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IT IM FOKUS 

Dedalus: Ein auf Digitalisierung ausgerichtetes Unternehmen

Der griechischen Mythologie nach galt Daedalus als brillanter Erfinder und Techniker, der seine letzten Lebensjahre auf Sizilien verbrachte. Der Name Daedalus bedeutet „der kunstvoll Arbeitende“. Dedalus, ein italienisches Medizintechnikunternehmen, dem der geniale Konstrukteur als Vorbild gilt, übernahm Anfang Mai das IT-Geschäft von Agfa HealthCare in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und Brasilien. Guido Gebhardt sprach mit Winfried Post, General Manager und Geschäftsführer Dedalus HealthCare DACH, über die Perspektiven der Geschäftsentwicklung.

Winfried Post: „Die vollständig auf Health IT ausgerichtete Dedalus-Gruppe bietet uns ganz neue Möglichkeiten. Uns stehen jetzt 1.200 Entwickler zur Verfügung, um noch schneller auf die Anforderungen unserer Kunden in unterschiedlichen Märkten reagieren zu können.“

Wird sich die Übernahme auf die Kunden auswirken?

Das hoffen wir sehr, denn unsere Kunden werden von der Übernahme profitieren. Doch lassen Sie uns erst über den Umfang des Verkaufs sprechen. Agfa HealthCare war aufgeteilt in die Bereiche Imaging und IT. Vom Verkauf betroffen ist der Bereich Healthcare IT in den Gebieten Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich und Brasilien, mit einem Umsatz von insgesamt etwa 260 Millionen Euro. Das übertragene Portfolio umfasst dabei die gesamte ORBIS-Produktpalette, IMPAX EE, HYDMedia (ECM/DMS), TIP HCe (Business Intelligence) sowie die Integrated Care Plattform Engage Suite und natürlich ebenfalls die regionalen Produkte in Frankreich und Brasilien. In diesen Bereichen bleiben alle Ansprechpartner für unsere Kunden dieselben. Das ist uns sehr wichtig. Der große Vorteil für unsere Kunden besteht jedoch darin, dass die „neue“ Dedalus-Gruppe über eine außerordentlich starke Entwicklungsabteilung verfügt: Zur Weiterentwicklung der Produktpalette können wir nun auf mehr als 1.200 Entwickler zurückgreifen. Innerhalb der Dedalus-Gruppe sehe ich uns für die Zukunft bestens gerüstet. Als großer Teil von „New Dedalus“ stoßen wir in ganz neue Dimensionen vor. Das Executive Management Team „versteht und denkt IT“, und der Fokus des gesamten Unternehmens ist ausschließlich auf Gesundheits-IT ausgerichtet. Und genau in diesen Punkten liegen entscheidende Vorteile für unsere Kunden und demzufolge auch für uns selber.

Gibt es Kennzahlen, die das neue Unternehmen beschreiben?

Die Dedalus-Gruppe realisierte für sich alleine im letzten Jahr mit etwa 2.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 210 Millionen Euro. Zusammengelegt mit den akquirierten Teilen von Agfa beschäftigt die Gruppe nun mehr als 3.600 Mitarbeiter, und wir streben in diesem Jahr einen Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro an (ohne Akquisitonen). Dedalus ist nun Marktführer in Klinik-IT in DACH, Italien und Frankreich und deshalb der paneuropäische Marktführer in diesem Segment. Neben dem Schwerpunkt auf Klinik-IT ist Dedalus sehr stark im ambulanten Bereich unterwegs: 23.000 niedergelassene Ärzte in Italien und 5.000 europäische Laboratorien nutzen täglich die Lösungen von Dedalus. Der Haupteigentümer von Dedalus ist Ardian. Ardian ist ein das größte europäische Private Equity Unternehmen mit Investments von knapp 100 Milliarden Euro. Das bedeutet für uns, dass wir auf einer soliden finanziellen Basis stehen und über ausreichende finanzielle Möglichkeiten verfügen, um das Wachstum der Digitalisierung mitzugestalten.

Weshalb verkauft die Agfa Muttergesellschaft das Geschäft einzelner Märkte?

Agfa-Gevaert ist ein Konglomerat und besteht somit aus einigen oftmals voneinander unabhängigen Geschäftsfeldern. Die jetzt verkauften IT-Aktivitäten – besonders diejenigen in DACH – waren das Tafelsilber, welches sich zu einem hohen Preis verkaufen ließ. Strategisch hat sich Agfa-Gevaert dafür entschieden, sich aus dem Klinik IT Geschäft (bis auf Radiologie IT) zurückzuziehen und den Fokus auf die angestammten Geschäftsfelder zu legen.

Durch die Übernahme des Geschäftsbereichs IT in den Märkten Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich und Brasilien, entwickelt sich die italienische Dedalus-Gruppe zu einem leistungsstarken Anbieter von Healthcare-IT mit einem Jahresumsatz von mehr als 500 Millionen Euro.

Können Sie schon einen Ausblick auf die Entwicklung des Portfolios geben?

Selbstverständlich werden wir das bereits jetzt sehr breite Produktportfolio zielstrebig weiterentwickeln. Bei ORBIS geht es darum, Anzahl und Funktionen der klinischen Applikationen auf Basis der neuen Technologieplattform ORBIS U weiter auszubauen und ständig zu verbessern. Gerade haben wir die Endoskopie-Lösung mit den hinterlegten neuen Befundungsrichtlinien vollkommen neu aufgesetzt. Hinzu kommt eine neue onkologische Dokumentation, die wir in Richtung eines multidisziplinären Tumorboards, das über die Klinik hinausgeht, ausweiten wollen. Aber auch die Diagnostik kommt nicht zu kurz. In der Radiologie etwa werden wir PACS, Universalarchiv, VNA und Dokumentenmanagementsystem zusammenführen. Die Anwender können dann über einen brandneuen Universal-Viewer mittels IHE-Profilen auf alle Daten aus allen Quellen zugreifen. DeepUnity (ehemals IMPAX EE) und HYDMedia werden auf diese Weise zusammengeführt. Unsere Planung sieht ebenfalls vor, unsere diagnostische Workstation schon bald mit einer sogenannten integrierten Befundung auszustatten, damit der Radiologe nicht mehr ständig zwischen RIS und PACS wechseln muss. Dedalus verfügt unter anderem über ein starkes Produkt in der Pathologie und über einen eleganten Kommunikationsserver. Diese Produkte werden wir in DACH platzieren. Angereichert mit diesen neuen Dedalus-Komponenten sowie unseren marktführenden bestehenden Plattformen in DACH verfügen wir dann über eine wirklich starke und überzeugende Gesamtlösung, die ihresgleichen sucht.

Wie steht es generell um die Digitalisierung im Gesundheitswesen?

In der Gesundheitspolitik hat sich in den vergangenen Monaten und Jahren sehr viel getan. Es gibt beispielsweise die Exzellenzinitiative für große Kliniken, meistens Unikliniken: hier wird unter anderem nach gemeinsamen Terminologien gesucht, um eine strukturierte Auswertung der riesigen Datenmengen in Kliniken für KI-Ansätze voranzutreiben. Auch die Telematik-Infrastruktur ist im Klinikbereich mit den ersten fünf Anwendungsfällen im Roll-out und wird sich darüber hinaus weiterentwickeln. Integrated-Care-Ansätze und Portale verbessern die Kommunikation zwischen Krankenhäusern und Patienten sowie mit zuweisenden Ärzten. Besonders in der aktuellen Krise wird deutlich, wie wichtig eine funktionierende Infrastruktur und eHealth-Applikationen sind. Es ist zu beobachten, dass bei fast jedem Vorstand und jedem Geschäftsführer die Digitalisierung auf der Agenda ganz oben steht. Denn nur mit dem Kauf von Software ist es nicht getan, sondern es müssen ebenso die Prozesse innerhalb der Kliniken angepasst werden. Egal wo man hin sieht, die Digitalisierung treibt die Entwicklung der IT-Infrastruktur und IT-Nutzung im Gesundheitswesen voran. Selbst in der Krise kamen zahlreiche Kunden auf uns zu, um die Zusammenarbeit zu intensivieren. In jedem Fall hat die von uns gelieferte IT-Infrastruktur bei unseren Kunden in dieser COVID-19-Krise geräuschlos und zuverlässig funktioniert – das haben uns zahllose Kunden dankend bestätigt. Krankenhäuser und Kliniken beginnen „IT zu denken“ und der CIO berichtet heute immer öfter direkt an den Vorstand. Die IT im Gesundheitswesen hat massiv an Bedeutung gewonnen.

Was sind die Trends und wie sieht die Vision/Strategie von Dedalus aus?

Im Kliniksektor verfügen wir mit Abstand über das breiteste Portfolio in DACH. Da sind wir Marktführer. Wir beobachten die Anforderungen unserer Kunden genau und werden unsere Plattformen ausbauen und vervollständigen. Im Bereich der Clinical Analytics gibt es ebenfalls zahlreiche interessante Trends, mit KI-Ansätzen Wahrscheinlichkeiten von entscheidenden Ereignissen ableiten zu können, indem vorhandene Datenschätze strukturiert ausgewertet werden. Ein ganz neues Geschäftsfeld für Health IT könnte die Unterstützung der Wirkstoffentwicklung von Medikamenten werden. Die Pharmaindustrie hat großes Interesse daran, mithilfe von KI-Ansätzen und deren Auswertemöglichkeiten die Entwicklungszeiten von neuen Wirkstoffen zu verkürzen, deren Kosten zu senken und deren Wirkung zu präzisieren. Dafür wollen wir ebenfalls Tools entwickeln und Modelle zur Verfügung stellen. Die Reise der Health-IT ist also noch lange nicht zu Ende, das zeigen die aktuellen Entwicklungen. Ganz im Gegenteil: Die Digitalisierung beschleunigt gerade. Für die nächsten fünf Jahre sehe ich steigende IT- Budgets in den Krankenhäusern. Insgesamt ist es das Ziel von „New Dedalus“, zum ganz großen Player weltweit zu werden. Wie Sie sehen, sind unsere Entwicklungsmöglichkeiten für die nächsten Jahre außerordentlich gut. Ich sehr optimistisch in die Zukunft.

https://www.dedalusgroup.de/

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