Überlegungen zum Wissensmanagement Die klassische Wirtschaftslehre kennt seit Adam Smith bzw. David Ricardo drei volkswirtschaftliche Produktionsfaktoren: Arbeit, Kapital und Rohstoff bzw. Boden. Die jüngsten volkswirtschaftlichen Beobachtungen zeigen, dass sich unsere Gesellschaft rasant von einer Industrie- bzw. Dienstleistungsgesellschaft in eine Wissensgesellschaft weiterentwickelt. Dieser Vorgang lässt sich gut an der Transformation all unserer Güter und Dienstleistungen zu „intelligenten“ Produkten erkennen. Markus Querner
Es gibt keine Dienstleistung, die nicht durch Erhöhung des Faktors Wissen oder Intelligenz zu einer anspruchsvolleren und wettbewerbsfähigeren Tätigkeit bereits mutiert ist oder vermutlich mutieren wird.
Es ist einleuchtend, dass ein weiterer Produktionsfaktor zu den drei materiellen Faktoren eingeführt werden muss, um diesen Wandel darstellen zu können: Wissen. Und dieser Produktionsfaktor muss ebenso effizient gemanagt werden, um ein optimales Produktionsergebnis zu erzielen. Tatsächlich kann vermutet werden, dass der Produktionsfaktor Wissen im Begriff ist, die klassischen ProdukAdam Smith (1723-1790), Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre / Founder of classical economics
tivkräfte, insbesondere bei der Herstellung von nicht-trivialen Gütern, die einem kontinuierlichen Innovationsdruck ausgesetzt sind, in ihrer Bedeutung zu überholen. Mit der Einführung des Produktionsfaktors
Eine auf Wissen basierte professionelle Arbeit kann selbstverständlich nur nach aufwändigen Ausbildungsprozessen erfolgen. Wissensar-
sondern Kanäle entwickeln müssen, um einerseits die vorhandene oder
beit muss jedoch weiter gefasst werden, da hier nicht nur der einmalige
durch Geschäftstätigkeit gewonnene Expertise mitarbeiterunabhän-
Literaturverzeichnis
Wissen lässt sich die Entwicklung von intelli-
Aneignungsprozess durch Erfahrung, Lehre, Fachausbildung oder Profes-
gig im Unternehmen zu integrieren und andererseits das Wissen allen
Quinn, James (1992): Intelligent Enterprise. A Knowledge and Service
genten Gütern, die Wandlung zur Wissensge-
sionalisierung mit darauf basierender Nutzung des Wissens gemeint ist.
anderen Unternehmensmitgliedern möglichst verzögerungsfrei zur Ver-
Based Paradigm for Industry, New York, Free Press.
sellschaft und zur intelligenten Organisation
Wissensarbeit meint, „dass das relevante Wissen
fügung zu stellen.
ableiten.
• kontinuierlich revidiert,
Alle bisher angeführten Entwicklungen weisen darauf hin, dass sich mit dem Einführen des Produktionsfaktors Wissen auch der ProDavid Ricardo (1772-1823), britischer Nationalökonom / British political economist
Development of intelligent steering in cars. Source: Hightech Report 1/2002
Ausgangspunkt, um die Potentiale und Chancen des Wissensmanage-
Quinn, James, Philip Anderson, und Sydney Finkelstein (1996): Das
• permanent als verbesserungsfähig angesehen,
ments zu beleuchten, ist die Identifikation von Wissen in Unternehmen:
Potential in den Köpfen gewinnbringender nutzen, Harvard Business-
• prinzipiell nicht als Wahrheit, sondern als Ressource betrachtet wird
Es kann leicht gezeigt werden, welche riesigen Reserven an implizitem
manager.
und
und explizitem Wissen in Unternehmen „schlummern“.
duktivfaktor Arbeit verwandelt. Wenn unsere
• untrennbar mit Nichtwissen gekoppelt ist,
volkswirtschaftliche Zukunft in der Produktion
sodass mit Wissensarbeit spezifische Risken verbunden sind.“
rung gewinnt und nur durch Beispiel, Vorleben oder Imitieren erwerben
von intelligenten Produkten und Dienstleis-
Wissensmanagement behandelt den Prozess des Organisierens von
und adaptieren kann. Der Person muss dabei nicht zwingend bewusst
tungen liegt, muss sich der Faktor Arbeit weg
gesellschaftlichen, organisationalen, technologischen und individuellen
sein, dass sie über dieses Wissen verfügt und sie muss nicht erklären
Willke H. (2001): Systemisches Wissensmanagement, Stuttgart,
von einer tayloristisch organisierten industri-
Faktoren, um Wissen als Produktionsfaktor zu entfalten.
können, wie sie kann und was sie kann. Explizites Wissen ist hingegen
Lucius&Lucius.
Implizites Wissen meint jenes Wissen, das eine Person durch Erfah-
ellen Arbeit hin zu Wissensarbeit entwickeln.
Wenn aus der Beobachtung der volkswirtschaftlichen Wandlung
ausgesprochenes, formuliertes oder dokumentiertes Wissen. Im Gegen-
Dass dies bereits geschieht, kann einleuchtend
die Einsicht folgt, dass nur durch Implementierung von Intelligenz und
satz zu implizitem Wissen weiß die Person über ihr Wissen Bescheid,
anhand eines Beispiels erläutert werden: Der
Wissen in unsere Dienstleistungen und Güter ein Wettbewerbsvor-
dieses Wissen kann leicht weitergegeben werden. Der Vorgang der Expli-
Vorgang des Ausgebens von Bargeld in Bank-
sprung erreicht werden kann, darf nicht nur auf die individuelle Ausbil-
zierung von Wissen, also der Übergang von implizitem zu explizitem
filialen hat sich in unserer Gesellschaft von
dung und Weiterbildung Wert gelegt werden. Auch auf der Ebene der
Wissen, ist möglich, bedarf jedoch eines erheblichen Aufwandes, einer
einer Dienstleistung zur automatisierten Bar-
Organisationen und Unternehmen muss eine kollektive Intelligenz ent-
Anleitung und fällt vielen Menschen nicht leicht.
geldausgabe an Automaten gewandelt. Die
wickelt werden.
Carl-Auer.
Der systematische Austausch und die Weitergabe von Wissen erfor-
wenig wissensbasierte Schalterdienstleistung
Die Unternehmen müssen auf organisationaler Ebene analog zu den
dern von Unternehmensmitgliedern die Einsicht, dass nur dadurch das
wurde hier durch eine Maschine ersetzt, die
Individuen Wissensarbeit leisten und Lernbereitschaft sowie Innovati-
eigene Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt. Darüber hinaus müssen
frei gewordene Ressource Arbeit kann nun wis-
onsfähigkeit als Kernkompetenz aufbauen. In anderen Worten bedeutet
von der Unternehmensführung ausreichend Zeitressourcen für das
sensbasiert wettbewerbsfähiger (zum Beispiel
das, dass Unternehmen die Entwicklung und Weitergabe von Know-how
Leben eines Wissensmanagementsystems im operativen Produktions-
in der Finanzberatung) eingesetzt werden.
und erfahrungsgebundenem Wissen nicht dem Zufall überlassen dürfen,
ablauf gesichert werden.
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Willke H. (2004): Einführung in das systemische Wissensmanagement,
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