datenmengen sind immer noch in Auswertung. Da fährt er am MAMUZ vorbei und sieht sich die Halle an: »Wow, die ist richtig schön groß, da kann man die Steine von Stonehenge eins zu eins reinstellen.« Mit dieser Idee im Kopf ging er zu MAMUZ-Ge-
schäftsführer Matthias Pacher und der habe die Idee für cool befunden. Anschließend ging Neubauer zum Herrn Pröll, auch der fand die Idee cool. »Na und dann haben wir das gemacht. Wir haben die Anlage nachgebaut, um sie den Leuten zu zeigen und ihnen die Geschichte der Landschaft genauso zu erzählen, wie wir sie gerade erforscht haben«, erzählt der Wissenschafter ohne Insel. Sie haben die Leute und die Gemeinden, mit denen sie viel zusammenarbeiten, eingeladen, sich das anzuschauen. Neubauer selbst hat Führungen gemacht. Oft hörten sie die Frage, warum sie das nicht in Wien, Berlin oder London gemacht hätten. Warum gerade in Mistelbach? Dazu Neubauer immer wieder: »Weil es uns darum gegangen ist, genau hier den Leuten zu zeigen, was wir machen. Das war die bis dahin erfolgreichste Ausstellung im MAMUZ und wird sie wahrscheinlich noch länger bleiben.« Nicht lange überlegt Wolfgang Neubauer eine Antwort auf die Frage, wie man eine Großfamilie und diesen Job unter einen Hut bringt: »Indem man eine tolle Frau und brave Kinder hat. Ohne meine Frau hätte ich schon mal keine fünf Kinder. Sie ist Hebamme im Krankenhaus Mistelbach.« Im Weinviertel zu leben bringe mit sich, dass einen Wein auch interessiere, sagt Neubauer und meint damit nicht nur Wein zu trinken, sondern die ganze Geschichte und Kultur, die mit ihm einhergeht. Deshalb beschäftigt sich der Archäologe auch wissenschaftlich damit. Vor zwei Jahren hat er das Kellerlabyrinth des Herrn Umschaid in Herrnbaumgarten gescannt und ebenso am kürzlich in Poysdorf abgehaltenen Kellergassensymposium teilgenommen. Für die Landesausstellung 2013 hatte er vorgeschlagen, die ganze Poysdorfer Gstetten zu scannen und ein 3D-Bild zu erstellen, das die gesamte Anlage unterirdisch und oberirdisch darstellt. »Aber ich konnte wohl nicht gut genug vermitteln, worum es da geht«, räumt er ein, »es konnte sich damals niemand vorstellen, wozu das gut sein soll.« Diese 3D-Scans haben sein Team und er schon oft gemacht, zum Beispiel die prähistorischen Bergwerke in Hallstatt oder die aufgelassenen Kohlebergwerke in Kroatien. Die Bilder zeigen, was das Auge nicht sehen kann und bringen unterirdische Welten zutage. Eine Technik, die gerade für unsere von Kellerröhren unterminierten Dörfer und Kellergassen spannend ist. Noch gehen dem Wolfgang Neubauer die Ideen lange nicht aus. Sein Forschungsdrang ist schier unersättlich. Der Aufdecker bringt noch vieles ans Licht, was tief vergraben scheint.
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Mit der vielwert Gutschein Card kann man in mehr als 100 Mistelbacher Betrieben einkaufen. Sie ist ab sofort erhältlich und das perfekte Weihnachtsgeschenk, weil sie nicht nur für das geballte Angebot des Mistelbacher Branchenmixes steht, sondern auch zur Wertschöpfung und Sicherung von Arbeitsplätzen in der Region beiträgt. Das Stadtmarketing hat gemeinsam mit den Mistelbacher Betrieben in den letzten Monaten intensiv an der Einführung der Karte gearbeitet. Viele verschiedene Gegebenheiten mussten unter einen Hut gebracht und zum Beispiel Lösungen für unterschiedliche Terminals in den Unternehmen gefunden werden. Rechtzeitig vor Weihnachten steht das neue System
nun bereit. Manuel Bures, Geschäftsführer des Stadtmarketings, dazu: „Betriebe aus den Branchen Gastronomie, Mode, Lebensmittel, Autohandel und viele mehr beteiligen sich an diesem Projekt: Bei dieser Auswahl ist für jeden etwas dabei!“ So funktioniert die vielwert Gutschein Card Sie bestellen die Karte in den Mistelbacher Ausgabestellen oder direkt im Büro des Stadtmarketings und legen einen Betrag zwischen € 10,– und € 400,– fest. Zur Karte erhalten Sie einen Folder, den Sie mit einem persönlichen Gruß beschriften können. Eingelöst wird die Gutschein Card über die Bankomatkassen. Eine aktuelle Liste der teilnehmenden Betriebe und der Ausgabestellen finden Sie auf www.vielwert.at.
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Die weihnachtsgeschichte als Sich einen Baum ins Zimmer zu stellen und diesen bunt zu schmücken ist ein weihnachtlicher Brauch, der vom deutschsprachigen Europa in alle Welt exportiert wurde. Es war Prinz Albert, Queen Victorias geliebter Ehemann, der diese Sitte aus seiner deutschen Heimat an den britischen Königshof gebracht hat. Die Weihnachtsgeschichte rund um die heilige Familiea als Modell zum Baum zu stellen gehört vor allem für Katholiken untrennbar zum Weihnachtsfest. Und da nach der zunehmend unbesinnlicher, hektischer werdenden Adventszeit der Heilig Abend umso mehr ganz persönliches Familienfest bleibt,
suchen immer mehr Menschen nach dem ganz Eigenen, Privaten. Sie bauen ihre Krippen selbst, stellen ihre ganz persönliche Heilige Familie aus eigenen Ideen und Vorstellungen mit ihren eigenen Händen dar.
geschriebenes: vikoria antrey // fotografiertes: alexander bernold
ranz Windisch aus Neudorf bei Staatz ist passionierter Krippenbauer, Schnitzer und Imker. Seine Pension weiß er gut mit allerhand nützlichen Hobbys zu füllen. Seit knapp 20 Jahren widmet er sich der Kunst um das Holz und diese Erfahrung gibt er gerne in Krippenbaukursen weiter. Genauso wie seine Erfahrungen rund um die Biene. Seit 2003 ist er Imker, nur derzeit geht es den Bienen nicht so gut, denn der unnatürlich warme Herbst bringt sie aus dem Konzept: »Sie fliegen zwar ab 8 Grad nicht mehr, aber die Königinnen legen noch – und das widerspricht sich, es sollte Ruhe sein im Stock.« Übrigens stellt der Mann mit dem dichten, langen Vollbart auch Krippen aus Bienenwachs her. So schließt sich der Kreis seiner Hobbys.
Krippe passt, sie sollten ihr Eigenes machen. Außerdem schaut das nicht gut aus, wenn bei einer Ausstellung fünf Krippen denselben Rauchfang haben«, betont er die Einzigartigkeit jeder selbst gebauten Krippe. Frau Maria Ebingers Passionskrippen erwähnt er speziell als sehenswerte Krippen. Diese seien in der Auslage ihres Geschäftslokals am Poysdorfer Dreifaltigkeitsplatz zu bestaunen.
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Franz Windisch, eigentlich gelernter Landmaschinentechniker, schnitzt am liebsten mit der Motorsäge. Kerbschnitzen und Figurenschnitzen hat er 1993 durch das Drängen eines Arbeitskollegen begonnen. Bis heute fährt Windisch dazu jedes Jahr nach Tirol zu einem Schnitzkurs. Seit 1998 widmet er sich auch dem Krippenbauen und gibt Krippenbaukurse. »Die Kurse werden sehr stark angenommen, die Leute stehen drauf«, weiß der Krippenbauer. »Nur bereiten sie sich zu wenig vor, obwohl wir bereits einen Monat vor dem Kurs zusammenkommen, wo ich ihnen sage, sie sollen Skizzen und Pläne machen«, räumt Windisch ein. Dann wollen die Leute aber zum Beispiel genau den Rauchfang, den sie woanders schon gesehen haben. »Ich sage ihnen dann immer wieder, dass sie das nicht tun sollen, weil nicht jeder Rauchfang auf jede
Für den jährlichen Schnitzkurs in Lech am Arlberg gibt Windisch bis zu 1.300 Euro aus. Aber das ist halt sein Hobby. »Ein anderer geht fischen oder jagen und gibt genauso viel Geld aus«, meint er. Das Besondere an diesem Kurs ist für den Neudorfer, dass er dort die alten Bekannten trifft, die nach all den Jahren zu Freunden geworden sind, man freut sich einfach auf ein Wiedersehen. »Meine Frau sagt immer: ,Du willst ja dort nur hin, weil ihr da eine Männerpartie macht.’ Das stimmt auch, aber es ist ja schön, alte Bekannte wiederzusehen, die dieselben Interessen haben«, schwärmt Windisch. Und man schnitzt dort den ganzen Tag: »Zu Hause macht man das nicht, da ist man zu sehr abgelenkt, da kommt mal jemand vorbei, dann fährt man wo hin, da wird die Sache nie fertig.« Dieses Jahr fand Windischs Krippenbaukurs in Poysdorf statt. Die dort gebauten Krippen sind am ersten Adventwochenende am Poysdorfer Adventmarkt im Riegelhofer Keller ausgestellt, gemeinsam mit weiteren Schnitzkunstwerkenaus seinen Händen. »Wenn Leute Krippen bauen, beachten sie meistens nicht, dass sie keine originalen Materialien verwenden sollten, weil die Krippe dann irrsinnig schwer wird.
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Sie wollen zum Beispiel echte Steine verwenden. Dann kann aber so eine Krippe bis zu 25 kg bekommen. Wir verwenden Leichtmaterialien und basteln daraus Steine«, dies ist zum Beispiel ein wichtiger Aspekt, den Windisch in seinen Kursen vermittelt. Beim Wandern im Sommer sammelt er schon kleine Bäumchen, trocknet sie und verwendet sie dann für die Krippen im nächsten Jahr. Früher hat er als Baumdekoration Fichtenwurzeln verwendet. Seine Erfahrung über die Jahre hat ihm etwa gezeigt, dass die Blätter von getrockneten jungen Bäumchen nicht herunterfallen, wenn man sie zur richtigen Zeit abgeschnitten hat. Mit den speziellen Materialien wie Erdfarben oder Leichtholzplatten hilft Windisch anderen Hobbykrippenbauern gerne aus, weil man sie nur in größeren Einheiten erhält, die
für eine einzige Krippe zu viel wären. Überhaupt ist der gegenseitige Austausch von Wissen und Erfahrung für ihn selbstverständlich. Auch in Sachen Imkerei. Ein älterer Imker würde sein Wissen nicht gern an junge weitergeben. Franz Windisch tut das schon, weil er es einfach für wichtig findet. »In Österreich sind alpenländische Krippen beliebter, weniger die orientalischen«, weiß der Krippenbauer von seinen zahlreichen Kursteilnehmern. Hübsch sind Krippen in Form von Gebirgshöfen allemal, nur authentisch nicht. Jesus wurde nun mal im Vorderen Orient geboren und nicht bei Heidi und dem Ziegenpeter. Aber womöglich geht es doch bei Weihnachten genau darum, sich Jesus ins eigene Umfeld zu holen? Wenn dem so ist,
wäre dementsprechend die Situation eines Presshauses eine sehr schöne Idee: Statt dem Esel, Kamel und Ziegen stünden Fasane, Rehe und Feldhasen beim Kindlein, das im Bottich läge. Maria und Josef trügen die traditionelle Hiata-Tracht und die drei Weisen aus dem Morgenland wären die drei Weinheiligen Donatus, Laurentius und Urbanus. Nur die Gaben, die sollten auf jeden Fall bibeltreu bleiben. Befremdlich der Gedanke, Kalk, Wein und Gerste würden Gold, Weihrauch und Myrre ersetzen. Aber zurück zum Herrn Windisch. Anfang der 1990er-Jahre hat ihn also ein Arbeitskollege zum Schnitzen gebracht. Immer wieder hat er gefragt, ob Franz Windisch nicht zu einem Schnitzkurs mitfahren möchte, bis dieser einmal nachgegeben hat. Heute schnitzt
der Neudorfer alles, was ihm vor die Säge kommt: Seine Frau gibt es als Holzgemälde, seine Hunde und seine Katze als Skulpturen oder ein mannshoher Stier für einen Bekannten in Laa an der Thaya. Zu dieser Jahreszeit fängt Windisch nun an, den Honig für den ersten Adventmarkt abzufüllen. »Dieses Jahr vergeht schon wieder so schnell«, seufzt er. Honig abfüllen tut er in der Nacht, wenn seine Frau schläft, denn das möchte er in Ruhe allein machen. Sein neuestes Interesse gilt dem Messerschleifen. Auch dazu hat er Kurse besucht. Ursprünglich hat sich Windisch dieses Können nur für seine eigenen Schnitz- und Drechselmesser aneignen wollen, nun bitten ihn aber immer mehr Freunde und Verwandte, ihre Messer zu schleifen.
Franz Windisch hat schon in vielen Dörfern Krippenbaukurse angeboten. Generell besteht sehr großes Interesse am Krippenbauen und es wird immer beliebter. Nur der Aufwand werde oft unterschätzt, erzählt Windisch anhand eines Beispiels: »Da wollte mir einer eine Krippe abkaufen. Ich habe ihm geantwortet: Ja, gerne – 300 Euro! Darauf sagt der: ‚Na bist wahnsinnig, so teuer!‘ Da hab ich ihm gesagt: Dann komm zu mir in den Kurs und bau selber eine, dann kauf ich dir deine ab. Wie er fertig war, sag ich ihm, ich kauf dir jetzt deine ab und geb dir 300 Euro dafür. Und was war seine Antwort? ‚Na bist wahnsinnig, weißt was das für a Arbeit war, die geb ich dir nie um nur 300 Euro.‘« Die Details und Akribie hinter so einer Krippe werden eben erst deutlich, wenn man
selbst eine baut. Da fällt das Material gar nicht so ins Gewicht. »Am Anfang eines Kurses kommst schon dran«, erzählt Windisch, »weil die Leute oft keine Idee haben, wie sie anfangen sollen. Dann arbeiten sie irrsinnig schnell die einzelnen Schritte ab und meinen, sie seien fertig, wo du dich dann wunderst, wie die das so schnell gemacht haben können. Dann seh ich mir die Krippen an und sag den Leuten: ,Geh einen Schritt zurück und entscheide selbst, ob du wirklich fertig bist.‘ Wenn sie dann aus der Distanz drauf schauen, fallen ihnen erst die Kleinigkeiten auf, die sie falsch gemacht oder vergessen haben. Das ist ja bei allen Dingen so, ein Schritt zurück kann Wunder bewirken!« Ein Schlusssatz, den wir nicht hätten erfinden können. Danke, Herr Windisch.
18 du liest miju #30 // november ’18
Werner Buser, verheiratet und fünffacher Vater, ist 58 Jahre geboren und aufgewachsen in der Nähe von Basel und seit 23 Jahren im Weinviertel zu Hause. Er ist Pastor der Evangelikalen Freikirche Mistelbach
geschriebenes: werner buser // illustriertes: kathrin bernold
licht@miju.at
Ins Licht gerückt
W
er in diesen Tagen mit dem Auto in unserem schönen Weinviertel unterwegs ist, der braucht fast zu jeder Tages- und Nachtzeit eines ganz sicher: Licht an seinem Wagen. Denn die Tage sind oft trübe. Sie lasten manchmal schwer auf uns. Die Farbenpracht des Herbsts ist gewichen, die Leichtigkeit des Sommers längst verblasst. Nebel schleicht über das Land. Die Dämmerung setzt früh ein. Die Nächte sind lang. Wir stehen auf, wenn es noch dunkel ist. Wenn wir müde von der Arbeit nach Hause kommen, hüllt uns die Finsternis schon wieder ein. Wir sehnen uns nach Licht. Wir brauchen Licht. Licht zeigt uns, was wirklich ist. Ohne Scheinwerfer am Auto werden wir wahrscheinlich einen Unfall bauen. Wir sehen die Straße nicht richtig. Wir erkennen die Begrenzungen nicht. Wir brauchen Licht, um sicher nach Hause zu finden. Licht ist einfach schön. Licht erwärmt uns. Licht erfreut uns. Abertausende Lichter werden in diesen Tagen entzündet: an Bäumen, in Fensternischen, in Vorgärten, an den Fassaden unserer Häuser. Wir erfreuen uns an diesen unzähligen Lichtern. Sie erhellen die Dunkelheit der Tage und Nächte für uns.
In dieser dunklen Jahreszeit feiern wir Weihnachten. Ein Fest der Lichter? Nein, denn wir feiern nicht die Lichter – wir feiern das Licht. Ja, denn jedes einzelne Licht will uns Hinweis sein auf das eine große Licht, das wir in diesen Tagen feiern: Jesus Christus. Schon der Prophet Jesaja hat darauf hingewiesen: Dem Volk in der Finsternis wird »ein großes Licht« erscheinen. Und er konkretisiert: »Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben« (Jesaja, Kapitel 9). Gegeben deutet darauf hin: Dieses Kind ist ein Geschenk. Ein Geschenk des Höchsten an seine Menschen. Alle Geschenke, die wir uns gegenseitig an Weihnachten bereiten, sagen uns: Das größte Geschenk haben wir bereits erhalten. Wie bei allen Geschenken geht es darum, es dankbar anzunehmen und auszupacken: Zu entdecken, was dieses Geschenk mir bedeutet, zu entdecken, wie dieses Geschenk mein Leben verändern will. P.S.: Ein Geschenk: Das Buch »Stille Nacht – Heilige Nacht. Warum wir Weihnachten heute noch feiern« von Timothy Keller. Unter allen Einsendern (bis 6. Dezember) an meine E-Mail-Adresse verlose ich zwei Exemplare. Für Kontakt mit dem Autor: licht@miju.at
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20 du liest miju #30 // november ’18
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72 Jahre, drei Generationen. Und immer waren und sind es die Töchter, die das Sanitätshaus für die jeweiligen Anforderungen der jeweils nächsten Generation fit machen. Das Sanitätshaus Luksche ist ein schönes Beispiel für Betriebsübergaben in Familienbetrieben.
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er Bandagisten-Meister Josef Steinecker gründet 1947 gemeinsam mit seiner Frau Elfriede den ersten Gewerbebetrieb dieser Art in Mistelbach. Schnell wächst das Unternehmen, bereits ein Jahr später folgt die Eröffnung der Filiale in Wien und nur weitere fünf Jahre danach auch in Gänserndorf. Kein Wunder, ist doch die Nachfrage an Prothesen und Bandagen bei Kriegsheimkehrern besonders hoch. Doch Josef Steinecker sollte den Betrieb nur 20 Jahre führen, 1967 verstirbt er unerwartet. Von da an ist das Unternehmen in Frauenhand. Bis zur Betriebsübergabe 1979 führen Mutter Elfriede Steinecker und Tochter Hertha Luksche das Einzelunternehmen J. Steinecker gemeinsam. Mit der neuen Generation ändert die Tochter gleichsam den Namen des Geschäfts, Sanitätshaus Luksche ist bis heute in der Region bekannt, obwohl seit 2004 schon die nächste Tochter namens Dagmar Förster am Ruder ist. Unter Hertha Luksche wurde der Betrieb bereits ansehnlich erweitert. Eine Filiale in Groß-Enzersdorf kam hinzu und die bestehenden in Wien und Gänserndorf mussten in größere Verkaufsräume übersiedelt werden. Dagmar Förster wiederum baute die Filialen in Mistelbach und Gänserndorf um und gründete, ganz dem Zeitgeist entsprechend, die bisher größte Verkaufsstelle, nämlich jene im Internet. Beinahe schon Firmentradition ist das hohe Aufkommen an Frauen in den Filialen, nicht nur in der Unternehmensführung. Der sensible Umgang mit Kunden in diesem Beruf macht sie zu bevorzugten Mitarbeiterinnen.
»Frauen fühlen sich meist wohler, wenn sie von Frauen bedient werden«, erzählt Frau Förster. Gerade beim Verkauf von Brustprothesen und Strümpfen ist das nachvollziehbar. Aber auch männliche Kunden schicken gerne ihre Frauen ins Sanitätshaus einkaufen. In der Gründungszeit nach dem Krieg 1947 war das noch anders. Damals hat Dagmar Försters Großvater den hohen Prothesenbedarf gedeckt. Das Unternehmen hat er gemeinsam mit seiner
Frau in Mistelbach aufgebaut. Heutzutage sind 23 Frauen und nur 3 Männer im Betrieb. »Frauen können sich sozial gut einfühlen«, erzählt die Geschäftsführerin. »Jeder muss Spaß an dem haben, was er tut. Spaß an der Arbeit und ein Gesundheitsbewusstsein sind in unserem Betrieb wichtig.« Im Außendienst spielen die Männer die aktivere Rolle. Manchmal kommen Kunden schon mit den Informationen aus dem Onlineshop und genießen dann doch die einfühlsame Fachberatung vor Ort. Aktuell zu sein und sich mit persönlicher Kundenbetreuung vom alleinigen Onlinehandel abzuheben ist für Frau Förster essenziell. 2016 feierte Luksche das 70-jährige Firmenjubiläum. 2018 wurde Dagmar Förster zur Kommerzialrätin ernannt. Sie ist auch als Dienstgebervertreterin in der AUVA und in der Wirtschaftskammer Niederösterreich tätig. Ein gut funktionierendes Team und die Firma sind ihr ein besonderes Anliegen. »Alles mit Maß und Ziel. Unternehmer sollen zusammenhalten«, betont sie. Diese Ansicht vertritt sie auch als Betriebsvertreterin bei Frau in der Wirtschaft. Dieses Netzwerk dient dem Austausch von Unternehmerinnen. Ihre persönlichen Interessen sind neben dem Geschäft breit gefächert und gehen von Lesen, Kochen und moderater Bewegung bis hin zur Gartenarbeit. Ihren Garten zu gießen ist ihr persönliches Entspannungsritual. In all den Jahren in Beruf und Familie genießt sie Urlaube am Wasser mit ihrem Mann. Dafür haben sich die zwei ein eigenes Motorboot angeschafft. Ihre Kinder sind glücklicherweise gut in beiden Unternehmen integriert. So können Dagmar Förster und ihr Mann Zeit mit ihren Kindern und in ihrem Geschäft gleichzeitig verbringen. Der Start in die Sanitätshäuser erfolgte für Frau Förster nach ihrer Lehre zur Orthopädietechnikerin. 1985 hat die heutige Geschäftsführerin zusätzlich die Handelsakademie absolviert. Am Anfang führte sie eine kleine Filiale und arbeitete in der Werkstatt. So hat sie auch den Bezug zur Praxis gelernt. Nachdem ihre Mutter 2004 in
den Betrieb. In der Mistelbacher Filiale findet sich heute noch die Urkunde des Firmengründers, ihres Großvaters. Nunmehr steht, wie schon erwähnt, die nächste Tochter am Start. Dagmar Försters Spross studiert derzeit BWL für Gesundheitswesen in Krems und arbeitet seit 2016 als Teilzeitkraft im Unternehmen mit.
Im Firmenalltag kümmert sich Frau Förster um vier Filialen samt Werkstätten. Manchmal auch mit kaufmännischen Tätigkeiten via Home-Office. Für ganz zentral sieht sie den engen Kontakt zu ihren Mitarbeitern, denn nur dadurch könne man das Unternehmen laufend verbessern. Dafür hat sie auch einiges in Bewegung gesetzt: interaktive Befragungen im Kundenbereich der Filialen und den Umbau der Gänserndorfer Filiale. Die neue Filiale wurde ansprechend freundlich gestaltet und mit Sitzmöglichkeiten versehen. Ihre Firmenstruktur beschreibt sie wie die Wurzel eines Baumes. Alle sind miteinander verbunden. Denn im Unterschied zu einem Konzern besteht Luksche aus einer familiären Struktur. Dass bei dem vielen Engagement auch ihr Partner Verständnis zeigt, liegt wohl am beidseitigen Unternehmertum. Die Liebe zum Meer und zum Wasser teilt Frau Dagmar Förster mit ihrem Mann. Was die beiden nicht gemeinsamen haben, ist ihr Arbeitsplatz. Die Entwicklung vom 1-Mann-Unternehmen hin zu vier Filialen mit rund 30 Mitarbeitern macht Frau Förster stolz. Auch die Lebensgefährtin des Sohnes arbeitet seit dem Masterstudium im Unternehmen. Inzwischen hat sie die Vertriebsleitung übernommen. So gibt es doppelte familiäre Unterstützung bei Luksche. »Weiterentwicklung ist für ein Unternehmen lebenswichtig«, weiß
Frau Förster. Das Bestreben, immer am neuesten Stand zu sein, zeigt sich auch bei der letzten Anschaffung: eines innovativen Beinvermessungsgerätes, das den menschlichen Körper dreidimensional abtastet und genau bestimmen kann, welche Kompressionsstrümpfe am besten für den jeweiligen Kunden geeignet sind. Damit geschwächte Venenfunktionen optimal unterstützt werden können, sollten die Strümpfe immer individuell angepasst werden. Somit wird vor Produkten aus dem Versandhandel abgeraten. Luksche bietet diesen Service als erster in Österreich an. Dagmar Förster sucht immer wieder nach neuen Services für die wachsende Anzahl an Kunden und will deren Gesundheitspartner sein. Die Geschäftsführerin betont, dass das Augenmerk hauptsächlich auf dem Thema Gesundheitsvorsorge liegt. Zum Sortiment zählen Hilfsmittel für werdende Mütter, Babyartikel, Sportartikel, Gymnastik für zu Hause, ja sogar Elektro-Scooter und Schuheinlagen aus eigener Erzeugung. Das Thema Hauskrankenpflege mit all seinen Produkten vom Bett bis zum Trinkbecher wächst zudem. Vom kleinen Orthopädietechnik-Betrieb hat sich das Unternehmen zum Gesundheitshaus entwickelt und das stets durch Frauenhand. Dagmar Förster ist es wichtig, für jeden Fuß die passende Lösung zu finden: »Denn sie tragen uns im Leben durchschnittlich bis zu dreimal um die Erde. Mit diesen 130.000 Kilometern sind sie der meistbeanspruchte Teil unseres Körpers.« Die eigene Tochter und die Lebensgefährtin des Sohnes sehen das ähnlich. Wir dürfen gespannt sein, in welche Richtung diese beiden Damen das Sanitätshaus Luksche einst weiterführen werden.
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»Frauen fühlen sich meist wohler, wenn sie von Frauen Pension gegangen war, übernahm sie bedient werden.«
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24 du liest miju #30 // november ’18
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erade im Begriff das Wohnhaus fertigzustellen, baut Alexander Waberer gleichzeitig seinen Weinbaubetrieb auf. Und das mitten in der Stadt. Er scheint seine Sache gut zu machen, denn immerhin sind Waberers Weinviertel DAC Dauerbrenner als Mistelbacher Stadtwein. In mehreren verdeckten Verkostungsrunden eruieren Profis, Promis und Weinkundige jedes Jahr jenen Grünen Veltliner, der ein Jahr lang Botschafter der Bezirkshauptstadt sein soll. Und das war in den letzten Jahren verlässlich ein Waberer. Sofern man das zudem als Qualitätsmerkmal sehen mag, ist Alexander Waberer nebenbei erwähnt der einzige Mistelbacher Winzer, von dem man auch rundherum hört. Zumindest sticht er aus der Masse heraus. Alexander setzt nämlich auf Qualitätsweine für Gastronomie, Handel und Export. Seine Kollegen in Mistelbach sind zumeist Nebenerwerbswinzer, die ihre Produkte über Heurigen an die Mistelbacher bringen. So entwickelte sich eine starke Heurigenkultur in der Bezirkhauptstadt, wie sie nicht einmal in Poysdorf existiert. Sogar im Kabinett oder im Hof wurde ausgeschenkt. Wer irgendwo ein paar Quadratmeter Platz hatte, nutzte sie für die Schank. Dabei ist Alexander Waberer alles andere als Tradition. Eher ein Quereinsteiger, der es sich im ohnehin schon dicht gedrängten Qualitätsweinsektor in den Kopf gesetzt hat, seinen Traumberuf auszuüben. Und das ganz ohne Stammkunden der Eltern oder Fassweingeschäft als Absicherung im Hintergrund. Denn sein Vater wollte damals keinen Weinbau und setzte auf Ackerbau. Alexander Waberer besuchte vorerst die AGRO-HAK in Mistelbach. »Da habe ich schon gewusst, dass ich auf gar keinen Fall als Buchhalter in einem Büro enden will«, erzählt der junge Winzer. Nach dem anschließenden Praktikum im Weinlabor in Poysdorf sagt der
ausna Der Mistelbacher Weinbau hält sich, so scheint es, wohl gerne nach außen hin bedeckt. Selten nur hört man von Weinbaubetrieben aus der Bezirkshauptstadt. Die Ausnahme, die die Regel bestätigt, ist der junge Waberer. Ihn sieht man auf Messen und von ihm hört man bis nach Poysdorf. Ein Newcomer und Quereinsteiger in der Mistelbacher Weinszene.
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waberer geschriebenes: vikoria antrey // fotografiertes: alexander bernold
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junge Alexander zu seinen Eltern, dass er auf die Bundeslehranstalt für Weinbau in Klosterneuburg gehen möchte. »Bist verruckt«, hatten diese geantwortet, »warum Klosterneuburg?! Wir haben fünf Weinstöcke im Garten.« Daraufhin der Winzer rotzfrech: »Wenn ich das nicht machen darf, dann mach ich gar nix. «Frau und
»Ich bin keiner, der sagt es muss alles so bleiben, wie es war. Könnte ich auch gar nicht sagen, denn es gab ja vor mit gar keinen Weinbau.« Herr Waberer wollten aber vermeiden, dass ihr Sohn nur zu Hause herumsitzt und ließen sich zudem vom damaligen Bundesweinbaupräsidenten Josef Pleil beruhigen, der ihnen sagte, dass Alexander mit dieser Ausbildung ja in einem größeren Betrieb Arbeit finden könne, solche Leute würden immer gesucht.
Doch die renommierte Schule in Klosterneuburg erwies sich als sehr überrannt. Alexander Waberer wurde angeboten, direkt in den zweiten Jahrgang einzusteigen. Was aber für ihn äußerst diszipliniertes Strebern bedeutete, denn damit er bleiben durfte, musste er den ganzen ersten Jahrgang bis Weihnachten nachlernen. Anschließend ging er weiter zur Universität für Bodenkultur, um das Landwirtschaft- und Weinbaustudium zu absolvieren. »Klosterneuburg war aber viel intensiver«, sagt Alexander, »dort habe ich sehr viel gelernt, vor allem Praktisches, das so bei der universitären Lehre an der Boku nicht vermittelt wird.« Nach der Matura durfte Alexander Waberer von seinem Onkel einen alten Weingarten pachten. Und auch sonst hilft ihm dieser Onkel jeden Tag. Auf den ehemaligen Ackerflächen setzte der Weinbauingenieur junge Anlagen aus, da es in Mistelbach keine Weingärten zu pachten gab. So kommt es, dass Waberer nun nur zwei ältere Anlagen hat, der Rest aus Junganlagen besteht. Nach den Jah-
ren des Auspflanzens folgten drei Jahre der intensiven Junganlagenpflege ohne Ertrag. Denn ein Weinstock braucht drei Jahre, um zu tragen. Mittlerweile aber sind diese trockenen Jahrgänge vorüber und Waberer darf stolz auf 14 Hektar sein. Grüner Veltliner, Roter Muskateller, Sauvignon Blanc, Welschriesling und Gelber Traminer wachsen in seinen Weingärten. Chardonnay, Blaufränkisch und Zweigelt kauft er zu. Wobei Waberer aber denkt, dass der Blaue Zweigelt in absehbarer Zukunft rückläufig sein wird, weil aufgrund der Klimaerwärmung keine stilvollen Weine mehr möglich sein werden. Der Blaufränkische, der wird im Rotweinbereich die Zukunft sein, meint der Winzer, denn mit dieser Sorte seien höhere Qualitäten möglich. Prinzipiell ist das aber so eine Wissenschaft mit manchen Sorten. Für den Sauvignon Blanc hat Waberer zehn Jahre gebraucht, bis er ihn begriffen hat. »Es gibt also auch sehr schwere Sorten, die man nicht einfach einsetzen kann wie zum Beispiel den Grünen Veltliner«, gibt Waberer zu bedenken. Deshalb ist er mit Önologen rund um den Globus
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te Verkosterin. »Ihr Vater war Weinhändler und betrieb ein Restaurant in Wien, sie hat den Zugang also vom Essen her. Da sieht man, wie wichtig das Verständnis von Essen ist, um Wein zu verstehen«, bekräftigt der Winzer. Abgesehen von Südtirol wäre das Priorat in Spanien sein vinophiles Traumland. »Rotweinmäßig ist das Priorat mit seinen vielen uralten heimischen Sorten wahnsinnig interessant, es hat sich auch sehr viel getan dort in den letzten Jahren. Spanien hat Hunderte autochthone Rebsorten, es wäre spannend, daraus Wein zu produzieren«, sagt der bekennende Experimentierer. »Ich bin keiner, der sagt, es müsse alles so bleiben, wie es sei. Könnte ich auch gar nicht sagen, denn es gab ja vor mit gar keinen Weinbau«, genießt Waberer seine Freiheit, jeder Idee nachgehen zu können, die Ausnahme unter all den Traditionsbetrieben zu sein. Und dabei hat er einen Vorteil, wie er sagt, nämlich seine sehr große Familie, die ihn immer unterstützt und ihm hilft. Ohne sie wäre sein Plan nicht zu verwirklichen gewesen.
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Derzeit ist Alexander Waberer mit seinen Weinen hauptsächlich in Mistelbach und Umgebung unterwegs. Aber auch der Export wird immer wichtiger für seinen jungen Betrieb, wobei er keinen Masterplan hat, in welchem Land er Fuß fassen will: »Die meisten Sachen ergeben sich einfach.« Deutschland, die Niederlande, Belgien, Italien und Tschechien werden einstweilen bedient mit Waberer-Wein. »Thailand würd mich persönlich interessieren, weils ein geiles Land ist und wir Freunde dort haben«, ergänzt er. Neue Märkte mittels Messen zu erschließen ist schwierig, hat der Quereinsteiger bereits bemerkt. Vor allem als Weinviertler. Denn international hat unser schönes Weinbaugebiet noch keinen Ruf und hat noch einen langen Weg vor sich. Die Einführung des DAC-Systems hat zwar einiges an Identität gebracht, nur kennen es erst wenige außerhalb der Landesgrenzen.
Was einfach klingt, ist eine harte Aufgabe. Waberers Plan für die Zukunft ist nämlich die Qualität weiter zu steigern. »Das ist eine Reise, die nie aufhört«, weiß der Diplomingenieur nicht erst seit Klosterneuburg. »Mein ganz kühner Traum wäre es, in einem anderen Land ein zweites Weingut aufzubauen. Italien oder Spanien täten mir taugen. Südtirol wär cool, aber dort ist es unmöglich etwas aufzubauen, weil wahrscheinlich finanziell nicht leistbar«, träumt Alexander Waberer, denn Südtirol ist für ihn ein Stück Land, das alles hat: Berge, warmes Wetter, das Meer fast ums Eck, tolles Essen und Wertschätzung den Produzenten gegenüber. »Um Wein zu verstehen, muss man Essen verstehen, das weiß in Südtirol jeder und das habe ich auch dort gelernt. Das ist ein Lebensgrundsatz dort«, erzählt der Weinmacher. Wein verkostet man in einem Restaurant besser mit dem Koch als mit dem Sommelier, ist seine Quintessenz. Als Beweis für seine Theorie nennt Waberer seine Frau. Sie hätte, bevor sich die beiden kennengelernten hätten, keinen Wein getrunken, nun sei sie eine exzellen-
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im Austausch, denn ganz wichtig ist es für den Winzer, voneinander lernen zu können. Niemand weiß alles, aber genauso wenige wissen nichts.
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Weingut Neustifter Poysdorf Nur das Beste zum Feste. So soll es sein, am Weihnachtstisch. Deshalb hat sich miju auf die Suche nach den TopWeihnachtsTropfen gemacht. Wie gewohnt rein subjektiv, aber dafür auf die typischen Gerichte abgestimmt, damit das Familientreffen nicht in Disharmonie endet. Genussvolles Fest zu wünschen!
Natur im Glas, so könnte man kurz diesen Grünen Veltliner vom Neustifter beschreiben. Vergoren und gereift in einem 500-l-Holzfass, ein Jahr auf der Feinhefe mit regelmäßiger Battonage. Kein Schwefel, keine Filtration, keine Schönung. Sogar eine ganze Weinbeere haben die Neustifters in die Flasche getan. Das Ergebnis ist ein feinfruchtiger, cremiger Veltliner, mit schöner Würze. Gelber Apfel, exotische Anklänge, fein nussig und buttrig durch den biologischen Säureabbau. Kräftig und lange. Fazit: Ein Veltliner, der sich ganz viel Zeit für den Genuss verdient hat! Fondue / Kaasnockn / Strudel
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Nomen est Omen. Im Bruckhölzer findet sich der im Weinviertel so klassische luftige Lössboden mit einer Besonderheit: ziemlich viele Kalksteine. Die steinreichen Reitmayers haben hier Grünen Veltliner ausgesetzt, der auf dem Lössboden einerseits zum typischen Weinviertel DAC mit beschwingender Frucht und knackigem Pfefferl wird, andererseits durch die Kalksteine fast flirrende Mineralik und markanten Biss zeigt. Definitiv ein interessanter Wein, der Solo wie im Duett gute Figur macht.
Wieder ein fulminantes Weinerlebnis aus Großkrut ist dieser Wartberg Reserve. Kräftig im Bukett, aber auch im Körper. Vollreife Trauben, klassischer Ausbau und dann nur 6 Wochen auf der Feinhefe geben diesem Grünen Veltliner eine schöne Textur, ohne die Hefe zu sehr zu betonen – eine schöne Balance von Frische, Frucht und Cremigkeit! Vollreife, exotische Früchte an der Nase, anregende Würze, vor allem Pfeffer, dezente Kräuternoten. Am Gaumen stoffig, ein wenig cremige Textur und anregende Säure, schöne Länge im Abgang. Auf jeden Fall zu Speisen empfohlen.
Fisch / Rauchschinken / Belegte Brötchen
Lamm / Cordon Bleu / Kalbsgeschnetzeltes
geschriebenes + fotografiertes: daniel gepp
30 du liest miju #30 // november ’18
saure tugend
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»Was geht do ois?«, fragt sich Simone Schuckert, die Betreiberin der Reblaus und experimentierfreudige Essigproduzentin. Mit ihrer Spezialität bei der Hand, dem Marillensenf aus Poysdorf, erzählt sie von ihrer Leidenschaft für Lebensmittel und für das, was man aus ihnen machen kann.
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egonnen hat die Poysdorferin ihre Eigenproduktion, »damit nix hin wird«. Immerhin wächst in den Gärten der Familienmitglieder allzu viel buntes Obst, um das schade wäre. Denn als Spross einer Weinbau- und Landwirtschaftsfamilie weiß sie das Lebensmittel besonders zu schätzen. Saure Salate mit Roten Rüben und Pfefferoni, wie man sie von früher kennt, und allerhand Eingelegtes verließ da Simones bestens ausgestattete Wirtschaftsküche im Keller des Wohnhauses. Mittlerweile zählen diverse Senfkreationen zu den raffinierten Spezialitäten. Angefangen beim Knoblauch-Senf, über den Marillensenf und den Holundersenf. Experimentiert wird zurzeit mit dem Senf-Kaviar, bei dem Senfkörner aus dem Betrieb ihres Bruders verwendet werden. Der hat auch noch eine Marillenanlage. Die Produktion bleibt somit praktisch in Familienhand. Früher stand sogar noch ein alter Garten mit Beeren und allerlei frischem Obst zur Verfügung. Der war auch der Auslöser für Simones Leidenschaft, Obst zu verarbeiten, es gab ja so viel davon. Von ihrer meditativen Gartenarbeit berichtet sie mit Freude: »Da tuast wos und tuast nix.« Das bringt ihr auch eine gewisse innere Ruhe. Seit ungefähr 20 Jahren macht sie Marmeladen und Fruchtgelees selbst. Dabei ist die Mittvierzigerin ziemlich kreativ. Vom Rotweingelee über Marillen mit Grünem Veltliner ist alles dabei. Derzeit sind noch Brombeeren, Weichseln, Marillen und Pfirsiche im Familienanbau. »Da weißt, wo’s herkommt.«
Simone liegen die Lebensmittel am Herzen. Ihr ist der respektvolle Umgang damit wichtig. Sie achtet auf die Herkunft, hat ihre persönlichen Bezugsquellen für allerhand Frisches aus der Region. »Schmeckt viel besser!«, sagt sie. Mit der familieneigenen Marillenanlage ist Simone gut versorgt und kann so beste naturbelassene Früchte verwenden. Bio-Betrieb ist das keiner, jedoch arbeiten die Schuckert-Betriebe so »naturnah wie möglich«. »Was einem Spaß macht, macht man gut. Man forscht freiwillig«, weiß Simone Schuckert. »Was machen die anderen? Wo steh ich?«, fragt sie sich. Und so erzählt sie von ihren Kreationen. Im Jahr 2015 hat Simone ihre eigene Senfproduktion gestartet. »Was kann ich aus dem Senf alles machen?« Spezialitäten wie den Brombeersenf hat sie 2017 kreiert. Essig brauchts dafür auch, da ging das gleich Hand in Hand. In eigener Produktion hat sie dann die Essigmanufaktur gestartet. »Ich stelle den Essig mit Bakterien her«, erzählt Simone. Früher hat man mittels der sogenannten Essigmutter Essig produziert. Das widerspricht jedoch Simones Qualitätsanforderungen und diese Produktionsweise dauert obendrein viel länger. Mit den Bakterien kann man hingegen gleichbleibende Qualität sicherstellen. Denkbar einfach und gleichzeitig kompliziert klingt die Produktion mit Bakterien, hört man der leidenschaftlichen Köchin zu: »Die Essigbakterien kommen mit dem Wein in die Essiganlage. Dort herrscht eine konstante Temperatur,
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32 du liest miju #30 // november ’18
da sie bei Kälte nicht arbeiten wollen und bei zu viel Wärme absterben. Dafür wird Luft gleichmäßig und fein eingeblasen, da sie ohne Luft ebenso wenig arbeiten. Außerdem wollen sie keinen Schwefel und zu viel Alkohol bekommt ihnen auch nicht. – Man bemerkt: Sie sind sehr heikel. Passen die Bedingungen, dann arbeiten sie dafür ohne Pause. Sie wandeln Alkohol in Essigsäure um. Aus einem Volumenprozent Alkohol erhält man ungefähr 1 % Essigsäure. Wenn der Essig den Säurege-
halt erreicht hat, nimmt man einen Teil davon aus der Anlage heraus und füllt sie wieder mit Wein auf. Vom Prinzip her funktioniert das wie mit dem Sauerteig beim Brot. Jetzt muss er noch reifen, im Idealfall ein halbes Jahr bis ein Jahr. Dann wird er geschönt und filtriert und zum Schluss abgefüllt.« Und da heißt es doch immer wieder, das von der Natur vorgesehene Endprodukt von Obst sei Essig. Wie kann es dann so heikel sein, richtig guten Essig zu produzieren, wenn das die Natur von ganz alleine
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schafft? Womöglich würde uns der natürliche Essig nicht so sehr munden wie Simones fruchtige Varianten. Die Essigproduktion ist von A bis Z die alleinige Arbeit von Simone. Beim Abfüllen braucht es dann alle sechs Hände der Familie, da hat jeder seinen fixen Zuständigkeitsbereich. Die Verarbeitung von Lebensmitteln hat sie immer schon interessiert, bis schließlich das Thema Essig ihre Faszination geweckt hat. Viele Jahre setzte sie Früchte mit gekauftem Essig an, doch 2017 stolperte die fröhliche Dame mit dem frechen Haarschnitt über einen Kurs zur Essigerzeugung und da wusste sie: »Den Kurs mache ich, damit ich endlich einmal weiß, wie das funktioniert.« Sie konnte einiges neu lernen und wurde gleichzeitig etwas ernüchtert: »Der handelsübliche Balsamico Essig wird mit dem ,normalen’ Haushaltsessig aus billigstem Weinbrand hergestellt.« Außerdem hat sie erfahren, wozu man Essig überall verwenden kann und dass er auch als Hausmittel bei einigen Krankheiten durchaus seine Berechtigung hat. »Ja, früher waren die Leute auch nicht dumm. Arzt und Apotheken waren teuer, also haben die Leute mit dem gearbeitet, das sie hatten. Zum Schluss bin ich wieder g’scheiter nach Hause gekommen als weg gefahren und ich hab gewusst, ich will das jetzt machen«, erzählt die Tüftlerin. Nach Besprechungen mit dem Ehemann wurde die Anlage bestellt und los ging es. Dabei hatte Essig früher einen schlechten Ruf. Simone erzählt von der Verwendungsweise des Essigs in der Vergangenheit: Da wurde der ganz gute Wein verkauft, den guten hat man selber getrunken, den »ned so guadn« hat man den Bediensteten gegeben und der schlechte Wein wurde zu Essig gemacht. Jetzt will Simone für sich, ihre Familie und ihre Kunden nur noch Essig von bester Qualität. Bei ihren Produkten ist ihr eines besonders wichtig: »Mir soll’s selber schmecken«, betont sie. 2018 hat sie beispielsweise Marillenessig und Weichselessig im Angebot. Auch der Wein lässt sich bei Simone bis zum Ursprung zurückverfolgen. 6,5 Hektar Wein haben sie im Jahr 2014 von ihren Schwiegereltern übernommen. So sind sie in Poysdorfs typischer Weinbautradition als Weingut Heger bekannt. Arbeitsmäßig sind sie also
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bestens ausgelastet und selbst der Schwiegervater hilft noch mit. Apropos Wein: Bei Simone Schuckert ging es doch auch um die Reblaus. Das ist Simones kleine Frühstückspension, bei der sie natürlich ihre eigenen Produkte auftischt. Ursprünglich hatte die Familie lange gegrübelt, bis der passende Name gefunden war, denn in Poysdorf gibt es doch schon einige Pensionen mit Weinbezug. Da kam die Tante spontan mit »Reblaus«. »Geht goa ned«, widersprach Simone. 2004 begann die Familie mit dem Umbau für die Gästezimmer und 2006 hieß es dann doch offiziell »Zur Reblaus«. Im Weinbau ist die Reblaus eine Altbekannte, aber alles andere als gerne gesehen. Simone Schuckerts Vorgeschichte steht im Einklang mit der Poysdorfer Weinbautradition. 2004 hat sie ihre Arbeit im Weinlabor Poysdorf aufgenommen. Sie war unter anderem im Bundesamt für Weinbau und im Winzerverband tätig. Ihre Jugend hat sie Ketzelsdorf und die frühe Schulzeit in Poysdorf verbracht. Nach einem Jahr HBLA, bei der ihre handwerkliche Begabung gefragt war, wollte sie bald in die Landwirtschaftliche Fachschule wechseln.
»I brauch’ immer was zum tuan. Fad is ned guad.« Da war sie zwar das einzige Mädchen in der Klasse, jedoch ist sie »mit den Buam gut auskommen«, erzählt sie. 2009 ist ihr Sohn geboren. »Es wird vieles anders«, sagt sie. »Man hat weniger Zeit für sich selbst und ist zeitlich nicht mehr so flexibel.« Dafür genießt sie es, ihn aufwachsen zu sehen und freut sich, dass er mithilft. »Manchmal ist er auch ganz neugierig, da will er immer alles ganz genau wissen«, lächelt Simone. Im Grunde war er es auch, der bei Mutter Simone das Kochen, Backen und Herstellen von Lebensmitteln so richtig entfacht hat, denn: »Bevor ich meinem Kind irgendein gekauftes Zeug zum Naschen geb, wo niemand ganz genau weiß, was da drin ist, backe ich ihm lieber selbst etwas.« Und ihre Arbeitseinstellung macht das Ganze schließlich verständlich: »I brauch’ immer was zum tuan. Fad is ned guad.«
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50 Jahre Theatergruppe Kronberg ist ein stolzes Jubilläum. Seit 1992 leitet Josef Romstorfer die Gruppe und ist gleichzeitig Schauspieler und Organisator. Er wurde damals im zarten Alter von 16 Jahren über’s Gasthaus angefragt. Die Regieausbildung beim Niederösterreichischen Amateur Theaterverband kommt ihm bei dieser Aufgabe sehr gelegen.
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ergangenen Sommer spielte die Gruppe erstmalig auf einer Drehbühne im JosefKraus-Park in Kronberg. Titel des Stücks: Der nackte Wahnsinn. Üblicherweise freuen sich die Zuschauer über 2 Produktionen im Jahr. Seit Gründung der Gruppe im Jahre 1968 wurden 115 Stücke gespielt. Im Casting befanden sich bis zu 135 Leute. Die Basis der Truppe bildet Kronbergs Bevölkerung und Verstärkung kommt meist rundum aus dem Bezirk Mistelbach und aus Wien. Rund 50 % der Zuschauer reisen von Wien an. Sommeraufführungen finden im örtlichen Park bzw. im Alten Pfarrheim statt, während die Aufführungen in den Wintermonaten ins Kronberger Gasthaus verlegt werden. Dort sind die Stücke aufs Kabarett ausgerichtet.
Im Alten Pfarrheim wurde die Gruppe damals gegründet. Tatsächlich aber haben die Kronberger eine viel ältere Theatertradition. Bereits 1924 führte der Burschenverein eifrig Stücke auf. Den nächsten Meilenstein gab es unter der Leitung von Pfarrer Georg Thorn, der junge Schauspieler zusammenführte und die alte Militärbaracke vom Truppenübungsplatz Mautern nach Kronberg brachte. Dort wurde sie in Form des Pfarrheims neu aufgebaut. Dies war einer der Ursprünge der heutigen Gruppe. Die Entwicklungsgeschichte führte Kronberg im Laufe der 1950er-Jahre zur theaterspielenden Pfarrjugend. Ab 1965 veranstaltete Volksschuldirektor Philipp Hähnle einige Stücke mit einigen Mitgliedern des Kirchenchors. Von da an folgten im Herbst 1967 Josef Exler und Adolf Kühnert, die gemeinsam den Start für die Kronberger Theatergruppe gaben. Das erste Lustspiel Fahnaweih’ in Schneizlwies feierte im Februar 1968 Premiere. Seit Herbst desselben Jahres werden jedes Jahr Volksstücke dargeboten, bis heute. Wie bereits erwähnt, war der Ursprung des Kronberger Theaters das Pfarrheim. Offiziell auch als Lebensraum für die eine oder andere Maus bekannt. Bei den Aufführungen kamen sich die geschäftigen Mäuse und die Souffleuse Helga Kühnert in die Quere. Da die Dame panische Angst vor den kleinen Tierchen hatte, kam es immer wieder zu Konflikten zwischen Mensch und Tier. Das Ganze ging so weit, dass Helga beim Anblick einer Maus schreiend ihre Rolle als Souffleuse unterbrach, sich in einem Kasten versteckte und nicht mehr zu ermutigen war, weiterzumachen. So viel zur Angst der Maus vor dem Elefanten – oder war es umgekehrt?
Seit der Entstehungszeit wurden rund 2.000 Tage Probezeit investiert. Über 100 Theaterstücke im Laufe der Jahre ergeben somit eine Gesamtprobenzeit von ungefähr 6.000 Stunden. Lässt man die Zahlen weiterspielen, ergibt das 250 Tage oder fast ganze neun Monate. Für die Leute, die 2018 immer noch in Schilling rechnen: 1968 zahlte ein Besucher 15 Schilling und Kinder ganze 5 Schilling Eintritt. Derzeit kommt man auf einen Preis von 10 € für Erwachsene. Im Mai 1969 spielte die Kronberger Gruppe erstmals auswärts. In Hautzendorf wurde die Versöhnung am Hubertushof veranstaltet. 1986 war der Ansturm an Schauspielern so groß, dass zum Theaterstück noch ein Einakter veranstaltet wurde, damit alle eine Rolle bekamen. 6 Jahre später übernahm Herr Josef Romstorfer und ersetzte das ernste Theaterstück im Herbst durch ein Kabarettprogramm im Gasthaus Holzbauer.
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Heutzutage werden die vorgefertigten oder selbstkomponierten Stücke meist von der 10-Mann-und-Frau-starken Stammgruppe gespielt, die sich aus vielen jungen Schauspielern zusammensetzt. Bei all der Organisation im Hintergrund steht Herr Romstorfer auch selbst auf der Bühne und empfindet es dabei als schöne Aufgabe, beides mit Leidenschaft zu erfüllen. Für das Sommertheater holt man sich Unterstützung durch einen professionellen Regisseur,
denn eigentlich ist Herr Romstorfer Beamter. Er sieht die Rolle im Theater als Ausgleich zum trockenen Beruf.
Romstorfer besonders. Das zeigt die Wirkung auf die Menschen und ist der Lohn für die aufwendigen Vorbereitungen.
Von Herzenserlebnissen kann der Organisator auch einiges Berichten: Bei der Aufführung des Brandner Kaspar und das ewig Leben im Museumsdorf kam überraschend Regen und hat dem Stück einen Strich durch die Rechnung gemacht. Beim Umzug zum Vordach eines Schuppens ist das Publikum schnurstracks mitgezogen. Trotz fehlender Kulisse und Sitzgelegenheiten, folgten alle Zuschauer dem Stück begeistert bis zum Ende. Das Vertrauen und der Spaß an der Gruppe zeigte sich auch während eines Schauspiels im Sommer. Ohne Überdachung begonnen, unterbrach der Regen Herrn Romstofer und seine Truppe. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Veranstaltung mit LKWs ins Trockene umgesiedelt. Die Besucher sind dabei flott im Autokonvoi mitgezogen und das Schauspiel konnte so vollendet werden. Bei tief berührten Gästen zeigen sich von Zeit zu Zeit auch Tränen in den Augen. Über solch ein Publikum freut sich Josef
Jährlich veranstaltet die Gruppe zudem eine Aufführung für einen karitativen Zweck in Loosdorf. Rund 1.000 Besucher kommen sowohl zu den Sommeraufführungen als auch zur Winterszeit im Gasthaus. Dank kompletter Zuschauerüberdachung kann seit 2015 das Schauspiel bei jedem Wetter im Park genossen werden. Als Nachfolge des Programms entwickelte man 2013 KULTUR IM PARK. Dabei traten nationale und internationale Künstler wie z. B. Otto Schenk, Josie Prokopez, Alf Poier und Roland Düringer auf. Zum 50-jährigen Jubiläum hat man sich für die Wiederbelebung des Pfarrheims entschieden und spielt seit April 2018 mit ehemaliger und aktiver Besetzung wie in guten alten Zeiten. Bei der Erfolgsgeschichte und der theateraffinen Bevölkerung Kronbergs kann man heute schon auf das Programm zur 100-Jahr-Feier gespannt sein.
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Etwas später, 1994, fand dann das erste Freilufttheaterstück im Josef-Kraus-Park statt. Von da an wurden auch immer häufiger Schauspieler außerhalb von Kronberg Mitglieder der Gruppe. Wer sich zurückerinnern kann und möchte: Das erste Sommertheater war das Stück Theophanes im Juli 1994. Die aufwendigen Proben während der Sommerzeit haben jedoch ein paar Schauspieler abgeschreckt, welche daraufhin durch professionelle Akteure ersetzt wurden. Auch an die nächste Generation wurde gedacht: Von 1996 bis 2008 mimte die Kindertheatergruppe herzige Geschichten.
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Das Pferd ein Fluchttier, der Mensch ein Raubtier, sein natürlicher Feind. Dennoch arbeiten sie seit etwa 5.000 Jahren zusammen. Meistens mehr aus Unterwerfung denn aus Freundschaft. Ein Konzept, das dem Menschen zu Letzterem befähigt, ist das Natural Horsemanship. Manuel Pühringer ist einer von diesen Pferdemenschen. Seit heuer betreibt er in Laa an der Thaya die Zucht von Appaloosa-Pferden, einer alten Rasse der Nez Percé-Indianer in Idaho.
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geschriebenes: vikoria antrey // fotografiertes: alexander bernold, zvg.
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in junger, ruhiger Mann. Fast wirkt er, als hätte er gerade meditiert. Auch kein Mann vieler Worte. Seine Ruhe und Ausgeglichenheit sind Hinweise auf die Arbeit mit dem Pferd, ein Hobby, mit dem er durch seinen Vater aufgewachsen ist. Der Pferdevirus ist also vererbt beim Manuel Pühringer. 2013 brauchte er ein Pferd für seine Ausbildung zum Natural Horsemanship-Trainer. Das war zufällig ein Appaloosa, aber zu Manuels Bedauern mit Vollbluteinkreuzung. Er wollte dann einen Reinrassigen. Nach langem Suchen ist er langsam fündig geworden, aber es war sehr schwierig, einen Appaloosa ohne Quaterhorse oder Vollblut zu bekommen. Deshalb möchte er zum Erhalt der Rasse beitragen und begann letztes Jahr mit der Zucht der sogenannten Indianerpferde. Davon zu leben ist weniger das Ziel. Seine Zuchttiere hat Manuel Pühringer von den besten Züchtern, die direkt aus Amerika beziehen. Da arbeitet er nur mit Gleichgesinnten, die sich ebenso dafür einsetzen, die alte Linie zu bewahren und keine Einzüchtungen zu akzeptieren. Der Erhalt reinrassiger Foundation (Ursprungs-)Appaloosa ist das oberste Ziel. Manuels Zuchthengst namens Six C Cosmic Couture weist einen Stammbaum mit ausgewählten alten Foundation-Blutlinien auf und sein Vater zählt weltweit zu den besten Foundation Fewsport-Hengsten. Ihn fasziniert die Seltenheit, die Einzigartigkeit jedes einzelnen Tieres, denn eine Fellfärbung gibt es kein zweites Mal, und der »unbeschreibliche Charakter, das muss man live erlebt haben«. Aber einen Versuch, diese Pferde zu beschreiben, ist es allemal wert. Sie gelten als sehr zugänglich, neugierig, lernwillig, unerschrocken und vor allem verschmust und anhänglich. Auf Manuels Lucky Horse Ranch kugeln sie in der Sonne herum, stehen nicht einmal auf, wenn ein Fremder die Koppel betritt. Vereinzelt wird man dann doch mit
einem freundlichen Stupser begrüßt, der eher eine Aufforderung zum Kraulen ist. Mitten drunter ein Fohlen, doch nicht einmal die Mutterstute fühlt sich alarmiert, ihr Kleines zu beschützen. Der Mensch gilt hier als Freund. Körperlich zählen Appaloosas mit bis zu 165 cm Stockmaß zu den eher kleinen Rassen, kräftig gebaut und ausdauernd sind sie. Somit sind die Pferde aus dem Grenzgebiet von Idaho, Oregon und Washington sehr gute Familien- und Freizeitpferde. Die häufige Einmischung von Quaterhorses hatte historisch gesehen einen Sinn. Nach der Niederlage der Nez Percé-Indianer in der Schlacht von 1877 war die Rasse fast ausgestorben, denn es verloren während des gesamten Krieges mehr Pferde das Leben als Menschen. Um die Rasse nicht ganz zu verlieren – denn sie war auch bei den weißen Amerikanern geachtet und bewundert –, versuchte man durch Einkreuzungen den Stand zu erhalten. Deshalb sind echte Appaloosas heute so selten, sogar die Foundation Appaloosa und der Appaloosa Horse Club (ApHC) garantieren nur für bis zu 75 % reinrassiges Appaloosablut beziehungsweise Appaloosa-Vorfahren bis zur 3. Generation zurück. Die Nez Percé-Indianer waren übrigens der einzige Indianerstamm, der Pferdezucht betrieben hat. Legenden erzählen, dass sie bei Tauschhandlungen mit den Weißen auf Tiere gestoßen seien, die so groß waren wie Elche und Gras fraßen. Das soll sie so beeindruckt haben, sodass sie die Tiere gegen Waren eingetauscht haben und in der Folge dann sogar gestohlen haben sollen. Wie sie ihre Zucht aufgebaut haben, welche Rassen dafür verwendet wurden und vor allem, wie die bunte Fellfarbe zustande kam, darüber haben sie nichts hinterlassen. Man sagt, es sei gerade die Farbe gewesen, die den Nez Percé so wichtig gewesen sei, denn sie sahen die Färbung als Kriegsbemalung, die der Regen nicht abwaschen konnte. Nun kam also Manuel Pühringer über seine Faszination für Natural Horsemanship zu der Rasse Appaloosa. Natural Horsemanship entspricht deshalb ganz seiner Vorstellung vom Umgang zwischen
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gezähmt
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dem Raubtier Mensch und dem Beutetier Pferd, weil es dem natürlichen Umgang mit dem Pferd entspricht. Kommunikation über Körpersprache. »Pferde kommunizieren weltweit nur über eine einzige Sprache, das ist die Körpersprache und das schauen wir uns von der Natur ab«, fasst der Pferdemensch zusammen. Und in anderen Worten: »Ich will, dass das Pferd ehrlich mitmacht und nicht nur weil’s Leckerli bekommt.« Aufmerksamkeit, Vertrauen, Respekt seien dabei die drei Säulen des Natural Horsemanship. Zuspruch findet Manuel Pühringer von allen Seiten. »Oft sind Problemchen vom Pferd in Wirklichkeit Problemchen von Menschen«, weiß er nach lebenslanger Erfahrung mit ihnen. Arbeit mit Tieren macht einen Menschen grundsätzlich ruhiger, geerdeter, selbstdisziplinierter, man lernt zu verzeihen, denn so etwas wie Rache gibt es bei Tieren nicht. Ein Tier findet im Moment statt. Und Menschen, die mit Tieren arbeiten, können besser mit Menschen, denn sie achten auch bei ihrer eigenen Spezies auf die Körpersprache. Das Reiten liegt bei den Pühringers in der Familie, auch der Vater ist Reiter und besaß bereits ein Pferd, noch bevor Manuel geboren wurde. Zu Turnieren geht der junge Reiter aber nicht, denn er will seinen Pferden den Stress von Turnieren nicht antun. Wettbewerb und artfremder Stress würde außerdem dem Grundgedanken des Natural Horsemanship widersprechen. »Ich weiß, was ich da stehen habe, und wenn jemand das sucht, dann findet er das bei mir auch ohne, dass er mich auf Turnieren gesehen hat«, betont Pühringer. Natural Horsemanship ist freilich ein ganzheitliches Konzept, das über das Reiten und den Umgang mit den Pferden hinausgeht. Es betrifft die gesamte Haltung der Tiere. Die Pferde werden auf der Lucky Horse Ranch naturgetreu gefüttert. »Natürlich geht das in der menschlichen Haltung nicht 100-prozentig so wie in der Wildbahn, aber wir nähern uns dem«, sagt
Manuel. Fohlen bekommen keine Unmengen an Kraftfutter zugesetzt, »damit sie mit drei Jahren dastehen wie fertige Pferde, die angeritten und auf Turnieren vorgestellt werden.« Ein Pferd ist von seiner natürlichen Entwicklung erst mit 6 Jahren ausgewachsen und komplett fertig, weiß der Züchter. »Wenn das Pferd ernährt wird, wie es das braucht und wie es gesundheitsfördernd ist, steht es mit drei Jahren noch nicht völlig kompakt da, bleibt dafür aber auch länger gesund«, betont Pühringer. Ein Pferd mit drei Jahren anzureiten lehnt er außerdem ab, weil die Wirbelsäule erst mit etwa 6 Jahren fertig ist: »Dann hab ich das Pferd halt länger da stehen, aber dafür ist es gesund, auch wenn der Kunde das will, wie es sonst gemacht wird. Die ganzen Kraftfutter und Zusatzstoffe blasen ein Pferd nur auf, entwickeln es aber nicht.« Wenn er bei Turnieren Drei- bis Vierjährige vorgestellt sieht, die alle Gangarten draufhaben, dann kommen ihm die Tränen, wie er sagt. Deshalb gibt Pühringer seine Pferde auch nur an die Stellen ab, wo er weiß, dass es passt: »Da gehts mir nicht ums Geld, sondern um das Tier.« Auf der Lucky Horse Ranch sollen Zucht, Ernährung, Haltung und Ausbildung vereint werden. Gesundheitserhaltende Ausbildung bedeutet für Manuel Pühringer vom Boden aus dem Pferd Muskulatur aufzubauen. Das Pferd ist schließlich von seiner Anatomie her kein Tragetier. Pferde bräuchten Platz, weiß Manuel Pühringer, und dementsprechend lange haben sie nach einem geeigneten Grundstück gesucht. Derzeit halten sie 16 Pferde auf insgesamt 5 Hektar, alles in Offenstallhaltung mit Weiden. »Ich stopf mir nicht den Stall voll mit Pferden, so wie es oft gemacht wird«, betont Pühringer. Die Pferde haben rund um die Uhr Heu und immer Auslauf. »Daher sind sie viel ruhiger, weil sie keinen Stress haben, wann das nächste Futter kommt. Wenn ein Pferd vier Stunden nicht frisst, produziert es zu viel Magensäure, die wiederum Magengeschwüre auslösen kann. Das verursacht Stress«, erklärt der Pferdemensch. Bei Pühringer steht
auch der Hengst nicht isoliert. Er steht bei zwei Wallachen und hat Kontakt zu seinen Stuten. »Viele sagen, das wird nicht lange funktionieren, aber derzeit sieht es nicht nach Konflikt aus. Wenn man einen Hengst von klein auf so hält, funktioniert das auch. Ein Hengst braucht genauso seinen Sozialkontakt, genauso den Auslauf und das Spielen. Natürlich spielen die anders, wegen der Hormone, aber in der Natur leben Hengste ja auch nicht alleine. Wenn man sie sozial isoliert, kommen klar gewisse Manieren auf, aber das wär bei uns Menschen auch nicht anders«, bricht Pühringer eine Lanze für den Hengst. Natural Horsemanship besteht aus lauter kleinen Hilfen für das Pferd über die Körpersprache. Es ist keiner Reitweise zuzuordnen, weder Western noch Englisch, es ist eine ganz eigene Richtung. Manuel Pühringer sieht das als Gesamtes, deshalb kann er auch keine speziellen Erfolgserlebnisse benennen. Jeder Moment sei ein Erfolgserlebnis, denn man lerne nie aus: »Jedes Mal, wenn man ein Pferd in die Hand nimmt, hat man wieder was gelernt. Der Mensch ist mit seinen angelegten Ohren und den nach vorn gerichteten Augen ein Raubtier. Pferde sind Fluchttiere, Beutetiere. Das widerspricht sich und von daher ist die Kommunikation zwischen ihnen die Basis.« Wenn Manuel nach seiner Arbeit als Gesunden- und Krankenpfleger zu seinen Pferden kommt, legt er den Schalter komplett um und ist ganz und gar bei seinem Pferd. Wer das nicht kann, dem empfiehlt er, nach einem schlechten Tag sein Pferd nicht zu besuchen oder zumindest nicht zu reiten. Zu viel könnte man kaputt machen im Vertrauen und im natürlichen Umgang miteinander.
Geschichte wird spürbar, wenn man sie aus ganz persönlicher Sicht erfährt. Erzählungen sind immer nur einzelne Erfahrungen, aber gerade diese machen die Vergangenheit lebendig. Deshalb sind Gespräche mit Zeitzeugen so wertvoll und ihre Berichte festzuhalten. In dieser Ausgabe erinnert sich die 96-jährige Maria Muck aus Wultendorf an Frauenberufe in ihrem Dorf. geschriebenes: ingrid fröschl-wendt // fotografiertes: zur verfügung gestellt von maria muck
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Nun wurde die Hebamme geholt. Unterstützung für die Geburt kam von der Mutter der Gebärenden. Sie sorgte für heißes Wasser und Tücher und kümmerte sich um die Familie. Die Hebamme blieb im Haus, bis das Kind gesund geboren war. Und dann kam sie eine Woche lang jeden Tag. Sie hat das Kind gebadet und
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in Stück Oral History, also erzählte, rein subjektive Auszüge der Zeitgeschichte, macht frühere Zeiten für uns real. Eine Bäuerin aus Wultendorf kann fast auf ein ganzes Jahrhundert zurückblicken. Was für ein Geschenk für uns! Dabei hat die begeisterte Orgelspielerin selbst kein Interesse an Geschichte, als sie noch zur Schule ging. Handarbeiten oder Naturlehre waren ihr damals wichtiger. Schade, meint sie heute. Doch jetzt ist ihr Tagebuch selbst ein Geschichtsbuch. Sie schreibt für ihre Kinder und Enkel viele ihrer Erinnerungen auf und erzählt gerne von früher. Auch Ahnenforschung ist ihre große Leidenschaft.
Von Maria Muck lernen wir speziell von den wichtigen Frauenberufen in unseren Dörfern. Das sind vor allem einmal die Hebammen. Ihnen oblag im Dorf die Hauptverantwortung, wenn sich ein neuer Erdenbürger ankündigte. Ein Arzt wurde nur in Notfällen gerufen und natürlich wurden die meisten Kinder zu Hause geboren. Von der behutsamen Rundumversorgung mithilfe des Mutter-Kind-Passes unserer Tage war damals keine Rede. Die Hebamme, von deren Zunft einst in fast jedem zweiten Ort eine Vertreterin lebte, lies man holen, wenn sich eine Geburt angekündigt hatte. Karenz und monatelange Schonung werdender Mütter wäre seinerzeit undenkbar gewesen, Frauen arbeiteten bis knapp vor der Geburt. Maria Muck hatte vor einem ihrer drei Kinder noch an einer Chorprobe teilgenommen. Sie hatte das Harmonium gespielt, als die Wehen einsetzten, danach hätte sie es kaum mehr nach Hause geschafft, erinnert sie sich heute.
gewickelt, aber auch die junge Mutter gewaschen, denn die hatte im Bett auszuharren. Eine Woche lang musste die Wöchnerin wirklich liegen bleiben. Außerdem wurde ihr Bauch ganz fest eingefascht, um die ausgedehnten Bauchmuskeln wieder in die alte Festigkeit zurückzubekommen. Die einzige Abwechslung war das Stillen, dazu wurde der Mutter das Kind ins Bett gebracht. Einmal habe sie sich aufgesetzt, erinnert sich Maria Muck, um am Taufkleid zu sticken, da hagelte es gleich Vorwürfe von der Hebamme.
Doch auch wenn die Mutter nicht aus dem Haus durfte, sollte das Kind so schnell wie möglich getauft werden. Ein ungetauftes Kind dürfe nicht über den »Dachtropfen« hinausgehen. Mit dem Dachtropfen ist die Dachtraufe gemeint, das bedeutet, das Kind durfte nicht aus dem Haus getragen werden. Also wurde meist noch innerhalb der ersten Woche getauft, oft ohne die Mutter. Die Feier fand im Haus statt. Dazu wurde das große Zimmer ausgeräumt und eine Festtafel aufgestellt. Das Kochen hat die frisch gebackene Großmutter übernommen. Beim ersten Kind von Maria Muck stand das Wöchnerinnen-Bett im Zimmer mit der Festtafel. Während sich die Gäste an der Tafel vergnügten, hatte die junge Mutter den Tag noch immer im Bett zu verbringen, konnte aber zumindest von dort aus an der Gesellschaft teilhaben. Doch muss es damals sehr lustig zugegangen sein und der Wultendorfer Berglwein ist ordentlich geflossen, denn der Pfarrer und die Taufpaten ließen es sich schmecken und dachten gar nicht daran, nach Hause zu gehen. Die junge Mutter im Bett gleich daneben hatte das geduldig hinzunehmen und musste ihre Rast auf später verschieben. Nach acht Tagen wurde es der jungen Frau zu bunt und sie stand auf, um das Baby herumzutragen, da gab es große Aufregung im Haus, weil man fürchtete, die ungeübten Hände könnten das kleine Wesen fallen lassen. »Da ist es jetzt viel besser«, meint Maria Muck, »dass die Frauen gleich aufstehen dürfen.«
Genauso wie sich der Beruf der Hebammen zwar bis heute erhalten, doch aber verändert hat, ist es mit dem Beruf der Schneiderin. Davon gab es in jedem Dorf mehrere, wobei die Frauen fast ausschließlich Damenkleider nähten, Anzüge für die Männer nähten die Herrenschneider. Fertige Kleidung von der Stange gab es nicht. Ausgangsmaterial war der Stoff. Größere Greißlereien hatten manchmal einfache Stoffe für die Alltagskleidung im Dorf. Sonst war es notwendig, in die Stadt zu fahren, also nach Laa an der Thaya oder Mistelbach. Dort gab es auch das Zubehör, wie Zwirn oder Knöpfe. Die meiste Kleidung nähten sich die Frauen allerdings selbst. Maria Muck nähte besonders gerne. Für ihre Schwester hat sie viele Dirndln genäht. Und dann natürlich für die Kinder: da gab es Kleiderschürzen, die hinten zuzuknöpfen waren. Vieles davon wurde von Hand genäht. Aber auch wenn es viel Arbeit war, man war immer sorgfältig darauf bedacht, es schön zu gestalten. Die Schneiderinnen wurden nur für besondere Anlässe gebraucht, wie für die Kirtagskleider. Wenn die jungen Mädchen aus der Schule waren, dann erhielten sie jedes Jahr für den Kirtag ein neues Kleid. Zuerst finanzierten es die Eltern, dann wurde es mit dem ersten eigenen Lohn selbst gekauft. Das war meistens ein leichtes Sommerkleid aus einem guten, fröhlich einfarbigen oder geblümten Seidenstoff. »Diese Stoffe sieht man heutzutage wieder«, freut sich Maria Muck. Die erwachsenen Frauen trugen Kostüme, oft mit einem schicken Hütchen dazu. Das gab es im Frühjahr. Aber nicht jedes Jahr, auf
etwas derart Kostspieliges musste man schon ein bis zwei Jahre warten. Die Kostüme wurden manchmal der Schneiderin überlassen. Sollte nicht so viel Geld ausgegeben werden und war die Bäuerin geschickt, wurde auch das selbst genäht. »Ich hab auch viele Wintermäntel selbst genäht«, erinnert sich Maria Muck. So wurde halt von Fall zu Fall abgewogen. Wenn etwas besonders schön sein sollte, so ging man zur Schneiderin und ließ nähen. Die Anzüge der Männer fertigte der Schneidermeister. Davon gab es in Wultendorf sogar drei. Der machte aber nur die guten Anzüge, das Arbeitsgewand nähten die Frauen selbst. Selbst gefertigt wurde auch die Unterwäsche. Dazu wurde Leinen verwendet. Ihre Großmutter habe sich das Leinen aus Böhmen schicken lassen, sagt Maria Muck, das sei besonders gutes Leinen gewesen. Einige Stücke davon hat sie noch aufgehoben. Die Stoffe, die rund 100 Jahre alt sind, greifen sich auch heute noch wunderbar und fest an. Aber das Nähen der Unterwäsche sei viel Arbeit gewesen.
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Etwas ganz Besonderes waren die Hochzeitskleider. Die wurden natürlich der Schneiderin überlassen. Maria Muck hatte sich für ein langärmeliges, hochgeschlossenes Kleid entschieden. Unter der Büste war es zur Verzierung leicht gesmogt. Hochgeschlossen waren damals alle Kleider. Meistens gab es oben sogar noch ein kleines Kragerl um den Hals. Maria Muck heiratete bereits in Weiß, die Generationen vor ihr trugen noch schwarze Hochzeitskleider. Das war dann auch das gute Kleid für den Sonntag. Zur Hochzeit war es mit einem weißen Kragen verziert. Der kam dann herunter und wurde nur bei besonderen Anlässen wieder am Kleid befestigt. Bei Maria Mucks Hochzeit blieb das Schwarz dem Bräutigam vorbehalten. Ein schöner schwarzer Anzug musste es sein. Den schwarzen Hut dazu musste sich der junge Ehemann noch ausborgen. Doch mit ihrem ersten Geld hätte sie ihrem Mann dann einen eigenen schönen schwarzen Hut gekauft, schmunzelt Maria Muck, 150 Schilling hätte der damals gekostet. Ja und die Schuhe, die waren natürlich auch nicht aus einem Geschäft. In Wultendorf gab es mehrere Schuster. Meist hatte man zwei Paar Schuhe, ein gutes Paar für den Sonntag und ein paar Arbeitsschuhe. Ende der 30er-Jahre kamen dann Hausschuhe aus Stoff auf. Und im Krieg gab es die Holländerschuhe für die Arbeit im Stall. »Die waren praktisch«, sagt Maria Muck, »sie waren aus Holz geschnitzt und man ist einfach hineingeschlüpft.« Sie wurden dann nach dem Krieg durch die Gummistiefel abgelöst. Schuhe waren wertvoll, die Kinder hatten oft nur ein einziges Paar. Sommers wie winters dieselben. Bitter war es im Winter, wenn die Lederschuhe beim Schlittenfahren nass geworden waren. Wurden sie bis zum nächsten Morgen nicht ganz trocken, dann hatte man mit feuchten Schuhen zur Schule zu gehen. Maria Muck ging daher nicht so gerne in den Schnee. Die Schuhe für die Erwachsenen waren schwarz und flach. Eine Ausnahme waren Kirtagsschuhe, die sich die jungen Mädchen manchmal leisteten. Da war dann schon ein kleiner Stöckel dabei. Damit konnte man besonders gut tanzen. Meist waren es Hemdchen mit einem geraden Schnitt und kurzen Ärmeln. Oft war zur Verzierung vorne auch ein bisschen Stickerei darauf. Besonders viel Arbeit waren die Unterhosen. Ihre Großmutter hätte noch die Schlitzhosen getragen, davon hat sich auch noch ein paar Exemplare aufgehoben. Zu dieser Zeit gab es auch noch keine Strumpfhosen, sondern nur einzelne Strümpfe, die an einem Träger angeknöpft wurden. Auch die Kinder trugen nur Strümpfe. Damit sie nicht rutschten, zog man ihnen ein ärmelloses Leibchen an, an dem Streifen mit Knöpfen herunterhingen, woran die Strümpfe befestigt wurden. »Da war es dann schon eine Erleichterung, dass die Strumpfhosen aufkamen«, seufzt Maria Muck. Auch die Strümpfe waren selbst hergestellt. Ihre Mutter hatte ihr einst ein besonders schönes Paar gestrickt, aber da sie aus Wolle waren, hätten sie so arg gekratzt, dass die kleine Maria sie bei jedem Schritt am liebsten ausgezogen hätte.
An ein Paar Schuhe erinnert sich Maria Muck bis heute gerne: das waren ihre Brautschuhe. Sie waren weiß, aus dem weißen Ziegenleder ihrer eigenen Ziegen. Ein Schuster aus Wultendorf hatte sie ihr genäht. Sie hatte einen kleinen Stöckel und ein Riemchen über dem Rist, mit einer Schnalle zu schließen. Wenn Maria Muck an diese Braut-Schuhe denkt, geht heute noch ein Leuchten über ihr Gesicht. Oft hören wir ja noch von unseren Großeltern, wie wertvoll damals alles war. Besonders Kleidung und Schuhe. Und dass wir heute viel zu verschwenderisch seien und Dinge nicht wertschätzen würden. Hört man Damen wie Maria Muck aufmerksam zu, begreifen wir plötzlich die Nörgelei unserer Großmütter. Denn was uns heute der Botendienst nach ein paar Mausklicks im Onlineshop bis an die Haustür liefert, billig in Fernost am Fließband hergestellt, musste einst teuer und aufwendig selbst erschaffen werden.
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Vor einem viertel Jahrhundert, im Herbst 1993, nahm das WIFI Mistelbach nach einer feierlichen Eröffnung den Betrieb auf. In diesen 25 Jahren absolvierten zahlreiche KursteilnehmerInnen aller Altersklassen erfolgreich eine Vielzahl an Lehrgängen und Ausbildungen. Das Programm wurde laufend erweitert. Mit Erfolg!
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rimäres Ziel der Wirtschaftskammer war es das WIFI-Netzwerk in Niederösterreich weiter auszubauen, um so näher an interessierte Kurs- und Lehrgangsteilnehmer zu kommen und damit einen regionalen Vorteil an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu bieten. Auch die niederösterreichische Grenzregion wurde somit gestärkt.
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Seit der Eröffnung hat sich der WIFI-Standort Mistelbach sehr gut etabliert - aktuell absolvieren ca. 1.800 Teilnehmer an die 150 Veranstaltungen aus dem reichhaltigen Angebot.
Eine statistische Auffälligkeit der Buchungen über den gesamten Zeitraum zeigt, dass die Anzahl der Trainingseinheiten sehr stark ausgebaut wurden. Während anfangs vor allem Kurz-Seminare gebucht wurden, ist speziell in den letzten 10 Jahren die Nachfrage nach längerdauernden Ausbildungen gestiegen. Die Liste der Kursangebote könnte locker ein Buch füllen. Die Schwerpunkte liegen im WIFI Mistelbach in den Bereichen Buchhaltung und Personalverrechnung , Berufsreifeprüfung und vor allem Lehre mit
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