94
O
Na servus Kaiser
bwohl es schon lange keinen Kaiser mehr gibt, hat sich „Na servus Kaiser“ als Ausdruck des Erstaunens auch im Billedrischen erhalten. Er stammt aus der k. u. k. Zeit Österreichs. Da der Kaiser von Österreich auch der König von Ungarn war und somit auch der Herrscher über das Banat, ist es nicht verwunderlich, dass viele Wörter aus der Donaumonarchie, also Österreich und Ungarn, Eingang in das Schwowische gefunden haben. So gibt es doch einige Wörter im Billedrischen, die aus dem Ungarischen stammen. Was wäre gekochtes Rindfleisch ohne Gaprsoß. Gapr für hochdeutsch Dill kommt aus dem ungarischen kapor. Als Mehlspeis sind die Pletschinge nicht aus Billed wegzudenken. Das kommt vom ungarischen Wort palacsinta. Habe ich darauf Appetit, so han ich Guste, vom ungarischen gusztus. Der Salonzucker am Weihnachtsbaum war ein Muss in Billed. Der Begriff kommt vom ungarischen szalon cukor, eine Zuckermasse verpackt in weißem Seidenpapier mit ausgefransten Enden, in Stanniol gewickelt. Wurde etwas auf dem Tablett gereicht, so trug man es auf der Tatzn, ungarisch tacza. War etwas klein und verkümmert, so war es oschärig. Diesem Ausdruck liegen die Wörter o und sar im Ungarischen zugrunde. Sie bedeuten alt und unahnsehnlich. War es im Winter kalt hat man die Bakantsche, hohe feste Winterstiefel angezogen, ungarisch bakancs. Ein Tschibeeser war ein Taugenichts aus der Stadt, vom ungarischen csibesz Spitzbub. Hatte man sich an etwas übergessen, hatte man den Schemer, vom ungarischen csömör Ekel. Ist man früher in Billed ins Kino gegangen, so ging man ins Mosi. Das ungarische Wort für Kino ist mozi.
Dialekt - Dichtung Erika Weith, geb. Leidecker
So gibt es noch einige weitere Wörter mit ungarischem Ursprung im Schwowischen. Doch ich will mich heute im zweiten Teil meiner Sprachbetrachtungen mit weiteren Besonderheiten des Billedrischen beschäftigen. Durch das Zusammentreffen verschiedener Mundarten in den neuangesiedelten Dörfern kam es im Laufe der Zeit zu sogenannten Mischmundarten. In Billed entstand so ein rheinfränkischer Dialekt, der mit moselfränkischen Elementen angereichert ist. Das ist erstaunlich, denn eigentlich gab es viel mehr moselfränkisch sprechende Ansiedler als Leute, die aus anderen Teilen Deutschlands nach Billed gekommen waren. Dennoch konnte sich das Rheinfränkische durchsetzen, aber das Moselfränkische hat sich dennoch in Teilen erhalten. So spricht man heute von einem rheinfränkischmoselfränkischen Dialekt in Billed. Diese Kombination ist im Banat einmalig. Es gibt sonst keinen Ort, in dem dieser Dialekt so gesprochen wird. Alle anderen Dörfer haben entweder reine Sprachformen oder ihre Dialekte sind Mischformen aus rheinfränkisch, bairisch, alemannisch, nordrheinfränkisch, südrheinfränkisch oder ostfränkisch. Nun möchte ich einige Besonderheiten unseres schönen Dialekts herausgreifen. Durch die Sprachmischung ergaben sich verschiedene Wörter für den gleichen Sachverhalt. Für Hose gibt es folgende Begriffe: Hosse, Schlutt, Bux. Für weinen kann man sagen: kreische, brille oder plääre. Zum Mund sagt man Maul, Gosch, Schniss oder Schnawl. Es gibt auch echte Wortneuschöpfungen, die es in der Hochsprache nicht gibt: die Bollerpeitsch für eine lange Hirtenpeitsche, de Brunnekaschte für die Brunneneinfassung aus Brettern, et Reibholz für das Streichholz und ein besonders schönes Wort: de Rakiknopp für den Adamsapfel. In der Schriftsprache gibt es zum Beispiel keinen Überbegriff für Stuhl, Sessel, Bank, Hocker