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Kommentar

Gedanken zum Ende des Jahres

Wie sind Sie vom Reformationsfest nach Allerheiligen gekommen? Vorbereitet mit Süßigkeiten oder überrascht von gruselig aussehenden Kindern an der Wohnungs-/Haustür? Ach ja, Halloween hat Einzug gehalten in unseren Jahresverlauf, in dem Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Toten-/ Ewigkeitssonntag folgen, bevor die Adventszeit langsam wieder Licht in die Welt bringt.

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Der bunte Herbst verliert recht schnell die Farbe; Nebel und Regen verstärken mit ihrem Grau die melancholische Stimmung. Und in diesem Jahr wird Energie gespart. Die Dunkelheit ist nicht mehr zu übersehen. Die Gedanken versuchen zu verstehen, dass das Leben endlich ist, egal wie sehr wir den Körper trainiert und den Geist eingesetzt haben. Erst von den Kerzen im Advent, die auf das helle Licht der Weihnacht hinweisen, strahlt neue Ho nung aus.

In diese Zeit haben die Kirchen die ökumenische Friedensdekade gelegt: zehn Tage um den Volkstrauertag herum gemeinsam nach Wegen des Friedens suchen. Den Anstoß dazu gaben Menschen in der damaligen DDR. Die Plastik „Schwerter zu Pflugscharen“ war der UNO von der damaligen Sowjetunion am 4.12.1959 geschenkt und im Garten des Hauptgebäudes in New York aufgestellt worden. Nun war sie im sozialistischen Deutschland das Symbol für die Friedensbewegung, die sich außerhalb staatlicher Strukturen etablierte.

2022 ist daran wieder zu erinnern. Aus dem kalten ist ein überaus heißer Krieg im Herzen Europas geworden, der ausgerechnet vom Nachfolgerstaat der UdSSR ausging. Auch wenn uns die Raketen nicht direkt tre en, sind wir doch seelisch und materiell sehr betro en. Vereint soll der Aggressor geschwächt werden. Solidarisch tragen wir die Folgen der so entstandenen Energie-Knappheit. Es gibt Tipps Prominenter, wie man gut durch den Winter kommt: Waschlappen nutzen; Zimmer nur heizen, wenn man drinsitzt, und zugleich die abgesenkte Raumtemperatur mit Hilfe von wärmender (Woll-) Kleidung ertragen; keine unnötige Autofahrt; Außenbeleuchtung reduzieren; Sport (!) treiben usw. Es fehlt der Hinweis darauf, dass die Produktion von Wa en und Munition viel Energie benötigt.

In diesen Tagen gedenken wir der Toten, der Soldaten und Zivilisten, die meist gegen den eigenen Willen Opfer machtpolitischer Auseinandersetzungen geworden sind. Auch heute schreien sie zum Himmel. Und wir gedenken derer, die eine Krankheit, ein Unfall oder einfach das Alter aus unserer Mitte gerissen haben. Sie sind es wert, dass wir uns die ruhigen Minuten des Gedenkens nehmen. Und die, die uns nachfolgen, werden uns dankbar sein, wenn wir ihnen eine Welt überlassen, in der die Menschen wissen, wie Frieden geht. Die Kerzen im Advent, so zart sie sind und wenn sie auch Gefahr laufen zu erlöschen, können uns Orientierung geben. //

Jürgen F. Bollmann, Propst i.R.