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INTERVIEW GOVERNANCE: R. BUCH, VONOVIA

WIE REAGIERT VONOVIA AUF DIE AKTUELLE LAGE, HERR BUCH?

Rolf Buch ist Vorstandsvorsitzender des Wohnungsunternehmens Vonovia. Die Vonovia SE ist Europas führendes privates Wohnungsunternehmen. Gegenwärtig besitzt Vonovia mehr als 550.000 Wohnungen in allen attraktiven Städten und Regionen Deutschlands, Schwedens und Österreichs. Hinzu kommen rund 72.500 verwaltete Wohnungen. Mit Übernahme des Vorstandsvorsitzes führte Rolf Buch Vonovia an die Börse. 2015 stieg die Vonovia SE in den deutschen Leitindex DAX 30 (heute DAX 40) auf, im September 2020 in den EURO STOXX 50. Das Unternehmen gehört außerdem weiteren nationalen und internationalen Indizes an, wie dem DAX 50 ESG. Vonovia beschäftigt 15.900 Mitarbeitende.

DURCH DEN KRIEG IN DER UKRAINE HAT SICH VIELES GEÄNDERT. WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT DAS FÜR DIE VONOVIA SE?

Der 24. Februar hat Europa verändert. Der Krieg bedeutet unvorstellbares Leid für die Menschen in der Ukraine. Viele Frauen suchen mit ihren Kindern Zuflucht bei uns. Sie sind schutzbedürftig und benötigen dringend eine eigene Wohnung als Rückzugsort. Es ist unsere Aufgabe, ihnen diese Zuflucht zu bieten. Wir konnten bislang mehr als 420 Wohnungen an Ukrainerinnen und Ukrainer vermieten. Die Folgen des Krieges sind auch makroökonomisch spürbar: Die Preise steigen rasant, die Inflation ist so hoch wie seit den 70er-Jahren nicht mehr, die Zinsen steigen. Der Krieg und die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland führen dazu, dass Materialien teurer und Lieferketten länger werden. All das führt zu Verzögerungen. Auch der Fachkräftemangel trägt dazu bei, dass Projekte langsamer als geplant voranschreiten.

DIE ANFORDERUNGEN DER BUNDESREGIERUNG AN DIE ENERGIEEFFIZIENZ VON GEBÄUDEN SIND GESTIEGEN. KANN DIE IMMOBILIENBRANCHE DA MITHALTEN?

Die Umstellung auf nachhaltige Energieträger hat höchste Priorität. Zum Schutz des Klimas und um unabhängiger von internationalen Energiemärkten zu werden. Nur so werden auch die Nebenkosten für Heizung, Warmwasser und Strom bezahlbar bleiben. Wir haben uns einem Klimapfad verpflichtet und die Gangart nochmals beschleunigt: 2045 soll unser Wohnungsbestand nahezu klimaneutral sein. Durch energetische Modernisierungen und mit Strom aus erneuerbaren Energien. Mit 30.000 Dächern, die wir mit Photovoltaik ausstatten werden, machen wir einen großen Schritt in diese Richtung. Zudem vergrößert sich so das Angebot an grünem Mieterstrom. Die politischen Forderungen entfernen sich hingegen immer weiter von der Realität. Es fehlen Materialien, Arbeitskräfte und verbindliche Rahmenbedingungen; dazu trüben die steigenden Zinsen das Investitionsumfeld. Die Politik ist gefordert.

BEEINFLUSST DIE DIGITALISIERUNG AUCH DIE ENTWICKLUNGEN AUF DEM WOHNUNGSMARKT?

Definitiv. Vor gut einem Jahr hat Vonovia eine Softwarelösung zur Messung der Klimawirkung des eigenen Immobilienportfolios eingeführt und ein eigenes ESG-Tool entwickelt. Inzwischen ist diese Software im Einsatz und wird fortlaufend weiterentwickelt. Am Ende wird es mehr als ein reines Planungs- und Analysetool sein. Umsetzung und Überwachung von Maßnahmen sowie das Feedback-Management sollen bald ebenso möglich sein wie die Generierung verschiedener Reports. Zudem arbeiten wir mit verschiedenen Start-ups an weiteren Projekten, unter anderem zum Thema Digitalisierung von Bauanträgen. So entwickeln wir gerade gemeinsam mit der Stadt Bochum und dem Start-up VSK Software eine digitale Lösung für die Bauantragsprüfung, die modellbasiert erfolgt und dabei die jeweilige Landesbauordnung berücksichtigt. Das Verfahren entlastet sowohl die antragsstellende Seite als auch das zuständige Bauamt. Der Genehmigungsprozess wird effizienter – bei gleichzeitig hoher Prüfqualität.

GEFÄHRDEN ZINSSTEIGERUNGEN, FACHKRÄFTEMANGEL UND ENERGIEWENDE DIE WEITERE ENTWICKLUNG DES MARKTES UND IHRES UNTERNEHMENS?

Wir blicken mit 2021 auf das erfolgreichste Jahr unserer Geschichte zurück. Seit unserem Börsengang haben wir aufgrund der hohen Nachfrage nach Immobilien, der Angebotsknappheit und der niedrigen Zinsen viel Rückenwind gehabt. Auch die Auswirkungen der Covid-Krise waren begrenzt. Dank unseres Geschäftsmodells und unserer digitalen Bewirtschaftungsplattform besitzen wir die Kraft, die aktuellen makroökonomischen Herausforderungen zu meistern.

„WIR HABEN UNS EINEM KLIMAPFAD VERPFLICHTET UND DIE GANGART NOCHMALS BESCHLEUNIGT: 2045 SOLL UNSER WOHNUNGSBESTAND NAHEZU KLIMANEUTRAL SEIN.“

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