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Kampf den Parasiten

Optimale Versorgung von Skabies und Lausbefall in der Praxis

Parasitäre Erkrankungen werden fälschlicherweise oft mit mangelnder Sauberkeit in Verbindung gebracht und ziehen eine Stigmatisierung nach sich. Jedoch sind nur der unaufgeregte, sachliche Umgang mit Skabies, eine frühe Diagnosestellung und eine ehestmögliche fachkundige Therapie zielführend.

Juckreiz vor allem nachts

In westlichen Ländern hat Skabies die höchste Prävalenz während der ersten beiden Lebensjahre. Kommt die Erkrankung innerhalb einer Familie vor, weist der Säugling oftmals die ausgeprägtesten Hautveränderungen auf. „Juckende, gerötete Papeln und Bläschen an den Händen, insbesondere in den Interdigitalräumen, sind genau zu betrachten“ , erklärt Dr.in Rosemarie Moser, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie in Eisenstadt. Typisch ist der Juckreiz, der vor allem nachts unter der warmen Bettdecke auftritt. „Differentialdiagnostisch kommen vorwiegend Neurodermitis und andere Ekzeme in Betracht. Für die Erstdiagnose genügt meist die typische Klinik von neu aufgetretenen gang- oder kommaförmigen Strukturen an Prädilektionsstellen“ , so die Expertin. Besonders bei unsicherer Diagnose, bei Kontrolluntersuchungen nach der Therapie und bei fraglichem Therapieversagen sei eine instrumentelle Diagnostik mit einem Dermatoskop wichtig.

X Infobox 1: Infos für Patient:innen

Weil die Inkubationszeit der Skabies bei Neuinfektionen drei bis sechs Wochen beträgt, stellt die gleichzeitige Sicherheitsbehandlung aller engen, auch asymptomatischen Kontaktpersonen mit Permethrin-Creme die wichtigste Begleitmaßnahme dar. Die Sanierung der Wäsche ist unerlässlich. Zudem sind Juckreiz und Ekzeme symptomatisch (mit Antihistaminika, Steroiden) zu behandeln und es sollte den Patienten mitgeteilt werden, dass der Juckreiz noch Tage bis Wochen nach erfolgreicher Therapie der Skabies anhalten kann. Bei Läusen ist die gleichzeitige Behandlung aller betroffenen, auch asymptomatischen Kontaktpersonen, ebenfalls unbedingt notwendig. Um Unklarheiten oder Scham bei den Patienten zu vermeiden, sollte ihnen ein Informationsblatt (in mehreren Sprachen downloadbar) mitgegeben werden.4

Altersentsprechende Therapie

Das Behandlungsziel ist die Abtötung der Skabiesmilben sowie ihrer Larven und Eier. Aufgrund der Lokalisierung der Milben im Stratum corneum helfen in den meisten Fällen topische Antiscabiosa. Zu den sekundären Therapiezielen zählen die Bekämpfung des oft ausgeprägten Juckreizes sowie die Behandlung der entzündlichen Begleiterscheinungen und Sekundärinfektionen.¹ Bei Kindern ab drei Jahren ist Permethrin (5 %) mit Aussparung des Mund- und Augenbereiches und einer Wiederholung der Anwendung nach einer Woche die Therapiemaßnahme der Wahl. Alternativ bzw. bei fehlendem Ansprechen auf Permethrin sind Crotamiton (10 %), Benzylbenzoat (10 %) oder die orale Verabreichung von Ivermectin (0,2 mg/kg KG, zweimal im Abstand von acht bis zehn Tagen) möglich.

Kinder unter drei Jahren, Säuglinge und

Neugeborene haben ein erhöhtes Risiko systemischer Nebenwirkungen. Besonders auf exkoriierten Hautarealen muss mit einer gesteigerten Resorption des Antiskabiosums gerechnet werden. Als Therapie der Wahl fungiert auch hier Permethrin (5 %). Alternativ kann Crotamiton (10 %) oder – bei Kindern über einem Jahr – Benzylbenzoat (10 %) versucht werden. „Ivermectin sollte nur bei einem Körpergewicht über 15 kg angewendet werden“ , ergänzt Dr.in Moser. In der Schwangerschaft ist keine der genannten Substanzen zugelassen. Je nach individuellem Risiko sind Permethrin

Expertin zum Thema: Dr.in Rosemarie Moser,

Fachärztin für Dermatologie und Venerologie in Eisenstadt - Dipl. für Tropen- und Reisemedizin haut.at, help-albinism.at

X Infobox 2: Natürlich gegen Skabies

In Apotheken erhältlich ist ein neues Produkt, das bei Skabies als Ergänzung zur oralen Therapie oder als sanfte Alternative für Kinder verwendet werden kann. Es handelt sich dabei um eine Emulsion zur topischen Anwendung. Sie enthält Benzylbenzoat, welches traditionell zur Vorbeugung von Krätzebefall eingesetzt wird; Neemöl (Melia Azadirachta), das ein biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel ist und die Larven in ihrer Entwicklung hemmt; sowie Teebaumöl (Melaleuca Alternifolia), das antiseptisch wirkt und den Juckreiz hemmt. Weiters enthalten sind Filmbildner, die die Haut isolieren und damit vor dem Kontakt mit dem Schädling schützen. Es wird quasi eine parasitenfeindliche Umgebung geschaffen, die einer „Wiederbevölkerung“ entgegenwirkt. Substanzen mit beruhigender Wirkung tragen last but not least zusammen mit den Filmbildnern dazu bei, Rötungen, lokale Reizungen und Juckreiz zu reduzieren. Gerade auch für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr sind die Wirkstoffe Benzylbenzoat, Neemöl und Teebaumöl eine sanfte Alternative.

(5 %), Benzylbenzoat (25 %) oder Crotamiton (10 %) möglich. Das Gleiche gilt für Stillende. Sie sollten nach Therapiebeginn eine Stillpause von fünf Tagen einlegen.¹ Ergänzend bzw. alternativ gibt es natürlich wirksame Produkte (Beispiel siehe Infobox 2).

Kombinationsbehandlung bei Läusen

In der Allgemeinbevölkerung ist die Prävalenz von Kopfläusen gering. Infestationen treten fast ausschließlich in vulnerablen Gruppen, etwa bei Kindergarten- und Schulkindern auf, insbesondere nach den Sommerferien.² Für eine optimale Laustherapie stehen neben dem nassen Auskämmen arzneilich wirksame sowie erstickende Kopflausmittel zur Verfügung. Während erstere Substanzen das Nervensystem der Läuse angreifen und sie abtöten, enthalten letztere Dimeticone, welche die Läuse umhüllen, in ihre Atemöffnungen eindringen und sie ersticken. Da alle Eier im Rahmen der Erstbehandlung nicht zuverlässig abgetötet werden und die Larven nachschlüpfen können, ist nach einer Woche eine Wiederholungsbehandlung unbedingt erforderlich.³ Dimeticone zeigen in mehreren Untersuchungen im Vergleich zu Permethrin eine etwas bessere Wirksamkeit. Als nicht toxische, synthetische Silikonöle können sie sehr gut auf Oberflächen spreiten und wirken durch den Verschluss der Atemöffnung von Kopfläusen rein physikalisch. Aus diesem Grund ist – anders als bei Permethrin und Malathion – keine Resistenzentwicklung zu erwarten.²

Ansteckung vermeiden

Skabies wird durch direkten Hautkontakt mit einer erkrankten Person übertragen. Allerdings muss ein längerer Körperkontakt bestehen. Zu den typischen Übertragungswegen zählen beispielsweise die gemeinsame Benützung eines Bettes, die Körperpflege von Kranken durch Pflegepersonen, das Liebkosen und Kuscheln sowie das Spielen mit Kindern.¹ Läuse verbleiben im Allgemeinen auf ihrem Wirt, sodass eine Übertragung hauptsächlich direkt von Mensch zu Mensch erfolgt. Eine indirekte Übertragung durch Gegenstände ist möglich, wenn diese mit dem Haupthaar in Berührung kommen, wie das beispielsweise bei Kämmen oder Kopfbedeckungen der Fall ist. Speziell in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Schulen muss immer mit dem Auftreten von Kopfläusen gerechnet werden. Ihre Ausbreitung lässt sich durch entsprechende Aufmerksamkeit und geeignete Maßnahmen verlässlich eindämmen. Noch am selben Tag, an dem der Kopflausbefall festgestellt wurde, sollten die entsprechende Behandlung, die Verständigung der betroffenen Kontaktpersonen und Einrichtung sowie ergänzende Hygienemaßnahmen wie die Reinigung von Kämmen, Kopfbedeckungen oder Bettwäsche erfolgen.³

Mag.a Nicole Resl

Literatur: 1 Sunderkötter C et al., S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Scabies.

Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). 2 Autio P, Kopfläuse und Filzläuse, EbM-Guidelines. 3 Robert Koch Institut Ratgeber Kopflausbefall. 4 Patienteninformationsblatt: https://bit.ly/3kbPOTx.

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