Salam Orient

in zusammenarbeit mit und dem festival salam.orient wien

Salam.orient Kunst aus orientalischen Kulturen

Programmheft www.spielstaetten.at

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Vorwort

Der Osten in uns …

Kurt Flecker

Herbert Nichols-Schweiger

Vor etwa 50 Jahren kamen die ersten „Fremdarbeiter“ zu uns, höflicher „Gastarbeiter“ genannt. Vor einem halben Jahrhundert also. Ob ihre Heimat in südlichen oder östlichen Ländern lag, sie übernahmen Tätigkeiten, die von den Einheimischen nicht (mehr) gerne verrichtet wurden. Auch Studierende aus diesen Ländern suchten hier wissenschaftlichen Anschluss an euroamerikanische Standards. Da sie mit vielen österreichischen Menschen die Arbeitsstätten und Wohnhäuser teilten, war ihre Nähe nicht verdrängbar.

Eine sezessionierende Wohnungspolitik „half“ nur der Ober- und gehobenen Mittelschicht. Bis dahin galten hierzulande Geschichten vom Bollwerk gegen den Osten, von der Aggressivität der steil in den Himmel ragenden Minarette und von der auf uns zukommenden bedingungslosen Unterdrückung der Frauen als pure Wirklichkeit.

Bis dahin? Natürlich hat die leibhaftige Gegenwart von Menschen anderer Kulturen diese Zerrbilder durchsichtiger gemacht. Und ebenso wurde klar, dass unsere eigene Unterschiedlichkeit spiegelbildlich bei Menschen aus dem Ausland anzutreffen ist, auch wenn es weit von hier entfernt ist. Aber die Behauptung wäre gelogen, dass rabiate Fremdenfeindlichkeit nur in Zeiten von Wahlkämpfen auftaucht. Diese sind ja nur das Brennglas einer verhärteten Alltäglichkeit.

So wie die noch länger repetierte Geschichte der Nazi-Zeit in mehr oder minder bekömmlicher Dosierung, so wird seit Jahrzehnten das Leben, Schicksal und Elend von fremden Menschen in ihren Kulturen dargestellt. Wohl in der stillen Hoffnung, wieder einige Menschen auf das Selbstverständliche aufmerksam zu machen und sie so aus ihrer selbst verschuldeten Verblendung zu befreien. Und natürlich auch, um Aggressionen und Lügen aufzudecken.

Mesut Y. Tufans Fotoausstellung „Zerbrochene Spiegel“ ist so ein weiterer Versuch, der unbedingt erfolgen muss und den wir nur unbedingt empfehlen können.

Herbert Nichols-Schweiger Geschäftsführer

Landtagspräsident a. D. Dr. Kurt Flecker Vorsitzender

STEIRISCHE GESELLSCHAFT FÜR KULTURPOLITIK

Kontakt: 0316 / 8008 – 9000 | www.spielstaetten.at | grazer@spielstaetten.at

vorwort

Salam.Orient in Graz Zum zweiten Mal findet heuer das Festival Salam.Orient in Graz statt. Vier hochkarätige Veranstaltungen bieten spannende Begegnungen, faszinierende Konzerterlebnisse und überraschende Einsichten in fremde Lebenswelten. Auch diesmal steht die Frage im Mittelpunkt, wie Kunst das Verständnis für andere Kulturen fördern kann. Und: Können Kulturveranstalter einen Beitrag zur Integration leisten?

Im Herbst 2008 wurde Christoph Thoma für das österreichisch-türkische Kulturprojekt „Sanat’in d’ili“ der Bludenz Kultur GmbH mit dem „Integrationspreis des Türkischen Generalkonsulats in Bregenz“ ausgezeichnet.

Die Türkei ist ein reiches Land, ein Land voller Sympathie, dessen Geschichte die Welt geprägt hat und dessen Menschen Offenheit ausstrahlen.

Ob die Türkei in die Europäische Union aufgenommen werden soll, bleibt dennoch eine komplexe Frage. Je stärker sich die Europäische Union als globaler Akteur einbringt, desto eher erscheint die Osterweiterung der EU als logische Konsequenz. Dann jedoch wird der Weg an der Türkei kaum vorbeiführen – ob in Form einer strategischen Partnerschaft oder als Vollmitglied in der EU, werden die Verhandlungen weisen. Wie auch immer eine mögliche Partnerschaft aussehen kann, sie wird nur im gesellschaftlichen Konsens erfolgreich sein.

Aus diesem Grund versuchen wir konsequent, mit Hilfe von Kunstprojekten die kritische Auseinandersetzung zu forcieren.

Zerbrochene Spiegel In seiner Ausstellung „Zerbrochene Spiegel“ geht der türkische Fotograf Mesut Tufan diesem inneren Zusammenhalt auf den Grund. Er sucht auf zum Teil steinigem Gelände nach Lösungen für ein besseres Zusammenleben der Menschen auf dem Balkan und im Nahen Osten – zwei geografische Räume, die von großen kulturellen und gesellschaftlichen Unterschieden bestimmt werden. Wie nehmen wir diese Unterschiede, dieses Anderssein wahr?

Austausch mit Künstlerinnen und Künstlern Mit unserem Festival möchten wir Sie zu einem Austausch einladen, zum Gespräch mit den Künstlerinnen und Künstlern. Die beiden Tunesier Amine & Hamza M‘raihi kommen mit arabischem Turbo-Folk nach Graz. Murat Aygan hingegen bereichert die steirische Musiklandschaft seit vielen Jahren mit neuen Rhythmen und ungewöhnlichen musikalischen Fusionen. Die ersten „multikulturellen Zuckungen” ereigneten sich im Studentenlokal „Triangel“. „Wir beschränken uns nicht auf anatolische oder orientalische Musik mit Balkanelementen. Durch jeden Musiker verändert sich die Musik. Wer dazu kommt, hinterlässt Spuren. ,Aora‘ ist eine Fusion, die bleibt!”, sagt Murat Aygan. Menschen aus Indien, Uruguay, Ägypten, Marokko, Österreich und vielen anderen Ländern haben ihre musikalischen Wurzeln bereits bei Aora verankert. Aora ist ein gelungenes Beispiel, wie wir über den eigenen Tellerrand blicken können. „Wenn Religionen Frieden, Einheit und das Miteinander begründen wollen, müssen sie die andere Seite verstehen, die fundamentalen Gemeinsamkeiten benennen und die Unterschiede akzeptieren lernen, um glaubwürdig zu verkünden, dass wir trotz Unterschiede zusammenleben müssen und wollen,“ schreibt Mesut Tufan. Dem schließen wir uns an; wir wollen Einheiten schaffen, Gemeinsamkeiten erkennen und diese auch leben.

Christoph Thoma Intendant der Grazer Spielstätten

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Interview

Nachgefragt: Kann Kunst Integration fördern?

Intendant Christoph Thoma im Gespräch mit Gemeinderat Thomas Rajakovics, Integrationssprecher der ÖVP und Pressereferent des Grazer Bürgermeisters.

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lle Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben zu lassen ist ein Grundrecht. Daher versuchen die Grazer Spielstätten, Kunstschaffende und Kunstrezipienten mit Migrationshintergrund stärker zu fördern. Im Dialog mit Künstlern und dem Publikum sollen unterschiedliche kulturelle Perspektiven verständlich und erlebbar werden.

Thoma: Gesellschaftliche Transparenz zu vertreten bedeutet auch, eine klare und unmissverständliche Kommunikation zu führen. Welche Angebote macht Graz an Menschen mit Migrationshintergrund, damit diese einerseits ihre Kultur leben können, und andererseits Graz als ihren neuen Lebensmittelpunkt ernst nehmen?

Rajakovics: In Graz gibt es seit gut zwei Jahrzehnten einen intensiven Austausch der anwesenden Kulturen. Besonders der frühere Kulturstadtrat Helmut Strobl hat großen Anteil an dem grundsätzlich positiven Klima. Das interkulturelle Cafe Auschlössl im Augarten, das Afro Asiatische Institut, das Cultural City Network oder auch kleinere Initiativen wie der interkulturelle Musikerstammtisch sind nur ein paar Beispiele für ständige Begegnungsmöglichkeiten, die bereits aus der Zeit Strobls stammen. Es ist aber unser Anliegen, das Verständnis für Kultur möglichst früh zu vermitteln. Deshalb gibt es seit einigen Jahren das Projekt „IKU“ in den Grazer Kindergärten. Graz war im übrigen die erste Stadt in Österreich, die einen Ausländerbeirat (heute MigrantInnenbeirat) von allen nichtösterreichischen Mitbürgern wählen ließ. Ein wichtiger Schwerpunkt ist auch die Sprachenvielfalt. Graz als Sitz des europäischen Fremdsprachenzentrums war die erste Stadt in Österreich, die öffentliche bilinguale Volksschulen deutsch/bosnisch-kroatisch und deutsch/englisch anbieten konnte.

Thoma: Integration findet im wechselseitigen Wirkungsfeld von Verantwortung, Partizipation, Transparenz und Vertrauen statt. Dennoch ist auch in Graz von Parallelgesellschaften die Rede.

Wie kommen wir vom Neben- zum Miteinander?

Rajakovics: Der Begriff Parallelgesellschaften gefällt mir nicht. Es gibt ihn übrigens nur im deutschen Sprachraum. Denn die Unterschiede zwischen eingesessenen und neuen GrazerInnen werden meist nur angesprochen, wenn es soziale und finanzielle Unterschiede gibt. Es geht also um Diversität und um Chancengleichheit. Ich kenne keine vermögenden Zuwanderer, die in einer sogenannten Parallelgesellschaft leben. Die sind alle gut „integriert“. Es ist auch interessant, dass es bei Problemen am Hasnerplatz bezüglich zu lauter Skateboardfahrer um einen Generationenkonflikt geht und dieselbe Auseinandersetzung im Idlhof plötzlich ein Ausländerproblem sein soll. Wir müssen Probleme dort lösen, wo sie tatsächlich liegen.

Thoma: Derzeit leben in der Steiermark rund 50.000 Muslime, die Hälfte davon in Graz. Sie haben erst kürzlich erklärt, dass es in Graz keine Minarette geben soll. Warum wollen Sie in Graz Minarette verhindern, während Graz zugleich als weltoffene Stadt auftritt – man denke an die Bewerbung als „City of Design“.

Rajakovics: Minarette im arabischen Stil werden wohl nicht in eine Designstadt passen. Insofern wollen wir, wenn es Türme geben soll, solche, die zu einer modernen Architekturstadt passen.

Aber wir haben gar nichts ausgeschlossen, weil die Stadt Graz weder die Betreiberin noch die Erbauerin eines Gotteshauses ist. Der Islam ist eine seit 1912 anerkannte Religion und hat das Recht auf entsprechende Gebetsräume. Die türkische Gemeinde hat kein Minarett vorgesehen und die Bosniaken lassen die Moschee über einen inter-

nationalen Architekturwettbewerb entwerfen, den wir inhaltlich unterstützen. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.

Thoma: Im Zeitalter der Globalisierung und transnationaler Migrationsprozesse verarbeiten und gestalten Kulturschaffende aktiv ihre Lebenswelt und verändern sie dadurch. So auch im Rahmen des Festivals „Salam.Orient“ im Grazer Orpheum. Wie nähern Sie sich persönlich orientalischen Kulturen an?

Rajakovics: Der Einfluss des Orients auf unsere Kultur ist sehr groß. Von der Mathematik bis zum Kaffee. Früher hat mich vor allem Teppichknüpfkunst sehr beeindruckt hat. In der Popkultur, und da vor allem in der Musik sind orientalische Instrumente und Melodien zurzeit ziemlich in. Ich habe einige Freunde aus dem arabischen Raum und natürlich habe ich Orhan Pamuk gelesen. Auch unsere Asylschreiberin, Frau Sihem Bensedrine, hat mich sehr beeindruckt. Alles in allem habe ich eigentlich ein farbenfrohes und lebendiges Bild vom Orient.

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Thomas Rajakovics verheiratet mit Alma Rajakovics, geb. in Bosnien, Designerin. Zwei Kinder, Emil und Hannah, zweisprachig aufgewachsen. Studium der Theologie und des Sports. 1988 – 1992 Geschäftsführer der „Grazer Stadtidee“, 1995 – 2005 Leiter der Integrations- und Flüchtlingsabteilung der Caritas Steiermark, seit 2005 im Bürgermeisteramt Graz als Referent für Presse / Integration / Interreligiöser Dialog und Menschenrechte, seit 2001 Grazer Gemeinderat (Integration/Soziales/Sport).

Salam.Orient Programm sa, 30. oktober 2010, 19:00 Uhr

Mesut Tufan: „Zerbrochene Spiegel“

Ausstellungseröffnung Galerie im Orpheum

extra sa, 30. oktober 2010 , 19:30 Uhr

Amine und Hamza M’raihi: „Perpetual Motion“ extra So, 31. Oktober 2010, 19:30 uhr

Aora: „Multikulturelle Zuckungen“ extra do, 09. Dezember 2010, 19:00 uhr

„Der Blick auf das Andere“

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Podiumsdiskussion im Rahmen der Finissage zur Ausstellung „Zerbrochene Spiegel“

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Statement

Integration – 3 Geschichten! von Ernst Smole

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ntegration; von lat. integrare, im deutschen Sprachgebrauch „Herstellen eines Ganzen“.

Vermehrt gibt es auf allen Seiten Anzeichen von Integrationsmüdigkeit. Führende Kommentatoren stellen die Frage, ob nicht die in die Integration fließenden Ressourcen besser investiert wären, würde man die Gesellschaft auf ein möglichst unblutiges nicht-integriertes Zusammenleben vorbereiten.

Muss es so weit kommen?

Geschichte I Junior Chamber Symphony MurMuerz – ein großes Projekt naht. 27 Streicher- und BläserInnen schicken sich an, auf einem großen internationalen Wettbewerb die Welt der Jugendorchester zu erobern. Dirigenten gibt es keinen, eine spezielle Sitzordnung verhindert, dass es vordere und hintere Pulte gibt – alle sind gleichrangig. Die Verantwortung ist für alle dieselbe, die dreizehnjährige Konzertmeisterin sitzt nicht wie üblich links, sondern ganz rechts – alles ist anders!

Bei Projektbeginn herrscht die altbekannte vorfreudige Aufregung: Wer soll/darf mitmachen? Es gibt die vielbeschäftigten und bewährten Fixstarter, die erst höflich gebeten werden wollen. LehrerInnen

pushen Newcomer-Zwergerln, die – noch – ohne (Wettbewerbs-)Rang und Namen sind. Manch eine(r) meldet sich ab und an und ab und an – Schularbeitentermine, Familienfeste wollen koordiniert sein. Als Cantus firmus taucht wiederholt der Name eines Buben – nennen wir ihn Alexander – auf. Wird Alexander mitfahren? Nein, wohl nicht, das ist doch undenkbar – wer traut sich zu, dies zu verantworten! Oder sollte man es doch riskieren?

Die Alexander-Diskussion wird von anderen „Agenden“ überdeckt. Wenige, aber hochkonzentrierte Proben – und die Reise geht los. Sie ist höchst erfolgreich. Ein „Erster Preis cum laude“, viel Freude mit und ohne Musik, kurze Nächte, fröhliche Erschöpfung bei der nächtlichen Heimfahrt. Ankunft im Morgengrauen, erwartungsvolle Eltern. Und – im Busausräum- und Verabschiedungs-Tohuwabohu die bange (Eltern-)Frage: Wie war es mit Alexander?

Ich schicke mich an, post festum hinter das Alexander-Rätsel zu kommen. Die Auskunft seines Lehrers: „Wissen Sie denn nicht, dass Alexander schwer verhaltenskreativ ist, ständig die Schulpsychologen beschäftigt, Eltern, LehrerInnen und Mitschüler an den Rand der Verzweiflung treibt?“ Wer bitte – dieser Alexander, der mit auf der Konzert-

Die jüngsten Musikstudenten des „rightmind˝-Kindergartens aus Hongkong bei den Int. Musikkursen Mürzzuschlag (Violine, Singen, Deutschkurs, Steirischer Volkstanz u. a.)

fahrt war? Dieser fröhliche, hilfsbereite junge Mann, ein hervorragender Musiker, eine Stimmungskanone im besten Sinne, ein „Integrationskitt“ für die gesamte Gruppe?

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Man sagt, dass Kunst das Alltagsleben in anderer Form sei. Kann es sein, dass das wirkliche Leben von jenem in „Kunstform“ lernen sollte?

Geschichte II Das Mürztaler Sinfonieorchester, eine Probe im hochmodernen „Haus der Musik“ in Krieglach, das dank seiner Architektur im Volksmund „Moschee“ genannt wird. Auf dem Programm Musik mit Bezug zu Mürzzuschlag: Brahms, Webern und das Finale der 4. Sinfonie von Gustav Mahler, „Die himmlischen Freuden“. Am vierten Pult der zweiten Geigen musizieren einträchtig und mit Hingabe ein muslimisches Mädchen und ein Bub, der den Sabbat feiert.

Dann das Doppelkonzert von Johannes Brahms, das für die beiden noch zu schwer ist. Sie nutzen die Zeit und schmieren gemeinsam und fröhlich für ihre OrchesterkollegInnen die Pausenbrote – Brote, die sie selbst nicht essen dürfen, weil sie mit Schweinefleischaufstrich gemacht sind.

Die himmlischen Freuden der Integration? Sie könnten Realität werden, wenn die Erwachsenen wären wie musizierende Kinder.

Geschichte III Das sommerliche Mürzzuschlag während der Internationalen Musikkurse Mürzzuschlag. Am Podium ein Jugendsinfonieorchester aus Hongkong und einige junge MusikerInnen aus der Steiermark. Es herrscht konzentrierte Erwartungstotenstille – jene der jungen Ostasiaten steckt unsere SteirerInnen unüberhörbar an. Die musikalische Arbeit – mühsam! Disziplinprobleme? Nein – das Gegenteil!

Warum? Von den ostasiatischen Kindern „kommt nichts“. Ich praktiziere das alte sokratische Unterrichts- und Probenprinzip des Fragens und des Selberfindens der Antworten durch die Kinder. O je – ich habe durch einen unkonzentrierten Auftakt das Tempo verschleppt! Frage an die Kinder: Ist das Tempo gut oder zu langsam, zu schnell? Den großen und kleinen Gesichtern ist anzusehen: Jede(r) weiß, dass das Tempo zu langsam war, und dass es meine Schuld ist – aber niemand antwortet, auch unsere SteirerInnen getrauen sich jetzt nicht. Erst als ich mich auf das Dirigentenpodium hinknie und in gespielt komischer, aber doch realer Verzweiflung um Antwort flehe, huscht über das eine oder andere Gesicht ein verhaltenes und wissendes Lächeln.

Und die anwesenden Eltern, Lehrer und Aufsichtspersonen? Alle reagieren: die Eltern positiv über-

Ernst Smole

rascht, die Offiziellen irritiert. Die Kinder werden um ihre Meinung gefragt, aufgefordert eine „Autoritätsperson“ zu kritisieren? System(zer)störung!?

Der weitere Verlauf der Arbeitswoche: Entspannung auf allen Linien. Ein junger chinesischer Geiger und ein Geigenmädchen aus dem Ennstal missachten den Zapfenstreich. Der Bub soll degradiert werden, weg vom Stimmführerpult ab zum zehnten und letzten Platz. Ich wehre mich erfolgreich dagegen – mit musikalischen Argumenten. Das Pärchen traf sich übrigens jüngst wieder – beide sind mittlerweile junge Erwachsene.

Die Traumerkenntnis: Bei diesem Musikprojekt geschieht wechselweise Integration. Unglaublich ist der Lernwille, die Aufgeschlossenheit für Neues, die Ausdauer der chinesischen Kinder – die österreichischen sind beim abendlichen Musiktheorievortrag bereits sanft entschlummert, während die chinesischen hochaufmerksam sind! Und unsere „frechen“ steirischen Kinder? Sie geben ihren asiatischen KollegInnen „Unterricht“ in mitteleuropäischer Autoritätsskepsis und gelebter Demokratie!

Wechselweise Integration durch erfolgreichen Wertetransfer: Dieser ist in der Welt von morgen unverzichtbar!

Ernst Smole, geb. in Leibnitz, Gründer der „arnold schönberg kunstschule für bildende kunst“. Direktor der Johannes Brahms Musikschule Mürzzuschlag (www.brahmsmusicschool.at). Konzeption und Realisierung musikpädagogischer Innovativprogramme. Seit 2005 Leiter der Int. Musikkurse Mürzzuschlag. Dirigate u. a. bei den Moskauer Philharmonikern, der Russischen Staatsphilharmonie und in China & Japan”. 2011 Leitung eines Konzertzyklus der Camerata Hungarica im Konzerthaus Wien.

2008 Nikolaus Harnoncourt-Preis Zürich. Seit 2009 Lehrtätigkeit an der Konservatorium Wien Privatuniversität.

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sa, 30. oktober 2010, 19:00 Uhr

Mesut Tufan:

„Zerbrochene Spiegel“

(Kırık Aynalar)

Multimediale Ausstellung biet, dessen Bewohner, deren Kultur und Religion.

So erzählen seine ruhenden und bewegten Bilder stets Geschichten über das Alltägliche, porträtieren daran Beteiligte auf zurückhaltende Art und Weise und setzen sich über die Grenzen vom Kosovo bis Palästina hinweg.

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ill man etwas über die Geschichte und die Kultur des Ostens erfahren, ist man bei Mesut Yasar Tufan an der richtigen Stelle. Er ist viel herumgekommen, absolvierte seine Studien (Rechtswissenschaften und Politiksoziologie) in Frankreich, arbeitete als Fotoredakteur und Nachrichtendirektor bei SIPA, und moderierte Kulturprogramme auf Türkisch und Französisch.

Seine Leidenschaft gilt dem Film und der Fotografie. Zahlreiche Fernsehfilme, eigene Kolumnen und Fotoausstellungen beschreiben sein Schaffen und haben ein gemeinsames, zentrales Thema: den Balkan als geographisch übergreifendes Ge-

Mit der multimedialen Ausstellung „Zerbrochene Spiegel“ begibt sich Mesut Tufan auf eine Reise von Sarajevo nach Jerusalem. Dabei werden Erinnerungen an ein längst vergangenes osmanisches Reich wach, dessen Geist noch heute zu spüren ist.

Die tiefe Verwurzelung in dieser Epoche ist verborgen und dennoch in jedem Augenblick wahrzunehmen – bei der Suche der unterschiedlichen Volksgruppen nach der eigenen Identität, nach ihren Wurzeln. Sie ist sichtbar an der Architektur, welche diese Vergangenheit in Symbolen und Elementen widerspiegelt. Unterschiedliche Perspektiven verleiten den Betrachter dazu, das „Andere“ zu sehen, das „Dahinter“ zu ergründen, sowie eigene Wahrnehmungsblockaden zu lösen und Vorurteile abzubauen. Das, was auf dem ersten Blick anders scheint, hat eine gemeinsame Vergangenheit. Es kommt zur gegenseitigen Beeinflussung, zum Austausch – bewusst oder unbewusst. Aber wo sind die Grenzen? Wo beginnt die eigene Identität?

Hat die Wechselwirkung zwischen dem, was man heute ist, und dem, was war, Auswirkungen auf den Umgang miteinander? Mesut Tufans Fotografien zeigen uns aus der Perspektive eines stillen Beobachters visuell das, was wir zu kennen glauben.

Die Ausstellung „Zerbrochene Spiegel“ läuft bis 9.12.2010.

Im Rahmen der Finissage findet die Podiumsdiskussion „Der Blick auf das Andere“ (siehe Seite 11), die dem vermeintlich „Anderen“ in Graz und der Region nachspürt. Öffnungszeiten: täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr, außer Sonn- und Feiertag.

extra sa, 30. oktober 2010, 19:30 Uhr

Arabische Klassik, gemischt mit dynamischem Funkjazz aus Tunis: Amine und Hamza M’raihi

„Perpetual Motion“ Amine und Hamza M’raihi Amine M’raihi Oud Hamza M’raihi Kanun Szu-Yu Chen Flöte Fredrik Gille Perkussion Betina Pasteknik Violine Justine Kulakova Violine Louise Mercier Viola Gabrielle Jardin Violoncello

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ernab von jeglichen musikalischen Stereotypen stimmt das Brüderpaar Amine und Hamza M‘raihi aus Tunesien seine traditionellen Instrumente Oud (die orientalische Kurzhalslaute) und Kanun (die orientalische Zither) an – gleichsam als Einladung für uns alle, in einer Welt zu reisen und zu träumen, die keine geographischen Grenzen mehr kennt.

Aufgewachsen unter den Einflüssen ihrer Heimat und der orientalischen Musik haben die beiden ihre Ohren und Herzen für die Klänge des ganzen Glo-

bus weit geöffnet. Diese Empfänglichkeit erlaubte ihnen, eine eigenständige Musik zu entwickeln, die zwar auf arabischen Elementen wie Maqam, dem ¯ arabischen Tonsystem, und Improvisation basiert, aber in der wahren Meisterschaft ihrer Instrumente weit darüber hinaus zu gehen – arabische Klassik, gemischt mit unglaublich dynamischem Funkjazz aus Tunis. Amine & Hamza, gern gesehene Gäste internationaler Festivals wie dem BBC International World Festival, sind auf der ständigen Suche nach neuen Sounds, Rhythmen und dem Mischen der verschiedenen kulturellen Einflüsse.

Das aktuelle Projekt „Perpetual motion“ ist eine Weltpremiere: Zum ersten Mal treffen Oud und Kanun auf ein klassisches westliches Streichquartett, ohne jedoch die improvisierende Basis zu verlassen – mit hochentwickelten Stücken, herausfordernder Rhythmik, emotionaler Ausdruckskraft und intensiver Energie, geboren aus dem Wunsch, musikalisch wie menschlich ohne Grenzen und Hindernisse zu kommunizieren und eine neue Vision zeitgenössischer Weltmusik zu eröffnen.

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extra so, 31. oktober 2010, 19:30 Uhr

Aora

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chräge Sachen machen Murat Aygan am meisten Spaß. Je ungewöhnlicher eine Location und je außergewöhnlicher der Auftritt, umso heftiger kitzelt es den Musiker in den Fingern, die Saiten seiner türkischen Laute Saz in Schwingung zu versetzen. Mit seiner Musikgruppe Aora bereichert Murat Aygan die steirische Musiklandschaft seit 1995 mit neuen Rhythmen und ungewöhnlichen Musikfusionen. Dabei werden leidenschaftliche Minnegesänge des Vorderen Orients und dichte arabeske Ornamente aus der türkischen, kurdischen und arabischen Welt miteinander vermischt Musik und bunteste Klangbilder kreiert. Musiker aus der Türkei, Serbien und Ägypten stellen das Gerüst dieser in Graz zusammengeführten multiethnischen Formation dar; so hatten schon Menschen aus Indien, Uruguay, Marokko und vielen Ländern mehr ihre musikalischen Wurzeln bei Aora verankert.

Murat Aygan lebt seine Musikphantasie am liebsten als ungewöhnliche Fusion aus. Musik ist für Murat Aygan ein Hobby, eine Leidenschaft, die ihren Reiz nicht durch den Druck des Geldverdienens verlieren darf. „Es soll nicht monoton werden, keine Arbeit sein, das war nie mein Ziel.“ Aora-Musik ist live und einmalig. Sehr oft wird bei Aora improvisiert. „Das sind die spannendsten, die schönsten Momente“, sagt Murat Aygan. „Ich möchte die Musik ausleben!

Aora Murat Aygan Baglama Kemal Ewindar Baglama, Gesang Khaled Meteweia Perkussion Haci Tirpanci „Chanteur“ Keyboard Helin Gesang, Holzlöffel Boris Mihalcic Violine

extra DO, 9. dezember 2010, 19:00 Uhr

„Der Blick auf das Andere“ Podiumsdiskussion im Rahmen der Finissage zur Ausstellung „Zerbrochene Spiegel“ Dr. Kurt Flecker Landtagspräsident a. D., Präsident der Steirischen Gesellschaft für Kulturpolitik Prof. Dr. Max Haller Vorstandsmitglied der European Sociological Association Weitere GesprächsteilnehmerInnen werden nachgenannt.

Christian Stenner Moderation

Mostar

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Programmvorschau der Grazer Spielstätten boris bukowski | veranstaltet von Vojo Concerts Alf poier & band | veranstaltet von gamsbART so, 14. november, 20:00 UHR wir sind helden | Konzert mo, 15. November, 10:00 & 15:00 Die Glücksfee | Piccolo-Kinderkonzert fr, 19. November, 19:30 UHR flip philipp | Austrian Soundcheck 2010 mO, 22. november, 10:00 & 15.00 Cinello | Kinderkonzert von 1 bis 3 Jahren Do, 2. Dezember, 20:30 UHR fat tuesday | Jazz im Orpheum sO, 5. dezember, 20:00 Uhr Otto Lechner & Klaus Trabitsch & Bethlehem Allstars fr, 10. dezember, 20:00 Uhr dornrosen | veranstaltet von Hin & Wider So, 12. dezember, 20:00 UHR serge falck & Sigrid Spörk | Das Weihnachtsprogramm mO, 13. dezember, 15:00 UHR die weihnachtsgeister | Concertino-Kinderkonzert do, 16. dezember, 20:00 Uhr the rounder Girls | Konzert sa, 18. dezember, 19:00 UHR let’s spend the night together so, 16. jänner, 19:00 Uhr magic moments mit mnozil brass mo, 17. jänner, 20:00 Uhr night of percussion | veranstaltet von gamsbART so, 23. jänner, 11:00 Uhr Soundscapes | Piccolo- & Concertino Kinderkonzert fr, 28. jänner, 19:30 Uhr nordic festival | Färör-Inseln & Finnland SA, 29. jänner, 19:30 uhr nordic festival | Island dO, 4. november, 20:00 UHR DI, 9. november, 20:00 UHR

Weitere Veranstaltungen finden Sie unter www.spielstaetten.at Karten: 0316 / 8008 – 9000 | grazer@spielstaetten.at Das Team der Grazer Spielstätten: Christoph Thoma | Geschäftsführung, künstlerische Leitung Michael Tassis | Prokura, Marketing Heide Spitzer | Sekretariat, Assistenz der Geschäftsführung Ursula Fehle, Michael Jabbour | Betriebsbüro Sascha Sperdin, Eduard Mandl | Kartenverkauf Peter Matscheko | Vertrieb Michael Doubek | Technische Leitung Kurt Schulz | Tontechnik Johann Horwath, Heribert Janzsa | Haustechnik Rolf Schreiber, Maximilian Mahler | Lichttechnik Michael Seinitz, Gerhard Siegert | Bühnentechnik Raphael Hammer | Lehrling Anja Faist | Praktikum

Partner:

hauptsponsor der grazer spielstätten

Impressum: Herausgeber: Grazer Spielstätten Orpheum, Dom im Berg und Schloßbergbühne Kasematten GmbH, Orpheumgasse 8, 8020 Graz Für den Inhalt verantwortlich: Christoph Thoma Redaktion: Albert Seitlinger Credits: Thomas Rajakovics (Foto Furgler), Christoph Thoma (Grazer Spielstätten), Fotos aus der Ausstellung „Zerbrochene Spiegel“ (Mesut Tufan), „rightmind“Kindergarten bei den Internationalen Musikkursen Mürzzuschlag (Ignatius HO) Grafische Gestaltung: onomato gestaltungsgesellschaft Druck: Medienfabrik Graz Änderungen vorbehalten / Redaktionsschluss: 18.10.2010