Friederike Just . Der Wald muss heute draussen bleiben

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Der Wald muss heute draussen bleiben Die Bilder von Friederike Just sind als Selbstbefragung zu deuten – die Selbst­ befragung einer starken Persönlichkeit, die sich vor keinen Themen oder Rezensionen scheut. Sie wagt die Weiblichkeit prall und lasziv zu zeigen und gleichzeitig in psychische Abgründe zu blicken. Schaut man beispielsweise auf die Bilder ›Vier‹, 2017, oder ›Der Wald muss heute draussen bleiben‹, 2019, so sieht man weiblichen Figuren – stark abstrahiert – aber klar als Frauen gekennzeichnet. Ihre großen, fülligen Körper nehmen den gesamten Platz auf der Leinwand ein; überschwängliche Figuren, die in kühlen Pastelltönen dargestellt sind. Mal drehen sie sich von uns ab, mal strecken sie uns ohne Scham ihre Geschlechtsorgane provokant entgegen. Möchte man sich der Kunst der Stuttgarter Malerin nähern, möchte man sie ver­ stehen, so muss man sich auch der Person und ihrer Haltung nähern. Kraftvoll und dem Leben und Leiden zugewandt, ist jedes Bild auch ein Teil der Künstlerin! Etwas, was wir als BetrachterInnen so oft in der Kunst vermissen. Nicht ein roter Faden, nicht der gleiche Bildaufbau, immer und immer kopiert mit technischen Differenzen, sondern mit jeder Arbeit verewigt sich die Künstlerin in dem Bild und gibt einen Teil ihrer Person mit auf den Weg zu den BetrachterInnen. Dabei bleibt Sie bockig und eigenwillig; das Klischee von vorgefertigten Bilder aus Werbung und der medialen Welt wird von ihr freudvoll in der Luft zerrissen und neu komponiert. Mensch und Tier sind dabei oftmals in einer irritierenden Koexis­ tenz zu sehen. Mir als Galerist macht es großen Spaß solch eine Künstlerin an meiner Seite zu wissen. Ich lernte sie und ihre Kunst vor fünf Jahren kennen, wir sind uns näher gekommen und gehen nun einen gemeinsamen Weg. Und das ist gut so! Denn bei all dem Mittelmaß, bei all der Banalität und der Suche nach Haltung und Standpunkt – Friederike Just fordert ein, bezieht klar Stellung und lässt durch ihre Bilder das Selbstvertrauen einer starken Frau spüren. Mein Lieblingsbild der Ausstellung ist ›Der Wald muss heute draußen bleiben‹ aus dem Jahr 2019. Ein Komposition von Mensch und Natur, mit dem deutschen Wald als Mittelpunkt. Die pathetische Bedeutung des Waldes komponiert die Künstlerin dabei neu, sie ersetzt Bäume, Lichtungen ganz nach ihrer Vorstellung, zwischen Nationalisierung und Sentimentalisierung. Und besetzt damit ein Lieb­ lingsthema der deutschen Geschichte neu. Thomas Holthoff

›Vitra‹ . 2021 60 × 40 cm . Öl auf Leinwand


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