Sozialpflichtiges Eigentum?

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IMMObilien FOKUS 02-2021 Seite: 97 Land: Österreich Region: Überregional

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Zum Autor ÖVI Präsident Georg Flödl ist geschäftsführender Partner von Funk Immobilien, seit langem in unterschiedlichen Funktionen in der Immobilienbranche tätig und Mitbegründer der ÖVI Young Professionals.

Sozialpflichtiges Eigentum? Kommentar: Georg Flödl

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht der Satz: Eigentum verpflichtet. Dennoch ist der Berliner Mietendeckel vorerst Geschichte. Der deutsche Bundesgerichtshof tritt immer wieder als zuverlässiger Hüter der Verfassung in Erscheinung. Dies wünschte man sich gerade in Sachen Eigentum auch von dessen österreichischem Pendant. Eine Gruppe engagierter Zinshauseigentümerhat vor mehreren Jahren den Weg zum VfGH beschriften, um die offensichtlichen Disparitäten des Richtwertmietgesetzes zu bekämpfen. Leider hat der Gerichtshof die Argumente ohne große inhaltliche Auseinandersetzungvom Tisch

gewischt.

Ewiges Thema Richtwert Mittlerweile wird der Kampf um den Richtwert immer erbitterter geführt. Prozessfinanzierer haben ein lukratives Geschäftsmodell erkannt Die Rechtsunsicherheit punkto Lagezuschlag ist fast nicht mehr zu toppen. Doch der eigentlich Zuständige, der österreichische Gesetzgeber,schweigt sich aus. Dieser Umstand ist auch in Zeiten der COVID19-Pandemie in anderen Bereichen erkennbar: Vermieter sind mit bis zu loo%igen Mietzinsminderungsansprüchen konfrontiert, können aber im Gegensatz zu Untemehmensmietern nicht an den Förderinstrumenten partizipieren. Noch beim Fixkostenzuschuss I im ersten Lockdown ist der Pressemeldungdes Finanzministeriums zu entnehmen, dass COVID19-bedrängte Unternehmen damit weiterhin die Geschäftsraummiete zahlen können sollen. Ein halbes Jahr später beim Fixkostenzuschuss II ist die .

Kommunikation schon verändert: Im Kleingedruckten der Förderbedingungen der COFAG ist eine Schadensminderungspflichtdes Förderungswerbers (Mieter) normiert, der Geschäftsraummieter erhält nur einen Fixkostenzuschuss, wenn er beim Vermieter eine Mietzinsminderung angestrebt hat.

Die Unsicherheit bleibt Die unklare Rechtslage der §§ 1104 ff wird dieser Situation aber nicht gerecht. Erst jüngst hat das BMF in einer parlamentarischenAnfragebeantwortung auf den Zivilrechtsweg verwiesen. In einigen Jahren werden wir es also wissen. Die Politik lässt hier Mieter und Vermieter gleichermaßen im Regen stehen.

Dass überdies die Vermieter von jeglicherstaatlicher Unterstützungsleistung bislang ausgeschlossen waren, komplettiert dieses Bild. Die Lage kann für Vermieter durchaus prekär werden, wenn diese einen hohen Anteil an gewerblichen Mietern und/oder Pächternhaben. Förderungstechnisch wird der Eigentümer eines Zinshauses nicht als Unternehmer gesehen, auch wenn dieses aber sehr wohl als Unternehmen im Sinn des § 1409 ABGB angesehen wird.

Eigentum verpflichtet. Dieser Grundsatz einer Sozialpflichtigkeitist offenbar in der österreichischen "Realverfassung" verankert. Rechtsmittel gibt es hier aber keine. Ob diese Einstellung Investitionen im Sinn des Green Deal und der Dekarbonisierung fördert, ist mehr als fraglich. Nicht nur bei

COVID-19, auch beim Thema Klimaneutralität ist ein gemeinsames Vorgehen nötig.

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