5 minute read

Staatlich geförderte Altersvorsorge – Der Ruf

Der Staat fördert mit unterschiedlichen, steuerlichen Werkzeugen die zusätzliche Altersvorsorge seiner Bürger. Das ist mehr oder weniger erfolgreich; vor allem im Riester-Modell knirscht es bedenklich. An Ideen für neuen Schwung mangelt es nicht, doch sie müssten auch umgesetzt werden. Darauf warten die Bürger – und letztlich auch die Makler. anderem liegen, denn der Staat tue bereits viel mehr: „Mit dem 2018 eingeführten Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) hat die Bundesregierung für eine ganze Reihe von Veränderungen in der Produktwelt der zweiten Schicht gesorgt: Förderung von Geringverdienern, Freibeträge bei der Grund-

sicherung, höherer Förderrahmen im § 3 Nr. 63 EStG, verpflichtende Arbeitgeberzuschüsse, reine Beitragszusagen und vieles mehr.“ Das habe seither zu einer stärkeren Verbreitung der bAV geführt. Für die Umsetzung der reinen Beitragszusage als Novum in der bAV hätten sich einige Konsortien gebildet, darunter die „Initiative Vorsorge“ mit der ALTE LEIPZIGER als Konsortialführer. Das Besondere an dieser Lösung: Sie lasse sich individuell an die Bedürfnisse der Sozialpartner anpassen und

Eine über das Renteneintrittsalter hinausreichende Erwerbszeit können sich 39 % der Deutschen vorstellen beziehungsweise haben schon länger gearbeitet als gesetzlich vorgesehen. Das hat die Befragung im Rahmen der 50plus-Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) mit dem Titel »Übergänge zum Altern« ergeben. Für 48 % dagegen kommt oder kam eine solche Verlängerung der beruflichen Karriere nicht in Frage. Unter den noch Berufstätigen ist die Bereitschaft zu einer verlängerten Erwerbsphase sogar leicht höher. Zugleich wollen oder können sich 15 % der Erwerbstätigen noch nicht festlegen, ob dies für sie einmal eine Option sein wird. Wenn es so weitergeht mit der finanziellen Altersabsicherung mittels gesetzlicher Rente, Riester & Co. wird sich das Verhältnis zugunsten der Willigen möglicherweise deutlich verschieben (müssen). Denn es liegt einiges im Argen, die Politik bleibt nach wie vor wirkliche Entscheidungen schuldig – und vor allem das Riester-Modell tritt mehr oder weniger auf der Stelle. Schon seit einigen Jahren sinkt die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge kontinuierlich. Sollte also der Staat mehr für die Abschlussfreudigkeit der Deutschen im Hinblick auf Riester und Rürup tun? Jens Göhner, Leiter Produkt- und Vertriebsmarketing Vorsorge und Investment bei der Stuttgarter Lebensversicherung, sagt hierzu: „Laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sind derzeit drei Millionen Selbstständige in Deutschland für das Alter nicht abgesichert. Deshalb sollte der Staat neben der ‚Verjüngungskur‘ bei der Riester-Rente die angedachte Altersvorsorgepflicht für Selbständige zügig umsetzen.“ Alternativ zu einer Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung oder in ein Versorgungswerk sollten Selbstständige dann auch mit einer Rürup-Rente vorsorgen können. Was er unter Verjüngungskur versteht, erklärt Göhner so: „Das System, zum Beispiel rund um die Zulagenförderung, ist sehr komplex. Dadurch ist die Riester-Rente für Kunden teilweise

schwer verständlich.“ Dazu kämen die starren staatlichen Vorgaben wie der zwingende Beitragserhalt. Vor allem wegen der Niedrigzinsphase litten darunter die Renditechancen. Die Stuttgarter unterstütze deshalb das gesetzliche Vorhaben, die zwingende 100-ProzentGarantie abzuschaffen und geringere Garantien zuzulassen.

Laut Dr. Jürgen Bierbaum, Vorstand ALTE LEIPZIGER Lebensversicherung, sollte der Scherpunkt auf etwas ganz

Der Ruf nach Freiheit

Jens Hasselbächer

Vorstand R+V Versicherung AG

Dr. Jürgen Bierbaum

Vorstand ALTE LEIPZIGER Lebensversicherung a. G.

zeichne sich durch hohe Transparenz und geringe Kosten aus. Man warte allerdings noch auf den Durchbruch dieses Produkts am Markt. Wichtig wäre, dass alle Beteiligten auf die staatlichen Förderungen offensiver hinwiesen, damit möglichst viele Menschen die vorhandenen Möglichkeiten nutzten, um

ausreichend für ihr Alter vorzusorgen. Konzeptionellen Arbeitsbedarf sieht er jedoch beim Riester-Produkt: „Eine Reform der Riester-Rente steht seit einiger Zeit auf der politischen Agenda, hatte aber durch andere Themen (Corona) nicht mehr die erhoffte Dringlichkeit.“ Wegen der demografischen Entwicklung sei ein sinkendes Niveau der gesetzlichen Rente praktisch unausweichlich. Das müsse durch private Vorsorge ausgeglichen werden. So sei die RiesterRente bei ihrer Einführung begründet worden – und diese Logik gelte auch heute noch. Das bedeute jedoch nicht, dass keine Verbesserungen am Produkt möglich seien. Im Koalitions-Vertrag sei die Entwicklung eines einfachen, verständlichen und kostengünstigen Riester-Basisprodukt gefordert worden. Den größten Optimierungsbedarf gebe

es bei der Vereinfachung des Zulagenverfahrens. Außerdem sei eine Abkehr von der Beitragsgarantie von 100 % erforderlich, die im Umfeld niedriger oder negativer Zinsen nicht mehr darstellbar sei und die Ertragschancen der Kunden stark reduziere.

Jens Göhner

Leiter Produkt- und Vertriebsmarketing Stuttgarter Lebensversicherung a. G.

Weniger Bürokratie erforderlich

Jens Hasselbächer, Leiter einer Landesarbeitsgruppe Vorsorge und Vorstand der R+V Versicherung AG, reibt sich an Grundsätzlichem in der aktuellen Diskussion: „Die Deutschland-Rente ist keine Alternative, wir brauchen stattdessen eine zukunftsfeste Reform der Riesterrente. „Nach wie vor ist die Riester-Idee ganz hervorragend. Sie muss aber angesichts des Null- und Minuszinsumfelds dringend weiterentwickelt und zukunftsfest gemacht werden. Und zwar jetzt.“ Die Kernpunkte dabei sind aus Sicht der Landesarbeitsgruppe: Mehr Flexibilität in der Kapitalanlage und bei den Garantien und dadurch bessere Renditechancen. Der gesamte Prozess solle bürokratieschlanker und weniger kompliziert bei den Zulagenverfahren gemacht werden. Der seit vielen Jahren starr gedeckelte Höchstbeitrag von 2.100 Euro müsse abgeschafft werden, um den steigenden Einkommen in Deutschland Rechnung zu tragen. Eine attraktive Förderung, etwa durch eine höhere Grundzulage, und schließlich eine Öffnung für alle Steuerpflichtigen, also etwa auch für Selbstständige, müsse geschaffen werden. „Kurz gesagt: Riester muss für alle einfacher und leistungsstärker werden“, so Hasselbächer.

Wieso es für eine Reform der Riesterrente aktuell allerhöchste Zeit ist, erklärt er auch: „Jede weitere Verzögerung schafft Unsicherheit, und die ist bekanntlich der schlimmste Feind einer jeden planbaren Altersvorsorge. Besonders in Zeiten wie diesen brauchen wir mutige Weichenstellungen in Richtung einer weiteren Verlängerung der Lebensarbeitszeit, mehr Transparenz in der Alterssicherung und die Stärkung der eigenverantwortlichen, kapitalgedeckten Altersvorsorge.“ Nur so lasse sich das große Ziel erreichen, den Älteren einen auskömmlichen Lebensabend zu ermöglichen, ohne die junge, erwerbstätige Generation zu überlasten. Die Landesarbeitsgruppe spricht sich daher deutlich gegen einen Vorsorgefonds mit Staatssiegel aus. „Staatlich organisiertes Zwangssparen, wie es etwa beim Modell der Hessischen Landesregierung vorgesehen ist, kann keine Alternative sein“, so Hasselbächer. Wenn ein Altersvorsorgeprodukt mit staatlichem Siegel und mit massiven, unfairen Vorteilen auf den Markt komme, müsse am Ende der Steuerzahler bei einer negativen Entwicklung des Produktes zahlen. Marktwirtschaftliche Prinzipien würden ausgehebelt. „Eine reformierte und optimierte Riesterrente kann und wird hingegen neuen Schwung in die private Altersvorsorge bringen“, sagt Hasselbächer. (hdm)

This article is from: