gmündguide - Stadtmagazin Schwäbisch Gmünd

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haus in München. Den internationalen Durchbruch von TRANSSOLAR und die Zusammenarbeit mit weltbekannten Architekten wie Steven Holl, Peter Zumthor, Zaha Hadid oder Jean Nouvel hat jedoch die Lehrtätigkeit von Matthias Schuler an der Harvard University in Cambrige gebracht, die 2001 begann – zunächst als eingeladener Lecturer, ab 2008 dann als Adjunct Professor. Er erinnert sich, dass es die ersten Jahre noch interne Diskussionen gab, was es bringe, alle 2 Wochen 3 Tage zum Unterricht dort zu sein. »Es hat zwar etwas gedauert, aber rückwirkend betrachtet, hat die Lehrtätigkeit in Harvard uns in die internationale Architektenschaft katapultiert und uns die Zusammenarbeit mit acht Pritzker-Preisträgern beschert.« Diese international bekannten Architekten sind teils sehr eigene Persönlichkeiten, sagt Schuler. »Umso wichtiger ist es, einen Zugang zu ihnen zu finden, eine Kommunikationsebene, Akzeptanz – denn sonst kann es schnell heißen: Wenn Sie dafür keine Lösung haben, hier ist die Tür!« Das es im Fall Matthias Schuler und TRANSSOLAR anders gelaufen ist, zeigt die hohe Reputation, die sie in der Fachwelt genießen – gerne werden sie auch »Architekten-Flüsterer« genannt. ie 1990iger Jahre waren für Transsolar vor allem durch Wachstum geprägt und 2003 wurde die Niederlassung München eröffnet, die durch den geschäftsführenden Gesellschafter Stefan Holst aufgebaut wurde und geleitet wird. Mit zunehmendem Erfolg und Bekanntheitsgrad wurde verstärkt mit internationalen Kunden zusammengearbeitet, wobei sich der nordamerikanische Markt für Transsolar zu einem Schlüsselmarkt entwickelte. Mit der Gründung der Transsolar Inc. wurde der internationalen Entwicklung von Transsolar Rechnung getragen. Erik Olsen löste 2009 den geschäftsführenden Gesellschafter Peter Voit als CEO in New York ab, der mit seiner Familie nach einer dreijährigen Aufbauphase wieder nach Stuttgart zurückkehrte. Heute sind 7 Ingenieure in New York beschäftigt. Ziel ist es, den Erfahrungsaustausch zwischen den Kulturen durch Personalrotation aufrechtzuerhalten und sets einen deutschen Ingenieur vor Ort zu haben. »Die Dependance New York ist natürlich bei Praktikanten und Diplomanten besonders begehrt«, schmunzelt Olsen. Aufgrund der zunehmenden Reputation auf dem französischen Markt wurde 2013 die Transsolar SAS Paris gegründet, die durch den geschäftsführenden Gesellschafter Helmut Meyer geleitet wird – mit tatkräftiger Unterstützung durch den französischen Ingenieur Arnaud Billard. »Paris hat gezeigt, wie wichtig Marktpräsenz und native Ansprechpartner vor Ort sind. Heute haben wir bereits drei französische Ingenieure, eine deutsche und eine italienische Ingenieurin in Paris beschäftigt«, so Helmut Meyer. Die Mitarbeiterstruktur ist sehr international, eine zwingende Voraussetzung für die Bearbeitung der weltweiten Projekte. Fachkräftemangel ist bisher noch kein Problem, die Bewerbungen ergeben sich aus TS-Kontakten zu Universitäten weltweit, wo die 3 Professoren im TRANSSOLAR-Team entweder lehren oder Vorträge halten. Junge Ingenieure bewerben sich heute internationaler und sprechen in der Regel mindestens eine Fremdsprache, was TRANSSOLAR zugute kommt. Ein weiterer Impuls war das Symposium »Connect Ideas – Maximize Impact« das 2012 anlässlich des 20-jährigen Bestehens von TRANSSOLAR 2012 veranstaltet wurde. Das Team wollte nicht nur feiern, sondern auch kritisch hinterfragen, welche Auswirkung die Arbeit von TRANSSOLAR hat. Die Anforderung der EU Carbon Roadmap sieht vor, bis 2050 im Gebäudebereich eine 90 prozentige Reduzierung des CO² Ausstoßes zu erreichen. Es wurden befreundete Architekten und Ingenieure eingeladen, um da-

»Wir helfen architekten, gebäude so zu bauen, dass sie besser für die menschen und besser für die umwelt sind.« rüber zu diskutieren. Eine Erkenntnis war, dass es kaum Wissen gibt über Möglichkeiten in Ländern der »majority world« – also den Ländern mit dem größten Bevölkerungswachstum und der damit einhergehenden Entwicklung, beispielsweise der Entstehung von »ungeplanten Stadtteilen«. Das war Impuls, 2012 die TS-Academy zu gründen. TRANSSOLAR hat 7 Stipendien ausgeschrieben, Voraussetzung: mindestens Bachelor-Abschluss in Architektur oder Ingenieur-Wissenschaften. Die Stipendiaten bringen ein eigenes Projekt im Fachgebiet Klima-/ Energietechnik mit, das sie während eines Jahres bei TRANSSOLAR vertiefen können, jeder Stipendiat bekommt einen TS-Mitarbeiter als Mentor zur Seite gestellt. Die Resonanz auf die erste Ausschreibung waren 50 Bewerbungen. Die Stipendiaten sind Ingenieure und Architekten aus Libanon, Bangladesch, Indien, Türkei, Ägypten und Äthiopien, die drei Frauen und vier Männer sind seit Oktober 2012 im Stuttgarter Büro. Sie sind sehr engagiert, haben Vorlesungen und praktische Ausbildung in den Simulations-Tools. »Welchen »impact« das schließlich haben wird, bleibt abzuwarten – es soll ein Austausch sein«, sagt Schuler. »Wir sind gemeinsam im Lernprozess und werten nach dem ersten Jahr aus, aber werden das Projekt sicher fortsetzen«. Ein wichtiges Ziel der TS-Academy ist, dass die internationalen Teilnehmer später zurück in ihre Länder gehen und versuchen, etwas aufzubauen. Sie haben dann die Möglichkeit, von dort jederzeit fachlichen Support bei TRANSSOLAR abzurufen. Ein nicht ganz uneigennütziger Effekt für das Unternehmen dabei ist, auf Kontinenten wie Afrika oder Indien Kontakte zu generieren und dort »einen Fuß in die Tür« zu bekommen. ie sieht Matthias Schuler die Zukunft von TRANSSOLAR? »Der weltweite Markt ist noch nicht durchdrungen. Wir sind jetzt rund 50 Leute und wollen eigentlich nicht größer werden. Wenn es der Markt aber tragen würde, hätte ich aber auch kein Problem, wenn es 50 Mal TRANSSOLAR auf der Welt gäbe. Wobei es Märkte gibt, zu denen wir absolut keinen Zugang haben, z.B. Indien. Dort Fuß zu fassen, wäre im Augenblick auch zu teuer. In China sieht da die Sache schon besser aus.« Gibt es eine Verbindung von TRANSSOLAR zu Schwäbisch Gmünd? »Abgesehen davon, dass ich dort geboren und aufgewachsen bin, steht dort das Ergebnis unserer ersten Zusammenarbeit mit einem antroposophisch ausgerichteten Architekturbüro: das WELEDA Headquarter in der Möhlerstraße, entworfen vom Büro Billing Peters Ruff aus Stuttgart. Es gab sehr dezidierte Anforderungen, TRANSSOLAR konnte aber auch innovativ wirken: das Gebäude ist ohne mechanische Lüftung – als markante »Engel« auf dem Dach sichtbar. Das ganze Gebäude ist schalltechnisch äußerst gut gedämmt und die Qualität der Arbeitsplätze sehr hoch.« Und wie würde Matthias Schuler auf einen einfachen Nenner gebracht erklären, was TRANSSOLAR macht? »Wir helfen Architekten, Gebäude so zu bauen, dass sie besser für die Menschen und besser für die Umwelt sind.«


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