Quaternary Science Journal - Untersuchungen zur quartären Bruchtektonik der Niederrheinischen B...

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Eiszeitalter

und

Gegenwart

Band

13

Seite

24-105

Öbringen/Württ.,

1. September

1962

Untersuchungen zur quartären Bruchtektonik der Niederrheinischen Bucht Von

L U D W I G AHORNER, K ö l n

Mit 23 Abbildungen im Text und 4 Tafeln (II—V) Z u s a m m e n f a s s u n g : Ausführliche feldgeologische und morphologische Studien sowie die Auswertung zahlreicher Tiefbohrungen (zum Teil unter Anwendung sedimentpetrographischer Methoden) ermöglichten eine kritische Neubearbeitung der quartären („fortlebenden") Tektonik der Niederrheinischen Bucht. Es wird insbesondere auf die Lagerung des Pleistozäns — vor allem der älteren Flußterrassen von Rhein und Maas — in der linksrheinischen Buchthälfte eingegangen und die Art und das Ausmaß der tektonischen Lagerungsstörungen sowie deren räumliche und zeitliche Entwicklung aufgezeigt und in Karten (Taf. II—IV) dargestellt. Die junge Tektonik besitzt einen germanotypen Charakter. Ihr Baustil wird bestimmt einer­ seits durch weiträumige Schichtverbiegungen, Scholienschrägstellungen und trogförmige Einsenkungen, zum andern durch zahlreiche Verwerfungen mit überwiegend vertikaler, abschiebender Be­ wegungskomponente. Die Bruchlinien streichen gewöhnlich NW—SE („niederrheinisch") — seltener WNW—ESE, NNW—SSE, NNE—SSW, NE—SW — und weisen eine quartäre Sprunghöhe bis zu 175 m auf. Der tektonische Formenschatz läßt im Bereich der Niederrheinischen Bucht auf eine regional dehnende Krustenbeanspruchung in SW—NE-Richtung schließen (absoluter Ausweitungs­ betrag seit Beginn des Quartärs möglicherweise 90—180 m), im ganzen rheinischen Raum auf eine Anhebung und Schrägstellung der „Westdeutschen Großscholle" gegen NW. Die quartäre Kippschollentektonik stellt keine selbständige Gebirgsbildung dar, sondern sie ist in räumlicher, zeitlicher und kinetischer Hinsicht aufs engste mit der jungtertiären Bruchtektonik der Niederrheinischen Bucht verknüpft. Man faßt beide am besten zu einem jungtertiär-quartären Bruchbildungszyklus zusammen. Dieser setzt mit schwachen, aber verbreiteten Bruchbewegungen im höheren Miozän (vermutlich mit dem Sarmat) ein; örtlich auch sdion etwas früher (im Hei vet und Torton). Im Verlauf der Pliozän-Zeit verstärkt sich die Bruchtätigkeit, und der Höhepunkt der Schollenverschiebungen wird im oberen Pliozän und im älteren Pleistozän erreicht. Erhebliche synsedimentäre und intersedimentäre Krustenbewegungen haben sich im Quartär während der Bil­ dungszeit der Älteren und der Jüngeren Hauptterrasse, d. h. im prä-günz-eiszeitlichen und günzeiszeitlichen Pleistozän ereignet, wo an manchen Sprüngen ein Verwurf von 80 und mehr Metern aufriß. Auch nach der Günz-Eiszeit kam es noch zu beträchtlichen Dislokationen, welche sich ge­ wöhnlich deutlich in der heutigen Geländegestalt abzeichnen. Diese Bruchbewegungen erfolgen zum Teil vor dem Drenthe-Stadium der Riß-Eiszeit (vermutlich gekoppelt mit dem kräftigen Aufleben der Kippbewegung der „Westdeutschen Großscholle" im Mindel-Glazial und im Mindel/Riß-Interglazial), zum Teil während dieser Zeitspanne und auch noch nachher. Ablagerungen der DrentheZeit sind an großen „fortlebenden" Sprüngen bis zu 30 m verworfen. Mit dem Riß/Würm-Inter­ glazial und der Würm-Eiszeit klingt die Bruchtätigkeit merklich ab. Erst in der Nacheiszeit und der Gegenwart scheint sie wieder etwas aufzuleben. Die quartäre Bruchtektonik beschränkt sich in ihrer räumlichen Verbreitung im wesentlichen auf einen mittleren und westlichen Teilabschnitt der Niederrheinischen Bucht, wo sich ein von be­ deutsamen Randstrukturen begrenzter Schollenstreifen („Niederrheinische Hauptbruchfurche") nicht erst in quartärer Zeit, sondern in gleicher Weise auch schon früher im Tertiär als ein Häufungs­ gebiet besonders großer Verwerfungen bemerkbar macht. In historischer Zeit stellt diese mobile Bruchfurche eine Zone erhöhter Seismizität dar. S u m m a r v l ) . Extensive investigations in field geology and geomorphology as well as the interpretation of numerous bore hole profiles (with occassional application of sediment-petrological methods) supported a revision of Quaternary structural activity („fortlebende Tektonik") in the Lower Rhine Valley. The stratigraphic position of the Pleistocene deposits in the western region of the Lower Rhine Valley — in particular those of the older river terraces of Rhein and Ivleuse — has been discussed in detail. Kind and dimension of structural displacements and their regional and time-bound development has been analyzed and is illustrated on graphs and maps

(pi. i i - i v ) .

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1) Der Verf. ist Prof. Dr. U. Jux für die Ubersetzung der englischen Zusammenfassung zu Dank verpflichtet.


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