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China – Der große Kampfgeist

Der große Kampfgeist

Die chinesische Führung hat eine Vision. Man will ganz nach oben. Auch wenn das Reich der Mitte im vergangenen Jahr etwas Federn lassen musste, so stehen die Ampeln wieder auf Grün. Insofern machen hier langfristig angedachte Investments in einem breit diversifizierten Portfolio durchaus Sinn.

Der Blick auf Chinas ökonomische Entwicklung in 2021 kommt nicht ohne einen Rückblick aus. Die Corona-Pandemie hat hier ihren Ursprung. Und trotz der weltweiten Krise ist die chinesische Wirtschaft 2020 gewachsen, als eine der wenigen Volkswirtschaften der Welt. Um immerhin 2 % im Vergleich zum Vorjahr. Zugegeben, die schwächste Steigerungsrate in mehr als vier Jahrzehnten. Aber immerhin. Davon können wir in Euroland als auch die Vereinigten Staaten als direkter Kontrahent der Chinesen nur träumen. Rund um die Jahreswende titelte BBC dann: „Chinese economy to overtake US ‚by 2028‘ due to COVID“. Kurz: 2028 soll China die US-amerikanische Wirtschaft als stärkste globale Ökonomie ablösen. Das ist eine Ansage.

Binnenwirtschaft wird wichtiger

Joep Huntjens, Head of Asian Fixed Income bei NN IP, fast zusammen: “Wichtige Sektoren der chinesischen Wirtschaft wie das verarbeitende Gewerbe und die Immobilienentwicklung hatten sich bereits im 3. Quartal des Jahres vollständig erholt. Im Jahr 2021 dürfte sich die positive Wirtschaftsdynamik in China fortsetzen, obwohl das sehr starke Exportwachstum nicht nachhaltig sein dürfte. In den nächsten Jahren wird die Wirtschaft in China voraussichtlich ein jährliches Wachstum von 5 % verzeichnen, wobei die Binnennachfrage zu einem immer wichtigeren Wachstumstreiber wird.“ Man stelle fest, dass sich nun auch der Privatkonsum erhole, da Arbeitsplätze wieder sicherer geworden seien und auch die Ersparnisse während Corona gestiegen wären, bemerkt May Ling Wee, Portfoliomanagerin bei Janus Henderson. Folglich hat sich auch das Unternehmervertrauen verbessert, was im Laufe der Zeit zu stärkeren privaten Produktionsinvestitionen führen kann. Auch aus der Industrie gab es zuletzt positive Impulse. Der chinesische Automarkt ist im November wieder stark gewachsen. Davon profitieren auch die deutschen Hersteller. Allein gen Ende 2020 stieg der Absatz von Fahrzeugen an die Händler im Jahresvergleich um kräftige 11,1 %, wie der Herstellerverband CAAM mitteilte.

Joep Huntjens

Head of Asian Fixed Income NN Investment Partners

June Lui

Portfoliomanagerin BMO Global Asset Management

May Ling Wee

Portfoliomanagerin Janus Henderson

Die staatstragende Kommunistische Partei Chinas feiert in Kürze ihren 100. Geburtstag. Und in einem Atemzug soll auch der neue Fünf-Jahres-Plan beschlossen werden. Er soll das Land wirtschaftlich noch stabiler halten. In Peking nennt man es „doppelter Wirtschaftskreislauf“. Stand, wie erwähnt, in der Vergangenheit oftmals der Export einseitig im Fokus, wird nun auch die Binnennachfrage gestärkt. „Nachfrageseitige Reformen, die zu einem Anstieg der Inlandsnachfrage beitragen, führen zu Verbesserungen in Chinas sozialem Sicherungssystem und einer Verringerung der Einkommens- und Vermögensungleichheit. Diese Politik sollte zu einem geringeren, aber nachhaltigeren Wachstum führen, verglichen mit der schuldenfinanzierten, auf Infrastrukturinvestitionen ausgerichteten Politik, die zur Stimulierung der Wirtschaft nach der globalen Finanzkrise umgesetzt wurde“, fasst NN IP-Experte Huntjens zusammen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass die strategischen Interessen Pekings einem fundamentalen Wandel unterworfen sind. Im Gegenteil. Das Wachstum wird eher auf solidere Füße gestellt. Wie unverändert groß der Machtanspruch Chinas ist, lässt sich auch am neuen Freihandelsabkommen RCEP ablesen. Mit der Unterzeichnung der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) haben 15 asiatische Staaten die größte Freihandelszone der Welt ins Leben gerufen. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung leben in diesem Staatenraum, das seinerseits knapp 30 % zum Welthandel beisteuert. China ist, neben Japan, der zentrale Anker dieses Bündnisses.

Technologie als Wachstumstreiber

Sehr stark ist auch das Bewusstsein technologischer Fortschritte zu spüren. Bis 2025 will China zu den weltweiten Technologieführern aufsteigen. Überall im Land ist geradezu ein ausgeprägtes Maß an Innovation und Veränderung zu sehen. Die Führung in Peking will den Ruf als Hersteller von simpler Massenware für immer abschütteln. Ein Beispiel ist Alibaba: So haben sich die Aktien des Technologieriesen seit dem IPO von vor fünf Jahren mehr als verdreifacht. Alibaba hat die Investoren mit dem Wachstum seiner E-Commerce- und Cloud-Plattformen mehr als überzeugt. „Die vielleicht wichtigste Veränderung, die wir in der Krise erlebt haben, ist die Beschleunigung in der Anwendung von Technologie, was die Skalenvorteile von einigen führenden Technologieunternehmen noch einmal erhöht und ihre Position im Wettbewerb stärkt“, ist einem Marktkommentar des Emerging Markets Equity Teams von Baillie Gifford zu entnehmen.

Ob Sie nun Ihren Kunden eher aktiv gemanagte Fonds oder passive Indexfonds (ETFs) als Anreicherung fürs Depot empfehlen möchten, sei Ihnen überlassen. June Lui, Lead Fondsmanagerin des BMO LGM Responsible China A-Shares Equity, vertritt hier eine klare Position, insbesondere mit Blick auf manche Zweifel an der Unternehmensführung: „Wir sind der festen Überzeugung, dass eine passive Lösung kein besonders sinnvoller Ansatz ist, wenn es um chinesische Aktien geht. Jede Investition in einen sich entwickelnden Markt birgt ein erhöhtes Risiko.“ Weiter verweist sie auf den sich abzeichnenden Wandel der Wirtschaft, der Chancen offenbare. „Vor diesem Hintergrund investieren wir in das inländische Potenzial der Wirtschaft, durch eine Reihe von inländischen Engagements wie By Health (ein führender Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln) und Zhejiang Supor Cookware (führender Hersteller von Haushaltswaren), um nur einige zu nennen“, bemerkt Fondsmanagerin Lui abschließend. (ah)

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