GeWitter Juni 2012

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GeWitter 06/12

Seitenbühne frei für Elisabeth Donaczi „Kreative GeWis“ – keine treffendere Formulierung lässt sich für Elisabeth Donaczi finden. Mit dem Verein Seitenbühne bietet sie hochwertiges Theater. von Karin Talaber

D

er neu gegründete Grazer Verein Seitenbühne hat es sich zur Aufgabe gemacht, selten gespielte Stücke großer Literatinnen aufzuführen. Mit Thomas Bernhards Dramoletten „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“ ist ihm der Auftakt dabei wahrlich gelungen. Mit der Wahl ihres ersten Stückes, das 1986 in Bochum uraufgeführt wurde, hat es sich die Gruppe auch nicht ganz einfach gemacht. Denn einerseits wurde Bernhard schon seit drei Jahrzehnten nicht mehr in Graz gespielt und andererseits waren laut Elli Donaczi wirklich gute Argumente vonnöten, um die Aufführungsrechte vom Suhrkamp-Verlag überhaupt zu erhalten. Aber nichts desto weniger haben sich nach der Zusage des Verlags die Wochen mit wenig Schlaf, dafür mit viel Arbeit wirklich bezahlt gemacht: Dem Verein um Elli Donaczi und Nicolas Müller-Lorenz ist ein außerordentlicher Start mit dem Ruf nach mehr geglückt.

Power, die einem fast die Sprache verschlägt

Nach nur wenigen persönlichen Worten mit Elli wird klar, was für eine immense Power in dieser zierlichen Frau steckt. Aufgewachsen in der grünen Obersteiermark, kam sie für das Studium nach Graz. Da ihr Sprache bereits als Kleinkind immer eine Heimat war, entschied

sie sich für das Diplomstudium Anglistik und Amerikanistik an der Karl-Franzens-Universität. Im Jahr 2011 beendete sie dieses mit ihrer Diplomarbeit im Bereich der Englischen Literaturwissenschaften. Neben ihrem derzeitigen Brotberuf als Lektorin in einer Grazer Firma und ihrer Leidenschaft, dem Theater, findet sie nach wie vor Zeit, Stunden auf der Uni zu verbringen, um ihre Dissertation zu verfassen.

„Kleine Bühnen – großes Theater“ – „Natürlich“

Nachdem Donaczi das Ziel des Vereins formuliert, nämlich das Angebot von staatlicher Seite und anderen großen Theatern durch Stücke, die nie oder nur selten gespielt werden, zu ergänzen, wird der Zuhörerin sofort klar, warum es gar kein anderes Stück als dieses von Bernhard hätte werden können. Wird doch in den Dramoletten der Theaterwahnsinn in seiner Zwiespältigkeit karikiert. Die konkreten Personen in der Inszenierung des Vereins stehen für Künstlerinnen im Allgemeinen, die als Persönlichkeiten voller Widersprüche und Ironie in ihrem Handeln auftreten. Dabei ist, wie Elli formuliert, „immer der beißende Humor Bernhards da. Die Frage ist nur, wann lache ich und wann bleibt mir das Lachen im Halse stecken.“ Unterstützt wird die Zuschauerin dabei von Wolfgang Müller-Lorenz, dem langjährigen Grazer Operntenor

und Hauptdarsteller des Stückes, der eine brillante Peymann-Karikatur abgibt. All dies lässt auf viele zukünftige Projekte hoffen, die Elli Donaczi (Fräulein Schneider) mit ihren Kollegen Nicolas Müller-Lorenz (Regie), Wolfgang Müller-Lorenz (Claus Peymann), Siegfried Galler (Thomas Bernhard) und János Mischuretz (Hermann Beil) hoffentlich umsetzen wird.

zum stück “Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen” Das Stück ist eine Zusammenstellung von drei Einaktern, gespielt vom neuen Grazer Verein Seitenbühne (www.seitenbuehne.at) im TTZ. 1. Claus Peymann verlässt Bochum und geht als Burgtheaterdirektor nach Wien Der erste Einakter spielt in Bochum und Wien. Peymann wird als neuer Burgtheaterdirektor nach Wien berufen. Gemeinsam mit Fräulein Schneider bereitet er in seinem Bochumer Büro die Umsiedelung, dargestellt mit absurden Mitteln, vor. Fräulein Schneider packt für Peymann Schauspieler und seine Lieblingsdramaturgen für die Reise in verschiedene Koffer. 2. Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen Der zweite Einakter spielt in Wien. Nachdem sich Peymann gemeinsam mit Thomas Bernhard eine Hose gekauft hat, gehen sie in einem Wiener Restaurant eine Suppe essen. Dabei führen sie Gespräche über ihre unterschiedlichen Ansichten das Theater betreffend und tauschen sich über Österreich aus. 3. Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese Hermann Beil und Claus Peymann machen einen Ausflug auf die Sulzwiese am Kahlenberg. Dort philosophieren sie bei einer (kalten Schnitzel-)Jause. Beil bejaht dabei beinahe jeden Satz von Peymann mit „Natürlich“.


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