Quaternary Science Journal - Über die Größe der pleistozänen Pferde der Caballus-Gruppe in Euro...

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Eiszeitalter

und

Gegenwart

Band

12

Seite

gg-124

Öhringen/Württ.

ib. Januar

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Über d i e Größe d e r p l e i s t o z ä n e n Pferde d e r C a b a l l u s - G r u p p e in Europa u n d N o r d a s i e n V o n O. S I C K E N B E R G , H a n n o v e r Mit 5 Abbildungen im Text Z u s a m m e n f a s s u n g : Neben Schädel- und Zahnbau ist die Körpergröße und die Proportionierung des metapodialen Gliedmaßenabschnittes ein sehr wichtiges Merkmal. Für beide wer­ den Beziehungen zu bestimmten Temperaturverhältnissen des jeweiligen Lebensraumes und zu dessen landschaftlichen Charakter wahrscheinlich gemacht. Ihre Ermittlung vermag auch wertvolle Hinweise in taxionomischen und stammesgeschichtlichen Fragen zu geben, als Merkmale allein genommen können sie aber nicht als Grundlage einer taxionomischen Ordnung dienen, da An­ gehörige verschiedener Formenkreise annähernd gleiche Körpergröße und -proportionierung zei­ gen. Im Gegensatz zu den Eseln, Halbeseln, Zebras, aber auch zum Przewalski-Pferd und wahr­ scheinlich auch zu den Pferden des Equus sanmeniensis — Formenkreises sind sämtliche pleisto­ zänen Pferde der Untergattung Caballus in der eurosibirischen Region unabhängig von der Körpergröße „schwer" gebaut, a. h. sie besitzen kurze, verhältnismäßig plumpe Metapodien. Sie waren Wald-, Bergland oder Tundrabewohner und nicht in trockenwarmen oder -kalten, ebenen Steppengebieten beheimatet. Das gleiche dürfte auch für die altquartären Pferde des „Allohippus"Formenkreises anzunehmen sein. Eine Gruppierung nach drei Größenkategorien kann vorgenom­ men werden (Groß-, Mittel- und Kleinpferde). Groß- und Kleinpferde gehören möglicherweise jeweils zu einer taxionomischen Einheit, die Mittelpferde sind dagegen ein Formengemenge. Zu­ mindest von der Holstein-Warmzeit an erscheinen in Mittel- und Osteuropa, sowie in Nordasien große Pferde in den Tiergesellschaften der wärmeren Phasen, das Auftreten von Klein- und Kleinst­ pferden steht im Zusammenhang mit dem Vorherrschen ungünstiger Klimabedingungen. S u m m a r y . Apart from skull- and tooth-structure, the size of body and the proportioning of the metapodial section of limbs are very important characteristics. Both criteria are said to be related with certain conditions of temperature of the respective living area as well as with its specific scenery. Moreover, their investigation can yield valuable indications as to taxionomy and phylogeny. Merely taken as characteristics, they do not suffice to serve as a base for a taxionomic classification, since members of different type-series show approximately the same size and proportioning of body. In opposition to donkeys, zebras and even to the Przewalski horse as well as probably to the horses of the Equus sanmeniensis series, all pleistocene horses of the Caballus subgenus in the eurosiberian region are — independant of the size of body — "heavily" built, that means they have got short, relatively clumsy metapodial bones. They were dwellers in woods, in highlands or in the tundra and not in dry-warm or dry-cold plain steppes. The same may be assumed for the old-quaternary horses of the "Allohippus" series. A classification into three cate­ gories can be carried through (large-, medium- and small-sized horses). Large- and small-sized horses may possibly belong to one taxionomic unity each. The mediumsized horses on the other hand represent a product of an intermingling of types. Beginning with the Holstein-Warm-Period at the latest, in Central and Eastern Europe as well as in Northern Asia, large horses occur in the association of animals of the warmer phases. The occurrence of small and smallest horses is connected with the prevailing of unfavourable climatic conditions.

I Wohl alle Bearbeiter sind sich über den nach wie vor unbefriedigenden S t a n d unserer Kenntnisse über die pleistozänen Equiden einig. D a wir uns nicht einmal über T a x i o n o m i e und N o m e n k l a t o r i k hinreichend klar sind, k a n n nicht erwartet werden, wir vermöchten bestimmte Aussagen über die phyletischen Beziehungen, über die stratigraphische Reich­ weite einzelner Formen, über Lebensraum u n d Lebensgewohnheiten, über die g e o g r a ­ phische Verteilung und über vielleicht eingetretene Arealverschiebungen zu treffen. D e r Ursachen, die dafür verantwortlich zu machen sind, sind mehrere. Funde ganzer Skelette oder größerer zusammenhängender Skeletteile, j a selbst nur gut erhaltener Schädel sind selten. Einigermaßen bekannt sind nur die Equidenreste bestimmter Fundorte in Deutsch­ land, Schweiz und Österreich sowie in Frankreich, E n g l a n d und den Niederlanden. In den letztgenannten drei L ä n d e r n erfolgten in letzter Zeit allerdings hauptsächlich nur 7


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