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Geschlechtskrankheiten auf dem Vormarsch

Foto: © shutterstock.com/ Tatiana Shepeleva

Die WHO spricht von einer weltweiten „stillen Epidemie“

Über sexuell übertragbare Krankheiten hört man im Moment relativ wenig. Doch weltweit wird laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein deutlicher Anstieg von Syphilis, Tripper und Co. verzeichnet. Mehr als 30 verschiedene sexuell übertragbare Bakterien, Viren und Parasiten sind bekannt. Zu den häufigsten Infektionen zählen dabei jene mit Chlamydien, Tripper, Syphilis und Trichomonaden. Dazu meinte Univ.Prof. Dr. Georg Stingl, emeritierter Vorstand der Klinik für Dermatologie an der Medizinischen Universität Wien, im Rahmen eines Pressegesprächs*: „Auch in Österreich wird ein deutlicher Anstieg von klassischen Geschlechtskrankheiten wie Syphilis und Tripper registriert. Mindestens einer von zehn Jugendlichen infiziert sich pro Jahr mit Chlamydien und ein bis zwei Menschen pro Tag mit HIV“ , so der Experte. „Und einige weitere wichtige Krankheiten werden zwar nicht ausschließlich, aber sehr häufig via Geschlechtsverkehr übertragen: Hepatitis B, Skabies – eine Krankheit, die in den letzten Jahren erneut Aufmerksamkeit erregte – und Filzläuse. “

Tabuthema STD

Problematisch ist, dass Geschlechtskrankheiten nach wie vor ein Tabuthema darstellen und Betroffene oft aus Scham nicht zum Arzt gehen. Zudem verlaufen etliche Infektionen ohne auffällige Symptome. Besonders jene mit Bakterien wie Chlamydien, Mycoplasma genitalium oder Gonokokken können primär asymptomatisch sein. „Unbehandelt können STD – Sexually Transmitted Diseases – allerdings Komplikationen und sogar schwerwiegende Folgen wie Unfruchtbarkeit oder – im Falle von HPV – Krebs nach sich ziehen“ , gab Univ.-Prof. Dr. Georg Stary, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Sexually Transmitted Diseases und dermatologische Mikrobiologie (ÖGSTD), zu bedenken.

Impfen kann bei AntibiotikaResistenzen helfen

Viele Jahre lang ließen sich speziell Gonorrhoe-Infektionen relativ einfach behandeln. Dem ist aufgrund der Resistenzen gegen Penicillin, Ciprofoxacin & Co. nicht mehr so. Prof. Stary: „Um einen Rückgang sexuell übertragbarer Infektionen zu bewirken, sind Impfungen von großer Bedeutung. “ So war etwa die Entwicklung eines Impfstoffes gegen HPV ein Meilenstein in der Behandlung von STD. Darüber hinaus ist eine Impfung gegen eine ChlamydienInfektion in Sicht. Ein Forscherteam der Harvard-Universität unter der Leitung von Prof. Stary entwickelte ein vielversprechendes neues Konzept. Ihnen gelang es erstmals, das Immunsystem so anzuregen, dass es sich effektiv gegen Chlamydien-Bakterien zur Wehr setzt, und zwar direkt an der Eintrittspforte der Bakterien, wo auch die Entzündung entsteht – nämlich an der Schleimhaut. Generell ist auf dem Gebiet der Impfstoff-Forschung viel in Bewegung. So gibt es etwa erste Hinweise, dass Vakzine gegen Meningokokken aufgrund der genetischen Ähnlichkeiten der Bakterienstämme ebenso vor Tripper schützen könnten.

Ist die mRNA-Technologie Gamechanger bei HIV?

„Anders als im Fall der COVID-19- Erkrankung, gegen die innerhalb eines Jahres nach Identifizierung des Virus ein effektiver Impfstoff Marktreife erlangte, gibt es 28 Jahre nach der Entdeckung von HIV-1 immer noch keine schützende Impfung“ , berichtete Univ.-Prof. Dr. Erwin Tschachler von der Universitätsklinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien. „Die neue Technologie mittels mRNAImpfung könnte eine Option sein, die eventuell auch bei HIV funktioniert, weil man damit relativ gefahrlos mRNA für verschiedene Virusproteine in den Organismus einbringen könnte. “ So wurde im August mit der Erprobung eines mRNA-basierten HIV-Impfstoffs begonnen. „Es ist zu hoffen, dass die neue Klasse von mRNA-Impfstoffen das Potenzial hat, bei HIV-1 ebenfalls ein Gamechanger zu sein“ , ergänzte Prof. Tschachler. Bis es so weit sei, helfe es nur, sich zu schützen. Und zwar mit Kondomen.

Gabriella Mühlbauer

* Gemeinsames Pressegespräch der Gesellschaft der

Ärzte & der Österreichischen Gesellschaft für STD und dermatologische Mikrobiologie (ÖGSTD) „Lust & Seuche“, 11. November 2021, Billrothhaus, Wien (hybrid).

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