Kulturmagazin 2013

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100 Jahre

Wiener Konzerthaus

Das Wiener Konzerthaus 100 Jahre Wiener Musikleben m Jubiläumsjahr 2013 schmückt sich das Wiener Konzerthaus mit gleich drei der weltbesten philharmonischen Orchester: den Wiener Philharmonikern, den Berliner Philharmonikern und den New York Philharmonics. Mit »PHACE« wird ein neuer Zyklus für zeitgenössische Musik vorgestellt, mit dem das Konzerthaus bewusst in die Zukunft blicken will. Nach den ersten Plänen aus dem Jahr 1890 sollte das als Mehrzweckhaus geplante Konzerthaus breitere Bevölkerungsschichten ansprechen als der nur 200 Meter entfernte traditionsreiche Wiener Musikverein. Der Architekt Ludwig Baumann entwarf ein »Olympion«, das außer mehreren Konzertsälen einen Eislaufplatz und einen »Bicycleclub« vorsah. Daneben sollte eine Freiluftarena 40.000 Besuchern Platz bieten. Der Eislaufplatz und seine Randbebauung wurden 1899 nach Baumanns Plänen verwirklicht und sind bis heute Heimat des Wiener Eislaufvereins. Auf dem noch unbebauten Gelände des späteren Konzertgebäudes fand in einem provisorischen Ausstellungsgebäude die von Gustav Klimt und seinen Freunden organisierte Kunstschau »Wien 1908« statt. Das Wiener Konzerthaus wurde schließlich in den Jahren 1911 bis 1913 von den europaweit tätigen Wiener Theaterarchitekten Ferdinand Fellner d. J. und Hermann Helmer in Zusammenarbeit mit Ludwig Baumann errichtet. Am 19. Oktober 1913 wurde das Konzerthaus in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I. mit einem Festkonzert eröffnet. Richard Strauss komponierte hierfür sein »Festliches Präludium« op. 61. Kombiniert wurde dieses moderne Werk mit Beethovens 9. Sinfonie, da das Nebeneinander von Tradition und Moderne schon im ersten Konzert des Hauses deutlich werden sollte. Seit dieser Zeit hat auch die Wiener Singakademie im Konzerthaus ihre permanente Heimstätte. Durch den Zerfall Österreich-Ungarns und die damit verbundenen enormen gesellschaftlichen Umbrüche und finanziellen Krisen wurden Flexibilität und Vielseitigkeit auch aus Geldmangel notwendig. Neben dem Repertoire gab es in den 1920er und 1930er Jahren wichtige

© Wiener Konzerthaus, Foto: Herbert Schwingenschlögl

I

Franziska Pfister

Uraufführungen (u. a. von Arnold Schönberg und Erich Wolfgang Korngold), Konzerte mit Jazz und Schlagern, Vorträge von Wissenschaft bis Spiritismus und Dichterlesungen (u. a. von Karl Kraus). Tanz- und Ballveranstaltungen, einige große Kongresse und sogar Weltmeisterschaften für Boxen und Fechten rundeten das Programm ab. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 verarmte das Programm zum »nicht-entarteten Unterhaltungsbetrieb« und vielen Künstlern blieb nur die Emigration. Nach 1945 kam dem Konzerthaus auch die Aufgabe zu, das geknickte österreichische Selbstbewusstsein auf musikalische Weise »aufzupäppeln«. Neben dem Standardrepertoire der Klassik und Romantik und dem Wiener Walzer gab es weiterhin Uraufführungen (z. B. Schönbergs Oratorium »Die Jakobsleiter« 1961) sowie internationale Jazz- und Popkonzerte und World Music. Ab Mai 1946 wurden die Räume für Tonstudios und Verwaltung an den deutschen, in Wien lebenden Musikproduzenten Gerhard Mendelson vermietet, der als einer der wichtigsten Schlagerproduzenten Österreichs in der Nachkriegszeit gilt. Das Wiener Konzerthaus ist heute Hauptspielstätte der Wiener Symphoniker, des Wiener Kammerorchesters und des Klangforums Wien. Neben den Eigenveranstaltungen der Wiener Konzerthausgesellschaft sind auch andere internationale

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Orchester, Solisten und Kammermusikensembles regelmäßig zu Gast. »Diese Säulen, Traditionsbewusstsein und Innovationsfreude tragen das Wiener Konzerthaus auch heute noch und bilden seine künstlerische Identität«, sagt Bernhard Kerres, Intendant des Wiener Konzerthauses. Das im Grundriss etwa 70 mal 40 Meter große Konzerthaus umfasst seit der Eröffnung drei Konzertsäle: Großer Saal mit 1.865 Plätzen, Mozart-Saal mit 704 Plätzen, Schubert-Saal mit 366 Plätzen. Das Gebäude wurde mehrmals umgebaut und in den 70er Jahren nach nur leicht veränderten Originalplänen wieder hergestellt. Zwischen 1998 und 2001 wurde das Haus unter Architekt Hans Puchhammer generalsaniert und um einen neuen Konzertsaal (Neuer Saal – heute Berio Saal mit 400 Plätzen) erweitert. In allen Sälen können gleichzeitig unterschiedliche Konzerte stattfinden, da sie sich akustisch gegenseitig nicht beeinflussen.

Literatur: Die 100. Saison der Wiener Konzerthausgesellschaft 2012/2013 (Pressemappe Wiener Konzerthaus) Wiener Konzerthaus Wikipedia, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/ Wiener_Konzerthaus

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