Interglaziale Meereshochstände in Nordwest-Europa
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Interglaziale Meereshochstände in Nordwest-Europa als Bezugsflächen für tektonische und isostatische Bewegungen Von P a u l W o l d s t e d t. Mit 3 Abb. i m T e x t Der G e d a n k e d e r glazial-eustatisch bedingten wärmezeitlichen Hochstände des Weltmeeres h a t in den letzten J a h r z e h n t e n weitgehende A n e r k e n n u n g ge funden. Neuerdings h a t sich vor allem F. ZEUNER (1945) mit ihnen beschäftigt. Als weit v e r b r e i t e t e u n d in i h r e m Alter gut b e s t i m m t e Niveaus k ö n n e n fol gende gelten: Name Sizil Milazzo Tyrrhen Monastir I „. II
Alter Vor-Günz Günz-MindelInterglazial Mindel-RißInterglazial Riß-WürmInterglazial
Höhe über N.N. e t w a 100 m „ 60 m „
32 m
„ „
18 m 7—8 m
Von d e m noch ä l t e r e n Calabrischen Niveau sei hier abgesehen, da seine Stel lung in diesem S y s t e m noch u m s t r i t t e n ist. Die g e n a n n t e n Ozeanspiegel sind also Meereshochstände in Warmzeiten, in denen alles oder wenigstens der größte Teil des Eises auf der Erdoberfläche ge schmolzen u n d d e m W e l t m e e r zugeführt war. W ä h r e n d d e r Eiszeiten w a r ein Teil des Ozeanwassers in F o r m von großen Inlandeisen festgelegt. Der Ozean spiegel m u ß dementsprechend in den Eiszeiten wesentlich tiefer gelegen haben. Theoretische Berechnung (u. a. E. ANTEVS 1928, R. F. FLINT 1947) und tatsächliche Beobachtung (u. a. A. C. B L A N C 1942, M. PFANNENSTIEL 1944, 1949) k o m m e n für die letzteiszeitliche A b s e n k u n g des Ozeanspiegels auf 90—100 m. In den v o r h e r gehenden größeren Vereisungen (Mindel u n d Riß) m u ß die relative A b s e n k u n g des Ozeanspiegels noch s t ä r k e r gewesen sein. M a n hat bis 200 m angenommen, ein Betrag, der jedoch reichlich hoch erscheint u n d rein glazialeustatisch k a u m e r k l ä r t w e r d e n kann. Versucht m a n n u n , das Bild des fallenden u n d steigenden Ozeanspiegels w ä h r e n d der Glazial- u n d Interglazialzeiten schematisch in einer K u r v e darzustellen, so ergibt sich das in Abb. 1 dargestellte Bild. Es m u ß be sonders hervorgehoben werden, daß es sich hier u m ein ganz rohes Schema h a n delt, das eine b e w u ß t e Vereinfachung der in Wirklichkeit viel komplizierteren Dinge bedeutet. Was am meisten auffällt und nicht ohne weiteres zu e r k l ä r e n zu sein scheint, ist das i m m e r tiefere Sinken des Meeresspiegels von einer Interglazialzeit zur nächsten (vgl. hierzu auch Abb. 76 in ZEUNER 1945). M a n k ö n n t e zunächst daran denken, daß bei den s p ä t e r e n Vereisungen i m m e r m e h r Wasser in F o r m von Eis festgelegt u n d in den folgenden Interglazialzeiten ein i m m e r m e h r z u n e h m e n d e r Anteil nicht m e h r abgeschmolzen sei. Da w ü r d e bedeuten, daß die Interglazial zeiten, je j ü n g e r sie sind, u m so k ü h l e r sein m ü ß t e n . U n s e r e Beobachtungen b e stätigen dies jedoch nicht. Sowohl die Mindel-Riß- wie die R i ß - W ü r m - I n t e r glazialzeit scheinen in i h r e m O p t i m u m nicht wesentlich ü b e r das K l i m a - O p t i -