Human Resources Manager

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MAGAZIN FÜR HUMAN RESOURCES MANAGEMENT

t h c a M a m e Th

JUNI / JULI 2014

WWW.HUMANRESOURCESMANAGER.DE

ISSN 1869-5116

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Editorial

Mehr als Rang und Namen

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as war das doch für ein schönes Kammerspielchen auf der Brüsseler Bühne. Da waren 400 Millionen EU-Bürger aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die Fraktionen präsentierten Spitzenkandidaten, als gelte es, den nächsten Kommissionspräsidenten in Direktwahl zu bestimmen. Und kaum waren die Stimmen ausgezählt, ging er doch los, der Machtpoker um Posten und Nationalinteressen. Und die Bundeskanzlerin stand vor dem Dilemma, dem Kandidaten ihrer konservativen Parteikollegen und nicht zuletzt der Identifikation ihrer Mitbürger mit Europa nicht den Dolchstoß zu versetzen und gleichzeitig die Skeptiker im Boot zu halten, allen voran die Briten. Angela Merkel ist sowieso ein schönes Beispiel, wenn es um Macht geht. Die Theologentochter ist erst kürzlich wieder vom Forbes-Magazin zur mächtigsten Frau der Welt gekürt worden und in der geschlechtsbereinigten Liste teilt sie sich die Spitzenplätze mit Mächtigen wie Wladimir Putin, dem Papst und Bill Gates. Doch warum sind diese Menschen „mächtiger“ als andere? Sicher, Angela Merkel führt als Bundeskanzlerin eine der wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt. Und auch Papst Franziskus ist ein Staatschef. Doch sein Einfluss als geistliches Oberhaupt von rund 1,2 Milliarden Katholiken übersteigt seine Bedeutung als Vorsteher von nicht einmal tausend j u n i   /  j ul i 20 1 4

Vatikanstädtern bei weitem. Und Bill Gates? Seit seinem Abschied bei Microsoft bleiben wohl nur noch sein Kontostand und seine Prominenz. Nicht immer drückt sich Macht also durch eine bloße Position aus. Sie hat eine zweite, informellere und zuweilen auch dominantere Ebene – in der Politik ebenso wie in den Führungsetagen der Wirtschaft. Ein oft undurchsichtiges Gefüge, mit dem sich auch HR auseinandersetzen muss. Das gilt auf der Vorstandsebene ebenso wie auf kleinerer Ebene, beispielsweise, wenn Teamleiterpositionen neu besetzt werden. Doch Personaler sind hier nicht nur Schadensbegrenzer und im besten Fall auch Gestalter – sie sind selbst ein Teil davon, aktiv wie passiv. Doch wie steht es eigentlich um die Position von HR? Wo hat das Personalmanagement seinen Platz im Konzert der Mächtigen? Folgt man Wissenschaftler Jürgen Weibler, ist es damit noch nicht weit her (S.25). Personalkarrieren sind noch zu geradlinig, zu monofunktional, um jenseits des Dienstweges noch Einfluss zu haben. Informelle Macht kann jedoch Segen und Fluch zugleich sein, wenn sie auf dem kurzem Dienstweg zum Erfolg führt, oder sich ebenda als unüberwindbares Hindernis zeigt. Und nicht immer wird Macht zum Gestalten gebraucht. Oder wie Sozialpsychologe Bernd Simon es im Interview (S.37) formuliert: „Machtmissbrauch beginnt da, wo Macht zu einem Wert an sich wird“. Auch das sollten Personaler im Blick haben.

Sven Pauleweit Redakteur sven.pauleweit@humanresourcesmanager.de

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03 14 6 Zahlen und Zitate 10 HR im Zentrum Warum Unternehmen, die auf Werte setzen, leistungsfähiger sind 12 Unterschätzt Big Data bietet Möglichkeiten, hat aber auch zahlreiche Risiken 16 Modern oder nicht praktikabel? Pro und Contra: Jürg Wiler und Roland Jäger über Führen in Teilzeit 18 Geben und nehmen Warum eine Feedbackkultur alle Hierarchiestufen umfassen muss

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Alphatier ade Die klassischen Hierarchien haben langsam ausgedient 56 Das Gleichgewicht wahren Spartengewerkschaften laufen großen Arbeitnehmervertretungen zunehmend den Rang ab 58 Zwei Seiten einer Medaille Kanzlersohn Walter Kohl über Macht und Ohnmacht 59 Epilog Im Fokus 60

Titelthema: Macht 21 Übersicht 22 Prolog 25 Immer machtvoller Personalmanager schaffen es zunehmend, ihren Einfluss zu stärken 28 Der Zweck und die Mittel Wie Machiavelli fürs Management adaptiert wird 31 Nebenwirkungen Wenn eine Beförderung zur Überforderung wird 34 Entwicklung zum Teamspieler Die Rolle der CEOs befindet sich im Wandel 37 Ein Wert an sich Sozialpsychologe Bernd Simon über Macht und Machtmissbrauch 41 Miteinander klarkommen Fremdmanager in Familienunternehmen müssen Vertrauen schaffen 45 Kein Schubladendenken Kriminalpsychologe Thomas Müller über menschliches Verhalten und die Bedeutung des Selbstwertgefühls 49 Missstimmung vermeiden Unternehmen setzen bei Streit auf spezielle Trainings und Konfliktmanagement-Systeme

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Zu neuer Balance finden Wie immer mehr Frauen Eingang in männerdominierte Branchen finden Flexibel bleiben Arbeitgeberzusammenschlüsse federn saisonalen oder zeitlich begrenzten Mitarbeiterbedarf ab Demografie extrem Die japanische Wirtschaft setzt zunehmend auf ältere Mitarbeiter

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Durchdachter Neustart Bei Sanierungsvorhaben müssen Organisation und Personalmanagement analysiert werden

Praxis 88 Sieben Gedanken Trennungsmanagement 89 Meine digitale Welt Dominik A. Hahn empfiehlt Apps für Vielreiser 90 Bücher Lesenswertes rund um HR 92 Termine Recht 94 Aktuelle Urteile 96 Versetzungsgefährdet Wie sich Führungskräfte gegen ungerechtfertigte Änderungen ihrer Aufgaben zur Wehr setzen können Verband

Menschen 70 Anstifter Das Autorenduo Anja Förster und Peter Kreuz im Porträt 72 Personen & Karriere Die wichtigsten Wechsel Analyse 76 Über die dunkle Seite Ein Überblick über das Phänomen feindlicher Führung 80 Leistung richtig messen Worauf es bei Zielvereinbarungssystemen ankommt

100 PMK 2014 Ein Ausblick auf den Kongress und die Nominierten für die Awards 102 Nachgefragt Wie hat sich der Einfluss von HR in den letzten Jahren gewandelt? 104 Rückblick Innovationstag der Bundesregierung und Working Group Meetings 106 Termine 108 Neumitglieder

3 Editorial  74  Impressum   110 Fragebogen: Heidi Stopper von der ProSiebenSat.1 Media AG

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Cover: [M] Marcel Franke, www.thinkstock.com; Fotos: Privat; Fraport AG; Laurin Schmid; Hugo Boss

Meinung

In dieser Ausgabe


66 Wandel

Japan ist das am schnellsten alternde Land der Welt. Da es zu wenig junge Fachkräfte gibt, ändern viele Unternehmen ihre Personalpolitik und werben gezielt um Rentner.

70 Mut

Seit ihrer Studienzeit sind Anja Förster und Peter Kreuz ein Paar. Auch beruflich gehen die Autoren zahlreicher Managementbücher gemeinsame Wege.

45 Lob

Prävention im Bereich der Arbeitsplatzkriminalität heißt unter anderem, die gute Arbeit der Kollegen und Mitarbeiter anzuerkennen, meint der Kriminalpsychologe Thomas Müller.

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meinung

Aushalten, nicht ausweichen Eine konstruktive Feedbackkultur, die alle Hierarchieebenen umfasst, ist nur in den wenigsten Unternehmen etabliert. Dabei können gerade Führungskräfte dadurch ihre eigene Position stärken und dazu beitragen, den Unternehmenserfolg zu steigern.

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anz oben ist die Luft bekanntlich dünner als anderswo. Und wer es bis dahin geschafft hat, ist durch harte Auswahl- und Ausleseverfahren gegangen, hat intellektuell und fachlich überzeugt, ist schlicht die oder der Beste. So zumindest die Theorie. Doch was macht die Führungskraft, wenn sie oben angelangt ist? In der Bergwelt steigt der Bergführer wieder herab, kommt zurück aus kargen Landschaften auf saftige Wiesen und spätestens dort in der Hütte beim verdienten Erfrischungsgetränk reflektiert er die Tour, die erlebten Strapazen, die Furcht vor dem Unbekannten, das Aufziehen des Unerwarteten und das Überwinden desselben. Er beglückwünscht die Gruppe für das Geschaffte, tauscht sich aus mit den Bergführer-Kollegen über Vorstellung, Planung und Durchführung der Tour. Das Erlebte wird eingeordnet, die Wahrnehmung geteilt und darüber reflektiert, wohin das Erreichte künftig noch führen kann. Was könnte beispielsweise der nächste Gipfel sein, den man gemeinsam erreichen will? Was aber passiert in luftiger Höhe oberster Führungsetagen? Wer hängt da an wessen Seil? Wird dort auch ausgetauscht, was beim letzten Steilstück wie gelaufen ist? Wer wann beim Setzen der Fixseile herausragende, aber auch riskante Verantwortung übernommen hat? Oder vielleicht beim Rest der Gruppe und der anderen Seilschaft Unsicherheit und Angst hinterlassen hat? 18

Wird dort über die eigene Position und Rolle im Unternehmen reflektiert und offen ausgesprochen, welche Wahrnehmung und Wirkung das Handeln hinterlassen hat? Das alles sind Dimensionen eines echten und konstruktiven Feedbacks. Das findet leider häufig, insbesondere auf den oberen Führungsebenen, gar nicht oder zu wenig statt. Einmal oben angelangt, verbarrikadieren sich viele Führungskräfte hinter der Maske des Antwortgebers und Alleskönners. Sie verbieten sich selbst, Hilfe nachzufragen und Unsicherheiten zuzugeben. Zurückgeworfen auf die Rolle desjenigen, der immer die vermeintlich richtige Route wählt, aber auch immer ganz nah an der Absturzkante läuft. Weit verbreitet ist es, sich über seine Position zu definieren und sich deshalb aus Ehre und Eitelkeit keinen Austausch über Wahrnehmung und Wirkung des eigenen Tuns zu gestatten. Diese mangelhafte Feedbackkultur in den oberen Führungsetagen kann zu Isolation, eindimensionalem Denken und letztlich Stagnation führen.

Sichtbar werden Häufig vergessen Manager dabei, wofür sie bezahlt werden. Nämlich dem Unternehmen zu dienen. Dazu gehört auch Demut. Führung heißt aushalten und nicht ausweichen. Die Maske abnehmen und als Mensch mit Emotionen sichtbar zu werden. Zugeben, was fehlt oder was stört. Ein Vorgehen, das leider außerhalb der Vorstellungs- und Verhaltenswelt vieler Führungskräfte liegt. So bleiben Reflexion und ehrliches Feedback unter Führungskräften noch immer eine Seltenheit.

Genau das kann aber helfen, Ohnmachtssituationen zu vermeiden und die eigene Position zu stärken. Starke Führungskräfte nehmen und geben Feedback. Sie haben gelernt, was es heißt, ein konstruktives, aktivierendes Feedback zu geben, das motiviert und antreibt. Sie stehen sowohl horizontal als auch vertikal im Austausch. Sie können Fragen stellen und sich in Frage stellen. Sie können zuhören, bevor sie antworten oder um Antwort fragen. Sie sind sowohl fokussierte und lösungsorientierte Feedback-Geber als auch wertschätzende und sich weiterentwickelnde Feed-Nehmer. Sie nutzen die konstruktive Rückmeldung auf ihr Tun und Handeln, um damit ihrer Führungsverantwortung gerecht werden zu können. Jeder braucht Feedback, um sich verbessern zu können, auch der Beste der Besten – ohne Spiegel keine Reflexion. Wenn am Ende eines Führungskräftetrainings den Managern verkündet wird, dass ihr Unternehmen jetzt das Projekt „L.O.B“ startet, schauen viele fragend. Doch worum geht es? Letztendlich hat auch jedes noch so autoritär führende Alpha-Tier für sich selbst den Wunsch nach Anerkennung und Wertschätzung. Doch wer nach dem Grundsatz „Keine Kritik ist Lob genug“ verfährt, kann auch kaum mit einer offenen, anerkennenden Feedbackkultur von Kollegen und Mitarbeitern rechnen. Es geht um Geben und Nehmen. Feedback ist keine Einbahnstraße, echte Feedbackkultur funktioniert nur im Dialog und im Verständnis füreinander. Dazu gehört vor allem Vertrauen. Vertrauen, dass das Gegenüber Talente und Stärken erkennt. Vertrauen, dass man www. hu ma n reso u rce sma n age r. d e

Foto: www.thinkstock.com

Von Frank Kübler


sich zeigen kann. Vertrauen, dass man Anerkennung findet. Vertrauen, dass Veränderungsoptionen erkannt und diskutiert werden. Feedback funktioniert erst, wenn es konkret wird. Neben Vertrauen ist Ausgewogenheit und Balance im Feedback eine zentrale Bedingung für ein gewinnbringendes und damit zukunftsfähiges Feedback. Einer konstruktiv kritischen Rückmeldung sollten mindestens drei lobenswerte Punkte der Anerkennung der Leistung gegenüberstehen. Wer diesem Beispiel authentisch und gekonnt folgt, wird erfahrungsgemäß messbare Produktivitätssteigerungen erzielen können. Naturgemäß nehmen wir, so die Erkenntnis der psychologischen Forschung, unsere eigene Leistung stets stärker wahr als die des Anderen. Das müssen Feedback-Geber reflektieren und sich stets bewusst sein, dass sie subjektiv durch ihre ganz eigene Brille schauen. Auch der Austausch darüber gehört zu einem echten Feedback dazu. Wer den Mut aufbringt, sich zu zeigen und für die anderen sichtbar zu werden, dem wird Respekt entgegengebracht und der kann auf die Wertschätzung seiner Kollegen vertrauen. Führungskräfte können durch Feedbackrunden nur gewinnen: denn Haltung schlägt dann Position. Wenn Führungskräfte merken, dass sie immer häufiger an Grenzen stoßen, die auch ihre Mitarbeiter einengen, dann beginnen sie sich auf das zu besinnen, was die Basis für ein authentisches Zusammenarbeiten ist: konstruktives stärkenorientiertes Feedback. Darin liegt die Chance. Jedes Unternehmen, das dies weiß und daran arbeitet, eine echte Feedbackkultur auf allen Ebenen zu etablieren, zu pflegen und weiterzuentwickeln, wird erfolgreicher sein.

Frank Kübler Er ist einer der Gründer und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens SYNK GROUP GmbH & Co. KG mit umfangreicher Erfahrung in der Qualifizierung von Fach- und Führungskräften.

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„Der Fürst“ von Niccolò Machiavelli fasziniert auch Manager. Einige seiner Regeln können bei der persönlichen Erfolgsstrategie helfen. Doch auch Machiavelli hat Grenzen. Von Petra Schäfer

Nur keine Schwäche zeigen

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n die Wirtschaft hatte Niccolò Machiavelli nie gedacht. Ihm ging es um das Fortbestehen der Republik, wenn nötig mit harten Mitteln. Machiavelli war ein Staatsmann und Diener der Florentiner Republik, der in seiner Lehre Erfolg stets über Moral stellte. Sein zentrales Werk „Il Principe“, „Der Fürst“, eine Denkschrift, erscheint im Jahr 1532 – erst einige Jahre nach seinem Tod. Auf nur knapp hundert Seiten fasst Machiavelli so viel geistigen Zündstoff zusammen, dass sich Generationen von Staatsphilosophen, Politikern und Mächtigen damit auseinandersetzen, das Buch verteufeln oder es in den Himmel heben und eigene Lehren daraus ableiten. Im Kern geht es darum, dass in der Politik alles erlaubt sei, um das hohe Ziel zu erreichen. Es gebe kein Gut und kein Böse, nur taugliche und untaugliche Mittel, seine Politik durchzusetzen. Die Gesetze der traditionellen Moral würden für den Fürsten nicht zählen, er dürfe sich „nach den Winden und nach dem wechselnden Glück“ drehen.

M achiavelli als Verkaufsschlager

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Foto: Privat

Machiavelli polarisiert bis heute, weil er Unmoralisches legitimiert. Und doch wird er in Macht- und Führungsfragen auch knapp 500 Jahre später immer wieder zu Rate gezogen. An Aktualität hat er nicht eingebüßt. Immer wieder erscheinen Management-Bücher, die sich auf den hohen Beamten aus Florenz berufen, der dort kurze Zeit Chef der zweiten Staatskanzlei war. „Machiavelli für Manager“, „Machiavelli für Frauen“, „Verhaltensstrategie in Politik und Wirtwww. hu ma n reso u rce sma n age r. d e


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schaft“ und „Überzeugend führen mit Machiavelli“ sind nur einige der zahlreichen Titel. Was genau reizt Manager an seinen Ansichten zur Machtausübung eines Fürsten?

Bild: Wikimedia Commons / Santi Di Tito

Adaption durch die Wirtschaftswelt „Machiavelli ist gleichzeitig schillernd und beunruhigend“, erläutert Volker Reinhardt. Der Historiker an der Universität Fribourg in der Schweiz hat mit der preisgekrönten Biografie „Machiavelli oder die Kunst der Macht“ 2012 eine neue Sichtweise auf den berühmten Florentiner ermöglicht. Machiavellis Kernbotschaften fesseln so, wie es kaum ein anderer Staatsphilosoph vermag. „Der Fürst“ sei „knapp, kurz, pointiert und frech“ – beste Voraussetzungen, um auch in Managerkreisen unserer Zeit Gehör zu finden. Verschiedene Regeln und Aussagen lassen sich aus Machiavellis Werk auf die Wirtschaftswelt übertragen.

Dass er einmal von Managern zu Rate gezogen werden könnte, hat der Staatsdiener Niccolò Machiavelli nicht ahnen können.

1. Die Regel „absoluter Solidarität nach innen“: Sie lässt sich aus dem Ideal des Fürsten ableiten, auch wenn Machiavelli selbst durchaus nicht immer einverstanden mit seinen Vorgesetzten gewesen sei, erläutert Reinhardt. Übertragen auf die moderne Welt, sollte ein Unternehmen stets den Eindruck innerer Geschlossenheit nach außen demonstrieren, auf keinen Fall sollten eigene Führungskräfte oder Mitarbeiter nach außen bloßgestellt werden. Das sei aber nur zu erreichen in einem Wechselspiel von Schein und Sein. 2. Daraus folgt die Regel „nur keine Schwäche zeigen“: Das Gegenteil wäre auch für ein Unternehmen fatal, folgert Reinhardt. Machiavelli wollte dem politischen Gegner auf diese Weise keinen Vorteil verschaffen – eine Empfehlung, die sich auch auf die Wirtschaft übertragen lässt. 3. „Der Erfolg rechtfertigt alles“: Was für Machiavellis Fürsten gilt, kann auch für einen CEO mitunter Maßstab sein. ReinAls Sohn eines Rechtsanwalts hardt übersetzt die Denkweise des Florentiners mit der Anforderung, alle Rollen wird Niccolò Machiavelli 1469 in geben zu können. Ein Manager sollte also Florenz in bescheidene Verhält„bad cop“ und „good cop“ gleichzeitig nisse hineingeboren. Zu dieser sein, wenn er erfolgreich sein möchte. Zeit herrscht die Medici-Familie „Die perfekte Führungspersönlichkeit in der Stadt. Als 1494 die Medici sollte in allen Situationen anpassungsaus der Stadt vertrieben werden, fähig sein“, sagt Reinhardt. erlangt Florenz den Status einer 4. „Verdienste dürfen nicht mit Vergehen Republik. 1498 wird Machiavelli aufgerechnet werden“: Machiavellis Fürst zum Sekretär der Zweiten Staatssollte den eigenen Ehrgeiz stets richtig kanzlei gewählt und ist damit dosieren, so Reinhardt. Übertragen auf Spitzenbeamter. 1512 kehren die einen Manager bedeutet diese „herbe Medici nach Florenz zurück, die Ethik“ den absoluten Verzicht auf jegrepublikanische Regierung wird lichen Status, der sich aus den eigenen abgesetzt und Machiavelli verliert Erfolgen ableitet. Ein Personenkult ist seine Position. Im Exil außerhalb damit ausgeschlossen. Jeder unterliegt von Florenz schreibt er 1513 sein permanenter Bewährung. erstes und bekanntestes Werk, Bei aller Faszination von Machiavellis „Der Fürst“. Das Buch erscheint Gedankenwelt mahnt Reinhardt aber auch erst 1532 in Rom, fünf Jahre nach hier Manager, Maß zu halten. „Natürlich seinem Tod. müssen Verträge in der Realität eingehalten werden“, so der Historiker. Außerdem ist der menschliche Faktor nicht zu vergessen: „Eine Führungspersönlichkeit muss Menschen an sich binden können.“ Reinhardt hat Recht: Machiavelli ist eben nur bedingt managertauglich.

Niccolò Machiavelli

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Thomas Müller ist Europas bekanntester Kriminalpsychologe. Im Interview spricht er über destruktives Verhalten am Arbeitsplatz, wie die richtige Kommunikation hier gegensteuern kann und über die Komplexität menschlichen Verhaltens.

Fotos: www.thinkstock.com; ecowin Verlag / Martin Vukovits

Nichts für Schubladendenken

Herr Müller, welches sind die häufigsten Motive für kriminelles Handeln? Das hängt vom Delikt ab. Bei Tötungsdelikten zum Beispiel ist es oft Aggression, die jemanden dazu treibt, einen anderen umzubringen. Und wenn Sie Bereicherungsdelikte hernehmen, dann ist das Motiv meist etwas, was noch grenzenloser ist als das Weltall, wie ich im Laufe meiner Karriere gelernt habe: die menschliche Gier. Kommt nicht auch das Motiv Macht ziemlich häufig vor? Macht spielt in der allgemeinen Kriminalität eher eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme sind jene Delikte, bei denen es sich um Bereicherung handelt. Denn dabei kann es zwar um finanzielle Aspekte gehen, aber auch um Besitzgüter, Macht und Territorium. Der gesamte Bereich der organisierten Kriminalität fällt da hinein. In diesen Fällen geht es darum, Macht und Kontrolle über ein bestimmtes Gebiet, über Menschen oder über Organisationen zu haben. Daher ist Macht als Motiv ein Thema, aber wir tun uns sehr schwer, klare Einordnungen dahingehend zu treffen, wo sie anfängt und wo sie aufhört. Es wäre also unseriös zu sagen, x Prozent der Delikte fallen in die Machtkategorie. Weil eben neben dem Machtaspekt häufig noch andere Ursachen vorliegen? Genau. Menschliches Verhalten ist schlichtweg zu komplex und unterschiedlich, als dass man es in fünf, zehn oder auch 20 Schubladen hineinstecken könnte. Auch wenn wir dazu tendieren, Dinge zu vereinfachen. Eine schnelle Definition macht die Sache vielleicht plakativer, deshalb ist sie aber nicht leichter erklärbar. Gibt es denn trotzdem einen Aspekt, der besonders oft mit dem Motiv der Macht in Zusammenhang steht? Das eigene Selbstwertgefühl ist untrennbar mit dem Begriff der Macht verbunden. So haben zum Beispiel sämtliche Delikte, die j u ni   /   j ul i 20 1 4

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„Das eigene Selbstwertgefühl ist untrennbar mit dem Begriff der Macht verbunden.“

logischen Fähigkeiten der Kommunikation an die Geschwindigkeit der technischen Kommunikation angleichen zu können. Das geht aber nicht. Um bei dem Beispiel zu bleiben, müsste die Dampflokomotive die dritte, fünfte und achte Station auslassen, um mithalten zu können. Das führt in einer schwierigen Situation dazu, dass nur sich im Arbeitsumfeld abspielen, damit zu tun. Es ist aber relativ noch agiert wird, anstatt vernünftig zu reagieren. Wirkt das Motiv Macht denn anders in solch hierarchischen Gebilden, schwierig, eine klare Abgrenzung zwischen dem Selbstwertgefühl wie es eben auch Unternehmen sind? und dem Machtbedürfnis zu finden. Sollte man an diesem Punkt ansetzen, um Straftaten zuvorzukommen? Machtmechanismen sind nicht grundsätzlich schlecht. Die Frage ist Da lässt sich viel im präventiven Bereich umsetzen. Vor allem im nur, wer nutzt die Macht über andere Personen aus? Mal ein ganz anderes Beispiel: In den häufigsten Fällen wird sexueller Missbrauch Bereich der Arbeitsplatzkriminalität, wo es überwiegend darum von Kindern nicht durch Fremde durchgeführt, sondern von Mengeht, Macht über andere Menschen zu haben. Das ist die Basis für sehr viel destruktives Verhalten am Arbeitsplatz. Ändern kann schen, die einen Bezug zu diesen Kindern haben. Das ist definitiv einer der katastrophalen Formen von Machtmissbrauch. Abhängigdas ein Stück weit das kleine Wort „Lob“. Dessen Wirkung ist nicht keiten dazu zu nutzen, andere Dinge machen zu lassen, die sie alleine zu unterschätzen. Leider fällt es uns aber oft eher schwer, dem anderen zu sagen, dass er etwas gut gemacht hat. Dabei ist dieses nie machen würden. Jetzt kann man das nicht vergleichen mit den Machtmechanismen in einer Firma, aber wenn ich davon abhängig Verständnis des Selbstwertgefühles, also sich zu überlegen, was bin, dass ich meine Kinder ernähren muss, werde ich vielleicht eher der andere braucht, ein hervorragendes Mittel, um präventiv im bereit sein, gewisse Dinge zu tolerieren. Die entscheidende Frage ist Bereich der Arbeitsplatzsicherheit zu arbeiten. Es gilt, offen und ehrlich zu kommunizieren, ohne dabei zu manipulieren. aber, ob jemand das Wissen um diesen Umstand ausnutzt. Kann man die Gefahr, die von einer Person mit Machtstreben ausIst das nicht schnell zu durchschauen? Da gibt es Menschen, die ganz perfide Strategien haben, damit geht, realistisch einschätzen? man es nicht durchschaut. Ich glaube, das ist möglich. Denn ich kenne keinen einzigen Fall von Arbeitsplatzkriminalität, bei dem nicht mangelndes SelbstWas tun diese Personen beispielsweise? Das sind Menschen, die gut beobachten können und die die Fähigwertgefühl eine Rolle spielt und der nicht etwas mit destruktiven Verhaltensweisen zu tun hat. Das fängt bei ganz kleinen Dingen keit haben, gut zu sprechen. Sie nutzen die scharfen Waffen der Manipulation und Antizipation aus, um zum Beispiel Machtstrukturen an wie anonymen E-Mails, in denen jemand schlecht gemacht in Firmen so zu verteilen, dass viele ein Teilwissen haben, aber nur wird, und geht bis hin zu Diebstahl, Nötigung oder Verbrechen, der Betreffende selber das gesamte Wissen. Das kennt man, wenn bei denen es um Leib und Leben geht. Denken Sie an den 4. Juli es um große Wirtschaftsdelikte geht: Da sitzen dann Mitarbeiter 2004 in der Zürcher Kantonalbank, wo ein Angestellter mehrere aus der Buchhaltung, der Revisions- oder der Complianceabteilung Personen und anschließend sich selbst erschossen hat. Oder an den 27. September 2001 im Zuger Parlament, wo durch einen Amoklauf vor dem Staatsanwalt und sagen, dass sie das alles im Gesamten nicht gewusst hätten. Aber der Vorgesetzte hat ihnen das Gefühl vierzehn Menschen zu Tode kamen. gegeben, sie seien als Einziger vollständig im Bilde. Was kann man tun? Noch eine persönliche Frage: Sie als Sachverständiger, haben Sie Die Frage nach Ursache und Wirkung hat immer etwas mit der das Gefühl, besonders machtvoll zu sein? Interaktion zwischen dem Vorgesetzten und den Untergebenen zu tun. Daher ist die einfachste Form, einen Arbeitsplatz oder Man muss sich im Klaren sein, dass man als Sachverständiger eine eine Firma sicher zu machen, die Fähigkeit des Vorgesetzten, die Richtung vorgibt. Aber man muss auch wissen, dass man weder verlängerter Arm der Anklagebehörde noch persönliche Form der Kommunikation ververlängerter Arm der Verteidigung ist. Ich nünftig zu betreiben. Durch die Firma zu nehme auch nur Gutachten an, die auf Angehen und die Leute zu fragen, ob alles in regung des Gerichtes kommen und versuche Ordnung ist. Aber das muss ehrlich sein. dann, die objektiven Daten nach einer klaren Also hakt es wie so oft beim Thema Kommunikation. Er gilt als Europas führender KrimiMethodik auszuwerten und zu analysieren. Und als Psychologe ist für mich nicht die Nehmen wir doch einfach zur Kenntnis, nalpsychologe. Unter anderem half Frage nach der Wirkung, sondern nach der dass wir heute in einer Welt leben, in der der Österreicher Thomas Müller bei der Aufklärung der Serienmorde Ursache interessant. Stefan Zweig hat einmal wir auf unterschiedlichen Ebenen kommusinngemäß gesagt, dass es schöner sei, einen nizieren. Die elektronische zum Beispiel, von Jack Unterweger und Franz die ist rasend schnell. Wie ein TGV sausen Fuchs, die in den 90er Jahren viel öfMenschen zu verstehen, als über ihn zu richSMS und E-Mails von Kollegen 24 Stunden fentliche Aufmerksamkeit erhielten. ten. Und ich brauche nicht die Macht über andere Menschen, sondern ich bin froh, dass am Tag auf unsere Smartphones. Daneben Thomas Müller arbeitet am Institut ich mit den Grenzen und Möglichkeiten die gibt es aber noch die persönliche, die psyfür Wissenschaft und Forschung der österreichischen Sicherheitsachologische Form der Kommunikation. Die ich selber habe, so umgehen kann, dass ich kademie und als selbstständiger etwas Vernünftiges und Konstruktives maist so langsam wie eine Dampflokomotive. Sachverständiger. Ebenfalls ist er als chen kann. Das Interview führte Kathrin Justen Sich hinzusetzen und zu fragen: „Brauchst Du irgendetwas?“ oder „Kann ich etwas für Autor tätig. 2004 erschien von ihm Dich tun?“. Und viele glauben, ihre psycho„Bestie Mensch“, zwei Jahre später „Gierige Bestie“. 46 www. hu ma n reso u rce sma n age r. d e

Zur Person


Im Fokus

Das Land der alten Mitarbeiter Kein Land altert so schnell wie Japan. Schon lange spielen Senioren auf dem Arbeitsmarkt des Landes eine wichtige Rolle. Doch ihre Arbeitskraft muss effizienter genutzt werden. Von Birga Teske

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bis vier Tagen pro Woche von 9 bis 17 Uhr. Wer neu zum Unternehmen hinzustößt, erhält allerdings mit umgerechnet 6 Euro pro Stunde deutlich weniger Lohn als die regulär Beschäftigten. Auch Daiwa Life Next nutzt das Potenzial älterer Arbeitnehmer. Der Dienstleister aus Tokio sorgt für den fachgerechten Betrieb von mehr als 2.000 Wohnblöcken im ganzen Land. Ein Großteil der 3.700 Mitarbeiter arbeitet vor Ort als Hausmeister, übernimmt die Arbeit am Empfang, die Gebäudereinigung und kleinere Reparaturen. Fast zwei Drittel der Angestellten sind älter als 60 Jahre, rund 20 Prozent über 70. „Wie fit jemand ist, hängt vom Individuum ab“, sagt Pressesprecherin Naoko Tajima. „Wer keine gesundheitlichen Probleme hat, kann bei uns auch im hohen Alter weiterarbeiten.“ Mitarbeiter jenseits der 70 verpflichtet Daiwa Life Next zu jährlichen Gesundheitstests. Dabei wird beispielsweise auch geprüft, ob die betagten Hausmeister noch Säcke mit Erde stapeln können, um Schäden durch Starkregen oder Überschwemmungen abzuwenden. Bei der Auswahl

Foto: Veronique Terrasse

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ato Manufacturing hatte schon vor 15 Jahren ein Problem, mit dem inzwischen Unternehmen in vielen Ländern der Welt kämpfen: zu wenige junge Fachkräfte. Der mittelständische Automobilzulieferer aus Zentraljapan änderte seine Personalpolitik – und schaltete Stellenanzeigen, die sich explizit an Rentner richteten. Der Erfolg war überwältigend: Mehr als 100 Bewerber meldeten sich, obwohl Kato anfangs lediglich Mitarbeiter für Wochenenden und Feiertage gesucht hatte. Seither ist das Durchschnittsalter der Belegschaft kräftig gestiegen. Mehr als die Hälfte der 106 Beschäftigten sind über 60, ein Fünftel sogar über 70 Jahre alt. „In allen Abteilungen gibt es ältere Mitarbeiter“, sagt Unternehmenssprecher Shinpei Goto. „Wir machen keine Ausnahmen, nur weil jemand alt ist.“ Kleinere Zugeständnisse machte Kato an die Mitarbeiter in der Produktion: Die Fabrikhalle wurde heller beleuchtet, das Gewicht von Kisten reduziert sowie Rollen unter Gestellen angebracht, um den Transport schwerer Metallteile zu erleichtern. Üblicherweise arbeiten die Senioren in Teilzeit, an drei

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Seit Kato Manufacturing explizit Rentner sucht, hat sich das Durchschnittsalter der Belegschaft stark erhöht. Aktuell sind mehr als die Hälfte der Beschäftigten über 60 Jahre alt.

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neuer Mitarbeiter ist Daiwa Life Next wählerisch. Nur einer von 36 Bewerbern erfülle die Voraussetzungen oder wolle die erforderlichen Aufgaben erledigen, berichtet Tajima. Nicht selten hätten Ältere dabei die Nase vorn – etwa was Höflichkeit, Pflichtgefühl oder die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen angehe. Überall in Japan sind Senioren als Arbeitskräfte im Einsatz. Insgesamt jeder zehnte Beschäftigte in dem fernöstlichen Inselstaat ist inzwischen über 65 Jahre alt. Der Grund: Zahlreiche Firmen, vor allem kleinere Industrieunternehmen und Dienstleister, können ihren Personalbedarf nicht mehr alleine mit jungen Mitarbeitern decken. Und der Trend dürfte sich fortsetzen. Regierungsschätzungen zufolge wird die Bevölkerung bis zum Jahr 2060 um ein Drittel schrumpfen. Gleichzeitig wächst der Anteil der über 65 Jahre alten Japaner von 25 Prozent auf 40 Prozent. Traditionell wird der Arbeit in Japan ein hoher Wert beigemessen. Die Unternehmen attestieren vor allem der älteren Generation eine hohe Motivation und Arbeitsmoral. Aktuell gehen rund 20 Prozent aller Japaner über 65 Jahren einer bezahlten Tätigkeit nach. Tatsächlich würden noch viel mehr Rentner arbeiten, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Laut einer Regierungsumfrage unter Japans Baby-Boomern wollen 80 Prozent von ihnen arbeiten, 38 Prozent sogar über das 75. Lebensjahr hinaus. Weil der Bedarf sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite wächst, haben sich zahlreiche Arbeitsvermittlungsagenturen inzwischen auf den sogenannten „Silver Market“ spezialisiert – und vermitteln betagte Arbeitnehmer an interessierte Unternehmen. Zu den Pionieren auf diesem Gebiet gehört „Mystar 60“. Yukari Takahira, Direktorin des Jobvermittlers aus Tokio, verfolgt die Entwicklung des Silbermarktes seit Mitte der 1990er Jahre. In dieser Zeit hat sie große Veränderungen beobachtet – zumindest in der Einstellung der Stellensuchenden.

„Die Firmen stellen Senioren ein, wenn sie sehr gut ausgebildetes Personal suchen oder wenn sie einfach gar keine jungen Mitarbeiter finden können.“ Yukari Takahira Mystar 60

„Früher haben die älteren Arbeitssuchenden hohe Gehaltsforderungen gestellt. Viele hatten zuvor gutbezahlte Jobs in der Verwaltung gehabt und wollten weiterhin eine sinnvolle Tätigkeit ausüben“, erinnert sich Takahira. Das hat sich geändert. Das Platzen der Immobilien- und Finanzblase Anfang der 1990er Jahre, zwei Dekaden wirtschaftlicher Stagnation und eine Rentenreform haben die Situation für Senioren grundlegend verändert. Viele Rentner sind inzwischen auf einen Zusatzverdienst angewiesen. „Heute überwiegen finanzielle Gründe“, sagt Takahira. Häufig sei auch eine kriselnde Ehe der Grund dafür, dass Männer und Frauen im Rentenalter auf die Suche nach einem Job gingen. Weil die Arbeitszeiten in Japan zu den längsten der Welt gehören und das Ausgehen mit Kollegen weit verbreitet ist, entfremden sich viele Ehepaare im Laufe der Jahre. Mit dem Ruhestand des Hauptverdieners beginnt dann eine schwere Zeit der Umstellung. „Die Frauen wollen nicht für ihren Mann dreimal am Tag Essen kochen, und die Männer fühlen sich zu Hause nicht wohl“, weiß Takahira. Für viele Senioren ist die Flucht in einen neuen Job der rettende Ausweg. 67


Im Fokus

Arbeiten bis 65 Bis vor kurzem durften nur Ingenieure oder leitende Manager darauf hoffen, über ihren 60. Geburtstag hinaus für ihren Arbeitgeber tätig zu sein. Dabei mussten sie Gehaltsabschläge von 30 bis 60 Prozent hinnehmen. Seit April 2013 verlangt der Gesetzgeber jedoch, dass Japans Unternehmen grundsätzlich allen arbeitsfähigen Beschäftigten eine Weiterbeschäftigung bis zum 65. Lebensjahr ermöglichen. Das stellt viele Firmen vor große Herausforderungen. „Alle Mitarbeiter über einen Kamm zu scheren, ist nicht vernünftig“, sagt Florian Kohlbacher, Leiter der Wirtschaftsabteilung am Deutschen Institut für Japanstudien (DIJ) in Tokio. Die meisten Unternehmen würden deshalb den bestehenden Arbeitsvertrag mit 60 Jahren auslaufen lassen und den Mitarbeitern einen neuen Vertrag anbieten. Je nach Befähigung könnten diese dann weiter beschäftigt werden. Im Idealfall könne das Erfahrungswissen älterer Beschäftigter dadurch besser an jüngere Mitarbeiter weitergegeben werden. Allerdings müssten auch Arbeitnehmer gehalten werden, die eigentlich nicht mehr benötigt würden. Die Auswirkungen verschiedener Gesetzesänderungen zur Weiterbeschäftigung älterer Beschäftigter lässt sich exemplarisch 68

Die demografische Entwicklung in Japan

an Toyotas Einstellungsstatistik ablesen: Wurden im Geschäftsjahr 2001/2002 nur 8 Prozent aller angehenden Rentner mit einem neuem Vertrag ausgestattet, waren es fünf Jahre später schon 55 Prozent und im abgelaufenen Geschäftsjahr schätzungsweise 75 Prozent. Der Automobilkonzern erwartet, dass sich in Zukunft noch mehr ältere Mitarbeiter als bisher für eine Weiterbeschäftigung entscheiden werden. Um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, erprobt Toyota derzeit in einem Pilotprojekt Teilzeitarbeit für betagte Fabrikarbeiter. Auf viel mehr Entgegenkommen dürfen Senioren bei den meisten Unternehmen nicht hoffen: „Bisher gibt es wenig Überlegungen, wie ältere Mitarbeiter effizienter eingesetzt werden können, etwa indem Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet werden“, sagt Kohlbacher vom DIJ. Japan sei zwar ein Vorreiter bei der Beschäftigung von Senioren – allerdings nur quantitativ. Was die Qualität der Jobs und ihre Bezahlung angehe, hinke Japan weit hinter Ländern wie Deutschland her. Der Ökonom Martin Schulz vom Fujitsu Research Institute hat dafür eine Erklärung: „Bisher hatten die Unternehmen wenig Interesse an einer Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeiter“, sagt er. „Aber das ändert sich jetzt, weil es weniger junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt gibt und weil die große Welle der Restrukturierungen vorbei ist.“ Vor allem im Verwaltungsbereich sieht Schulz mehr Bedarf. Gleichzeitig heuerten Ingenieure und Manager zunehmend bei Unternehmen im Ausland an. „Wir sehen eine Globalisierung älterer Mitarbeiter“, so der Forscher.

Von allen Ländern weltweit altert Japan am schnellsten. Das Japan Institute for Labour Policy and Training (JIL) beziffert die Lebenserwartung Neugeborener mit durchschnittlich 83,5 Jahren. Zum Vergleich: In Deutschland sind es laut JIL 80,7 Jahre. Bis zum Jahr 2050 wird der Anteil der Japaner über 65 Jahren auf fast 37 Prozent steigen (Deutschland: 33 Prozent). Gleichzeitig sinkt die Zahl der Kinder und Jugendlichen. Diese Entwicklung ist bereits jetzt in vielen kleineren Unternehmen spürbar. Weil sie nicht genügend junge Mitarbeiter finden, greifen viele auf ältere Beschäftigte zurück. 20 Prozent aller Japaner über 65 Jahre haben einen Job. In Deutschland sind es nur fünf Prozent. Aktuell plant die japanische Regierung, der demografischen Entwicklung durch die besondere Förderung von Drei-Kinder-Familien entgegenzuwirken.

Florian Kohlbacher warnt die Unternehmen allerdings davor, ihre Personalpolitik zu stark auf Mitarbeiter am Ende ihrer Karriere zu fokussieren. „Auch in einer alternden Gesellschaft darf man die Jungen nicht vergessen“, sagt er. Nötig sei eine Reform der Gehaltsstruktur über die gesamte Lebensarbeitszeit. Die Unterbezahlung junger Mitarbeiter und die üppigen Vergütungen für Ältere gehörten auf den Prüfstand. Ebenfalls nötig: Ein Umdenken in den Personalabteilungen. Diese müssten die Altersstruktur ihrer Beschäftigten sowie deren Bedürfnisse und Potenziale stärker in ihrer Planung berücksichtigen und sie als wertvolle Ressource ansehen. „Diese Betrachtungsweise ist in Japan noch nicht wirklich angekommen“, sagt Kohlbacher. www. hu ma n reso u rce sma n age r. d e

Foto: Kato

An den Bedürfnissen der Unternehmen habe sich in den vergangenen Jahrzehnten hingegen wenig geändert. „Die Firmen stellen Senioren ein, wenn sie sehr gut ausgebildetes Personal suchen, oder wenn sie einfach gar keine jungen Mitarbeiter finden können“, sagt Takahira. Der Arbeitsmarkt für Ältere sei zweigeteilt: Gesucht würden entweder Hochqualifizierte oder Handlanger. Entsprechend unterschiedlich fällt die Bezahlung der Tätigkeiten aus. Diese Zweiteilung zieht sich durch den gesamten japanischen Arbeitsmarkt. Knapp 40 Prozent aller Beschäftigten haben keine feste Anstellung, erhalten Niedriglöhne und werden beruflich kaum fortgebildet. Die übrigen Beschäftigten verbringen ihr Berufsleben meist durchgängig im gleichen Unternehmen. Am Anfang ihrer Karriere werden sie stark unterbezahlt, am Ende erhalten sie überzogen viel Gehalt. Auch deshalb sind viele Unternehmen nicht an einer Weiterbeschäftigung über das Rentenalter hinaus interessiert – zumindest nicht zu gleichen Konditionen.



Menschen  Anja Förster & Peter Kreuz

Traut Euch! Ihre Managementbücher sind Bestseller, ihre Vorträge begehrt. Doch mit dem klassischen Berater-Etikett tun sich Anja Förster und Peter Kreuz sehr schwer. Und es passt auch nicht zu ihnen. Die zwei wollen vielmehr Anstifter sein, Anstifter zum Andersdenken. Von Sven Pauleweit

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a haben sich wirklich zwei gefunden – dieser Gedanke schießt einem mehrmals durch den Kopf, wenn man sich mit Anja Förster und Peter Kreuz unterhält. Doch das ist gar nicht so einfach. Das Autorenduo, das seit vielen Jahren auch privat ein Paar ist, ist entweder ständig unterwegs oder in ein Buchprojekt vertieft. An diesem Montag im April sind sie gerade in ihrem Haus in Heidelberg. Einen zweiten Lebensmittelpunkt haben sie in einem kleinen Ort in Frankreich, irgendwo zwischen Metz und Nancy. Genauer wollen die beiden da nicht werden, so als gelte es, ein kleines Refugium zu schützen. Hierhin ziehen sie sich zurück, wenn sie schreiben wollen, keine Termine anstehen und E-Mail und Handy einmal ganz weit weg sein sollen. Einen typischen Alltag kennen und wollen die beiden aber auch gar nicht. „Es tut uns einfach sehr gut, das so zu planen. Es gibt Wochen, wo wir wenig unterwegs sind. Das sind dann die Tage zum Auftanken, Schreiben oder um über neue Projekte nachzudenken. Und dann gibt es wieder diese intensive Zeit, wo wir unterwegs sind, Kontakt zu Menschen haben, Unternehmen besuchen. Das ist immer ein sehr schöner Wechsel“, sagt Peter Kreuz, der ge70

rade von einem solchen Termin in Manchester zurückgekehrt ist. Reisen ist ohnehin ein Dauerthema für die zwei. Ein Land, in das es vor allem Anja Förster immer zieht, ist Indien, und dass nicht nur, weil sie gern Hermann Hesse liest. „In meiner Seele bringt es etwas zum Klingen“, sagt sie, „und das lässt einen auch nicht mehr los.“ Ideal auch, wenn sich dabei berufliches und privates Interesse verbinden lässt.

Von Worms in die Ex-DDR Kennengelernt haben sich die beiden Ende der 80er Jahre beim Studium in Worms – als Flurnachbarn im Studentenwohnheim. Dass aus dieser Studienfreundschaft etwas fürs Leben geworden ist, hätten beide nicht forciert, sagen sie und Anja Förster lacht dabei. Die 47-Jährige stammt aus Dortmund und kam zum Wirtschaftsstudium an die

Reisen ist eine Leidenschaft von Peter Kreuz und Anja Förster. Auf über 70 Länder kommen sie inzwischen und verbinden gern berufliches und privates Interesse. Oder die beiden machen einfach nur Urlaub, wie hier in Burma.

Fachhochschule. Warum? „Es ist so ein wunderschönes, breites Feld, in dem man sich in alle Richtungen entwickeln kann“, sagt sie. Peter Kreuz ist gebürtiger Saarländer und kommt aus einer Unternehmerfamilie. Arbeit als etwas Selbstbestimmtes zu sehen, diese Art zu denken, war daher schon immer Teil seines Lebens. Auch er entschied sich für Wirtschaft, auch um vielleicht die Firma seiner Eltern zu übernehmen. Gedrängt hatten sie ihn nicht in diese Richtung. Es hätte sicher auch nicht funktioniert. „Das ist ein Charakterzug von mir, www. hu ma n reso u rce sma n age r. d e


Foto: Privat

wenn ich in irgendeine Richtung gehen soll, mache ich garantiert das Gegenteil davon. Meine Eltern haben das sehr schnell rausbekommen“, sagt der ebenfalls 47-Jährige. Ihren Sprung ins Berufsleben machten beide bei Rewe in den frühen 90ern in Berlin, kurz nach dem Ende der DDR. Das Unternehmen hatte damals viele Kaufhallen der staatlichen Handelsorganisation aufgekauft und dann Leute hingeschickt, um dort von Berlin aus die Konzernstrukturen einzuziehen. „Das Schöne daran war, dass das noch niemand zuvor gemacht hatte. Keiner wusste, wie das geht. Also wirklich Pionierarbeit“, sagt Peter Kreuz, der als Trainee mit dabei war. Anja Förster war im Personalwesen gelandet und pendelte von Berlin auch in andere Teile Ostdeutschlands. Diese Umbruchszeit miterlebt zu haben – in einer Stadt zu leben, in der Schlagbäume zwar offen standen, die Mauer aber noch da war – sehen beide noch heute als seltenes Privileg. So viel zu entdecken und zu lernen gab es in der geteilten Stadt zwischen Spree und Havel. Für die Ewigkeit war es dennoch nicht. Jedes noch so aufregende Pionierprojekt erreicht irgendwann den Punkt, an dem sich die Prozesse gefunden haben, die Strukturen etabliert sind und die eigenen Optionen im Unternehmen berechenbar. „Mir war das damals mit Mitte 20 einfach zu wenig reizvoll. Ich hatte schon beinahe das Gefühl, auf einer vorgezeichneten Karrierespur zu sein und dafür fand ich mich einfach zu jung“, sagt Anja Förster. Ihrem Mann ging das auch so und die Konsequenz, die beide zogen, war erstaunlich. Es sollte kein anderer Job, keine andere Stadt sein, sondern gleich ein anderer Kontinent und ein Studium an einer der renommiertesten Hochschulen für Internationales Management in den USA. Ein MBA-Studium zu einer Zeit, in der kaum ein Personaler je davon gehört hatte. Beide haben einfach ihre Besitzstände aufgelöst und sind nach Phoenix in Arizona gezogen. „Das war schon recht dramatisch, wir waren noch nie da, und wir wussten ja auch nicht, was passiert, wenn wir wiederkommen. Versteht irgendjemand in Deutschland, was wir dort gemacht haben, was ein MBA bedeutet“, sagt Peter Kreuz. „Wir haben einfach daran geglaubt, dass es eine gute Lebenserfahrung für uns ist.“

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„ Wir haben eine Botschaft, von der wir glauben, dass die Welt sie hören muss. Es ist das, wovon wir leben, und wofür wir leben.“ Dieser Hang, ausgetretene Pfade zu verlassen und ihrem Gefühl zu folgen, ist typisch für die beiden. Das war so, als sie sich nach dem MBA entschieden, in den USA zu bleiben und bei Beratungen zu arbeiten – sie bei Accenture, er beim Konkurrenten Andersen Consulting. So war es auch, als Peter Kreuz sich dem nächsten Karriereschritt in Richtung Management-Position verweigerte und an die Uni Wien wechselte, um zu promovieren und Professor zu werden und seine Frau sich nach Europa versetzen ließ. Für den Schritt in die völlige unternehmerische Unabhängigkeit brauchte es jedoch noch eine Initialzündung. Zu dem Zeitpunkt, als für ihn der Schritt vom Assistant Professor zum Associate Professor anstand, arbeitete Peter Kreuz an einer Studie über strategisch innovative Unternehmen. Also über Firmen, die nicht ihre Produkte innovieren, sondern schlicht ihr ganzes Geschäftsmodell. „Ich bin dabei mit wahnsinnig interessanten Menschen vom Schlage eines Richard Branson oder einer Anita Roddick zusammengekommen, die mir gezeigt haben, dass Wirtschaft nichts Graues ist, sondern eine faszinierende Plattform, auf der jeder von uns Tag für Tag gestalten kann.“ An dem Punkt wurde

Anja Förster und Peter Kreuz Sie sind Autoren, Unternehmer, Weltenbumler. Kennengelernt haben sich Anja Förster und Peter Kreuz Ende der 1980er beim Studium in Worms. Zusammen gingen sie nach dem Fall der Mauer nach Berlin, um für die Rewe Gruppe zu arbeiten. Danach zogen sie in die USA und schließlich nach Wien, wo sie 2001 auch geheiratet haben. Heute wechselt das Paar zwischen zwei Heimen, eins steht in Heidelberg, das andere in Frankreich.

Peter Kreuz klar, dass das genau das ist, dem er sich widmen will. Also gründete er 2000 kurzerhand sein eigenes Unternehmen und verließ ein Jahr später die Uni. Seine Frau folgte ihm bald darauf. Sie dafür zu faszinieren, fiel ihm nicht schwer. „Es war eine ehrliche Introspektive, sich zu fragen: ‚Was willst du in den nächsten Jahren anstellen, welchen Unterschied willst du machen‘“, sagt Anja Förster heute. Also Duo treten sie allerdings nur selten in Projekten auf. Doch ergänzen sie sich gut. Und wie? „Durch konstruktives Streiten“, sagt sie und lacht wieder einmal „da sind wir gut drin.“ Ihr Mann sei mehr der strategische Denker, sie selbst eher extrovertiert und gut darin, die Projekte auch auf die Straße zu bringen, erläutert Anja Förster. Doch in Worte zu fassen, was genau ihr Unternehmen eigentlich ausmacht, fällt den beiden schwer. Auch, weil sie sich nicht mit dem Etikett „Berater“ anfreunden konnten, nicht Accenture oder McKinsey in klein sein wollten. „Wir haben eine Botschaft, von der wir glauben, dass die Welt sie hören muss. Es ist das, wovon wir leben, und wofür wir leben“, sagt Peter Kreuz. Und die Kernbotschaft? „Traut Euch, die Dinge, die ihr jahrelang auf die gleiche Weise getan habt, sehr wohl zu hinterfragen, scheinbar unabänderliche Regeln auf dem Prüfstand zu stellen, weil letztendlich nur so Fortschritt und Zukunft kreiert werden kann“, sagt Anja Förster. Und das gilt auch für den ganz persönlichen Lebensweg. Ihre Vorträge und die Bücher sind dabei ihr Sprachrohr. Dabei ist es aber keineswegs so, dass sich beide danach richten, was auf dem Markt gerade gefragt ist. „Ich glaube auch nicht, dass das funktionieren würde. Wir müssen schon eine Idee haben, etwas, das wirklich ein Herzensthema von uns ist“, sagt Anja Förster. Gemeinsam ist auch der Schreibprozess. „Manche meinen, man würde ganz genau merken, wer von uns beiden welches Kapitel geschrieben hat, aber so ist es nicht“, ergänzt Peter Kreuz. Gemeinsam entwickeln sie die Gliederungen für Buch und Kapitel, dann macht einer den Anfang und der andere geht darüber, ergänzt, streicht vielleicht. Solange bis beide zufrieden sind. „Unsere Wellen, die wir machen“ nennen sie das. Zwei neue Bücher liegen gerade auf ihrem Schreibtisch – jenem in Frankreich. Das erste soll im Januar erscheinen. Der Titel? „Macht, was ihr liebt.“ „Worum es da geht, können Sie sich schon denken“, sagt Anja Förster. 71


Menschen

Personen & Karriere

Olaf steinert

Neuer Vice President HR Alexandra Heinrichs ist seit Juni Vice President Human Resources beim Konsumgüterhersteller Unilever. Die 42-Jährige trägt damit die Verantwortung für das Personal in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH). Sie folgt auf Ulf Werkmeister. Alexandra Heinrichs ist seit 16 Jahren im Personalmanagement von Unilever tätig, zuletzt als HR Director Marketing- und Verkaufsorganisation von Unilever DACH. Continental

Ariane Reinhart folgt auf Elke Strathmann Die Continental AG wird zum 1. Oktober eine neue oberste Personalerin bekommen. An diesem Tag wird Ariane Reinhart ihre Position als Personalvorstand und Arbeitsdirektorin antreten. Sie folgt damit Elke Strathmann nach, deren Vertrag nicht verlängert und Mitte April vorzeitig beendet wurde – im gegenseitigen Einvernehmen, wie es heißt. Derzeit liegt die Verantwortung für das Personalressort und das Amt des Arbeitsdirektors kommissarisch bei Finanzvorstand Wolfgang Schäfer. Ariane Reinhart bleibt mit ihrem Wechsel zu Continental der Automobilbranche treu. Die Juristin ist seit 1999 für den Volkswagen-Konzern tätig und verantwortet seit 2012 auf Vorstandsebene die Personalagenden bei Bentley Motors Ltd. Das Unternehmen ist ebenfalls ein Teil der VW-Familie. Zuvor war Ariane Reinhart Leiterin der Konzern Management Entwicklung bei Volkswagen. Continental beschäftigt derzeit rund 178.000 Mitarbeiter. 72

InteractiveMEdia

Herr Steinert, Sie sind seit Oktober HR Direktor bei D+S. Wie hat sich Ihr Aufgabenspektrum verändert? Es gibt natürlich viele neue Themen, gerade hinsichtlich der Rahmenbedingungen. Aber ich habe gemerkt, dass es extrem hilfreich ist, dass ich auf Erfahrungen aus verschiedenen Branchen, zum einen bei Fitness First und zum anderen viele Jahre bei der Deutschen Bahn, zurückgreifen kann. Wie war das Ankommen im neuen Unternehmen?

ClAAS

Matthias Hoff ist Vice President HR

Neue Leiterin Personalentwicklung

Die InteractiveMedia GmbH hat mit Matthias Hoff seit April einen Vice President Human Resources. Die Funktion ist in dieser Form neu geschaffen worden. Der 40-Jährige ist damit Teil des Managementteams des Digitalvermarkters. Matthias Hoff ist seit August 2013 bei dem Unternehmen und war zuletzt Leiter Human Resources. In seiner neuen Position berichtet er an den Geschäftsführer Philip Missler.

Carolin Höltermann ist seit kurzem Leiterin Personalentwicklung der Claas Gruppe und verantwortet in dieser Position die Bereiche Fach- und Führungskräfteentwicklung, Talentmanagement und Nachfolgeplanung. Sie berichtet direkt an den für Personal verantwortlichen Generalbevollmächtigten Gerd Hartwig. Carolin Höltermann war als Unternehmensberaterin tätig, bevor sie 2012 zu Claas kam. www. hu ma n reso u rce sma n age r. d e

Fotos: TOM SALT / Continental; Unilever; Benjamin Schenk; CLAAS KGaA mbH; Nele Martensen

Unilever

Viel unterwegs


ZDF

Christian Campe ist Personalchef

Olaf Steinert ist seit Oktober Group Human Resources Director bei der D+S-Gruppe. Er kommt von Fitness First Germany, wo er ebenfalls die Personalagenden verantwortete. Zuvor war er in verschiedenen Positionen bei der Deutschen Bahn tätig.

Fotos: Edelman; Privat; ZDF / Carmen Sauerbrei; foto scharfscheer

Ich war am Anfang sehr viel in unseren Standorten unterwegs, um auch die Kollegen vor Ort kennenzulernen. Das hat dazu geführt, dass ich noch immer unwahrscheinlich gern dorthin reise, weil der Schulterschluss zwischen der Konzernzentrale in Hamburg und unseren Standorten meiner Arbeit die beste Grundlage bietet. Sie kommen aus dem Fitnessbereich. Dort waren Themen wie Personalentwicklung lange nicht unbedingt State of the Art. Wie hat sich das entwickelt? Das ist vergleichbar mit einem Hotel. Wenn man dem Gast ein besonderes

Christian Campe ist seit April neuer Personalchef des ZDF. Der 47-Jährige folgt auf Michael Winter, der seit 1988 Leiter der Hauptabteilung Personal war und nun in den Ruhestand gegangen ist. Der studierte Jurist Christian Campe wechselt von den Stadtwerken Osnabrück, wo er seit 2009 die Abteilungen Personal, Personalentwicklung und Recht sowie die Stabsabteilung Gesundheit und Soziales verantwortete. Davor war er rund sechs Jahre lang als Leiter Personal und Organisation für die Fiat Automobil Vertriebs GmbH tätig.

Erlebnis bieten will, dann geht das nur über die Mitarbeiter. Am Ende ist es daher nicht die Hardware, also die Geräte, die ein Mitglied davon überzeugen, auch langfristig Mitglied eines Fitnessclubs zu bleiben. Dafür braucht es auch Mitarbeiter, die nicht nur für ein paar Wochen aus Spaß in einem Club „jobben“. Man braucht Mitarbeiter, die selbst Bindung an das Unternehmen empfinden und in diesem Unternehmen Möglichkeiten einer Berufskarriere finden. Diese Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden.

Edelman

Cooper Standard

Novem Car Interior

Edelman Deutschland hat mit Sina Bessell erstmals einen Senior Recruiting Manager Germany. In dieser neu geschaffenen Funktion ist sie für das deutschlandweite Recruiting der PR-Agentur zuständig und berichtet an Hannah Rathgeber, HR-Direktorin für Deutschland. Sina Bessell kommt von der Agentur Ogilvy Düsseldorf, wo sie ebenfalls für das Recruiting zuständig war.

Karlheinz Kelsch (41) ist seit Mai Director Human Resources Germany beim Autozulieferer Cooper Standard. In dieser Position, die bislang interimistisch besetzt war, berichtet er an den Vice President HR Europe. Cooper Standard beschäftigt weltweit rund 19.000 Mitarbeiter, 2.000 davon in Deutschland. Karlheinz Kelsch kommt von Bombardier Transportation, wo er zuletzt als HR Business Partner tätig war.

Petra Gerweck hat im April die Funktion Head of Human Resources bei Novem Car Interior übernommen. Die Position wurde neu geschaffen. Petra Gerweck verantwortet in dieser Rolle das strategische und operative Personalmanagement der Gruppe mit rund 4.300 Mitarbeitern an zehn Standorten in Amerika, Europa und Asien. Zuvor war sie bei CSL Behring und in verschiedenen HR-Rollen bei DyStar Textilfarben tätig.

Sina Bessell leitet Recruiting

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Neuer Director HR Germany

Petra Gerweck ist Head of HR

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letzte seite seite  Heidi Stopper

Mut und Humor Heidi Stopper Vorstand Human Resources, ProSiebenSat.1 Media AG

Unser derzeit größtes HR-Projekt ist… die Unternehmenstransformation zum Multimedia-Haus zu gestalten. Meine Lieblingsfernsehsendung als Kind war… die amerikanische Tier-Serie Daktari. Heute schaue ich gerne… Crime-Blockbuster, Thriller und Science Fiction wie etwa Hunger Games oder Blade Runner, aber auch ruhige Filme mit schöner Erzählart wie Silver Linings, alles natürlich auf unseren Sendern. Ein guter Personaler braucht vor allem… Managementfähigkeiten, so wie jeder sehr gute Manager und Chef – und dazu ein ausgesprochen gutes Gespür für Menschen. Ein Feld, das in HR noch immer zu kurz kommt, ist… Innovation. Für HR selbst – und für das Geschäft des Unternehmens. Mein erstes eigenes Geld verdiente ich… mit 16 Jahren bei einem Ferienjob als kaufmännische Hilfskraft in einem Vertriebsbüro. 110

Wenn ich nicht Managerin geworden wäre, dann… who knows! Aber sicherlich etwas Spannendes. Eines der inspirierendsten Bücher ist für mich… ich habe kein spezielles Lieblingsbuch, lese aber mit Leidenschaft und zwar am liebsten weiterhin in gebundener Form. Zuletzt habe ich „Tausend strahlende Sonnen“ von Khaled Hosseini gelesen.

HR in der Medienbranche bedeutet vor allem… Veränderung, Dynamik und Innovation gestalten und steuern zu können. Die Digitalisierung verändert das Fernsehen… weil es zum Beispiel durch Multi-ScreenLösungen bereichert, Zuschauern und Sendern neue Interaktionsmöglichkeiten bietet und Werbekunden neue BusinessMöglichkeiten eröffnet.

Eine Eigenschaft, die ich besonders schätze, ist… Humor.

Fernsehen ist noch zukunftsfähig, weil… es großartige Unterhaltung für die ganze Familie bietet. Und kein anderes Medium so digital-affin wie TV ist.

Ein perfekter Morgen beginnt für mich mit… Yoga, Zeitunglesen und Frühstück mit der Familie.

Ein Vorbild für mich war… meine Mutter, die mich zu eigenständigem und reflektiertem Denken angeregt hat.

Heidi Stopper Heidi Stopper hat im Herbst 2012 das damals neu geschaffene Vorstandsressort „Human Resources“ bei der ProSiebenSat.1 Media AG übernommen. Zuvor leitete sie dort als Executive Vice President Human Resources bereits den HR-Bereich der Unternehmensgruppe. In dieser Zeit baute sie unter anderem die ProSiebenSat.1 Academy auf. Heidi Stopper hat Jura studiert. Anschließend arbeitete sie unter anderem als Head of HR Policy bei der Dornier GmbH in Friedrichshafen. Von 2002 bis 2009 war sie außerdem in verschiedenen Managementpositionen bei EADS tätig, zuletzt als Vice President Human Resources für EADS Astrium Satellites in Frankreich.

An meinem Beruf gefällt mir besonders… die Vielfalt. Wo sonst hat man eine solche Vielzahl an komplexen Business-Modellen, Verhandlungen mit verschiedenen Stakeholdern und die wunderbar intensive Arbeit mit Menschen? Das Arbeiten in Frankreich und Deutschland unterscheidet sich… vor allem im Verständnis von Hierarchie. Meine Mitarbeiter ermutige ich… mutig zu sein.

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Foto: adidas AG

ProSiebenSat.1 Media ist ein guter Arbeitgeber, weil… unsere Erfolgsgeschichte spannende Positionen und Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Mitarbeiter bietet und Work-Life-Balance bei uns mehr als nur ein Modewort ist.


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