Krampus. Masken und Postkarten

Page 21

18|19

Karl Wohlgemuth Ein Sammlerleben

Pa O l a H Ü Bl e r

Die im Stadtmuseum Bozen aufbewahrte Maskensammlung umfasst 65 Exemplare, von denen nicht weniger als 58 zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Karl Wohlgemuth erworben wurden. Sie stammen größtenteils aus dem östlichen Südtirol und aus Osttirol. Karl Wohlgemuth ist wenig bekannt, nicht nur beim breiten Publikum, sondern auch unter den Fachleuten. Er war 1867 in Bozen geboren, wo er bis 1914 lebte. Sein Vater hatte ein Stoffgeschäft unter den Lauben, sein Onkel hatte einen kleinen, nach der Familie benannten Verlag gegründet. In seiner Jugend sammelte Wohlgemuth zuerst Mineralien und dann, unter Anleitung seines Lehrers, zoologische Präparate und nahm dabei Kontakte zu gleichgesinnten Sammlern auf. Nachdem er mit 22 Jahren seine Lehrerausbildung abgeschlossen hatte, bekam er immer wieder Lehrangebote aus dem Ausland, zog es aber vor, in Bozen zu bleiben. Aus gesundheitlichen Gründen übersiedelte er nach Riva del Garda, wo er 1933 starb. Im ausgehenden 19. Jahrhundert waren in Deutschland zwei neue Wissenszweige erwachsen: die Völkerkunde, die ihr Augenmerk vornehmlich der Kultur außereuropäischer und schriftloser Völker zuwandte, und die Volkskunde, die sich mit der Alltagskultur (Brauchtum, Trachten, Volkslieder, usw.) der europäischen Landbevölkerung beschäftigte. Im Alter von 28 Jahren tat Wohlgemuth einen für seine künftige Sammlertätigkeit entscheidenden Schritt: „Ich hing meine geliebte Zoologie an den Nagel und ging mit fliegenden Fahnen zur Völkerkunde und dann zur Volkskunde meiner engeren Heimat über.“ 1 Wohlgemuth legte großen Weitblick an den Tag, als er sich mit allergrößter Begeisterung in das Studium der Völker- und Volkskunde ver-

tiefte. In den nachfolgenden 15 Jahren unternahm er abenteuerliche Reisen auch in ferne Länder und stellte dabei an die 1600 Gegenstände zusammen, besonders von den Primitiven aus Neuguinea, Neuseeland, Afrika und Japan, aber auch Kleidungsstücke und Trachten, Schlittenund Kanumodelle der Eskimos, Angriffs- und Verteidigungswaffen von nordamerikanischen Indianerstämmen, Mumien, Geschirr und Waffen der Indios aus den brasilianischen und peruanischen Regenwäldern. Diese nach Herkunftsländern geordnete exotische Sammlung wurde in einem Saal des Bozner Museums ausgestellt, wo sie bei den Besuchern großes Erstaunen hervorrief. Sie wurde im Jahr 1910 zu einem Spottpreis an das neu gegründete Museum für Völkerkunde in Gießen (Deutschland) verkauft. Wohlgemuth war sehr enttäuscht, dass seine Geburtsstadt kein Interesse am Erwerb der Sammlung gezeigt hatte: „In 26 Kisten verpackt, ging sie (die Sammlung) nach Gießen, um dort den Grundstock für ein Museum für Völkerkunde zu bilden. Mein Lebenswerk ging, ich blieb in meiner Heimat zurück. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre damals mitgegangen […].“2 In eben diesen Jahren hatte Wohlgemuth bei seinen vielen Reisen und Ausflügen durch das Eisack- und das Pustertal auch eine Sammlung von Gegenständen zur Alltagskultur unseres Landes zusammengestellt, die beim Museumsverein Bozen auf großes, einstimmiges Interesse stieß: Er erwarb zwischen 1909 und 1933 rund 4000 Gegenstände, darunter auch die wertvollen Masken. Und gerade in Bezug auf die Masken berichtet Wohlgemuth: „Es war vor Jahren. Ich verabschiedete mich gerade vom Direktor des Museums für Völkerkunde in Berlin, Prof. Dr. Bastian, welcher zu mir noch meinte:


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.