Handelszeitung Special Weiterbildung, 31. Januar 2013

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World Tourism Forum Führungskräfte und Nachwuchstalente treffen sich Mitte April in Luzern zum Austausch. Seite 66

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Special Weiterbildung inhalt

Universität oder Fachhochschule Beide Hochschultypen fördern hierzulande die Wirtschaftsweiterbildung. Wie sich die Universitäten positionieren, zeigen die ­Beispiele aus Basel, Bern, St. Gallen und ­Zürich. Wie sich die Fachhochschulen ­positioneren, sagt André ­Haelg, Direktor der School of Management and Law an der ZHAW in Winterthur. Seiten 61/62

Abschluss in Social Media Management Ein Bericht aus dem Klassenzimmer der Hochschule für Wirtschaft Zürich zeigt, dass der Umgang mit Sozialen Me­dien gelernt werden kann. Doch die neuen Kanäle sind kein Heilmittel für faule Kommunikationsleute oder vergrippte Firmen. Seite 63

Interkulturell zu mehr Erfolg In der heute dreidimensionalen Welt ist ­interkulturelle Kompetenz (cross culture competence) nicht mehr wegzudenken. Auch global agierende Unternehmen ­lernen dies und profitieren davon, wie die Schweizer Beispiele von Takeda Pharma und FoamPartner zeigen. Seite 64

Staatssekretär «Super Mauro» Mauro Dell’A mbrogio ist Chef des neuen Schweizer Super-Staatssekretariats für ­Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Was das Amt für ihn bedeutet und wie er die Entwicklung des Weiterbildungs­ standorts Schweiz einschätzt, erklärt der Tessiner Jurist im Interview. Seite 67

Von den Affen im Zoo Zürich lernen Fotos: Peter Frommenwiler

Bereits 1999 hat der Biologe Samuel Furrer mit Angstseminaren begonnen, da ging es um Angst vor Spinnen sowie Schlangen. 2009 kam der Kontakt mit dem Psychologen André Angstmann zustande, aus dem sich die ersten Seminare für Manager im zoologischen Garten entwickelten. Seite 74 Kalaidos Bildungsgruppe: 14 Studenten und 3 Dozenten der Kalaidos Fachhochschule Schweiz und der Akad Business über ihre Weiterbildungsmotivation.

Verantwortlich für diesen special: Norman c. Bandi

Ängste der Anbieter

Foto-Serie Die Beilage porträtiert 14 Studenten und 3 Dozenten der ­Kalaidos ­Fachhochschule Schweiz und der Akad Business. Sie machen respektive ­geben Weiterbildung an ­einem dieser beiden Institute der ­Kalaidos ­Bildungsgruppe in Zürich.

Markt Schweiz Das neue Weiterbildungsgesetz lässt immer noch auf sich warten. In der Branche macht sich Unmut breit – zum einen über die Mühlen des Bundes, zum andern über die eigene Intransparenz. Norman C. Bandi

Peter Frommenwiler

Fotos: Peter Frommenwiler

Die Weiterbildungsbranche ist ge­ spannt und verärgert. Sie wartet auf die revidierte Botschaft des Bundesrats zum neuen Weiterbildungsgesetz. Das Papier ist seit einem Monat überfällig. In Weiterbildungskreisen grassiert be­ reits das Gerücht, dass der Gesetzesent­ wurf nicht zu den Priori­täten des jungen Staatssekretariats für B ­ildung, For­ schung und Innovation (SBFI) gehört, wie der Dachverband der Weiterbil­ dung SVEB befürchtet. Er hofft, dass diese Angst unbegründet ist und der Bundesrat die Botschaft zuhanden der eidgenössischen Räte in naher Zukunft doch noch verabschieden wird.

Andere Sorgen kommen in der ak­ tuellen Anbieterstatistik des SVEB zu­ tage. Die Institutionen beklagen die m ­ angelnde Übersichtlichkeit des Markts noch immer. Insbesondere Schulen aus der Deutschschweiz sowie grössere Einrichtungen kritisieren die gegen­ wärtige Intransparenz. In der Umfrage wurden den Teilneh­ menden denn auch Lö­sungs­ansätze zur Beurteilung vor­gelegt. Am meisten Zu­ stimmung finden Qualitätslabels wie «eduQua» und die Regelung von Wei­ terbildungsabschlüssen als Mittel zur Steigerung der Durchsichtigkeit. Vor­ schriften oder ein Monitoring durch den Staat finden in der Branche hinge­ gen wenig Anklang.

Positiver fällt der Blick auf das neue Jahr aus. Viele Anbieter erwarten eine leichte oder mittlere Zunahme des Marktvolumens. Dazu tragen aus ihrer Sicht spezifische und modularisierte Lehrgänge für bestimmte Wirtschafts­ zweige bei. Die Nachfrage wird generell durch das konjunkturelle Umfeld und das steigende Weiterbildungsbedürfnis der Arbeitnehmenden angekurbelt. Als zunehmend härter beurteilen die Befragten aber die Konkurrenzsituation.­ Nach ihrer Einschätzung werden nicht alle Anbieter im Markt überleben. Dazu kommt ein stärkerer Druck durch die Wirtschaft, der die Institutionen zwingt, ihre Programme laufend der Nachfrage anzupassen. Parallel dazu müssen sie

den steigenden Kosten- und Spardruck bewältigen. Generell haben mittlere und kleinere Schulen den Eindruck, die grossen Rivalen würden den Markt ­dominieren – ein Eindruck, den die Grossen selbst jedoch nicht teilen. Bei den Trends sind sich viele Teil­ nehmende einig, dass Coaching und Beratung sowie Integriertes Lernen und Soziale Medien weiter an Bedeutung gewinnen. Weiterbildungen mit Praxis­ bezug und anerkannten Abschlüssen werden vermehrt verlangt, weil diese in der Arbeitswelt gefordert werden. Die Anbieterstatistik für 2011 deckt rund ein Drittel des Weiterbildungs­ marktes in der Schweiz ab. An der Um­ frage beteiligten sich 207 Schulen.



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Stephanie A. Hotz (27) STELLE: Mitarbeiterin Steuerrecht FIRMA: Von Ah & Partner, Zürich Schule: Schweizerisches Institut für Steuerlehre SIST, Zürich KUrs: MAS Taxation/LL.M. Taxation Dauer: Seit 05.2012/4 Semester KOSTEN: 33 000 Fr. (100% Firma)

peter frommenwiler

Warum diese Weiterbildung? «Der Studiengang dient der Vertiefung des Fachwissens und ist gleichzeitig mein praxisbezogenes, individuelles Ausdauertraining, um mir das Rüstzeug zur Steuerspezialistin anzueignen.» Was soll sie Ihnen bringen? «Anhand von vernetztem Denken sowie transparentem Wissen soll das Fundament für die Säulen des Steuerrechts gelegt werden, um darauf Häuser zu bauen – ein weiterer Bildungsstein.»

Vertiefung erforderlich

Universitäten Die Weiterbildungsangebote für Banking und Finance mehren sich bei den Wirtschaftswissenschaften der Hochschulen. Es braucht hingegen Zeit, um diese komplexe Materie zu verstehen. Helga Wienröder

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in Blick auf die kommerzielle ­Führung von Unternehmen und den Finanzsektor in der Schweiz zeigt, dass es Verantwortungs­träger vermehrt mit komplexen und sich ständig verän­ dernden Fragestellungen zu tun haben. Deshalb müssen die für das Wohlergehen eines Betriebs Verantwortlichen sich ein Rüstzeug holen, mit dem sie diese Heraus­ forderung bewältigen können. Ein zunehmender Wettbewerb unter den Anbietern, die nicht immer bildungs­ politische Ziele verfolgen, sondern auf die Bedürfnisse der Kursteilnehmenden ­eingehen, macht die Wahl zur Qual. Die Universitäten in der Schweiz legen jedoch Wert auf die Vertiefung der anspruchsvol­ len Materie, deren Erlernung indes Zeit und Geduld fordert.

Universität Basel Im engeren Zusammenspiel mit der Wirtschaft sieht Michael Braune Krickau, Studiendirektor und Geschäftsleiter des MAS Marketing Management an der Uni­ versität Basel, ein gewisses Spannungs­ feld von grosser Praxisnähe mit ihrer ope­ rativen Orientierung und dem Ziel, das letztlich bewirken soll, dass die Teilneh­ menden die Umsetzung von Vorhaben er­ folgreich an die Hand nehmen können, auch wenn es dafür keine oder nur eine Praxis mit abgelaufenem Verfallsdatum gibt. «Bisher konnten wir dieses Spannungs­ feld jedoch gut mit unseren Dozenten und Gastdozenten aus der Praxis abgleichen.» Weil die Lehrgänge auf universitärem

­ iveau eher den Anspruch haben, kon­ N zeptionelles, strategisches Wissen mit der Fähigkeit zur Praxisgestaltung zu verbin­ den, beobachtet die Studienleitung per­ manent die Branchen, aus denen die Teil­ nehmenden kommen, und pflegt ­Kontakte, so Braune Krickau weiter.

Universität Bern Die Berner Hochschule kann auf ein grosses Netzwerk von Partnern im In- und Ausland zurückgreifen. Dazu zählt unter anderem die William E. Simon Graduate School of Business Administration of the University of Rochester bei New York für den Rochester-Bern Executive MBA. Aber auch nationale Organisationen wie das Swiss Finance Institut oder nationale ­Unternehmen wie die SBB. Im Fokus der Wirtschaftsweiterbildung stehen General Management, Public Ad­ ministration, Health Administration, Ban­ king und Finance, International Law and Economics sowie Entrepreneurship. Für Andreas Fischer, Leiter des Zentrums für Universitäre Weiterbildung und Leiter des Bereichs Weiterbildung an der Universität Bern, ist es wichtiger, statt auf jeden Trend zu reagieren, ein längerfristig konsolidier­ tes und verlässliches Gesamtprogramm anzubieten. Neue Trends finden laut ihm dann innerhalb der Studiengänge ihren Niederschlag. Die Angebote der Universität Bern sind stark auf die Präsenzphasen ausgerichtet. Begleitet und angeleitet werden internet­ basierte Lernplattformen eingesetzt. Die Studiengänge sind teilweise international akkreditiert und dauern zwischen sechs Monate und zwei Jahre – mit Abschlüssen

Plattform

Datenbank von Swissuni Verein Universitäre Weiterbildung gilt als Garant für Qualität und wird in ei­ ner globalen Welt für Führungskräfte nahezu unverzichtbar, so Swissuni. Der Verein, dem sich sämt­liche hiesigen Universitäten sowie die Eidgenössi­ schen Technischen Hochschulen (ETH) und die Fernstudien Schweiz ange­ schlossen haben, unterstützt diesen Anspruch durch konkrete Zusammen­ arbeit zwischen allen u ­ niversitären Weiterbildungsstellen. Sämtliche An­ gebote sind auf einer Datenbank zu­ sammengetragen. Die Dozenten sind entweder in der Forschung tätig oder

akademisch gebildete Praktiker, so dass die universitäre Weiterbildung nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern auch berufsrelevant und ­praxisbezogen ist. Diplome Studiengänge enden mit den Abschlüssen MAS (Master of Advanced Studies), DAS (Diploma of Advanced Studies) oder CAS (Certificate of Ad­ vanced Studies). Bei kürzeren Weiter­ bildungen gibt es auf Wunsch eine Teilnahmebestätigung von Swissuni. Die Kurse sind ein- bis mehrtägig und finden nur im Präsenzunterricht statt.

entsprechend den universitären Quali­ tätsstandards. Fischer findet die verstärkten Kontakte zur Wirtschaft, und zwar bereits bei der Konzipierung, dermassen wichtig, dass die Studien­gänge oder Teile davon als ­Inhouse-Veranstaltungen angeboten wer­ den können, weil Vernetzung und Bezie­ hungspflege mit bedeutsamen Betrieben und Verbänden in verschiedener Hinsicht erfolgversprechend ist. Einerseits trägt sie

Nicht gleich auf jeden Trend reagieren, sondern ein längerfristig konsolidiertes Gesamtprogramm bieten. gemäss Fischer zu einem bedarfsorien­ tierten Angebot bei und erleichtert den Einsatz geeigneter Praxisreferenten und Case Studies (Fallstudien). Anderseits ­unterstützt sie die Nachfrage – von der Entsendung von Kaderleuten bis zur Übernahme von Angeboten für die i­ nterne Weiterbildung – und fördert auch die ­Anerkennung der Weiterbildung im jewei­ ligen Arbeitsumfeld.

Universität St. Gallen Der Executive Campus der Universität St. Gallen (HSG) bietet architektonisch wie auch von der wunderbaren Lage ­inmitten der Natur viel Inspiration für die Führungskräfte, die hier ihr Wissen auf den neuesten Stand bringen möchten. ­Neben den erfolgreichen Executive-MBAProgrammen der HSG stehen Diplomund Zertifikatslehrgänge zu den Themen

Leadership, Human Resources, Manage­ ment und Organisation auf der Agenda. Eine Alternative für sehr aktive Führungs­ kräfte sind verschiedene Kurzseminare, beispielsweise zu den Themen Entrepre­ neurship, Marketing und Vertrieb oder Recht und Corporate Governance. Als grosser Trend steht bei vielen ­Angeboten die Nachhaltigkeit auf dem Programm. Es geht dabei nicht nur um ökonomische, sondern auch um öko­ logische und gesellschaftliche Aspekte. Weitere aktuelle Themen als Ausbildungs­ ergänzung sind Ethical-Leadership-Kurse und Kommunikations-Seminare. Auffallend an den Programmen ist die starke Vernetzung mit Schlüsselpersonen aus der Wirtschaft. «Wir versuchen, mög­ lichst viele Führungskräfte in die Module zu integrieren, die mit den Teilnehmen­ den praxisnahe Case Studies durch­ führen», sagt Fabio Lenzlinger, Marketing Manager des Executive MBA HSG an der Universität St. Gallen.

Universität Zürich Benjamin Wilding, Geschäftsführer der Finance Weiterbildung an der Universität Zürich, sieht in diesem Kontext das Thema Ethik als einen wichtigen Trend. «Ich ­denke, dass sowohl die Ausbildung als auch die Weiterbildung verstärkt auf Kompetenzwissen und nicht nur auf ­ F ­ achwissen setzt.» Im Bereich Betriebs- und Finanzwis­ senschaften gibt es an der grössten Schweizer Hochschule ein breites Weiter­ bildungsspektrum, das neben dem Klassi­ ker Executive Master of Business Adminis­ tration (EMBA) 29 weitere Angebote mit

Abschlüssen anbietet, etwa Master of Advanced Studies (MAS), Diploma of ­ ­Advanced Studies (DAS) und Certificate of Advanced Studies (CAS). Da wird neben Kursen wie «Grundlagen der Unterneh­ mensführung» eine Vielzahl von Ange­ boten ­gemacht, vor allem im «Risk Ma­ nagement for Banking and Finance» oder ­«Socially Responsible Investments». Die Dauer variiert dabei zwischen einem Tag und zwei Jahren, jeweils berufsbegleitend. Es bestehen darüber hinaus einige ­Online-Angebote, die meisten sind jedoch Blended Learning, sprich integriertes ­Lernen, bei dem die Vorteile von Präsenz­ veranstaltungen und E-Learning kombi­ niert werden. Zum Komplex Ethik findet man die 2012 lancierten Module «Ethical Leadership» sowie «Ethics and Finance» (siehe Kasten). Der Teilnehmerkreis bei Finance-­ Angeboten besteht zu mehr als drei Vier­ teln aus Männern (78 Prozent); keinen Viertel machen die Frauen aus (22 Pro­ zent). In der Weiterbildung der Universität Zürich sind laut Wilding vor allem fach­ orientierte MAS- oder CAS-Programme nachgefragt, welche berufsbegleitend eine Ver­tiefungs- oder Zweitausbildung in ei­ nem Fachgebiet anstreben, beispielsweise im Marketing- oder Kulturmanagement, und die Managementwissen und Fachwis­ sen so bündeln, dass Leistungsfunktionen in d ­ iesem Bereich erfolgreich in der Praxis umgesetzt werden können. Basel: www.uniweiterbildung.ch Bern: www.unibe.ch/studium/weiterbildung St.Gallen: www.unisg.ch/de/weiterbildung Zürich: www.weiterbildung.uzh.ch

Neuheit

Kurs «Ethical Leadership» der Universität Zürich Ausgangslage Ethische Aufgaben­ stellungen und Konflikte gehören im unternehmerischen Alltag zum Tages­ geschäft. Die aktuelle Diskussion um die sogenannte Abzocker-Initiative von Thomas Minder zeigt beispielhaft, welchen ethischen Herausforderungen sich Unternehmer oder Kadermitar­ beiter momentan zu stellen haben. ­Dabei ist der Umgang mit der Frage nach der moralischen Legitimität hoher Managerlöhne nur ein Themenkreis, den der letztes Jahr lancierte Weiter­ bildungskurs «Ethical Leadership» an der Universität Zürich behandelt.

Konsequenz Im Zentrum des zweitä­ gigen Angebots ab 1600 Franken pro Person stehen das Verstehen und das Bewältigen ethischer Herausforderun­ gen, um die langfristigen Ziele seiner eigenen Organisation nachhaltig zu ­unterstützen. Die Teilnehmer sind nach dem Besuch dieser Weiterbildung in der Lage, ethische Aufgabenstellungen zu identifizieren, zu analysieren sowie einer Entscheidung zuzuführen. Sie können mit anspruchsvollen Aufgaben­ stellungen nach ethischen Grundsätzen umgehen und das Thema «Business Ethics» als Teil der nachhaltigen Ge­

schäftsleitung in ihre Führungsarbeit integrieren. Dozent Ivo Wallimann, ­Geschäftsführer der Advanced Studies in Applied Ethics des Ethikzentrums der Universität Zürich, erklärt zum Wei­ terbildungskurs «Ethical Leadership»: «Management heisst nicht nur wirt­ schaftlich erfolgreiche Leadership. ­Leader werden in ihrem Verhalten von ihren Mitarbeitern und der Öffentlich­ keit auch bezüglich ihrer moralischen Integrität kritisch beurteilt. Deshalb vermitteln wir das notwendige ­Sen­sorium und Rüstzeug für ethische ­Herausforderungen im Management.»


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Akademisch, praktisch Fachhochschulen Was ist von Wirtschafts-Weiterbildungen zu erwarten und was müssen die Kursteilnehmenden leisten? Ein Überblick. André Haelg

peter frommenwiler

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Silvia Eugster (28) STELLE: Fachspezialistin Personenversicherungen FIRMA: Kessler & Co, Zürich SCHULE: Höhere Fachschule Versicherung HFV, Zürich KURS: Dipl. Versicherungswirtschafter/in HF Dauer: Seit 09.2012/6 Semester KOSTEN: 24 000 Fr. (100% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Nach dem Sozialversicherungsfachausweis will ich mich im Bereich Wirtschaft weiterbilden.» Was soll sie Ihnen bringen? «Die Weiterbildung soll mir die Sparten einer Unternehmung und deren Aufgaben näher und mich ­ in meiner Karriere ein Stück weiter bringen.»

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rotz ihres jugendlichen Alters sind die Fachhochschulen in der Schweiz gut etabliert. Das beweisen steigende Studierendenzahlen und populäre Weiterbildungsangebote. Als Hochschule an der Spitze der Berufsbildungspyramide bieten sie das Beste aus beiden Welten: Wissenschaftlich fundierte Lehrgänge mit europaweit anerkanntem Leistungsnachweis (ECTS-Punkte) sowie einen hohen Praxistransfer aus ­Forschung, Entwicklung und Beratung. Neuste Erkenntnisse fliessen unmittelbar in den Unterricht ein. Für grosse Praxisnähe sorgt besonders im Spezialgebiet Wirtschaft die verbreitete Arbeit mit konkreten Fallstudien. Doch eine Analyse zum Markteintritt ­eines globalen Konzerns in China bringt wenig, wenn im Kurs vornehmlich Mit­ arbeitende von KMU sitzen. Es ist mit Problemstellungen zu arbeiten, die eine unmittelbare Anwendung im Arbeits­ alltag zulassen. Zu unterscheiden sind Inhalte für Fachfremde und Fachleute. Im ersten Fall erlernen etwa Personen mit technischem Hintergrund im Hinblick auf eine Führungsposition die Grundlagen des Managements. Im zweiten Fall vertiefen Experten ihre Kennt­ nisse in einer klar umrissenen Dis­ziplin wie Marketing oder Wirtschafts­ infor­ matik. Angebote, welche möglichst viele Themen umfassen, aber keines davon richtig vertiefen, bringen indes wenig.

Durch engen Kontakt zur Wirtschaft in Forschung, Entwicklung und Beratung fühlen die Fachhochschulen den Puls der Arbeitgeber. So wird beispielsweise die zunehmende Internationalität und Interkulturalität als Querschnittthema immer stärker berücksichtigt, indem Lehrgänge vermehrt auf Englisch durchgeführt und der Austausch mit ausländischen Partnern forciert wird – einerseits durch Studien­reisen, anderseits durch Kooperationen, die einzelne Fachhochschulen schon seit Jahren unterhalten. Zur Qualitätssicherung gewinnen ­globale Akkreditierungen immer mehr an Bedeutung. Sie ermög­lichen einen

Nur ein Abschluss, der Teilnehmenden etwas abverlangt, ist auch von Wert. grenzüberschreitenden Vergleich der Angebote und garantieren für die Qualität der geprüften Institution sowie der ­erworbenen Bescheinigung. Nur ein Abschluss, der den Teilnehmenden etwas abverlangt, ist von Wert. Das Diplom soll nur erhalten, wer die ­geforderten Leistungsnachweise erbringt. Letztere sind so zu konzipieren, dass sie nachhaltige Kompetenzgewinne garantieren, also keine Multiple-Choice-Tests, bei denen Theorie abgefragt wird, die gleich wieder vergessen ist. Stattdessen: «Hands-on.» Oder ganz nach Konfuzius: «Erzähle mir und ich vergesse. Zeige mir und ich erinnere mich. Lass mich tun und ich verstehe.» Klassisches Beispiel ist der Businessplan, den man nicht theoretisch abhandeln, sondern als ­ ­Leistungsausweis selber erarbeiten soll. Wohl bedeutet das für die Teilnehmen-

den und betreuenden Dozierenden viel Aufwand, doch es garantiert, dass das Gelernte praktisch umgesetzt werden kann. Auf diese Weise wird neben Fachund Methoden- auch Problemlösungskompetenz vermittelt.

Klares Zielpublikum mit klaren Zielen Die meisten Weiterbildungsangebote der Wirtschafts-Fachhochschulen richten sich an ambitionierte Praktiker, die ihre Karriere mit einem guten Abschluss voranbringen und in einem engen Betreuungsverhältnis von erfahrenen Praktikern lernen möchten. Im Einzelfall ist auch Platz für Teilnehmende ohne ein Hochschuldiplom, sofern sie strenge Auf­ nahmekriterien erfüllen. Gefordert sind langjährige, relevante Berufserfahrung und einschlägige Weiterbildungsnachweise. Diplomsammler, die ihren Marktwert auf dem Weg des geringsten Widerstands steigern wollen, sind hin­gegen fehl am Platz. Eine passive Konsumhaltung ist unerwünscht. Engagement ist gefragt. Denn die Studierenden sollen von den Praxiserfahrungen ihrer Kommilitonen profitieren. Zudem sind die Lehrgänge ­anspruchsvoll und die Leistungsanforderungen hoch. Auch wer Wert auf den Ausbau des persönlichen Netzwerks legt, kommt in der Regel auf seine Kosten. Denn bei aller Diversität der Teilnehmenden, von High Potentials über Umsteiger bis zu Fachexperten, ­haben doch alle dasselbe Ziel – beruflich weiterkommen. André Haelg, Direktor, School of Management and Law, Zürcher Hochschule für Angewandte ­Wissenschaften (ZHAW), Winterthur; Präsident, ­Association of Management Schools Switzerland, Verband der Wirtschaftsdepartemente der ­öffentlich-rechtlichen Fachhochschulen (FH).


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Christoph Fahrer (34) STELLE: Leiter Postproduktion FIRMA: tpc Switzerland, Zürich Schule: Athemia, Zürich Kurs: MAS FH in Service Leadership Dauer: Seit 05.2011/4 Semester KOSTEN: 27 600 Fr. (z.T. Firma)

peter frommenwiler

Warum diese Weiterbildung? «Der modulare Aufbau lässt sich gut mit der Arbeit verbinden. Die Themen sind genau auf mich zugeschnitten. Ich musste erst nach dem 1. Semester entscheiden, ob ich das Studium mache.» Was soll sie Ihnen bringen? «Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Führungskräfte ihrer Tätigkeit ohne fundierte Ausbildung nachgehen. Ich will in meiner Linienverantwortung den passenden Rucksack haben, unabhängig davon, welchen Einfluss diese Weiterbildung auf meine Karriere hat.»

Klasse vertraut der Weisheit der Masse

Soziale Medien Wie sich der Kosmos in den neuen Kanälen aktiv nutzen lässt. Ein Erlebnisbericht aus dem Lehrgang «Social Media Management» an der HWZ. Alice Baumann

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ie Vorgabe lautet: «Sharing is ­caring.» Oder frei übersetzt: «Wissen teilen ist sozial.» In den drei Wochen vor der mündlichen Prüfung ­ ­lebten die zwei Dutzend Studierenden der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ), was sie im zweiten Halbjahr 2012 verinnerlicht hatten – Crowdsourcing. Es lebe das Vertrauen auf die Ideen der ­Masse. In der geschlossenen Facebook-Gruppe des Zertifikatslehrgangs «Social Media Management» entfachte sich ein Wirbelsturm an Wissensfragmenten, dass es den Mitlesenden beinahe schwindlig wurde. Lancierte jemand eine Frage, publizierten binnen Minuten mehrere Kommilitonen ihre Antwort. Der Taifun entstand jeweils spontan, wurde vorübergehend heftig und beruhigte sich ebenso rasch wieder, wenn das Teilproblem gelöst war. Im Netz profilierte sich kein Klassensprecher. Es diskutierten vielmehr viele kluge Köpfe auf Augenhöhe. Auch gab es weder einen institutionalisierten Auftrag noch eine Anleitung dazu, wie Lernen zu geschehen habe. Die Motivation der Beteiligten lag einzig in der erhöhten Aufmerksamkeit, im subjektiven Gefühl von Zuwachs an Einfluss und in der Erwartung auf Gegenseitigkeit. Den Nutzen der Viralität im eigenen Leib und Geist zu spüren, vitalisierte die Studierenden offensichtlich. Sie hatten von Kursleiter Manuel P. Nappo und seinem Lehrkörper gelernt, dass die Sozialen Medien einfach, konkret und emotional funktionieren sowie ein Katalysator sind für Integration und Austausch. Dialogpartner wollen bekanntlich integriert und beteiligt sein.

«Kernschmelze der Disziplinen» Dass Aufmerksamkeit das höhere Gut ist als Geld, lernten die Studierenden an vielen Beispielen. Der Sommer mit den Mittagspausen an der Sihl verwandelte sich in den harten Winter, und aus dem Lernen wurde Liebe, ja teilweise sogar anzeige

­ eidenschaft für die Sozialen Medien. Ob L «Internet-Secondos» oder seit Geburt mit der DNA des Netzes getränkte Evangelisten, die Teilnehmenden schafften alle den Schritt vom Lesen zum Schreiben, von Push zu Pull, vom Beobachten und Zuhören zu Partizipation und Kollaboration. Dieser Perspektiven- und Paradigmenwechsel war ein gesellschaftspolitisch höchst brisanter Akt, denn die innovative

Die neuen Kanäle sind kein Heilmittel für faule Kommunikationsmanager oder vergrippte Firmen. Form der demokratischen Kommunika­ tion befähigt den Menschen, eigene Wege zu gehen und selbstbestimmt zu handeln. Getreu dem Motto: «Teile, was du willst, mit wem du willst – immer und überall.» Nicht umsonst nannte Dozent Ralph Hutter die Welt der Sozialen Medien «die Kernschmelze der Kommunikationsdis­ ziplinen». Vorausgesetzt werde, dass hinter jedem Profil und Beitrag ein echter Mensch mit lauteren Absichten stehe. Mehrere Unterrichtende zitierten Oscar Wilde: «Be yourself. Everyone else is taken.» Die gemeinsame Absicht der Studierenden war, alle Klassenmitglieder durch die Schlussprüfung zu bringen. Diese selbstlose Intention bildete die Kultur der Sozialen Medien perfekt ab. Mit den neuen­Instrumenten Nutzen zu stiften und eine gute Stimmung zu verbreiten, ist Teil des Netzphänomens. Es geht um mehr als nur um ein Mittel zum Zweck. Social Media ist kein Heil­ mittel für faule Kommunikationsmanager oder vergrippte Firmen. Copy-Paste führt nicht zu Relevanz. Um kluge integrierte Strategien, nützliche «Tools, Places and Spaces» und viele Best-Practise-Beispiele kennenzulernen, nahmen zwei Dutzend Studierende einiges auf sich. Zum Preis von 8500 Franken durchlebten sie 20 Schul­tage, betrieben ein intensives Selbst-

studium, steckten 100 Arbeitsstunden in ihre Zertifikatsarbeit und unterzogen sich einer mündlichen Prüfung durch Kurs­ leiter Manuel P. Nappo und Co-Expertin Marie-Christine Schindler.

Nicht in Komfortzone verharren Was lockte denn 24 Leute aus Gross­ verteiler, Bundesverwaltung, kantonaler Institution, Medienunternehmen, Lehrinstitut, Beratungsfirma, Kommunikationsagentur und dergleichen an die HZW? Wie wussten sie, dass ihnen ihre frisch erworbene Exzellenz im Social-Media-Bereich im Jahr 2013 zum Wettbewerbsvorteil und Erfolgsfaktor gereichen würde? Es war wohl die Einsicht, dass Personal­ mitarbeitende, Medienschaffende, Kommunikations- und Marketingexperten den mutigen Flug ins All der neuen Kanäle ­wagen müssen. In der Komfortzone zu verharren und sich auf das zu konzentrieren, was man seit Jahren kennt und kann, führt automatisch in die berufliche Sackgasse. Wer seine Expertise nicht laufend erneuert, wird eines nicht fernen Tages nutz- und brotlos sein. Wie die meist spannenden Vorlesungen des Zertifikats-

lehrgangs «Social Media Management» den Studierenden der HWZ deutlich vor Augen führten, reicht es nicht, neugierig zu lesen, was gescheite Köpfe über Aspekte der Sozialen Medien publizieren. Man muss schon selber ausprobieren, was es heisst, sich als Person und Marke zu exponieren. Die Berichte aus dem Innern der in den Sozialen Medien herumschlingernden Unternehmen und Organisationen sind durch keine Theorie zu ersetzen. So war es beispielsweise lehrreich zu hören, wie die Fluggesellschaft Swiss im April 2010 während des isländischen Vulkanausbruchs erstmals die neuen Kanäle nutzte. Und es war interessant, von der Migros zu erfahren, wie der orange Riese mit dem Weihnachtsguetsli-Skandal vom Oktober 2012 umging. Oder wie ein Bündner Bergdörflein namens Obermutten mit einem kleinen Budget, aber grossen Ambitionen und einer cleveren Social-MediaKampagne quasi weltberühmt wurde. Und erklärt zu bekommen, dass sich der Aufbau einer Empörungswelle mit der Beaufort-Skala aus der Seefahrt vergleichen lässt, die von Windstille bis Orkan jede Eskalationsstufe durchläuft.

Lehrgang

CAS «Social Media Management» der HWZ Angebot Bereits zum fünften Mal führt die Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) ab 22. Februar 2013 den Zerti­ fikatslehrgang «Social Media Manage­ ment» durch. Das vor rund zwei Jahren lancierte Certificate of Advanced ­Studies (CAS) soll den Absolventen ein umfassendes Know-how für den pro­ fessionellen Einsatz der neuen Kanäle vermitteln. «Das Interesse, sich im ­Bereich Social Media weiterzubilden, ist auch nach vier komplett ausgebuch­ ten Kursen ungebrochen», erklärt ­Manuel P. Nappo, Leiter der Fachstelle ­Social ­Media Management an der HWZ.

Konzept Auf praxisnahe und fundierte Weise werden während eines Semes­ ters (20 Tage) die Prozesse, der Nut­ zen und die Risiken von Social Media vermittelt. Das Angebot orientiert sich an den fünf Phasen des Modells der HWZ für Social Media Management: Ziele setzen, zuhören und beobachten, konzipieren und aufbauen, pflegen und bewirtschaften, analysieren und opti­ mieren. Darüber hinaus entwickeln die Teilnehmer im Rahmen der Abschluss­ arbeit eine Social-Media-Strategie für ihr eigenes Unternehmen. Die Studien­ gebühren betragen 8500 Franken.

Zu lernen, wie sich mit wenig Aufwand eine grosse Wirkung erzielen lässt, ist grossartig. Einzusehen, dass auch eine grosse Idee ins Nirwana führen kann, ist indes ernüchternd. All dies und noch viel mehr lernt, wer in die eigene Fachkompetenz investiert und in harter Arbeit darum ringt, die Prozesse, den Nutzen und die ­Risiken der Social-Media-Welt und vor ­allem deren Kontext zu verstehen.

Altmodische Abschlussprüfung Die Befähigung zum Führen eigener Projekte und das breite Themenspektrum von der integrierten Kommunikation bis zum Social Media Commerce und von der Markenführung bis zur Suchmaschinen­ optimierung und zum sozialen Marketing taten gut. Auf wenig Begeisterung stiess hingegen das Prüfungsfinale mit zufällig ausgewählten Wissensfragen. Denn das Auswendiglernen von Namen, Daten und Definitionen zu Statistiken und verblassten wissenschaftlichen Experimenten ist der inkarnierte Widerspruch zu der von neuen Konzepten und Kanälen geprägten Social-Media-Kultur einer offenen Gesellschaft. Doch die Studierenden unterzogen sich brav der dennoch inten­siven Prüfung, statt einen «Shitstorm» zu lancieren. Trotzdem sei die Frage erlaubt, ob sich die erworbenen Fähigkeiten und Erkenntnisse aus der täglichen Nutzung der Sozialen Medien nicht anders testen und reflektieren liessen als mit einer Faktenabfrage und mit Schulnoten? Wie die Schüler in Case Studies diskutiert und erlebt haben, ist es in der virtuellen Welt nicht nötig, ­alles selber zu wissen. Mit den Methoden von heute findet der Kluge die Antworten von morgen locker. Er vertraut auf die «Cloud» (Wolke) und fragt die «Crowd» (Volk). Es gibt genügend intrinsisch motivierte Menschen, die auf digitalen Tools freiwillig zur Lösung beitragen. Dass bei diesen Prozessen keiner gewinnt, aber alle profitieren, tut der Freude keinen Abbruch. Die Weisheit der Masse ist jedermanns Verdienst. Das zumindest wurden die Studierenden gelehrt.­


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Samuel Zapfl (30) STELLE: IT-Projektmanager FIRMA: Credit Suisse, Zürich SCHULE: Institut für Wirtschaftsinformatik IfWI, Zürich KURS: B.Sc. FH in Business IT Dauer: Seit 04.2011/8 Semester KOSTEN: 40 720 Fr. (0% Firma)

Peter Frommenwiler

Warum diese Weiterbildung? «Die Schulzeiten am Samstag und das selbstständige Lernen lassen flexible Arbeitszeiten zu. Privat organisierte Schulen haben hohe Qualitätsansprüche an sich selbst sowie an Dozenten.» Was soll sie Ihnen bringen? «Der Lehrgang gibt neben Theorie auch guten Bezug zur Praxis. Aus Karrieresicht macht es Sinn, das Praktische auch theoretisch zu untermauern. Während des Unterrichts kann ich nebenbei einen breiten Austausch pflegen.»

Vom Fettnapf zur Kompetenz

Interkulturell Der relativ junge Wissensbereich kann jeder Firma zum Nutzen im globalen Geschäftsumfeld werden. Daniel Tschudy

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S-Präsident Barack Obama hätte es besser wissen müssen. In Südostasien küsst man sich in der ­ ffentlichkeit nicht – schon gar nicht zwiÖ schen Männern und Frauen. Sein herzlich gemeinter Kuss an Myanmars Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi löste Befremden aus und hätte das folgende Gespräch negativ beeinflussen können. Suu Kyi zuckte leicht zurück und der Staatsmann anzeige

selbst entschärfte seinen Fauxpas mit einer leichten Umarmung und einer entschuldigenden Bemerkung. In der heutigen dreidimensionalen Welt ist interkulturelle Kompetenz (cross culture competence) nicht mehr wegzudenken. Obamas eigene Wurzeln liegen in Kenia, Hawaii und Indonesien; alles ganz unterschiedliche Kulturen, was zum Beispiel das Berühren in der Öffentlichkeit betrifft. Obama hätte also schon von sich aus sensibler agieren müssen.

Aber die Branche ist ja auch noch jung. Interkulturelle Kompetenz wird erst seit den 1950er-Jahren intensiver studiert. Hervorgetan haben sich der 2009 verstorbene Amerikaner Edward T. Hall sowie die beiden Holländer Geert Hofstede und Fons Trompenaars. Alle drei versuchten, die Komplexität der Völker zu verstehen und sinnvoll einzuordnen. Hofstede teilte die Kulturen auf, unter anderem nach Weiblichkeit/Männlichkeit oder Indivi­ dualismus/Kollektivismus, Hall sah vergangenheits- und zukunftsorientierte Nationen, Trompenaars spracht von Kulturen mit partikularistischen gegen universelle Interessen. Jeder Gelehrte versuchte also, die kulturellen Eigenheiten einzuordnen, so wie auch weitere CrossCulture-­ Vordenker, etwa der deutsche Philosoph Ferdinand Tönnies, der bereits 1887 in ­seinem Werk «Gemeinschaft und Gesellschaft» über das Thema schrieb.

Modell nach Richard Lewis Einer, der sich in der Globalisierung auskennt, ist der Engländer Richard Lewis. Durch sein jahrzehntelanges Engagement in Sprachschulen lernte er Menschen aller Kulturen kennen und initiierte mit Unterstützung von mehreren Universitäten ein globales «Self-Assessment»-Programm, das über kulturelle Faktoren forscht. Die Daten betreffen nicht nur Rasse, Sprache und Religion, sondern auch ganz persön­ liche Bereiche wie Status, Selbstwert­ gefühl, Sitten und Tabus, Vorurteile und Klischees, Kommunikationsmuster, Hörgewohnheiten und Verhandlungsstile. Er analysierte alles und kreierte dann das sogenannte Lewis-Modell. Seinen ­Erfahrungen zufolge lassen sich weltweit, unabhängig von Politik und Religion, drei grobe kulturelle Gruppen festlegen: Die überlegten, kühlen und planenden Linear-­ Aktiven wie Norweger, Deutsche oder wir Schweizer; die emotionalen, impulsiven und kreativen Multi-Aktiven wie Nigerianer, Brasilianer oder Italiener; die ausgleichenden und kompromissfreudigen «Re-

Aktiven» wie Koreaner, Japaner oder Vietnamesen. Während die genannten Länder ihren jeweiligen Gruppen relativ deutlich angehören, gibt es andere, die sich zwischen zwei Gruppen bewegen. Zum Beispiel die Inder, die einerseits multiaktiv sind (also farbig, lärmig, emotional) und anderseits klare reaktive Eigenschaften besitzen (etwa Geduld, Freundlichkeit, Respekt gegenüber Vorgesetzten). Natürlich sind das Durchschnittswerte. Einzelne Personen können aufgrund ihrer Herkunft und ihrer Erfahrung durchaus atypisch sein. Aber die grossen Tendenzen sind deutlich. Und genau auf diese Informationen sind global engagierte Firmen und Verbände angewiesen. Wer in China, Senegal oder Peru expandieren möchte, braucht mehr Wissen als nur ein paar Höflichkeitsfloskeln in deren Sprache. Konzernchefs können nicht mehr Millionen investieren, ohne vorher sicherzustellen, dass ihr Auftreten in einem neuen Markt den dortigen Gepflogenheiten entspricht. Personalverantwortliche wollen nicht mehr Firmenrepräsentanten in ein neues Land schicken, ohne deren interkulturelle Kompetenz für die dortigen ­Regeln getestet und für gut befunden zu haben. Denn sonst droht schlicht das Fiasko. Ein Engagement der Missverständnisse,­ verlorene Monate oder Jahre und letztlich Enttäuschung für alle Beteiligten – auch die Aktionäre. Interkulturelle Kompetenz hilft also zu verhindern, in einem neuen Markt nicht schon von Beginn weg spielentscheidende Fehler zu machen. Richard Lewis und seine Organisation haben in den vergangenen Jahren mehr als 500 Unternehmen und Organisationen beraten, beispielsweise die Weltbank, Rolls-Royce oder Finnair. Dabei haben über 70 000 Menschen interkulturelles Wissen erhalten, das sie bei ihrer Arbeit einsetzen können. Michael Gates, Geschäftsführer von Richard Lewis Communications, sagt dazu: «Interessant ist aber, dass 80 Prozent aller Senior Executives überzeugt sind, dass interkulturelle Kom-

petenz notwendig ist. Aber entsprechende Massnahmen unternehmen nur knapp ein Drittel davon.» An sich unverständlich beim laufenden Globalisierungsprozess.

Cross Culture Competence Die Aus- und Weiterbildung darin ist für alle im weltweiten Kontakt stehenden Personen relevant. Wer über einen neuen Markt recherchiert, sollte dessen kulturellen Werte und Verhaltenskodexe in seine Analyse einbauen. Wer als Verkäufer e­ inen Markteintritt vornimmt, zum Beispiel an einer Fachmesse, kann sich mit interkulturellem Wissen besser ins Verkaufsgespräch einbringen. Verwaltungsräte, die über Investitionen in fremden Ländern entscheiden müssen, und die weichen Faktoren wie Mentalität oder Status kennen, können zuverlässiger entscheiden. Direktoren, die dann eine Aussenstelle und die dortigen Mitarbeitenden leiten, können mittels Cross Culture Competence schneller Zugang finden sowie effizienter führen. Und, nicht zuletzt, auch der «fremde» Kunde kann besser bedient werden oder der «fremde» Lieferant näher an die Firma geführt werden. Zu wissen, wer in einer interkulturellen Geschäftsverbindung die wirklich richtige Ansprechperson ist, wem man in die Augen­schauen darf, wann eine öffent­ liche Kritik angebracht ist, wer im Gespräch unterbrechen darf und warum sich jemand nicht öffentlich äussert, sind wertvolle Werkzeuge. Zu verstehen, welche Position die Frau im jeweiligen Kulturkreis einnimmt, wann die Religion im Betrieb relevant wird, über welche Themen man besser schweigt oder wie unterschiedlich verbale gegenüber gedruckten Instruk­ tionen verstanden werden, können die Leistung entscheidend beeinflussen. Interkulturelle Kompetenz, ob über Myanmar, Panama oder auch über die BRICS-Staaten, trägt entscheidend zum erfolgreichen internationalen Erfolg bei. www.crossculture.com

PraxisBeispielE

Die Erfahrungen zweier schweizerisch geprägter Unternehmen Befürworter Der japanisch-schweize­ rische Pharma-Konzern Takeda und die Conzzeta-Tochter FoamPartner sind zwei Betriebe, die ihren Angestellten ­interkulturelle Weiterbildung anbieten. Takeda Marit Gjesme, Verantwortliche für Takedas interne Akademie, erklärt: «Durch Takedas Übernahme 2011 des Schweizer Pharmakonzerns Nycomed waren die Japaner plötzlich in über 70 Ländern aktiv. Zuerst mussten also die japanischen und europäischen Firmenkulturen zusammengefügt und dann das Ganze in den neuen globalen Auftritt überführt werden. Takeda hat eine Firmengeschichte von 230 Jahren und bei heute 30 000 Angestellten rund um den Erdball ist diese interkulturelle Verschmelzung eine enorme Aufgabe. Un-

Marit Gjesme, Takeda Pharma

Martin Eggli, FoamPartner

ser Weiterbildungsprogramm gilt deshalb nicht nur den Japanern, die heute am Übersee-Hauptsitz in Opfikon ZH arbeiten, sondern auch den vielen internationalen Arbeitsgruppen, die an bestimmten Projekten teilweise virtuell zusammenarbeiten.»

FoamPartner Martin Eggli, Personalchef der FoamPartner-Gruppe in Wolfhausen ZH, sagt: «Wir sind globaler Marktführer in der Polyurethan-Schaumstofftechnologie und mit 500 Angestellten an zehn Standorten rund um die Welt vertreten. Dabei haben vor allem die Märkte in Asien-Pazifik Potenzial für uns. Um zum Beispiel mit den Chinesen zu arbeiten, sowohl mit unseren dortigen Angestellten als auch mit unseren lokalen Kunden, müssen wir uns intensiv einlernen. Dabei ist nicht die Sprache das grösste Handicap, sondern die unterschiedliche Weltanschauung sowie ein anderes Verständnis von Zeit, Erfolg, Teamwork, Arbeitsmoral oder Lebensziele. Je näher wir zueinander finden, desto erfolgreicher können wir zusammenarbeiten.»


Weiterbildung | 65

handelszeitung | Nr. 5 | 31. Januar 2013

Rentabilität Alle Seiten wollen ihren Gewinn. Wie sich die Ziele einer Weiterbildung von Teilnehmern, Unternehmen und Anbietern vereinen lassen. Christoph A. Müller

B

ei der Wahl einer Weiterbildung wollen sowohl der Teilnehmer und sein Unternehmen als auch der Anbieter eine Rendite erzielen. Doch wie kann dieses anspruchsvolle Vorhaben realisiert werden? Zuerst müssen alle drei Interessengruppen den Sinn und Zweck einer Weiterbildung identifizieren. Im zweiten Schritt sollten sich die drei Ak­teure – Teilnehmer, sein Unternehmen und der Anbieter der Weiterbildung – die ­Bedürfnisse und Erwartungen klären. Der Teilnehmer hat seine klaren Ziele: Den persönlichen Mehrwert im Sinn der Entwicklung der Persönlichkeit, der ­Aufwertung des Fachwissens, der Verbesserung der Entscheidungs- und Führungskompetenz sowie der Ausweitung des ­Beziehungsnetzes steigern. Er will seine Ideen und Projekte strukturieren, einbringen und anschliessend auch umsetzen. Die erlernten und reflektierten Kenntnisse in die Tat umsetzen. Lösungen erarbeiten. Entweder im eigenen ­Unternehmen, beim jetzigen Arbeitgeber oder «notfalls» bei ­ einem neuen geber. Die Teilnehmer wollen Arbeit­ nicht selten ihr Vertrauen in ihr e­ igenes unter­neh­merisches Handeln durch den Austausch mit Gleichgesinnten stärken, also den Know-how-Transfer. Nicht zu vergessen und ebenso von hoher Wichtigkeit: Networking. Die Arbeitgeber wieder erwarten eine Professionalisierung

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der unternehmerischen Talente ­ ihrer Mitarbeiter durch die gewählte Weiterbildung. Die erfolg­reiche Umsetzung der Projekte, welche in der Weiterbildung in Form eines Massnahmen­ katalogs ­erarbeitet wurden, führt zu e­ inem Mehrwert fürs Unternehmen. Sei es durch neue Geschäftsfelder, durch erfolgreichere Produkt­einführungen, intensivierte Kundenbeziehungen oder eine wirk­ samere Führung. Für die Arbeitgeber ­relevante ­Lösungen sind in jedem Fall gefordert.

Ein Vertrag als Lösung Die Anbieter von Weiterbildungen – wie die Henri B. Meier Unternehmerschule der Universität St. Gallen – ­bieten hierzu idealerweise die zur Erreichung der Ziele ihrer Kunden erforder­lichen Inhalte und interaktiven Methoden an.

Beziehung der drei ­Anspruchsgruppen in selbstlernendes System umwandeln. Die Themenpalette reicht deshalb von klassischer Betriebswirtschaftslehre über Prozesssteuerungen und Geschäftsentwicklungen bis hin zu Führungs- und Kommunikationsfragen hinsichtlich Mitarbeitern und Anspruchsgruppen. Dabei ist ein konsequenter Praxis- und Transferfokus auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie ­eigenen Erfahrungen unerlässlich. Hinzu kommt ein individu­elles Coaching für geschäftliche wie auch persönliche ­Anliegen aus dem unternehmerischen Kontext. Eine solch komplexe Idealkonstel­ lation kann auch scheitern. Die Ursa-

chen können auf allen Seiten liegen, ­sowohl in der falschen Erwartungshaltung sowie Abstimmung des Teilnehmers und seines Unternehmens als auch im zu starken senderbezogenen Verhalten des An­bieters. Die Ideallösung könnte wie folgt aussehen: Der Abschluss eines verlässlichen Vertrags zwischen den drei Partnern. Nur so lässt sich die Investition in eine Weiterbildung von Teilnehmern und/oder Unternehmen in einen Mehrwert durch die Lancierung sowie Umsetzung von Projekten mit einem Gewinn jenseits der f­inanziellen Einsatzhöhe umwandeln. Auch für die Weiterbil­ dungsanbieter müssen die Gesetze der Investi­tions­rechnung gelten, ansonsten bleibt sie ein Konsum- oder ein Unterhaltungsgut. Das wird jedoch selten angestrebt. Damit dieses gemein­ same Ziel schlussendlich ­erreicht werden kann, gilt es, die Schnittstelle der drei indi­vi­ duellen Interessen auszubauen. Sie wird durch für das unternehmerische Handeln relevantes Wissen mit konsequenter Praxis- und Umsetzungsorientierung definiert. Konkret heisst das, dass sich alle drei Parteien auf reali­ stische Projekte einigen, die während und nach der Weiterbildung in die Tat umgesetzt werden. Diese lassen sich ­anschliessend in ihren Wirkungen auf das Unternehmen, dessen Kunden sowie den Teilnehmer bewerten respektive messen. Dann lässt sich die Beziehung der drei Anspruchsgruppen – Teilnehmer, Unternehmen und Anbieter – in ein selbstlernendes System sowie in einen Zyklus der Weiterbildung um­ ­ wandeln. Christoph A. Müller, Akademische Leitung, Henri B. Meier Unternehmerschule (ES-HSG), Universität St. Gallen, St. Gallen.

peter frommenwiler

Ménage à trois

Cécile Roos (44)

STELLE: Manager Corporate Training Documentation FIRMA: Schindler Management, Ebikon LU SCHULE: Akad Business, Zürich KURS: Betriebswirtschafter/in HF Dauer: seit 03.2011/6 Semester KOSTEN: 21 420 Fr. (50% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Als Pädagogin war ich eine Quereinsteigerin in der Betriebswirtschaft. Das spannende Angebot der Lern­ module hat mich letztlich zur Anmeldung bewogen.» Was soll sie Ihnen bringen? «Ich habe Arbeitstechniken und Modelle kennen­ gelernt, die mir Sicherheit und Effizienz bringen.»


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Tempoverschärfung Firmenintern Der technologische Fortschritt verkürzt die Zyklen der ­Weiterbildung – etwa bei Swisscom, ABB, IBM und Microsoft.

W

er erinnert sich noch an die gedruckten Prospekte mit Weiterbildungsangeboten? Bald wohl nur noch Vertreter der älteren Generation, der Nachwuchs informiert sich längst auf firmeneigenen Plattformen. So auch bei der Swisscom. «Das Angebot wird laufend weiterentwickelt, weshalb wir auf die elektronische Kommunikation setzen», sagt Mediensprecherin Annina Merk. Seit fünf Jahren informieren sich rund 16 500 Mitarbeitende im Intranet über die ständig dem Markt angepassten Programme. Nach Angaben der Swisscom erneuert sich ihre Produktpalette alle sechs Monate um die Hälfte. Daher wäre eine gedruckte Version ihr Papier nicht mehr wert. Die Swisscom verfügt über ein grosses Spektrum an internen Möglichkeiten. Entschieden wird zwischen zentralen und ­dezentralen Entwicklungs- und Trainingseinheiten: Zentral in Human Relations (HR) für strategische Themen, Kurse für Führungskräfte und Projektleiter; dezen­ tral für fach- sowie arbeitsplatzbezogene Trainings. Geführt werden die Seminare teils von eigenen Mitarbeitenden, jedoch verfügt der Telekom-Riese auch über ­einen Pool an externen Partnern. Einen ­eigenen Campus hat die Swisscom nicht. «Wir haben aber an allen grösseren Standorten spezifische Räume, die für Learning und Training eine anregende Umgebung schaffen», betont Merk. Interne Weiter­ bildungen sind in der Regel kostenlos und finden während der Arbeitszeit statt. Was

das kostet, darüber macht die Swisscom keine Angaben. Doch gibt es Schätzungen, dass es sich jährlich um einen zweistelligen Millionenbetrag handelt.

Innerbetriebliche Lernzentren Der Technologie-Gigant ABB hat kürzlich eine Ladetechnologie für batteriebetriebene Fahrzeuge entwickelt. ABB erwartet ein riesiges Wachstum in der Nachfrage in den nächsten drei Jahren. Diese Technologie zu entwickeln und zu vermarkten ist eine grosse Herausforderung für die Weiterbildung der involvierten Mitarbeitenden. In diesem Fall ist auch hier die elektronische Kommunikation ge­ fordert. Über Intranet und E-Mails wird ­informiert. ABB Schweiz verfügt über keinen Campus, aber über Schulungsräume in 13 Lernzentren. Diese ABB University Switzerland hat eine dezentrale Struktur mit dem Fokus, zielgruppenorientierte Schulung für Kunden und Personal möglichst nahe an den Geschäftsprozessen zu betreiben und gleichzeitig gegen aussen ein einheitliches Erscheinungsbild zu präsentieren, das heisst, als eine virtuelle Organisation aufzutreten. Die einzelnen Lernzentren spezialisieren sich auf Produkte. Partner sind die ABB-Technikerschule, das Lernzentrum für Wirtschaft (LfW) und The Language Company (TLC). Auch bei IBM Schweiz lässt man sich bezüglich der Kosten für die innerbetriebliche Schulung nicht in die Karten blicken, so Mediensprecherin Susan Orozco. Vor ein paar Monaten hat der IT-Konzern sein Hardware-Angebot für Unternehmen und

Dienstleistung

Coachings durch Swissmem Kaderschule Übergreifend Wenn es sinnvoll ist, ­einzelne Schlüsselpersonen oder ganze Führungsgruppen innerbetrieblich ­weiterzubilden, bietet der Arbeitgeber­ verband der schweizerischen Maschi­ nen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) gezielte Coachings an. Zugänglich Das Ziel der Swissmem ­Kaderschule als Dienstleistungsorga­ nisation ist die Erhöhung der Selbst-, ­Sozial- und Methodenkompetenz von Führungs- und Fachkräften der MEMIndustrie. Das Angebot umfasst unter anderem den Modullehrgang «Projekt­

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management Swissmem» für Projekt­ leitende im industriellen Umfeld. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Teilnehmenden das in der hiesigen MEM-Industrie anerkannte Branchen­ zertifikat «Projektmanager/in Swiss­ mem». Angesprochen werden Füh­ rungskräfte oder Führungsteams aus den Branchen Pharma/Chemie, Infor­ matik/Telekommunikation, öffentliche Verwaltungen, Industrie allgemein, Kunststoffindustrie, aber ebenfalls Nonprofit-Organisationen. Diese Lehr­ gänge werden sowohl öffentlich als auch firmenspezifisch durchgeführt.

Behörden umfassend erneuert – eine technische Herausforderung ebenso für Weiterbildungsmassnahmen. Im Mittelpunkt steht eine neue Generation von Rechnern, für deren Entwicklung IBM mehr als 1,4 Milliarden Dollar investiert hat. Grundsätzlich läuft es bei den IT-Firmen so, dass ausgewählte Gruppen oder Leute via E-Mail einen Link erhalten, damit sie ihren Weiterbildungsbedarf direkt anmelden können. Je nach Profil erhalten sie Vorschläge, wie sie Lücken in ihrem Profil füllen können. In einem internen Newsletter erfolgen weitere Hinweise auf aktuelle Weiterbildungsmöglichkeiten. «Für unsere Region bietet Herrenberg bei Stuttgart einen Mix an Büros und Schulungsräumen», sagt Orozco. In der Schweiz werden Workshops in geeigneten internen Meetingrooms durchgeführt. Im IT-Konzern gibt es eine Regel für 75 Prozent interne und 25 Prozent externe Schulung. Face-to-Face-Unterricht sei rückläufig, virtuelle Kurse zunehmend.

Hochspezialisierte Standorte Bei Microsoft Schweiz gilt die Regel 70 Prozent «Learning on the job», 20 Prozent «Mentoring or learning from others», 10 Prozent «Trainings». Das Gros erfolgt in der Regel direkt am Arbeitsplatz. Die weltweiten und lokalen Trainings werden im Intranet publiziert, dort kann man sich mit wenigen Clicks anmelden. Sie werden zusätzlich per Mail an die Manager-Community verschickt, damit diese wiederum ihre Teams informiert und zur Teil­nahme motiviert. Die Kommunikation findet ausschliesslich elektronisch statt. «Dies passt am besten zu unserer Arbeitskultur», sagt Mediensprecherin Barbara Josef. «Das liegt daran, dass Papier eine gewisse Trägheit mit sich bringt, andererseits die Mitarbeitenden nicht täglich ins Büro kommen oder keinen festen Arbeitsplatz haben.» Microsoft versucht, in jedem ­ Land ein Basisangebot an Kursen zu bieten. Für hochspezialisierte Inhalte reisen die Leute zum Teil an den Hauptsitz-Campus nach Amerika oder zu Niederlassungen in Deutschland mit dem grössten Campus im deutschsprachigen Raum. Viele Trainings kann man auch online absolvieren. Die meisten Schweizer Kurse finden in der Zentrale in Wallisellen ZH während der Arbeitszeit zwischen 9 und 17 Uhr statt. Bei der Frage nach dem Budget lässt sich Josef eine vage Zahl ent­ locken: «Es sind sicherlich einige Tausend Franken pro Mitarbeitendem im Jahr.»

Francesco Lo Priore (48) STELLE: Inhaber FIRMA: Zentrum im Giessen, Dübendorf ZH SCHULE: Akad Business, Zürich KURS: Betriebswirtschafter/in HF Dauer: Seit 03.2010/6 Semester KOSTEN: 21 420 Fr. (0% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Durch Freunde und Bekannte habe ich nur Gutes gehört. Die Schule ist an einem optimalen Standort und Kurse am Samstag waren im Programm.» Was soll sie Ihnen bringen? «Neue Ansichten und Methoden kennenlernen, eine andere Sichtweise erlangen und mein Wissen erweitern.»

Fotos: Peter Frommenwiler

Helga Wienröder


handelszeitung | Nr. 5 | 31. Januar 2013

Ebru Klüver (42) STELLE: Category Manager FIRMA: Migros (MGB), Zürich SCHULE: IMI International Management Institute, Zürich KURS: EMBA in Int. Management (Ex-EMBA in Int. Marketing) Dauer: seit 04.2012/4 Semester KOSTEN: 42 500 Fr. (0% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Bereits beste Erfahrungen im Rahmen des BBA gemacht. Ich habe das Gefühl, ‹befähigt› und nicht ‹betitelt› zu werden.» Was soll sie Ihnen bringen? «Marketingwissen vertiefen sowie praxisnahes Know-how und Fachkompetenz erwerben.»

«Interventionismus tunlichst vermeiden»

Mauro Dell’Ambrogio Der Leiter des neuen Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation über den Standort Schweiz, das Budgetvolumen und die Gesetzgebung. Interview: Robert Wildi

Was hat Sie an der Aufgabe gereizt, auf dieses Jahr hin erster Staatssekretär für ­Bildung, Forschung und Innovation zu werden? Mauro Dell’Ambrogio: Nach fünf Jahren als Staatssekretär für Bildung und For­ schung konnte ich mir offenbar einen Leistungsausweis aneignen, der mich für das Amt qualifizierte. Natürlich reizt mich die Herausforderung, nun im gesamten Bereich Bildung, Forschung und Innova­ tion mitarbeiten zu dürfen. Ihre berufliche Karriere ist bunt und ­vielfältig wie kaum eine andere. Bezirks­ richter, Polizeikommandant, Universitäts­ gründer, Gemeindepräsident und Kan­ tonsrat hiessen einige Ihrer Stationen. Brauchen Sie die Abwechslung? Dell’Ambrogio: Das mag sein. Ich habe in meinem Leben den Aufgabenbereich sie­ benmal vollständig gewechselt, in der Regel nach vier bis sechs Jahren. So war es auch diesmal. Der Bund als Arbeitgeber bot mir im richtigen Moment etwas Neues an.

Filipe Próspero (20)

STELLE: Berater für Online-Kommunikation FIRMA: Selbständig, St. Gallen SCHULE: Kalaidos FH, Zürich KURS: B.Sc. FH in Business Administration (BBA FH) Dauer: Seit 11.2012/8 Semester KOSTEN: 43 200 Fr. (100% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Das Departement Wirtschaft der Kalaidos FH erlaubt mir, meine Studienzeit neben der Selbständigkeit sehr frei einzuteilen.» Was soll sie Ihnen bringen? «Wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen und Praxismethoden in meinem Unternehmen anwenden.»

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In Bern ist kein Stein auf dem anderen ­geblieben. Aus dem Volkswirtschafts­ departement EVD ist auf dieses Jahr hin das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) geworden, dem auch ihr Staatssekretariat angehört. Was versprechen Sie sich von der Neuorgani­ sation? Dell’Ambrogio: Für alle Aussenstehenden sowie für unsere Partner wird sich nicht viel ändern, ausser dass sie nun eine ­zentrale Ansprechstelle haben. Die be­ stehenden Schweizer Gesetze betreffend Berufsbildung, Hochschulen und For­ schungsförderung bleiben gültig. Allfällige­ Anpassungen oder Implementierungen laufen so weiter, wie sie seit langem in ­Planung oder Diskussion stehen. Intern erhoffe ich mir dank der Neuformierung der Departemente eine bessere Gesamt­ sicht sowie eine Vereinfachung unserer Arbeitsabläufe. Die politischen Mühlen mahlen aber auch in Zukunft langsam. Sämtliche Kredite sind schon bis Ende 2016 gesprochen und verteilt.

Nach eigenen Angaben sind es insgesamt 26 Milliarden Franken, die der Bund ­zwischen 2013 und 2016 zur Förderung von Bildung, Forschung sowie Innovation ­investiert. Wie wird dieses Geld verteilt? Dell’Ambrogio: Jährlich fliessen rund 2,4 Milliarden Franken in den ETH-Bereich inklusive seiner kostenintensiven For­ schungsinfrastrukturen. 1,6 Milliarden Franken sind für die kompetitive For­ schungsförderung vorgesehen, also für den Schweizerischen Nationalfonds, die Kommission für Technologie und Innova­ tion (KTI) sowie für Rahmenprogramme der EU. Weitere 2,2 Milliarden Franken

«Das Weiterbildungsgesetz wird mit Sicherheit ein Gewinn – aber nicht alle Wünsche erfüllen können.» sind Subventionen an die Kantone für die ­Berufsbildung, Hochschulen und Stipen­ dien. Nur kleinere Beträge hingegen wer­ den für internationale wissenschaftliche Kooperationen zurückgestellt. Über den Daumen gepeilt decken diese ­Investitionen knapp 10 Prozent des gesamten Bundesbudgets ab. Dell’Ambrogio: Das reicht auch. Denn mit Ausnahme von Berufsbildung und Hoch­ schulen, bei welchen der Bund einen Teil der Kosten subventioniert, ist die Bildung ausschliesslich in der Kompetenz der Kantone und wird entsprechend schwer­ gewichtig von ihnen finanziert. Für die Weiter- und Umbildung geben die vom Bund gesteuerten Sozialversicherungen wie AHV und IV ebenfalls rund 600 Millio­ nen Franken aus. Diese laufen aber nicht über das Budget des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Zurzeit ist ein neues Gesetz über die W ­ eiterbildung in Vorbereitung. Dieses soll aber keine zusätzlichen Subventions­ tatbestände schaffen. Welche sehr dringlichen Heraus­ forderungen beziehungsweise Aufgaben sind mit Ihrem neuen Amt verbunden?

Dell’Ambrogio: Enge Fristen haben wir zum Beispiel bei der Erneuerung der Ab­ kommen über die Schweizer Teilnahme an den Forschungs- und Bildungsprogram­ men der EU, bei der Stipendien­initiative, in der Energieforschung oder eben beim Weiterbildungsgesetz. Insgesamt sollten wir aber Feuerwehrübungen in Bildung und Forschung so weit als möglich ver­ meiden. Wie meinen Sie das? Dell’Ambrogio: Bildung und Forschung werden von Schulen und Forschern gene­ riert, nicht von der Verwaltung. Die zen­ trale Steuerung muss sich darauf beschrän­ ken, das System lern- und entwicklungs­ fähig zu behalten. Zum Beispiel durch die Autonomie der Hochschulen und durch die Rolle der Organisationen der Arbeits­ welt in der Berufsbildung. Dringlichkeit ist nur punktuell nötig. Das von privaten ­Investoren in Zusammenarbeit mit der ETH Lausanne und der Universität Genf geplante Life-Sciences-Projekt am Gen­ fersee ist ein aktuelles Beispiel dafür. Zurück zur Weiterbildung. Wie schätzen Sie den aktuellen Zustand des Standorts Schweiz diesbezüglich ein? Dell’Ambrogio: Wir haben einen funktio­ nierenden Weiterbildungsmarkt, der ein Volumen von rund 5 Milliarden Franken hat. Diesen wollen wir auf keinen Fall ­verzerren und werden Bundesinterventio­ nismus tunlichst vermeiden. Das heisst? Dell’Ambrogio: Im Moment legt der Bund die Prioritäten offensichtlich auf eine zweckmässige Ausgestaltung der Weiterund Umbildungsausgaben zur erleichter­ ten Eingliederung von Arbeitslosen und Behinderten. Ein gesetzlicher Spielraum für die Qualitätssicherung und das Füllen von Angebotslücken besteht sicher, auch wenn dafür nur bescheidene Bundes­gel­ der vorhanden sind. Inwiefern arbeitet Ihr Staatssekretariat bei der Erarbeitung des neuen Weiter­ bildungsgesetzes mit dem Schweizerischen Verband für Weiterbildung, dem SVEB,

der mensch Name: Mauro Dell’Ambrogio Funktion: Staatssekretär; Leiter Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) Alter: 59 Wohnort: Gümligen BE Familie: Verheiratet, sieben Kinder Ausbildung: Rechtswissenschaften mit Doktorat an der Universität Zürich, anschliessend Erwerb des Anwalts- und Notariatspatents Das SBFI Seit 1. Januar 2013 heisst das frühere Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) unter Bundesrat Johann N. Schneider-­ Ammann Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF). Das Staatsse­kre­ tariat für Bildung und Forschung (SBF), noch im Eidgenössischen ­Departement des Innern (EDI) angesiedelt, und das Bundesamt für ­Berufsbildung und Technologie (BBT), im EVD angesiedelt, wurden im neuen WBF unter dem Namen Staats­se­kre­ tariat für Bildung, Forschung und ­Innovation (SBFI) zusammengelegt. und dessen engagiertem Präsidenten ­Rudolf Strahm zusammen? Dell’Ambrogio: Wir versuchen mit dem SVEB – wie auch mit allen andern Inter­ essenorganisationen im Weiter­bil­dungs­ bereich – gut und konstruktiv zusammen­ zuarbeiten. Für sämtliche ­Protagonisten wird das neue Weiter­bildungsgesetz mit Sicherheit einen Gewinn bringen. Aber alle Wünsche wird es nicht erfüllen kön­ nen.


68 | Weiterbildung

Versteckte Plattform

Talentmanagement Das World Tourism Forum Lucerne will einen Aktionsplan erarbeiten lassen, wie die besten Nachwuchskräfte gehalten werden können.

k­ önnen, ohne Meetings vereinbaren zu müssen», erklärt Barth. m Ende des letzten World Tourism Dabei sei die Weiterbildung ein zentraForum Lucerne (WTFL) vor zwei les Element. «Es ist uns wichtig, dass die Jahren erklärte der Geschäftsführer Teilnehmer nicht nur Vorträge konsumievon AirPlus, Patrick W. Diemer, er habe ren, sondern aktiv am Austausch teilnehnoch nie so viel gelernt wie in den vergan- men», sagt Barth. Das WTFL solle eine genen drei Tagen. Für Initiant Martin Tankstelle sein, an der sich die Chefs fit für Barth war dies der Beweis, dass seine die Zukunft machen könnten, indem sie ­Vision einer interdisziplinären Austausch- nicht nur zuhörten, sondern dank regem und Weiterbildungsplattform real gewor- Dialog von einander profitierten. Schliessden war. «Das WTFL ist ein High-Level-­ lich sei der Tourismus eine der interdisziAnlass, der sich an Führungskräfte aus plinärsten Branchen, die es gebe. Sie umTourismus, Wirtschaft und Politik richtet. fasse nicht nur Airlines und Hotellerie, Wir wollen ihnen ein Umfeld bieten, in sondern auch Architektur, Ökonomie, Verdem sie interagieren und diskutieren kehr und Nachhaltigkeit.

Denise Weisflog

Peter Frommenwiler

A

Oliver Buschmann (42) STELLE: Team Leader und Executive Director FIRMA: UBS, Opfikon ZH SCHULE: Kalaidos FH, Zürich KURS: MAS FH in Banking & Finance Dauer: Seit 10.2011/4 Semester KOSTEN: 28 800 Fr. (z.T. Firma) Warum diese Weiterbildung? «Moderne, praxisbezogene Weiterbildung mit international anerkanntem Abschluss. Gute Möglichkeit zu Auf- und Ausbau des Netzwerks dank Firmenvielfalt.» Was soll sie Ihnen bringen? «In der Zeit des Wandels die nötigen Werkzeuge erlangen, um aus der Veränderung Gewinn zu erzielen.»

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In der Vermarktung der Veranstaltung spiele der Lerneffekt dennoch eine untergeordnete Rolle, weil die Führungskräfte sonst nicht angesprochen würden. «Wir wollen eher eine versteckte Weiterbildungsplattform sein», so Barth.

Frischer Wind – junge Leute Am World Tourism Forum Lucerne sollen alte Modelle hinterfragt und an neuen gefeilt werden. Dabei ist gemäss Barth das Zusammentreffen verschiedener Generationen essenziell, weshalb der Bereich «Talent Management» geschaffen wurde. «Junge ‹Movers and Shapers› können sehr spannende Ansätze und Ideen haben», so

Veranstaltung

3. World Tourism Forum im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern Persönlichkeiten Das Programm des ­3. World Tourism Forum Lucerne (WTFL) zielt darauf ab, die strategischen Herausforderungen für die Reiseindustrie zu identifizieren sowie zu diskutieren. Im Fokus stehen die Themen «Grünes Wachstum», «Talente» und «Kommunikation». Als Hauptreferenten oder Gesprächsteilnehmer konnten folgende Persönlichkeiten gewonnen werden: Michael Frenzel (Vorstandsvorsitzender

TUI AG und Vorsitzender des Aufsichtsrats TUI Travel plc), Ian Goldin (Direktor Oxford Martin School, Universität Oxford), Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (Staatssekretärin für Wirtschaft Seco), Samih Sawiris (Verwaltungsratspräsident Orascom Development Holding), Rifai Taleb (Generalsekretär UNWTO). Informationen Das WTFL wird von einem internationalen Fachbeirat unter

der Leitung des Schweizers Reto Wittwer (Präsident Kempinski Hotels) begleitet. Weitere Mitglieder sind etwa Jeannine Pilloud (Chefin Personenverkehr SBB) oder Jürg Schmid (Direktor Schweiz Tourismus). Die nächste Ausgabe des World Tourism Forum findet vom 17. bis 19. April 2013 erneut im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern statt. www.wtflucerne.org


Barth. Jeder der teilnehmenden Chefs darf ein aufstrebendes Talent aus seinem Unternehmen ans WTFL mitbringen. ­ Diese­zukünftigen Führungskräfte vertre­ ten die «Next Generation». Ausserdem verfügt die Veranstaltung über Partner­ universitäten. 2013 werden acht herausra­ gende Studierende dieser Hochschulen als «Young Talents» nach Luzern reisen. Für die Weiterbildung stellt das WTFL diverse Kommunikationsformen zur Ver­ fügung. Darunter Roundtables, Break-outSessions, Podien oder Gesprächstische im «World Café». Neben Themen wie nach­ haltiges Wachstum, Global Shift und New Marketing soll auch der Aspekt Talentför­ derung zu regen Diskussionen führen. «Wir wollen Wissenschaft und Praxis im Tourismus wieder enger zusammenbrin­ gen», sagt Barth. Einerseits gehe es darum, dass die Universitäten ihre Studierenden für das Leben ausbildeten, denn das ­Potenzial an talentiertem Nachwuchs sei riesig; anderseits solle gezeigt werden, dass der Tourismus eine attraktive Bran­ che mit attraktiven Arbeitgebern sei. «Man hört immer von tiefen Löhnen und langen Arbeitszeiten. Dafür bekommt man die Chance, verschiedene Kulturen und Men­ schen kennenzulernen», ergänzt Barth. Ende 2012 gab das WTFL seine Koopera­ tion mit der UNWTO, der Tourismusagen­ tur der Vereinten Nationen, bekannt. Dabei wurde ein Abkommen unterzeichnet, das anzeige

die Zusammenarbeit zur Förderung des Nachwuchses in der Tourismusindustrie vorsieht. Eine ähnliche Partnerschaft be­ steht bereits mit der Internationalen Flug­ transport-Vereinigung IATA, mit der ein Lehrbuch für einen Fernstudiengang für Tourismusfachleute erarbeitet wurde. Am nächsten WTFL vom 17. bis 19. April­2013 werden zudem Studien präsen­ tiert, die sich damit befassen, wie Unter­ nehmen in Nachwuchsförderung investie­ ren und wie junge Talente ihre Karriere­

Das World Tourism Forum soll eine Tankstelle sein, an der sich die Chefs fit für die Zukunft machen können. chancen in der Hotellerie und der Aviatik einschätzen. «Aufgrund dieser Erkennt­ nisse wird ein Aktionsplan erarbeitet, der Möglichkeiten aufzeigt, wie man die bes­ ten Nachwuchskräfte im Tourismus halten und neue gewinnen kann», so Barth.

Internationale Ausstrahlung Um solche Themen auf höchstem ­Niveau zu diskutieren, braucht es hochka­ rätige, internationale Gesprächspartner. Aus diesem Grund hat das World Tourism Forum Lucerne ein Ambassadoren-Netz aufgebaut, mit dem global Teilnehmer

und Referenten akquiriert werden. «Selbst wenn der Anlass mit 300 bis 400 Personen relativ klein ist, wollen wir das Extrakt vom Extrakt», erklärt Geschäftsführer Martin Barth. Deshalb wurde ein Thinktank mit 25 Führungskräften, Ministern sowie aus­ gewählten Nachwuchsführungskräften lanciert, der sich mit der Frage beschäftigt:­ «Wie geht es in unserer hypervernetzten Welt mit dem Tourismus weiter?» Wie Barth betont, sei das WTFL nicht bloss ein «Me-too-Anlass», sondern eine Plattform mit internationaler Ausstrahlung, was auch durch die neue Medienpartnerschaft mit CNN unterstrichen werde. Seit das WTFL 2009 zum ersten Mal durchgeführt wurde, habe sich sein Be­ kanntheitsgrad massiv gesteigert. «Mitt­ lerweile rufen mich Unternehmen wie Nestlé an, um zu fragen, ob sie mitmachen dürfen. Das ist sicher kein schlechtes Zei­ chen», meint Barth. Dennoch soll die Ver­ anstaltung noch mindestens bis 2015 wei­ ter im Zweijahresrhythmus durchgeführt werden. «Eine Weiterbildung macht man ja auch nicht jedes Jahr, zudem ist noch die Frage der Finanzierung zu lösen», sagt Barth. Diese müsse langfristig gesichert werden, auch dank nationaler und inter­ nationaler Partner ausserhalb des Touris­ mus. Wie der Initiant erklärt, soll aber bis 2017 gewährleistet werden, dass das WTFL mit den nötigen Ressourcen in die Zukunft getragen werden könne.

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Peter Frommenwiler

handelszeitung | Nr. 5 | 31. Januar 2013

Reto Purtschert (39)

STELLE: Head of Procurement FIRMA: Andritz Hydro, Kriens LU SCHULE: Kalaidos FH, Zürich KURS: Executive MBA FH Dauer: Seit 10.2012/4 Semester KOSTEN: 20 064 Fr. (66% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Die ideale Ergänzung und Vertiefung zu meiner Berufserfahrung und meinem Ausbildungsstand.» Was soll sie Ihnen bringen? «Meine wachsenden Kenntnisse in Kombination mit der Weiterbildung sind gute Voraussetzungen, um auch morgen für den Arbeitsmarkt interessant zu sein.»


70 | Weiterbildung

«Wissen entsteht immer schneller»

Daniel Hinder Der Coach und Laufbahnberater über Trends in der Weiterbildung. Interview: Claudio Moro

Peter Frommenwiler

Wann haben Sie sich das letzte Mal selbst weitergebildet? Daniel Hinder: Als Berater will und muss ich mich ständig weiterbilden, um den ­hohen Berufsanforderungen zu genügen und die nötige Professionalität sicherzustellen.

Martin Fehr (20) STELLE: Praktikant FIRMA: KS Kaderschulen, Zürich SCHULE: KS Kaderschulen, Zürich KURS: MarKom-Express Zulassungsprüfung Dauer: Seit 10.2012/1. Quartal KOSTEN: 1500 Fr. (100% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Da ich bereits eine Ausbildung im Bereich Wirtschaft geniessen konnte, war ich auf der Suche nach einer fachlichen Ergänzung.» Was soll sie Ihnen bringen? «Ich erweitere meine Kommunikationsfähigkeiten. Der Umgang mit den Kunden fällt mir leichter.»

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Welches sind die Trends der Weiterbildung im neuen Jahr? Hinder: Ein erster Trend zeigt in Richtung anerkannter Weiterbildungen an einer Universität, Fachhochschule oder höheren Fachschule. MAS- und MBA-Studiengänge sind beliebt, genauso Kurse, die spezifisches, praxisnahes Know-how effizient vermitteln. Ein zweiter Trend umfasst autodidaktische Lernmassnahmen. Was verliert an Bedeutung? Hinder: Der Glaube an eine erfolgreiche Schnellbleiche. Blicken wir zehn Jahre zurück. Was hat sich punkto Weiterbildung verändert? Hinder: Die Bedeutung einer gezielten Weiterbildung hat stark zugenommen. Neues Wissen entsteht immer schneller. Diese Beschleunigung erfordert hohe geistige Mobilität und Flexibilität, um Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und sich auf das Richtige zu fokussieren. Wichtig ist die Fähigkeit, sich relevantes Wissen gezielt anzueignen. Genauso wichtig ist die Bereitschaft, bestehendes Wissen zu bewahren und zu pflegen.

Mithin klare Ziele. Hinder: Weiterbildung ist ein Hauptschlüssel für die berufliche und persön­liche Weiterentwicklung. Erwerb und P ­ ­ flege von Wissen ist ein Prozess, der nie endgültig abgeschlossen ist. Sie sprechen lebenslanges Lernen an. Hinder: Genau. Lebenslanges Lernen ist eine der wichtigsten Aufgaben, denen sich insbesondere Hochschulabsolventen ­stellen müssen, um sich nicht irgendwann auf dem beruflichen Abstellgleis wiederzufinden. Mit welchen Anliegen kommen diese Hochschulabsolventen zu Ihnen? Hinder: Die Anliegen drehen sich um die Sicherstellung einer erfolgreichen, sinnhaften und interessanten Gestaltung der weiteren Laufbahn, die auch in finanzieller Hinsicht attraktiv sein muss. Auslöser sind oft eine gewisse Unzufriedenheit in der aktuellen beruflichen Situation, mangelnde Langzeitperspektiven oder eine grundsätzliche Verunsicherung bei der Frage: Wie weiter. Ein Auslöser ist oftmals auch eine konkrete Veränderung im aktuellen Job aufgrund einer Reorgani­ sation oder einer nicht länger tragbaren Belastungssituation. Gibt es dabei Unterschiede zwischen ­Absolventen einer Fachhochschule und solchen einer universitären Hochschule? Hinder: Die Bildungsherkunft spielt eine Rolle, speziell bei der Wahl der Bildungsinstitution. Das, was man kennt, ist einem

oft näher als das Neue und Unbekannte. Anderseits stelle ich fest, dass die Grenzen in den Köpfen der Absolventen verschiedener Hochschultypen nicht mehr so strikt gezogen werden. Es zeigt sich, dass vielmehr Bildungsziele und Bildungsinhalte, Praxisrelevanz und Praxistauglichkeit oder das Image einer Institution beim Entscheid für oder gegen eine Weiterbildung den Ausschlag geben.

der mensch Name: Daniel Hinder Funktion: Coach, Laufbahnberater, Teamentwickler, Assessmentexperte Alter: 51 Wohnort: Jonen AG Ausbildung: Dipl. Psychologe FH, dipl. Betriebsökonom FH Die Jobs Daniel Hinder ist Inhaber und Geschäftsleiter von Solveras Network Solutions in Bonstetten ZH (Consulting, Training, Assessment) sowie Managing Partner bei Challenge Leadership Development (CHLD) in Zürich (Assessment, Coaching).


handelszeitung | Nr. 5 | 31. Januar 2013

Das Angebot in der Schweiz ist riesig. Wie findet man da das Richtige? Hinder: Um eine optimale Entscheidung treffen zu können, sollte zuerst die weitere berufliche Ausrichtung konkretisiert wer­ den. Das heisst, der eigene Weiter­bil­dungs­ bedarf muss im Hinblick auf die ange­ strebte berufliche Laufbahn richtig erkannt werden. Kennt man die Ziele, geht es ­darum, passende Weiterbildungsangebote zu finden. Neben Bildungsinstitutionen bieten Verbände, Laufbahn- und Berufs­ informationszentren sowie selbstständige Kar­riere- und Laufbahnberater die nötige professionelle Unterstützung. Sind die wichtigsten Fragen beantwortet, sollten die Antworten beispielsweise mit einer Nutzwertanalyse überprüft werden. Es geht letztlich darum, die verschiedenen Perspektiven anhand der eigenen Präfe­ renzen zu vergleichen. Diese Vorgehensweise tönt äusserst strukturiert. Haben auch Emotionen darin Platz? Hinder: Absolut. Falls man gefühlsmässig oder intuitiv anders entscheiden würde, lohnt es sich, die Entscheidungsgrund­ lagen nochmals sorgfältig zu hinterfragen und allenfalls zu korrigieren, bevor ein ­definitiver Entscheid gefällt wird.

Teilen Sie den Eindruck, dass Führungs­ karrieren bevorzugt werden? Hinder: Ja. Führungskarrieren geniessen gegenüber Fach- und Projektlaufbahnen eine höhere Priorität. Selbst bei solchen Personen, die ihre Fähigkeiten und Fertig­ keiten nicht unbedingt in der Führung aufweisen. Wieso ist das der Fall? Hinder: Ich denke, dass die gelebten Kulturen in Unternehmen, Organisa­ ­ tionen und Institutionen eine wichtige Rolle spielen. Die entsprechenden Werteund Normensysteme wirken auf die persönliche Haltung und Orientierung ­ der bestehenden und potenziellen Mitar­ beitenden ein. Wann entscheiden sich Hochschul­ absolventen für eine Fachkarriere? Hinder: Die Fachkarriere steht dann im Vordergrund, wenn sich jemand aufgrund von Interesse und Neigung mehr mit sachlichen und fachlichen Themen fun­ diert und im Detail auseinandersetzen möchte. Anderseits gibt es andere, die ­sehen lieber von einer Führungskarriere ab, weil sie sich nicht zu stark und aus­ schliesslich mit Problemen und Konflik­ ten auf der zwischenmenschlichen oder sozialen und emotionalen Ebene ausein­ andersetzen möchten. Welchen Stellenwert geniesst die Fach­ karriere bei Unternehmen? Hinder: Die Nachfrage nach ausgewiese­ nen, erfahrenen Fachkräften und Fach­

spezialisten ist sehr gross. Spezifisches Know-how hat, wenn es benötigt wird, ­einen sehr hohen Stellenwert. Auf der ­anderen Seite birgt eine allzu starke Spezi­ alisierung im Rahmen einer Fachkarriere auch die Gefahr, dass ein spezifisches Fachwissen aufgrund der rasanten techno­ logischen Entwicklung plötzlich nicht mehr gefragt ist und obsolet wird. Folglich? Hinder: Knowledge-Management und Employability des Einzelnen sind für ­Unternehmen im Rahmen der Personal­ entwicklung und Mitarbeitendenförde­ rung wichtige Themen. Zurück zum Anfang des Gesprächs: Wann ist der ­Zeitpunkt gekommen, um sich weiterzubilden? Hinder: Es lohnt sich, die eigene Person und die eigene Laufbahn von Zeit zu Zeit kritisch zu reflektieren. Auf diese Weise erkennt man den richtigen Zeitpunkt ­ schon recht gut. Dann würde ich eine ­umfassende Standortbestimmung emp­ fehlen. Stellt sich dabei heraus, dass ein Bildungsbedarf vorhanden ist, dürfte der Zeitpunkt gekommen sein, sich mit einer Weiterbildung zu befassen. In der Bera­ tung zeigt sich übrigens immer wieder, dass der langjährige Verbleib in der eige­ nen Komfortzone, sei es aus Bequemlich­ keit oder aus anderen Gründen, zu einer tion und Rigidität persönlichen Stagna­ führen kann, die letztlich die karriere­ mässigen Perspektiven massgeblich ein­ schränkt.

Die neuen Lehrinhalte Trends Die Palette an MasterWeiterbildungen wie MAS oder MBA wächst. Worauf Schüler und ihre Firmen achten können. Peter Stapfer

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ine kürzlich durchgeführte Unter­ suchung zeigt auf, dass eine MasterWeiterbildung vorwiegend aus drei Gründen in Betracht gezogen wird: Er­ langen eines akademischen Titels (von ­einer reputierten Institution), Erwerb von Wissen und Kompetenzen sowie Erwei­ terung des professionellen Netzwerks. ­Zudem stellt die Studie fest, dass Kurs­ teilnehmende tendenziell jünger sind als noch vor zehn Jahren und die Weiterbil­ dung von den Arbeitgebern in geringerem Mass finanziell mitgetragen wird. Auf der Angebotsseite lässt sich erken­ nen, dass sich die Palette in letzter Zeit merklich vergrössert und verbreitert hat. Neben staatlichen Universitäten sowie Fachhochschulen haben auch private ­Institute im In- und Ausland ihr Portfolio an Master-Weiterbildungen massgeblich erweitert und auf verschiedene Themen­ gebiete spezialisiert. Schaut man sich ­diese Programme genauer an, so lassen sich folgende vier Trends ausmachen.

Verstärkte Fallstudienorientierung Während der Unterricht früher primär entlang betriebswirtschaftlichen Diszipli­ nen aufgebaut war, ist zu beobachten, dass heute die Curricula einen stärkeren Fokus auf die Behandlung von umfassen­ den sowie komplexen Fallstudien legen. Top-Schulen aus den USA sind sogar dazu übergegangen, in weiterbildenden Mas­ ter-Programmen gänzlich auf eindiszipli­ nären Fachunterricht zu verzichten, das heisst, das Curriculum entlang von multi­ disziplinären Praxisbeispielen zu ver­ schiedenen Unternehmenssituationen zu gestalten. Bei der Wahl von Fallstudien ergeben sich mehrere Möglichkeiten: Harvard, IMD und Insead etwa haben ein grosses Repertoire an Praxisbeispielen entwickelt, die unterschiedliche Situationen bekann­

ter Firmen wiedergeben. Auch besteht die spanne verteilt sind, dem Kursteilneh­ Möglichkeit, «Live Cases» mit hiesigen menden erlauben, Feedback über die eigenen Verhaltensweisen zu erhalten Unternehmen durchzuführen. Gemein­ ­ sam mit der Kaderschmiede formulieren und gezielt Experimente zu machen. Zum Einstieg wird die Durchführung die Firmen eine betriebswirtschaftliche Problemstellung. Kursteilnehmende eines Persönlichkeitsinventars empfoh­ durchleuchten die Aufgabe aus mehreren len, das dem Studierenden seine Stärken Perspektiven und präsentieren der Fall­ und Potenziale schlüssig darstellt. Eben­ studienleitung und der Unternehmungs­ falls zahlt sich die Begleitung durch einen führung zweckmässige strategische Hand­ Trainer oder ein «Peer Coaching» aus. lungsoptionen und beurteilen diese. Bei der Ausgestaltung des «Learning Kombination von extern und intern Ein weiterer Trend zeichnet sich in Design» von weiterbildenden Master-­ Programmen wird dem Transfer des der Kombination externer und unterneh­ ­Gelernten in den betrieblichen Alltag des mensinterner Weiterbildungsmöglich­ Studierenden ein starkes Gewicht beige­ kei­ten ab. Sogenannte Corporate Univer­ messen. Lerntagebücher (Learning Jour­ sities oder MBA-Programme, welche nals, Reflective Journals oder Master ­ausschliesslich für Mitarbeitende einer Books) erweisen sich als zweckmässig. einzigen Firma erstellt werden, sind die Es geht darum, dass sich der Kursteilneh­ Extremform. Beispielsweise hat die Mac­ quarie Bank in Australien mende nach dem Unterricht mit der Insead einen Mas­ im Klassenzimmer konkrete Studierenden ter of Finance begründet, Überlegungen macht, wie er der nur von deren Leuten das Gelernte in seinem be­ mehr Praxis statt besucht werden kann. trieblichen Umfeld zur An­ theoretische In der Praxis kommen wendung bringt. Werden Kenntnisse meist abgeschwächte For­ etwa in der Klasse organisa­ vermitteln. men zum Einsatz. So wer­ tions­theo­re­tische und pro­ den Unterrichtseinheiten, zessuale Themen behandelt, macht sich der Studierende in der Folge die von der Firma durch ­eigene Experten ­Gedanken zur kon­kreten Ausgestaltung abgedeckt werden, gezielt mit Unter­ der betrieblichen Wertschöpfungsprozes­ richtseinheiten kombiniert, die von einer Bildungsinstitution angeboten werden. se in seiner Firma. Einzelne Bildungsinstitutionen sind in Dadurch soll die unternehmensspezifi­ der Zwischenzeit sogar dazu übergegan­ sche Herausbildung von Kompetenzen gen, dass sie die Erstellung von Transfer­ vorangetrieben werden, die auf von der schöpfung ins Zentrum der Leistungsbe­ Firma definierte Rollenprofile passen. urteilung stellen und dadurch klassische Für die Kursteilnehmenden ergibt sich parallel dazu der Vorteil, dass sie ein Prüfungen ablösen. Bei der Abklärung von Weiterbildungs­ Hochschuldiplom erlangen können. Man darf folglich gespannt sein, wie bedürfnissen mit erfahrenen Berufsleuten wird immer wieder die hohe Bedeutung sich die Ausgestaltung von weiterbil­ von Sozialkompetenzen hervorgehoben, denden Master-Programmen wie MAS insbesondere von Kommunikations- und (Master of Advanced Studies) oder MBA Führungsfertigkeiten. Während in den entwickeln wird. Es ist davon auszugehen, USA diesem Bedürfnis in Master-Pro­ dass diese Trends anhalten werden und grammen schon seit längerem und um­ vor allem der Lerntransfer in die Praxis fassend Rechnung getragen wird, haben noch mehr fokussiert wird. Verstärktes Eauch Schulen in der Schweiz realisiert, Learning bei gleichzeitiger Reduktion von dass dem Aufbau von Sozialkompetenzen Präsenzlektionen wird die diesbezügliche ein höherer Stellenwert beizumessen ist. Entwicklung unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, erweisen sich Lerneinheiten als besonders erfolg­ Peter Stapfer, Pro-Rektor, Kalaidos Fachhochschule versprechend, die über eine längere Zeit­ Schweiz, Zürich; zertifizierter Executive Coach.

Peter Frommenwiler

Was ist überdies noch entscheidend? Hinder: Kosten und Zeitaufwand, Moder­ nität der Infrastruktur oder die Möglich­ keit der individuellen Gestaltung des Bil­ dungsprozesses sowie die Akzeptanz der Weiterbildung im Arbeitsmarkt.

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Luzija Gordana (27) STELLE: Studiengangsverantwortliche FIRMA: KS Kaderschulen, Zürich SCHULE: KS Kaderschulen, Zürich KURS: Betriebswirtschafterin HF Dauer: Seit 10.2011/6 Semester KOSTEN: 22 500 Fr. (100% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Sie ist eidgenössisch anerkannt und nach erfolgreichem Abschluss kann ein Bachelor in Business Administration gemacht werden.» Was soll sie Ihnen bringen? «Aufzeigen, wie eine Unternehmung aufgebaut ist und wie ich Gelerntes im Alltag umsetzen kann.»

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Bigna Gadola Nienhold (31)

Peter Frommenwiler

STELLE: Juristin FIRMA: Artax Fide Consult, Basel SCHULE: Treuhand-Institut FH KURS: TREX I MAS FH in Treuhand und Unternehmensberatung Dauer: Seit 09.2012/4 Semester KOSTEN: 25 500 Fr. (40% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Weil ich als Quereinsteigerin noch nicht viel Erfahrung und Kompetenzen auf den klassischen Treuhandgebieten aufweise, habe ich mich für den Kurs zur Treuhandexpertin entschieden.» Was soll sie Ihnen bringen? «Diese Weiterbildung ermöglicht mir die Spezialisierung zur Wirtschafts­ juristin. Der Unterricht bringt mir einen Austausch mit Mitstudierenden und damit den Einblick in das Tages­ geschäft anderer Treuhandfirmen.»

Papier war gestern

CYP Das Center for Young Professionals in Banking rüstet seine 1200 neuen Lernenden mit Tablets aus, um sie auch technisch für die Zukunft zu wappnen. Helga Wienröder

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as «Future Learning» hat schon angefangen. Am 6. August 2012 begann für die rund 1200 Lernenden des 1. Lehrjahres die Zukunft der Aus- und Weiterbildung. An diesem Tag wurden alle neuen Schüler vom Center for Young Professionals in Banking (CYP) in Zürich mit einem Samsung Galaxy 10.1.2 Tablet ausgerüstet, ergänzt mit einer DataSIM-­Karte und der App MyCYP. Das soge­ nannte Enhanced eBook Banking Today 2.0, die elektronischen Medien sowie die CYP-Unterlagen sind geräteunabhängig verfügbar. Das Enhanced eBook ermöglicht ein Lernen ohne Medienbruch und die Inte­ gration von Videosequenzen. Kein Me­ dien­bruch bedeutet, dass beim Lernen

nicht zwischen Papier (klassisches Lernheft) und dem Computer (elektronische Hilfsmittel) gewechselt werden muss, erklärt Alexia Böniger, Leiterin Departement Bildung und Personal des CYP. Vor einem Jahr noch wurden die Informationen auf zig Kilo Papier verbreitet.

Basiswissen in Bankenkunde Das heutige berufliche Umfeld stellt neue, besondere Anforderungen an den Bankennachwuchs bereits während der Ausbildung. Neben fundiertem Fach­ wissen gehört einiges mehr als ein kleines Quantum Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenz dazu, um erfolgreich im Berufsleben agieren zu können. Diese ­ Ausgangslage gab 2003 den Impuls, CYP als Kompetenzzentrum für die Nachwuchsförderung der hiesigen Banken

­ nter der Federführung der Schweizeriu schen Bankiervereinigung zu gründen. Was damals mit 300 Teilnehmenden startete, hat sich heute mit über 7000 Teilnehmenden – das macht eine Marktab­ deckung von bis zu 90 Prozent – zu einem renommierten Bildungsinstitut etabliert. Davon sind etwa 4500 Lernende und 2500 Erwachse, darunter Berufsumsteiger und Berufsbildner, die Lernbegleiter des Kompetenzzentrums sowie Mittelschulabsolventen. Heute ist das CYP ein KMU, eine beim Bund akkreditierte innovative Firma. Geschäftsleitungsmitglied Alexia Böniger betont: «Das CYP will dynamisch und innovativ sein. Es will vor allem ein neues Führungsverständnis, eine neue Art von Leadership lehren. Es stützt sich dabei auf das Projekt der Hochschule für Wirtschaft Zürich, das in Untersuchungen

«Ich habe vieles für später gelernt» Mit 16 Jahren sah es so aus, als ob Sie eine typische Bankenkarriere einschlagen würden. Doch es kam anders. Carlo Schmid: Ich war noch zu jung, um genau zu wissen, wohin mein Weg gehen sollte. Trotzdem haben Sie eine Banklehre und die Weiterbildung beim Center for Young Professionals in Banking gemacht. Wie ­erlebten Sie Ihre CYP-Zeit? Schmid: Es waren spannende Jahre und eine glückliche Zeit mit den Kollegen. Ich habe vieles gelernt, was mir später bei der Planung und Finanzierung meiner Weltumrundung unmittelbar half. anzeige

Pilot für Kinderhilfsprojekte von Unicef. Was war passiert? Schmid: Ich hatte inzwischen das Projekt «Around the World for Children» aufgezogen, um als Unicef-Botschafter Geld für Mädchen-Bildungsprogramme in ­Indien zu sammeln.

Carlo Schmid Kundenberater, Allianz Suisse, Zürich

Fünf Jahre später sind Sie mit einer einmotorigen Cessna in 80 Tagen alleine um die Welt geflogen – als jüngster Soloflug-

Heute sind Sie 22 Jahre und verbinden Fliegen mit einem Job bei der Allianz. Schmid: Ich habe eine Vereinbarung zur Beratung von Kleinaviatik-Kunden, die mir noch Zeit lässt für Engagements, mein neues Buch sowie die Fliegerei. interview: Helga Wienröder

e­ inen beunruhigenden Vertrauensschwund in die Führungskräfte diagnostiziert hat. Eine neue Manager-Generation ist gefragt – die Generation 3.0 –, deren Wertvorstellungen sich auch das CYP mit ihren 78 Mitarbeitern verschrieben hat.» Fast alle Schweizer Banken machen beim CYP mit und schicken ihre Lernenden ins Kompetenzzentrum. Für Banken mit wenig Auszubildenden besteht auch die Möglichkeit, ihre Lernenden und ­Mittelschulabsolventen ohne Vereinsmitgliedschaft als CYP-Kunden dort ausbilden zu lassen. An zwölf Standorten in der Deutschschweiz, in der Westschweiz, im Tessin und in Liechtenstein stehen jährlich rund 200 Neueintretende auf der Schwelle, wo sie während drei Jahren das Basiswissen in Bankenkunde erwerben ­sollen. Das Programm enthält 30 Module und am Ende steht die eidgenössische Fachprüfung. Das gemeinsame Ziel der Banken und Verbände, die ihren Nachwuchs delegieren: Einheitliche Qualität, eine gute Grundausbildung und Kompetenz im Kundengespräch. Das Angebot «Basics in Banking» enthält Grundausbildung für Banklernende, Mittelschulabsolventen, Berufsbildner. Von der Weiterbildung des CYP ­profitieren Umsteiger sowie Einsteiger, die sich ein grundlegendes Bankfachwissen aneignen möchten.

Neue Fragen der Kundschaft Da besonders der Finanzsektor seit ­einigen Jahren von grossen Umwälzungen betroffen ist, hat sich auch das Verhalten in den Banken und damit die Themen in der Aus- und Weiterbildung verändert. Viele Bankkunden sind heute besser informiert als je zuvor, besonders die Frauen,

die ein eigenes Einkommen haben oder über ein Vermögen verfügen können, stellen häufiger Fragen als früher. Damit kommen auf den jungen Bankennachwuchs neue, nicht immer einfache Themen zu, über die er sich informieren muss. Riesige Bankersaläre, schwarze Konten, Geldwäscherei, Investment Banking, unter Beschuss geratene Blue-Chip-Firmen, die lange als «untouchable» galten, Ethik in der Beratung, Weissgeldstrategie, Risiken, die Minder-Initiative und vieles mehr. Bereits Lernende müssen heute mehr denn je darauf vorbereitet sein, die Medien gut verfolgen, Fragen im CYP stellen, um die eventuell auf sie zukommenden Kundenfragen zu beantworten – mit Diplomatie und Bankenkenntnis.­ Weil das Kundengespräch Thema der Abschlussprüfung ist, können sie dort ihr Wissen und ihre Stärken so richtig zeigen.

Schule

Center for Young Professionals Trägerschaft Das Center for Young Professionals in Banking (CYP) mit Sitz in Zürich wurde 2003 durch die grössten nationalen Banken in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Bankiervereinigung gegründet. Zur Trägerschaft gehören: Bank Julius Bär, Credit Suisse, Raiffeisen Schweiz, UBS sowie Zürcher Kantonalbank. Das CYP ist das Ausbildungs- und Kompetenzzentrum für die bankfachliche Grundbildung.


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Kurse für KMU Susanne Wagner

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er Garagist ist der Fachmann für Autos und der Metzger weiss alles über die Verarbeitung von Fleisch. Machen sich diese Fachleute selbstständig oder übernehmen sie einen Betrieb, ist indes Know-how gefragt, das darüber hinausgeht. Es zeigen sich schon mal ­ Wissens­lücken in Bereichen wie Steuern, Recht, Versicherung, Finanzierung, Marketing oder Management. Genau diese Führungskräfte mit einer Berufslehre gehören zur Kernzielgruppe der Wyrsch Unter­nehmerschule in Freienbach SZ. Etwa der Maler, dessen Firma ein paar Jahre nach dem Sprung in die Autonomie auf zehn Mitarbeiter angewachsen ist und der sich Grundwissen aneignen will. Oder der Plattenleger, der etwas einsam ist, weil er mit seinen Angestellten nicht über Führungsprobleme diskutieren kann. Oder die Chefin eines Gewerbebetriebs, die sich nach einem Zwölfstunden-Arbeitstag weiterbilden will, aber keine Zeit hat, um auf intensive Prüfungen zu lernen.

Weder Prüfung noch Abschluss Eine Besonderheit der Wyrsch Unternehmerschule ist, dass die Teilnehmenden weder mit Hausaufgaben noch mit Befragungen geplagt werden. «Viele Kunden besuchen unter anderem genau aus diesem Grund unsere Weiterbildungs­ angebote», sagt Geschäftsführer Thomas Schumacher. In dieser Nische hat sich das eduQua-zertifizierte Institut eingerichtet und bildet seit 25 Jahren Praktiker aus – ­total bereits über 1500 Berufsleute. anzeige

Einer von ihnen ist Willy Hofer, der in Rothrist AG eine Schreinerei mit 15 Mitarbeitenden betreibt. Der Schreinermeister besuchte die Wyrsch Unternehmerschule vor zwei Jahren. Er schätzte es, dass die Trainer ihren Unterricht oft mit konkreten Beispielen veranschaulichten. «Eine Firma mit 1000 Angestellten benötigt eine andere Marketingstrategie als ein Dreimannbetrieb. Ich profitierte davon, dass die Teilnehmenden aus unterschiedlichen Branchen stammten», sagt Hofer, dessen KMU den Aargauer Unternehmerpreis 2011 in der Kategorie Kleinstunternehmen sowie den international verliehenen «Red Dot Design Award 2010» gewann. An 51 Abenden für total 6600 Franken inklusive Lehrmittel bekommen die Schüler die wichtigsten Aspekte der Unternehmensführung vermittelt. «Wir können sie nicht in jedem Thema zu Spezialisten ausbilden. Dank des ergänzten Wissens stellen sie beispielsweise dem Treuhänder die richtigen Fragen», sagt Thomas Schu­ma­ cher. Oder sie bereiten sich richtig auf ein Finanzierungsgespräch mit der Bank vor. Grundlage dazu ist die Erarbeitung ­eines Businessplans an einem Abend mit Vertretern einer Kantonalbank. Zu diesem Zweck ist man eine Partnerschaft mit neun Kantonalbanken eingegangen. Wer einen eidgenössisch anerkannten Abschluss anstrebt, ist bei der Wyrsch ­Unternehmerschule jedoch nicht an der richtigen Adresse. Dies bestätigt der ­Geschäftsführer, der sich nach dem KV in Betriebswirtschaft weiterbildete und am Institut selbst unterrichtet. Schumacher räumt zwar ein, dass Managementposi­ tionen in einem Mittel- und Grossbetrieb heute eine Zertifizierung erfordern. Doch wer bereits seine eigene Firma führe, benötige kein Diplom, sondern die richtigen Werkzeuge, um das Gelernte im Betriebs­ alltag umzusetzen und anzuwenden. Sollte jemand Appetit auf einen eidgenössischen

Abschluss bekommen, so verweist ihn Schumacher an den Kooperationspartner Schweizerisches Institut für Betriebs­ ökonomie (SIB) in Zürich, wo er ein Nachdiplomstudium HF absolvieren kann.

51 dezentrale Lehrgangsabende Um im hart umkämpften Bildungsmarkt zu bestehen, spezialisiert sich die Wyrsch Unternehmerschule regional. Das in Freienbach SZ ansässige KMU führt ­seine Lehrgänge dezentral an verschiedenen Schulen in der Schweiz durch, etwa in Wetzikon ZH, Herisau AR, Lenzburg AG oder Näfels GL. Der im März 2013 beginnende Lehrgang in Buchs SG findet im hiesigen Berufs- und Weiterbildungszen­ trum statt. So werden die Schüler in den Regionen zum gemeinsamen Lernen zusammengeführt. Die entstehende Netzwerkerweiterung ist durchaus gewollt. Der Blick über die Branchengrenzen hinaus verhindert allfällige Betriebsblindheit. An den 51 Lehrgangsabenden und im informellen Austausch in den Pausen vernetzen sich die Teilnehmenden mit anderen regionalen Spezialisten und vergeben später auch mal einen Auftrag an einen der Lehrgangskollegen der Region. D ­ iese Erfahrung hat Schreiner Willy Hofer auch gemacht. Er pflegt heute noch guten Kontakt zum grössten Teil seiner damaligen Klasse. Mit einigen davon plant Hofer, in Zukunft stärker zu kooperieren und neue Ideen zu kreieren: Derzeit denkt man darüber nach, zusammen eine Einkaufsgemeinschaft für Büromaterial zu gründen. Jährlich finden vier bis sechs Durchführungen dieser Kurse für KMU und ­Gewerbe in der Schweiz statt. Die Wyrsch Unternehmerschule offeriert daneben auch Seminare für Frauen, Trainings für Unternehmer- und Führungskräfte, Lehrgänge zum Thema Businessplan sowie – dieses Jahr erstmals – dreiteilige Workshops zum Thema Nachfolgeregelung.

Peter Frommenwiler

Wyrsch Die Unternehmerschule fokussiert auf kleine Betriebe, deren Chefs ihre Kompetenzen ohne Stress erweitern wollen.

Thomas Gygax (25) STELLE: Kundenberater Privatkunden Individual FIRMA: UBS, Herzogenbuchsee BE SCHULE: Höhere Fachschule Bank und Finanz, Bern KURS: Dipl. Bankwirtschafter/in HF Dauer: Seit 09.2010/6 Semester KOSTEN: 24 900 Fr. (75% Firma) Warum diese Weiterbildung? «Die Schule wurde von meinem Arbeitgeber empfohlen. Der starke Bezug zur Bankenwelt überzeugte mich.» Was soll sie Ihnen bringen? «Dadurch soll mein Fachwissen gestärkt werden. Die Weiterbildung unterstützt mich auch auf der Kar­ riereleiter – mit dem Ziel einer Führungsfunktion.»


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Konfliktmanagement Zoo Zürich Führungskräfte lernen wie Tiere ihre Probleme lösen. Das verbale und nonverbale Verhalten von Primaten und anderen Zürcher Zoobewohnern hält ihnen den Spiegel vor.

Helga Wienröder

Peter Frommenwiler

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Rolf Zemp (52) STELLE: Inhaber und Managementberater FIRMA: Zebeco – Beratung Coaching, Zürich SCHULE: Departement Wirtschaft, Kalaidos Fachhochschule Schweiz, Zürich DOZENT: MAS (3. und 4. Semester) und BBA FH SEIT: 2000 Weshalb haben Sie sich für eine Dozententätigkeit bei der Kalaidos Bildungsgruppe entschieden? «Hier treffe ich auf praxiserfahrene sowie hoch engagierte Studierende. Dies ermöglicht mir einen regen Wissensaustausch mit herausfordernden Diskussionen und einen unmittelbaren Lerntrans­ fer. Dazu kommt eine breite Einsatzmöglichkeit.»

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as hat der Chef eines Harems bei den Blutbrust-Pavianen gemeinsam mit Führungskräften in ­Unternehmen? Ist es der dominante Auftritt, das Zähnefletschen, das Hochziehen der Augenbrauen und die Mimik? Oder ist es die Bevorzugung eines speziellen Weibchens in einem tierischen Grossrevier als Vergleich mit gehätschelten Mitarbeitenden in Firmen? Natürlich denkt man bei dominanten Chefs sofort an die mächtigen Silber­ rücken im Affengehege. Beides Patriarchen, die jedoch beide nicht ohne ihre ­Untertanen leben und erfolgreich sein können. Weil sich Menschen im Verhalten von Affen verschiedenster Herkunft am besten wiedererkennen, ist deren Gehege im Zoo Zürich ein beliebter Treffpunkt für grosse und kleine Besucher, neuerdings auch ein spannender Aufenthaltsort für Seminargäste.

Wertschätzung neu entdecken Samuel Furrer ist Biologe im zoologischen Garten oberhalb der Stadt auf dem Zürichberg und zuständig für die Weiterentwicklung und Qualität der Tierhaltung. Ein Teil des Engagements vom Kurator des wohl grössten Schweizer Zoos ist die ­Verhaltensforschung seiner Schützlinge. Dies hat ihn und den Psychologen André Angstmann vor ein paar Jahren dazu in­ spiriert, einen Kurs aufzubauen, der über

das Verhalten der Tiere, vor allem in Gruppen und Familien, im Vergleich mit den Chefs und deren Teams in Unternehmen den Spiegel vorhalten soll. Das zweistündige bis eintägige Seminar ist ein Exkurs in eine spannende Tier- und Pflanzenwelt, der neue Perspektiven und Lösungsan­ sätze aufzeigt. Dass es ein uniformes Verhalten bei höheren Primaten gibt, ist bekannt. Bei Gorillas ist es ein dominantes Männchen, das viele Weibchen hat, aber er wird schnell abgelöst, weil ihm das tägliche Lausen seines Harems zu aufwendig ist.

Das Seminar ist ein Exkurs in eine spannende Tierwelt, der neue Perspektiven und Lösungsansätze aufzeigt. Umgekehrt zeigen die Weibchen dem ­ atriarchen unter den Männchen die haaP rige Schulter, wenn er sie vernachlässigt, und suchen sich einen neuen Partner. Dass Chefs ihre Mitarbeitenden nicht lausen können, ist klar, schmunzelt Furrer. «Aber sie lernen anhand dieses Beispiels, wie wichtig die persönliche Wertschätzung ist.» Konflikte im Management, Umstrukturierungen, Berufsausbildung, der Umgang mit Gerüchten, zu hohe Zielsetzungen an Leistung und Geschäftsergebnis können Gründe dafür sein, dass der Zoo Zürich

Anfragen für einen Kurs bekommt. Dass kleine Gruppen mehr davon profitieren können als 60 Personen – auch das ist schon vorgekommen –, liegt in der Natur der Sache.

Ein symbolischer Schutzpanzer Biologe Samuel Furrer erinnert daran, dass man nicht alleine am Verhalten der Affen vieles lernt, manchmal sind es die winzigen Ameisen oder eine GalapagosRiesenschildkröte. Bei dem schweren gepanzerten Tier geht es um die langsame Fortbewegung, um Kaltblütigkeit, den Energieverbrauch einer Tierart, die seit mehr als 200 Millionen Jahren existiert und alle möglichen Freuden und Leiden überlebt hat. Das sollte Kandidaten von Burnouts nachdenklich machen. Denn Galapagos-Riesenschildkröten kommen mit dieser Strategie zwar nur langsam und bedächtig vorwärts, aber sie überleben so bestens. Umgesetzt auf Management-Strategien heisst das: Nachdenken, nicht jeden ­Technologieschritt unüberlegt mitmachen, ­Relativieren ist erfolgreicher, als schnelle unbedachte Entscheidungen zu treffen, wo viel Stress und eine hohe Fehlerquote abzusehen sind. Ganz andere Erfahrungen kann man mit Ameisen machen. In Karawanen ziehen ganze Völker einem Anführer hinterher, die Duftspur führt zum Futter. Restrukturierungen, Entlassungen, eine neue Führung, ein neuer Standort, der


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der Affen Matthias Nold (45)

Dank Spinnen zur Veränderung Der Psychologe André Angstmann kennt die Gefühle genau, daher hat er ein Veränderungsprozess-Erlebnis kreiert, das den Umgang mit Spinnenangst lehrt. Dazu ein paar Schwerpunkte: Zuerst und wohl auch zum ersten Mal sprechen ­anwesende Mitarbeitende offen über ihre Gefühle und Befindlichkeiten. Danach kommen alle gemeinsam zum Thema

Change, das sie rundweg verbindet, ins Gespräch. Die Teilnehmenden setzen sich mit eigenen Emotionen auseinander. ­Später sollen sie sich in Gedanken ein fröhliches, humorvolles Bild für den Ver­ änderungsprozess malen und ihm einen positiven Namen geben. Dann erst ge­ schieht der Einstieg in der Auseinander­ setzung mit realen Prozessen und Abläu­ fen mit den Fakten und Gegebenheiten. Hier positioniert sich jede Person in Bezug auf die neue Aufgabe, die ein Näherkom­ men und Miteinander einschliesst. Bei diesem Beispiel ist der Umgang mit Spinnenangst ein Lösungsansatz, die ­eigenen Ängste zu bewältigen. Es gibt im Zoo Zürich noch eine Reihe mehr.

Weshalb haben Sie sich für eine Dozententätigkeit bei der Kalai­ dos Bildungsgruppe entschieden? «Hier habe ich die Möglichkeit, den Studierenden eine ideale Ver­ knüpfung von Theorie mit Praxis zu bieten – mit Betonung auf Pra­ xis. Die HFW-Lehrgänge gehören zu den besten Generalisten-Ausbil­ dungen, die es derzeit gibt. Sie bieten Fokus wie auch Überblick.»

Silvia Alig Bösch (47)

Seminare

Beobachten, wahrnehmen, davon lernen Ursprung Bereits 1999 hat der Biologe ­Samuel Furrer mit Angstseminaren ­begonnen, da ging es um die Phobie vor Spinnen und Schlangen. 2009 kam der Kontakt mit dem Psychologen ­André Angstmann zustande, aus dem sich die ersten Lehrgänge für Manager im Zoo Zürich entwickelten. Diese

Weshalb haben Sie sich für eine Dozententätigkeit bei der Kalaidos Bildungsgruppe entschieden? «Sie passt ihr Angebot konti­ nuierlich den Bedürfnissen sowie Entwicklungen der Wirtschaft an. Die internationale Ausrichtung einzelner Programme ist eine attraktive Möglichkeit, die ­ Studierenden auf anspruchsvolle ­ Aufgaben in einer global agierenden Welt vorzubereiten.» ­

Peter Frommenwiler

Zoo Zürich/Enzo Franchini

Fallbeispiel Dscheladas: Imponier- und Drohgebärden der Blutbrust-Paviane.

STELLE: Managing Director FIRMA: Alig Bösch Coaching & Consulting, Basel SCHULE: IMI International Management Institute, Zürich DOZENT: EMBA in Int. Management (Ex-EMBA in Int. Marketing) SEIT: 2009

­ eminare sollen idealerweise gleich­ S zeitig dazu führen, einen anderen Blick auf Tiere und die Natur zu richten. Angebot Der Zoo Zürich führt jährlich etwa sechs solcher Seminare durch. Das Angebot richtet sich an Mitarbei­ tende der öffentlichen Verwaltung, mit einem Fokus auf die Lehrlingsausbil­ dung, wie auch an Führungskräfte, ­beispielsweise von Versicherungen und Grossbanken. «Das Potenzial ist da», erklärt Samuel Furrer. Denn auch in ­einer Firma gehe es um Kommunika­ tionswege, auf denen man mit Hunder­ ten von Mitarbeitenden verschiedenster ­Altersgruppen, Charaktere und ­Zustände kommunizieren muss. Hier könnte man im verbalen und nonver­ balen Verhalten einiges von der Tierwelt lernen, so der Lehrer von Zoo Zürich.

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CFA Institute startet neues Programm Nach turbulenten Jahren und der nach wie vor anhaltenden Unsicherheit auf den globalen Märkten ist solides Wissen in Finanzthemen gefragter denn je. Aus diesem Grund bietet das amerikanische CFA Institute, das bereits den renom­ mierten Titel «Chartered Financial Ana­ lyst» verleiht, mit dem «Claritas Invest­ ment Certificate» einen zusätzlichen Lehrgang an. Das Programm vermittelt neues Wissen in den Bereichen Compli­ ance, Consulting, Personal und Prozesse. Neben der angestrebten Professionalisie­ rung im Umfeld der Investmentspezia­ listen sollen durch die Weiterbildung die ethischen Standards noch breiter in der Finanz­industrie verankert werden. Der als Selbststudium konzipierte Kurs um­ fasst sieben Module und wird ein halbes Jahr nach Beginn mit einer Prüfung abge­ schlossen. Interessierte können sich ab Mai 2013 für das weltweit laufende Pro­ gramm registrieren. An der Pilotphase zu Claritas nehmen 68 Organisationen aus aller Welt mit über 3000 Kandidaten teil. www.cfainstitute.org/programs/claritas

Gütesiegel «eduQua» stark überarbeitet Das Qualitätslabel für Weiterbildungen in der Schweiz, «eduQua», wurde im letzten Jahr weiterentwickelt. Vor allem kleinere Institutionen sollen von der Überarbei­ tung profitieren, weil eine Zertifizierung zukünftig mit weniger Aufwand erlangt werden kann. Daneben wurden die Qua­

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Peter Frommenwiler

Verkauf des Unternehmens an die ehema­ lige Konkurrenz oder einen ausländischen Investor – das sind alles Gründe, welche Ängste vor, während sowie nach diesem langen Prozess übermächtig werden las­ sen.

STELLE: Chefredaktor FIRMA: «GastroJournal», Zürich SCHULE: Akad Business und KS Kaderschulen, Zürich DOZENT: Lehrgänge Höhere Fachschule Wirtschaft HFW SEIT: 2009 (Akad Business) und 2003 (KS Kaderschulen)

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litätsansprüche an die Weiterbildungs­ programme erhöht. Neben detaillierten Kursbeschreibungen werden nun eben­ falls an Infrastruktur und Unterrichts­ materialien Minimalanforderungen ­gestellt. Insbesondere wurde die Vor­ aussetzung an Neue Medien erhöht. Ein einheitliches Muster zur Bewertung von Lernerfolgskontrollen soll ebenfalls zur Qualitätssicherung beitragen. Aber auch für die Organisation von Kursen wurden die Anforderungen des Gütesiegels ange­ hoben. Unter anderem soll dadurch die Kommunikation mit den Leitern forciert werden. Ein in Zusammenarbeit mit ­Experten erstelltes Handbuch soll den ­Institutionen als Wegleitung dienen. Das «eduQua Handbuch 2012» kann kosten­ los im Internet heruntergeladen werden. Träger des Qualitätslabels sind neben Bundesbehörden auch verschiedene ­Organisationen, etwa der Dachverband der Weiterbildung SVEB. Bis heute wur­ den über 1000 Schulen, Institute, Akade­ mien in der ganzen Schweiz zertifiziert. www.eduqua.ch

Zusatzbildung für Personalfachleute Die Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) lanciert im Februar 2013 einen Zertifi­ katslehrgang in Potenzialdiagnostik. Das neue Certificate of Advanced Studies (CAS) richtet sich an Personalfachleute und Führungspersonen. Das Programm dauert ein Semester und kostet 6500 Franken. Neben der Personaldiagnostik und der Personalselektion finden auch Assessment Centers thematischen Ein­ gang in die neue Zusatzausbildung, so die FFHS. Die Anreicherung des Unterrichts­ stoffs mit etablierten Tests und Verfahren garantiere eine praxisnahe Weiterbil­ dung. Ziel sei es, die Teilnehmer optimal auf die Anwendung der verschiedenen Beurteilungs- und Selektionsinstrumente

zu trainieren. Dank der Konzipierung als Fernstudium lasse sich das Zertifikat auch im Einklang mit Beruf und Familie erwerben. Der Präsenzunterricht findet an zwei Samstagen pro Monat im Regio­ nalzentrum Zürich statt. www.fernfachhochschule.ch/ffhs/studienangebot/ cas-das/potenzialdiagnostik

EU-Geldsegen für CH-Hochschulen Die im Rahmen der EU-Initiative «Future and Emerging Technologies» (neue und künftige Technologien) gesprochenen Fördergelder kommen auch Schweizer Universitäten zugute. An den beiden von der Europäischen Kommission auser­ korenen Siegerprojekten «Graphen» sowie «Human Brain Project» sind neben den beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) und den Universitä­ ten in Basel, Genf und Zürich auch weitere Forschungsinstitutionen des Landes ­beteiligt. Sie profitieren damit von 1 Milli­ arde Euro, welche die EU verteilt über die nächsten zehn Jahre den beiden Gewin­ nern zur Verfügung stellt. Die starke For­ schungsleistung der Schweiz zeigt sich auch anhand der Endauswahl. An fünf der sechs Finalprojekte sind Schweizer Forscherteams beteiligt, an deren drei ­sogar führend. Mit der ETH Lausanne und dem «Human Brain Project» wird auch eines der Gewinnerprojekte durch eine Schweizer Hochschule koordiniert. Mit der «Forschungsflaggschiff-Initiative» will sich die EU im Wettbewerb mit den USA und Asien im weltweiten Rennen im Bereich der Spitzenforschung behaupten. Die Meldungen sind verfasst von Martin Pernet. Er absolviert im Rahmen des Lehrprogramms «Wirtschaftsjournalismus» am Institut für Medien­ und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen (LWJ-HSG) ein zweiwöchiges Praktikum auf der Redaktion der «Handelszeitung», Zürich.



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