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Verwüstung  nach der Flut

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Korrektora t / Faktencheck : Marco Morgenthaler, Danielle Lerch Süess

Texte: Tobias Asmuth, Franziska Grillmeier, Jara Petersen, Christian Schmidt

Fotos: Tobias Kruse

Illustrationen: Jörn Kaspuhl, Raffinerie, Janine Wiget

Gestaltung: Raffinerie

Bildbearbeitung: Marjeta Morinc

Druck : Stämpfli AG, Bern

Papier, Umschlag und Inhalt: 100 % Recycling

Druckauflage: d 63 000, f 13 000

Erscheinungsweise: viermal jährlich

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Eine Reise nach Kasachstan zu den Urahnen aller Äpfel. Wo die Geheimnisse für eine nachhaltige Apfelzucht der Zukunft zu finden sind.

Die Rentierzucht bildet die Grundlage der traditionellen Wirtschaft der Sámi und ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer Identität. Sie ist dabei abhängig von intakten Wäldern. Doch das schwedische Forstunternehmen SCA holzt in den für die Rentierzucht wichtigen Gebieten um das samische Dorf Ohredahke Urwälder ab. Greenpeace Schweden setzt sich gegen die rechtswidrige Abholzung ein.

Jämtland, 8. Januar 2025

Importverbot für Plastikabfall

In Thailand häuft sich in Recyclingfirmen – vor allem aber auch in der Umwelt – der Plastikabfall, und das Land droht im Kunststoff zu versinken. Ein Grossteil des Mülls stammt aus dem Ausland und wurde von der Regierung importiert. Ein Zustand, der Greenpeace Südostasien und weitere lokale Umweltorganisationen auf den Plan rief. Gemeinsam engagierten sie sich seit 2018 für ein Importverbot von Kunststoffabfall. Obwohl sie immer wieder auf Gegenwehr von Importeuren und Betreiberinnen von Kunststoffrecycling-Betrieben stiessen, blieben sie hartnäckig – und das zahlte sich aus: Seit dem 1. Januar 2025 gelten Kunststoffabfälle für die Einfuhr in das Königreich als verbotenes Gut.

Abfuhr für Massentierhaltung

Wer an Mallorca denkt, dem kommen als Erstes wahrscheinlich malerische Buchten oder – leider – auch der Ballermann in den Sinn. Nicht aber eine Mega-Geflügelfarm mit 750 000 Legehennen. Genau so eine wollte die Firma Avícola Son Perot auf der Baleareninsel realisieren. Der Massenbetrieb hätte jährlich etwa 156 Millionen Eier produzieren sollen. Greenpeace Spanien reichte gemeinsam mit anderen Organisationen Beschwerde gegen die Geflügelfarm ein – und hatte Erfolg: Im Januar entschied die spanische Regierung, dem Projekt wegen diverser Mängel keine Umweltgenehmigung zu erteilen.

Fast Food ohne Abholzung

Rund 65 Prozent aller McDonald’sFilialen weltweit beziehen ihr Rindfleisch aus Australien. Für die Produktion der Burgerpattys scheute der Fast-Food-Riese bisher nicht davor zurück, bedeutende Wälder auf dem fünften Kontinent abzuholzen. Damit soll ab 2030 Schluss sein. Nachdem Greenpeace Australien mit tierischer Unterstützung von Koalas monatelang dafür gekämpft hatte, änderte der Konzern Ende letzten Jahres seine Richtlinien. Ein Erfolg für die Umweltorganisation – der ihr aber noch nicht genügt. Das australische Team will, dass McDonald’s das Abholzen der Wälder noch 2025 beendet, und möchte deswegen mit seiner Kampagne «Take Deforestation Off the Menu» (Nehmt Abholzung vom Menü) so lange Druck ausüben, bis das frühere Ziel erreicht ist.

«Ohne Kämpfe wird es nicht gehen»

Der Journalist Marcel Hänggi macht in seinem neuen Buch

«Weil es Recht ist» Vorschläge für eine zukunftstaugliche Bundesverfassung. Kein trockenes Jurist:innenfutter, sondern eine leicht lesbare, kluge Argumentation, die aufzeigt, dass es für den Kampf gegen die Klimakrise eine «robuste Demokratie» braucht.

Marcel Hänggi, der die Idee zur Gletscher-Initiative entwickelte, hat sich akribisch durch die 197 Artikel der geltenden Bundesverfassung gearbeitet. Das Resultat: ein Buch mit über 70 Vorschlägen, wie die Verfassung neu geschrieben werden könnte, damit sie zukunftstauglich wird. Ganz alles muss dabei nicht auf den Kopf gestellt werden. Gemäss Hänggi hält das schweizerische Rechtssystem «taugliche Lösungen für Umweltprobleme bereit». Eine Tatsache, der auch die Rechtswissenschaftlerin Dunia Brunner von der Universität Lausanne zustimmt. Sie findet gar, dass «eine im strengen Sinne nachhaltige Wirtschaftsweise» mit der aktuellen Bundesverfassung kompatibel sei. Mehr noch, «ihr sogar besser gerecht würde als der heutige Zustand». Hierfür wäre aber zum Beispiel ein neuer Artikel zur «globalen Verantwortung» nötig. Denn die Schweiz ist auch ausserhalb der

rotpunktverlag.ch/buecher/ weil-es-recht-ist

Landesgrenzen für die Folgen ihres Handelns verantwortlich. Es braucht ebenfalls einen Artikel, der den Verwendungszweck der Abgaben im Strassenverkehr erweitert. Das Geld muss auch eingesetzt werden können für den Rückbau von Überkapazitäten im Strassennetz inklusive Renaturierungen. Solche Vorschläge mögen realitätsfern tönen. Doch Hänggis Blick in kantonale Verfassungen zeigt: Vieles ist schon formuliert. Bleibt die zentrale Frage der Umsetzung. Gegner:innen gibt es viele: Wirtschaftsverbände, Firmen, Parteien und Politiker:innen, deren Selbstverständnis durch die erforderliche Transformation vom Kopf auf die Füsse gestellt würde. Klar ist, die Aufgabe der Transformation hin zu einer umweltverträglichen Gesellschaft und Rechtsordnung ist riesig, und sie wird, wie Hänggi in «Weil es Recht ist» schreibt, nicht ohne Kämpfe gehen.

Blick ins Buch

Eine Wüste aus Schlamm

Nimmt man den Bus vom Stadtkern Valencias nach Paiporta, fühlt es sich ein wenig an, als würde man durch einen unsichtbaren Bühnenvorhang in eine verwüstete Filmkulisse hineinfahren. Kurz vor dem Ausstieg tasten Passagier:innen in ihren Jackentaschen nach Atemmasken und schieben die Jeans in die Gummistiefel. Der Schlamm – nach sechs Wochen zu einer hellbraunen Masse aus Öl, Benzin und Abwasser erstarrt –hat sich wie ein riesiger Kartoffelsack über Granatapfelbäume, Autowracks und Bauschutt gelegt. Unweit der Bushaltestelle lebt die 79-jährige Carmen La Torre. Auch bei ihr bleibt die Wut: «Wären wir früher gewarnt worden, hätten mehr Menschen überlebt», sagt sie. Am Morgen war die

alleinstehende Seniorin noch zusammen mit einer Freundin im Park, wo ihre Hunde gewöhnlich spielen. Die Frauen plauderten. Die Luft war an dem Tag gelblich, aber trocken. In den Nachrichten hatten sie am Abend zuvor die Warnung gesehen, dass ein Unwetter kommen würde. Doch sie bemerkten einstweilen nichts Ungewöhnliches. «Wir wären noch länger im Park geblieben, hätten die Hunde nicht plötzlich angefangen zu bellen», sagt La Torre. Als sie in ihrer Wohnung ankam, öffnete sie das Fenster zum Balkon, wo sie ihre Blumen giessen wollte, als die Flut plötzlich die Strasse herunterrollte.

Fünf Tage lang konnte Puri Cuesta Vidal nach der Katastrophe nicht aus dem Haus, weil die Tür blockiert war. Essen reichten ihr die Nachbar:innen über den Balkon. Erst dann sah sie die erste

staatliche Hilfe, als die Polizei mit langen Stäben den Schlamm rund um die kleinen Häuser sondierte, um Tote zu finden. Gefunden hätten sie niemanden. Das ist eine der wenigen guten Nachrichten, die sie in den letzten Wochen bekam. Früher machte Vidal nach ihrem Mittagessen ein kleines Nickerchen auf der Couch in der Küche, ihre kleine Hündin Nela neben sich. Nicht einmal die Telenovela konnte sie wecken. Doch seit dem Abend der Flut kann sie mittags kein Auge mehr zutun. Sie schminkt sich auch nicht mehr, und manchmal ertappt sie sich beim Gedanken, wozu sie ihr Haus noch einmal reparieren soll. Ob es sich überhaupt lohnt, in ihrem Alter. Dabei, sagt sie, sei sie immer ein fröhlicher Mensch gewesen.

Sogar Boote aus dem Hafen haben die Wassermassen bis in die Strassen der Stadt gespült.

Eine vom Wasser verschlammte Wohnung. Nach der Flut begannen die Aufräumarbeiten. Doch die Folgen sind heute noch zu sehen.

3 Fragen an Greenpeace Spanien

Ist die Klimakrise

Auslöser für Fluten wie in Valencia?

Der Klimawandel ist nicht die Ursache für die extremen Regenfälle, die diese Überschwemmungen verursacht haben, aber er bedingt nach Erkenntnissen des Weltklimarates IPCC die Zunahme der Häufigkeit und Intensität dieser Vorfälle. Eine Studie der World Weather Attribution schätzt, dass Niederschläge in Spanien aufgrund der durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachten globalen Erwärmung um 12 Prozent intensiver und doppelt so wahrscheinlich sind.

Welche Folgen

hatte die Flut auf die Umwelt vor Ort?

Eines der grössten Probleme waren die Abfälle, die in die natürliche Umgebung geschwemmt wurden, darunter auch in ein geschütztes Feuchtgebiet. Dabei handelte es sich um Fahrzeuge, Haushaltsgegenstände aller Grössen, Müll usw. Die Sturzflut führte auch Schadstoffe aus Industriegebieten, Chemikalien, Kraftstoffe, Öle sowie Abwässer aus übergelaufenen Kläranlagen mit sich, die so ungefiltert in die Umwelt gelangten.

Wie können solche Extremereignisse zukünftig verhindert werden?

Erstens müssen die Treibhausgasemissionen drastisch reduziert werden. Bislang sind die diesbezüglichen Ambitionen gering. Es ist zudem wichtig, dass die Industrie für fossile Brennstoffe ihre Verantwortung übernimmt und die Kosten dieser Extremereignisse trägt. Auch die Wiederherstellung der Natur ist ein Schlüssel zum Schutz vor extremen Ereignissen und eine Chance für eine widerstandsfähige Umwelt. Dies erfordert Massnahmen von der lokalen bis zur globalen Ebene.

Seite 20: Auf einem Markt in Almaty werden frisches Obst und frische Früchte angeboten.

Seite 22: Gauhar Mukan im Botanischen Garten Almatys.

Seite 23: Eine Motte, die sich vor ihrem Tod in einem Belüftungssystem verfangen hat.

und süss duftend, finden sich an steileren Hängen vereinzelt auch noch Bäume des Malus sieversii. Der Ursprung all unserer domestizierten Äpfel. So wie wir Menschen alle irgendwie von Lucy abstammen, sind unsere modernen Äpfel Nachkommen von Malus sieversii. Es soll ihn seit 30 Millionen Jahren geben. Ein lebendes Fossil. Schon die Dinosaurier haben die Äpfel gefressen, sagen sie in Kasachstan stolz.

Das amerikanische Boyce-Thompson-Institut der Cornell-Universität, das sich dem Anbau von Nutzpflanzen widmet, hat das Genom von 117 modernen Apfelsorten und 23 Wildapfelarten analysiert: Rund 45 Prozent der DNA unserer Kulturäpfel stammen vom kasachischen Wildapfel. Anders als unsere auf Geschmack und Grösse gezüchteten modernen Äpfel, die ohne chemische Hilfsmittel nicht überleben können, sind die Äpfel aus Kasachstan widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Insekten, Hitze und Kälte. Weltweit sehen Wissenschaftler:innen in ihrer genetischen Vielfalt eine einmalige Ressource, um unsere Äpfel robuster gegen die Folgen des Klimawandels zu machen.

Der Malus sieversii ist nicht nur durch den Bau illegaler Häuser bedroht. Schon unter Stalin wurden wilde Apfelwälder für die Landwirtschaft gerodet. Der Botaniker Aimak Dzhangaliev, Autor des Standardwerks «Der Wildapfelbaum Kasachstans», pflanzte deshalb 1970 an den Rand des Botanischen Gartens von Almaty Malus sieversii. Heute ist die Apfelwiese eingezäunt und ihre Eingänge sind mit Schlössern gesichert. Der Ort ist offiziell Teil der kasachischen Nationalpärke. Die Schlüssel hält Gauhar Mukan in den Händen, 49. Die Biologin arbeitet im Labor für Genetik des Botanischen Gartens.

Die Äste der knapp einhundert Bäume biegen sich unter ihrer Last: knallig rote, froschgrüne und honiggelbe Äpfel, mal klein und rund, mal grösser und länglich. Sie schmecken saftigsüss, sauer oder bitter. «Es existieren etwa fünfzig wilde Formen von Malus sieversii», sagt Gauhar Mukan. «Die Hälfte sind ursprüngliche Typen. Die anderen sind natürliche Hybride, die Kontakt mit domestizierten Sorten hatten.» Viele Wildäpfel seien genetisch nicht mehr hundertprozentig rein, weil es in der Natur auch ohne menschliches Zutun Kreuzungen gebe.

Das Verbreitungsgebiet des Malus sieversii ist der Tian Shan. Das «Himmelsgebirge» erstreckt sich über Tadschikistan, Kirgistan, Usbekistan, Xinjiang im Westen Chinas bis in die Mongolei. «In Kirgistan oder Tadschikistan gibt es auch wilde Apfelbäume, aber kaum mehr Apfelwälder wie in Kasachstan», sagt Gauhar Mukan. Dabei seien seit den Neunzigerjahren sicherlich 80 Prozent der Bäume gefällt worden. Seit 2007 steht Malus sieversii auf der Roten Liste gefährdeter Arten, Status: «Hohes Risiko des Aussterbens in der Natur in unmittelbarer Zukunft». 21

werden die Ranger ihre roten und gelben Äpfel pflücken und nach Almaty ins Labor schicken. Dort werden sie untersucht. «Die stärksten Samen kommen danach wieder zu uns in den Park und wir pflanzen sie ein», sagt Maksut Schamschudinow. «Wir wollen die Bestände nicht nur bewahren, sondern wieder aufbauen.»

Die Setzlinge wachsen zunächst im Tal im Dorf Lepsi. Dort, in der Baumschule des Zhongar-Alatau-Nationalparks, stehen sie brav in Reihen. Sie brauchen kaum Pflege. Jahrhundertelange Anpassung hat den Urapfel besonders trockenheits- und frosttolerant gemacht. Nach vier Jahren werden die Bäumchen in die Berge umgesetzt. Nicht jeder überlebt. Aber die Quote macht Wissenschaftler:innen in Kasachstan und Europa Mut, dass das einzigartige Genom des Malus sieversii nicht nur in Genbanken und Saatgutlagern überleben könnte.

So wie in den Bergen am Schwarzen Fluss. Dort oben auf einem Pfad in 1300 Metern Höhe fordern die Ranger Besucher:innen auf, sich laut zu unterhalten oder zu singen, damit die Bären nicht überrascht werden, die sich an den Äpfeln eine Speckschicht für den Winter anfressen. Das Ziel – fast am Ende eines schmalen Tals – ist der älteste Apfelbaum des Parks. Seit über dreihundert Jahren steht er auf seiner Lichtung. Drei Männer können seinen rauen, wulstigen Stamm nur mühsam umspannen. Seine mächtigen Äste sind grau und brüchig, manche seiner Zweige tragen kaum mehr Blätter. Die Zukunft unserer Äpfel ist ein müder Riese. Oben aber in seiner Krone, in zehn, fünfzehn Metern Höhe, leuchten immer noch kleine gelbe Äpfel.

Der Apfel verdankt seinen botanischen Gattungsnamen «Malus» (lateinisch «böse») der Bibel, in der er mit seinen verführerischen Kräften Adams und Evas Sündenfall auslöst. Den Zusatz «sieversii» erhielt der zentralasiatische Wildapfel nach dem deutschen Botaniker Johann August Carl Sievers, der 1793 im Auftrag Katharinas der Grossen durch Sibirien und Zentralasien reiste. In seinem Bericht an die Akademie in Sankt Petersburg beschrieb er die Äpfel das erste Mal: «Als ich den Fuss des Berges erreichte, beglückte mich die Göttin Flora mit einem Wald voller wunderschöner Äpfel (…). Die Äpfel, die ich hier fand, waren gute, schmackhafte Tafelobstsorten. Selbst in ihrem wilden Zustande haben sie die Grösse eines Hühnereis und eine rotgelbe Färbung.»

Den eigentlichen Wert des Apfels erkannte der russische Wissenschaftler Nikolai Wawilow während seiner Expedition durch Kasachstan 1929. Er bezeichnete die Wälder als «eigentümliche Laboratorien, die eine Vielfalt von Pflanzenformen hervorbringen», und vermutete den Geburtsort unserer Kulturäpfel in den Bergen des Tian Shan. Eine Theorie, die mittlerweile durch moderne Genom-Analysen bestätigt wurde.

Verbreitet wurde der Malus sieversii zunächst durch Bären, seine Kerne überstehen den Weg durch ihre Verdauungsorgane. Schliesslich pflanzten Men -

Tobias Asmuth, 1971 in Dortmund geboren, schreibt f ü r Magazine und Zeitungen in Deutschland, der Schweiz und Ö sterreich. In den vergangenen Jahren hat er einen Schwerpunkt auf Umweltthemen gelegt.

schen die Samen absichtlich ein. Über die Seidenstrasse – von Iran via den Kaukasus bis zum Mittelmeer – gelangten die Äpfel in den Westen, wo sie sich mit anderen Arten kreuzten.

Heute sehen viele Wissenschaftler:innen im kasachischen Wildapfel eine Chance, neue robustere Sorten zu züchten. Weltweit gibt es Tausende von Apfelsorten, die wegen ihres besonderen Aromas, ihrer Farbe, ihres Aussehens gezüchtet wurden. Trotz der Vielfalt machen nur 30 Sorten 90 Prozent der weltweit angebauten Äpfel aus. Diese auf grossen Ertrag gezüchteten High Performer sind besonders anfällig für Krankheiten wie den Apfelschorf, eine Pilzerkrankung, oder den Feuerbrand, der ganze Bäume zum Absterben bringen kann. Sie werden in der kommerziellen Landwirtschaft manchmal bis zu 50-mal pro Saison gespritzt.

Die Wissenschaft hat schon einige der Gene des Malus sieversii identifiziert, die für Krankheitsresistenzen – etwa gegen Schorf oder Besenwuchs –zuständig sind. Noch zu wenig wissen Forscher:innen und Züchter:innen über das Zusammenspiel bestimmter Gene: Wie hängen Farbe und Geschmack zusammen, wodurch sind Wachstum oder Aroma bedingt, wie stehen Grösse und Widerstandsfähigkeit in Beziehung zueinander?

Tobias Kruses Arbeit hat verschiedene thematische Dimensionen, er beschäftigt sich hauptsächlich mit kulturellen, sozialen und ökologischen Themen. Dabei ist sein Ansatz so persönlich wie möglich.

Diese Reportage entstand mit Unterstützung von Journalismfund Europe (journalismfund.eu). Die gemeinnützige Stiftung für un abhängigen Jour nalismus nimmt keinerlei Einfluss auf die Recherche und deren Ver öffen tlichung.

3 Riesen

Die drei Agrochemie-Unternehmen Bayer, Corteva und Syngenta kontrollieren über die Hälfte des globalen Saatgutmarktes, heisst, sie dominieren ihn. Allein in Europa beherrschen Bayer und Syngenta gemeinsam 56 Prozent der Peperonisorten, 62 Prozent der Tomatensorten und sogar 71 Prozent der Blumenkohlsorten.

Saatgut

1 Patentkrieg

Obwohl Europa Patente auf Pflanzensorten und konventionelle Züchtung verbietet, ist in den letzten Jahren die Zahl der Patentanmeldungen – beispielsweise für das Saatgut von Broccoli, Tomaten, Spinat und Salat – stetig gestiegen. Diese werden von den grossen Konzernen wie Bayer und Syngenta eingereicht, um Exklusivrechte für die Züchtung zu erhalten und die Monopolposition auf dem Markt zu stärken.

3 Pflanzen

40 Prozent unserer täglichen Kalorienzufuhr werden weltweit von gerade mal drei Pflanzengattungen gedeckt: Weizen, Reis und Mais. Und das, obwohl Bauern und Bäuerinnen über Jahrtausende eine riesige Sortenvielfalt geschaffen haben. Davon sind jedoch in den letzten 100 Jahren 75 Prozent verloren gegangen.

Quellen:

Viele Gefahren Unbekannte Alternativen

Die Marktkonzentration im Saatgut-Business birgt viele Gefahren. Beispielsweise entwickelt sich so nur eine stark begrenzte Anzahl von Saatgutsorten, und entsprechend schwindet die Biodiversität. Auch der Markteintritt für neue Unternehmen wird erheblich erschwert. Bauern und Bäue rinnen sind komplett abhängig von den grossen Konzernen. Und die Preise für Saatgut können durch das Oligopol explosionsartig steigen.

Alle Agrochemie-Konzerne setzen bei der Forschung auf Gentechnik, um Saatgut resistenter gegen den Klimawandel zu machen. Dabei gäbe es viele Sorten, die bereits zweckdienliche Eigenschaften im Kampf gegen die Klimakrise besitzen. Haben Sie zum Beispiel schon von Sorghumhirse gehört? Sie ist wie der Mais ein Süssgras, verfügt jedoch über eine weitaus höhere Trockenstressverträglichkeit. In der Schweiz wird sie derzeit aber gerade mal auf 350 Hektaren Land angebaut.

Text: Danielle Müller, Greenpeace Schweiz

Microgreens selbst ziehen

Die Anzuchterde in die Plastikschale geben und mit einer Sprühflasche befeuchten. Die Schicht sollte ca. 2 cm hoch sein. Nun das Saatgut auf der Erde verteilen. Achtung: Grössere Kerne und Samen wie die von Bohnen und Erbsen vor dem Einsäen über Nacht in ein Wasserbad legen.

In Keimlingen von Gemüse und Kräutern steckt eine gehörige Portion Nährstoffe. Die Bandbreite an Microgreens zum Selbstziehen ist dabei riesig: Senf, Radieschen, Rotkabis, Pak Choi, Dill, Koriander, Erbsen, Linsen und, und, und …

Die Microgreens können nach 10 bis 14 Tagen geerntet werden. Sie sollten etwa 15 cm hoch sein. Einfach einen Fingerbreit über der Erde abschneiden und direkt verzehren. Sie eignen sich zum Garnieren von Suppen, Salaten und Bowls, schmecken aber auch als Brotbelag.

Die Samen vorsichtig in die Erde drücken und erneut mit der Sprühflasche befeuchten. Die Schale dann an einen sonnigen Ort stellen und während der nächsten Tage immer wieder befeuchten.

Das brauchts: Leere Plastikschale, zum Beispiel von Tomaten oder Champignons Saatgut Anzuchterde

Illustration: Raffinerie

EIN SUMMEN IN DER LUFT

Eine Biene schwebt von Blüte zu Blüte, bestäubt Apfelbäume, Wildblumen, Felder. Sie ist klein; ihr Beitrag ist riesig. Doch was passiert, wenn Pestizide, Monokulturen und schwindende Lebensräume sie bedrohen? Ohne nachhaltige Landwirtschaft sind nicht nur Bienen gefährdet – unsere Nahrung, unsere Böden und unsere Zukunft stehen auf dem Spiel. Werden Sie Teil der Lösung: für eine ökologische Landwirtschaft, für faire Bedingungen für Landwirt:innen, für gesunde Lebensmittel. Fördern Sie das gesunde Leben mit Ihrer Patenschaft für eine nachhaltige Landwirtschaft. Jetzt Patenschaft übernehmen und nachhaltige Landwirtschaft sichern: greenpeace.ch/leben

Jetzt Patenschaft übernehmen

greenpeace.ch/leben

Mit einem Vermächtnis an Greenpeace tragen Sie Ihre Ideale weiter. Bestellen Sie unseren kostenlosen Testament-Ratgeber. Bei Fragen steht Ihnen Claudia Steiger, Verantwortliche Erbschaften, gerne zur Verfügung: 044 447 41 79, claudia.steiger@greenpeace.org, greenpeace.ch/legate

Das Rätsel rund um das Greenpeace-Magazin

Was verschliesst der Fischotter, wenn er abtaucht?

K: Nasenlöcher und Ohren

H: Ohren und Augen

P: Augen und Mund

Mit welcher Fast-Food-Kette hat sich

Greenpeace Australien erfolgreich angelegt?

T: Kentucky Fried Chicken

C: Burger King

A: McDonald’s

Für welche Initiative ist der Unterschriftenbogen in der Mitte dieser Ausgabe eingeheftet?

R: Initiative für gentechnikfreie Lebensmittel

G: Initiative für palmölfreie Produkte

F: Initiative für pestizidfreies Gemüse

Wie heisst der Ursprung aller domestizierten Äpfel?

R: Malus doumeri

O: Malus sieversii

S: Malus florentina

H: Anträge für ein nachhaltiges Parlament 5 6 7 1 8 2 3 4

Welcher Name trägt das Plastik-Projekt, das Greenpeace Schweiz durchführte?

M: The Giant Plastic Survey

T: The Big Plastic Count

B: The Huge Plastic Calculation

Welche Alternative für Mais gibt es?

T: Sorghumhirse

U: Digitaricouscous

L: Setariagetreide

Was kann man einfach selbst zu Hause aufziehen?

J: Small Leafs

T: Little Vegetables

E: Microgreens

Worum geht es im Buch «Weil es Recht ist»?

N: Vorschläge für eine zukunftstaugliche Bundesverfassung

P: Ideen für eine überlebensorientierte Initiative

Lösungswort:

Wir verlosen zehn Mal das Poster «Ich ess’ Blumen». Es stammt vom Illustrator Javier Jaén und zierte das Cover des ehemaligen Greenpeace-Magazins von Deutschland im August 2018.

Senden Sie das Lösungswort inklusive Ihrer Adresse bis zum 12. Juni 2025 per E-Mail an redaktion@greenpeace.ch oder per Post an Greenpeace Schweiz, Redaktion Magazin, Stichwort Ökorätsel, Postfach, 8036 Zürich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Über die Verlosung wird keine Korrespondenz geführt.

Das Lösungswort des Rätsels aus dem Magazin 04/24 lautet: Forellen

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