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Keim des Nationalsozialismus

Die bescheidenen Wurzeln der Nationalsozialistischen Partei reichen bis ins Jahr 1919 zurück. Mehr als zehn Jahre gab die Bewegung aber nur schwache Lebenszeichen von sich und konnte kaum politische Erfolge verbuchen.

Nachdem bei der Landtagswahl 1925 nur 12.177 Stimmen für die Nationalsozialisten abgegeben worden waren, enttäuschte auch die darauf folgende Landtagswahl am 19. April 1931 die Erwartungen der Parteigenossen in Oberösterreich. Während laut Polizeiangaben in Linz mit etwa 1.000 Parteimitgliedern und ca. 5.000 Sympathisanten gerechnet wurde, kamen die Nazis auf nur 4.202 Stimmen aller 72.470 Wahlberechtigten der Landeshauptstadt1

Die Gemeinde Ebelsberg unterstand zur Zeit dieser letzten demokratischen Wahl vor der Machtergreifung noch dem Gerichtsbezirk St. Florian, wo insgesamt 175 Stimmen für die Partei abgegeben wurden. Davon entfielen 69 Stimmen auf Ebelsberg und 101 Stimmen auf Ansfelden. Damit konnten die Nationalsozialisten wiederum nicht in den Landtag einziehen.

Neben dem Misserfolg bei den Wahlen disqualifizierte sich die N.S.D.A.P. zwei Jahre später selbst von der politischen Bühne: Infolge eines Attentats auf Mitglieder der Hilfspolizei wurde die Partei am 19. Juni 1933 verboten. Am selben Tag musste der einzige nationalsozialistische Vertreter den Gemeindeausschuss in Ebelsberg verlassen2

Arbeitslosigkeit als Wegbereiter des Nationalsozialismus

„Befaßt sich der Landtag der ersten zehn Jahre, der Jahre zwischen 1919 und 1929, mit unterschiedlichen sozialen Problemen [...] so stehen Landtag und Landesregierung seit 1929, vorwiegend aber seit 1934 weithin im Banne der Arbeitslosigkeit. In den letzten vier Jahren befaßt sich praktisch jede Landesregierungssitzung mit diesem Problem und mit Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.“3 Nicht anders in Ebelsberg: Als 1927 mit dem Bau der neuen Traunbrücke begonnen wurde, warteten Tag um Tag hunderte Arbeitslose an der Baustelle, um eine Anstellung zu finden. Kurzfristig konnte der Bau der Hochwasserschutzmauer 100 Männern Arbeit bieten, doch die Lage besserte sich nicht wesentlich. Im Mai 1933 beklagte man das starke Ansteigen der Arbeitslosigkeit. Im Baugewerbe regte sich kein Lüftchen. „Da ist der Ebelsberger Dammbau für die Gemeinde wahrlich ein Segen. Alle 20 Wochen werden die Arbeiter ausgewechselt, sodaß im Laufe der Zeit ein Großteil der Arbeitslosen wieder die zum Vollzuge der Arbeitslosenunterstützung notwendigen 20 Wochen Arbeitszeit erbringen kann. Für die jugendlichen Arbeiter schafft die Regierung den freiwilligen Arbeitsdienst“.4

1933, als die Arbeitslosigkeit in Oberösterreich ihren Höchststand erreichte, wurden im August 106 Arbeitsdienstler in einem Ebelsberger Gasthaus einquartiert. Ihre Aufgabe bestand vor allem in der Anlage des linksseitigen Traunufers zwischen Straßen- und Eisenbahnbrücke. Das vormittägliche Planieren sollte im Falle von Überschwemmungen das schnellere Abfließen des Wassers gewährleisten. Nachmittags standen meist Vorträge auf dem Programm. Für Kost, Unterbringung und die Entlohnung in der Höhe von 50 Groschen pro Tag kam die Gemeinde auf.

Die Jugendarbeitslosigkeit, der solche Maßnahmen entgegenwirken sollten, blieb auch politisch nicht ohne Folgen: „Infolge des Verbotes der NSDAP vom Juni 1933 kann ab dieser Zeit der Anteil der Nationalsozialisten bestenfalls geschätzt, gewiß nicht gemessen werden. Zweifellos aber steigt ab Ende 1931 die Kurve der nationalsozialisitischen Sympathisanten oder Anhänger parallel zur Kurve der Arbeitslosen. Die nationalsozialistische Propaganda hätte eigentlich kaum noch etwas dazuzutun.“5

Illegalität und Terrorwelle

„Jetzt aber, nach dem Verbot der Nationalsozialistischen Partei, beginnt zwischen Juni 1933 und Juli 1934 jene Phase, in der ein Trommelfeuer von Propaganda aus dem Ausland einsetzt“6, wobei unter anderem deutsche Flugzeuge sogar österreichischen Luftraum verletzten, um Flugzettel abzuwerfen. Eines davon soll in den Traunauen abgestürzt sein.

Nach dem Anschluss setzte ein regelrechtes Gedränge um möglichst niedrige Nummern ein, so dass zeitweise Aufnahmesperren verhängt werden mussten.

Mitgliedskarte der NSDAP. Für österreichische Illegale waren die Mitgliedsnummern 6,1 - 6,9 Mio. reserviert.

Nach ihrem Verbot versuchte die N.S.D.A.P., Österreich aus dem Untergrund zu destabilisieren. Zeitzeugen berichten von geheimen Treffen in Wäldern und Gasthäusern der Umgebung. Illegale Versammlungen fanden etwa im Hinterzimmer des Lindenwirts (heute: Scala), beim Rammer in Ebelsberg oder beim Duschanek in Pichling statt. Exerziert wurde in den Wäldern ringsum oder im Hof der Aumühle. Auch der hiesige Deutschvölkische Turnverein wurde zum Sammel- und Bezugspunkt vieler illegaler Nationalsozialisten, wo regelmäßig Propagandaschriften ausgetauscht wurden. Es formierten sich erste Ansätze der SA, der HJ und des BDM. Vielfach sahen Jugendliche im Nationalsozialismus ein Abenteuer, bei dem sie ihre „Papierböllerpolitik“ ausleben konnten: „09. und 18.07.1933: An Gehsteigen und Brückenköpfen der Traunbrücke in Ebelsberg wurden mit roter Miniumfarbe Hakenkreuze mit der Aufschrift ‚Heil Hitler, Ein Volk ein Reich‘ und ‚Dollfuß verrecke‘ angebracht. Täter konnten nur teilweise ausgeforscht werden und waren - soweit ermittelt - allesamt 16-23-jährige Burschen, die auch sonst bei solchen nächtlichen, jugendlich-abenteuerlichen Propagandaaktionen den aktivistischen Kern stellten. Die Schmierereien wurden zu

Beginn noch durch eine Truppe von Wachbeamten entfernt, bald aber stellten die Polizeibehörden Putzscharen aus amtsbekannten Nationalsozialisten dafür zusammen [Anm.: Bestimmung der Bundesregierung vom 1. September 1933].“7

Die Vandalenakte fanden im folgenden Sommer ihre Fortsetzung: Vor dem Haus des Leopold Wegerer, Ebelsberg 106 sowie dem Haus Ebelsberg 73 wurden in der Nacht von 25. auf 26. Juni 1934 Böller gezündet (vgl. Ortschronik 25.06.1934). Noch in der selben Nacht begann die Intensität des Terrors zuzunehmen:

„Ein Linzer Exempel für diese Stufe des Terrors bietet der am frühen Morgen des 26. Juni [1934] verübte Sprengstoffanschlag auf den Bahnkörper der elektrischen Lokalbahn Ebelsberg - St. Florian beim Bundesstraßenviadukt [in der Nähe der Haltestelle Ufer], der sowohl den Gleiskörper als auch den Unterbau so erheblich beschädigt hatte, dass der Zugsverkehr für mehr als drei Stunden lahm gelegt werden konnte.“9

Ob die Täter ausgeforscht werden konnten, ist nicht bekannt. Jedenfalls sperrte man als Konsequenz die Gasthäuser Weingartsberger (Ebelsberg 25), Bockwirt (Ebelsberg 42) sowie Hellein (Ebelsberg 56) für die Dauer von acht Tagen, welche ebenso als Versammlungsorte der illegalen Nationalsozialisten amtsbekannt waren10. Einen anderen Vandalenakt begin- entwickelte sich zum Auffangbecken für braune Strömungen. Beachte die Bestickung der Fahnen. gen Unbekannte mit der Zerstörung des Schuschnigg-Marterls an der Bundesstraße (siehe Kapitel: Verkehr).

Ab und an gelangen der hiesigen Gendarmerie Erfolge in der Aushebung von „Terrorzellen“, wie etwa Ende des Jahres 1937, als der Ebelsberger Führer der illegalen SA verhaftet wurde. Seinen Kameraden wurde zum Verhängnis, dass er eine Mitgliedsliste mit „Tarnnamen“ bei sich hatte. Die Verschlüsselungsleistung dürfte sich allerdings in Grenzen gehalten haben, denn zahlreiche Mitglieder in Ebelsberg und Pichling - darunter auch der Sohn eines Gendarmen - konnten noch am selben Tag in Gewahrsam genommen und für die Dauer von acht Wochen inhaftiert werden. Obwohl man die Verhaftungen vonseiten der Delinquenten zu jenem Zeitpunkt, als der Anschluss Österreichs bereits heraufdämmerte, nicht mehr allzu ernst nahm, drohte man den Gesetzeshütern mit Rache, was einen von ihnen nach dem März 1938 sogar zur Flucht bewog.

Klettfischerhof in Posch als Sitz der illegalen Gauleitung

Zu den wenig bekannten Fakten aus der Zeit nationalsozialistischer Illegalität zählt wahrscheinlich die Tatsache, dass der Klettfischerhof zeitweilig zu den Zentren der verbotenen Bewegung auf österreichischem Boden zählte. So schrieb Hanns Schopper 1942 in seiner „NS-Pressegeschichte“: „Die

Schriftleitung [des Österreichischen Beobachters] hatte damals ihren Sitz im Hause des Grafen Douglas O‘Donell in Posch, Gemeinde Pichling bei Linz, in dem auch die illegale Gauleitung untergebracht war.“5 Abgesehen von einigen Vermutungsäußerungen fehlt es hier an weiteren Angaben. Auch die Rolle des Grafen Douglas O‘Donell von Tyrconnel (1890-1970) ist in diesem Zusammenhang unklar - genauso, ob damit eine Verbindung zu seiner späteren Tätigkeit als komissarischer Verwalter der beschlagnahmten Stifte Engelszell und St. Florian hergestellt werden kann.

Jedenfalls eignete sich das abgelegene Gehöft für Untergrundaktivitäten hervorragend. Wie lange die illegale Gauleitung dort residierte, bleibt fraglich. Als gesichert gilt allein das Jahr 1937.