Grundlagen Bestimmungsmerkmale 9.1.2. Die Flossen Die Größe und Form der Flossen sind ebenso wichtig für eine Artbestimmung, in Abb. 68 dargestellt am Beispiel der Schwanzflosse, wie es die Stellung der einzelnen Flossen zueinander ist, z. B. kehlständig, brustständig und bauchständig (Abb. 69). Die Flossen werden generell durch Flossenstrahlen gestützt, die in Flossenformeln dargestellt werden und die in der Regel artcharakteristisch sind. Lediglich die sogenannte Fettflosse wird bei allen europäischen Arten nicht durch Flossenstrahlen gestützt. Bei einzelnen tropischen Fischarten sind auch in der Fettflosse geschlechtsreifer Exemplare Flossenstrahlen anzutreffen. Die Fettflosse ist ein Rest des embryonalen Flossensaumes der Fischlarven zwischen Rücken- und Schwanzflosse und kommt bei paläarktischen Arten z. B. bei Lachsen, Forellen und Welsen vor. Es gibt mehrere Typen von Flossenstrahlen: — 1. Ungeteilter Weichstrahl (Abb. 70) Flossenstrahlen am Anfang der Flossen, die nicht geteilt sind, aber gegliedert sein können. Entwicklungsgeschichtlich werden sie aus zwei Myomeren gebildet, so dass die Flossenstrahlen aus zwei Teilen bestehen, die in der Mitte längs zusammengewachsen sind. Die Bezeichnung „Weichstrahl“ ist irreführend, da Weichstrahlen auch stark verknöchern und so durchaus deutlich härter sein können als die eigentlichen Stacheln (Hartstrahlen). Dies lässt sich besonders bei Welsen beobachten. Andererseits gibt es auch Hartstrahlen, die nicht stark verknöchert sind (z. B. die erste Rückenflosse von Perccottus glenii, der Amurgrundel). Die Angabe der ungeteilten Weichstrahlen in den Flossenformeln erfolgt als arabische Zahl vor einem Querstrich (Abb. 71) oder symbolisch als i. Weichstrahlen kommen unter anderem bei Karpfenfischen, Schmerlen und Welsen vor. — 2. Geteilter Weichstrahl (Abb. 70) Flossenstrahlen in der Mitte und am Ende der Flossen die oben (distal) verzweigen. Geteilte Flossenstrahlen können gegliedert sein, sind aber nie verknöchert. Die Angabe der geteilten Weichstrahlen in den Flossenformeln erfolgt als arabische Zahl nach einem Querstrich (Abb. 71). Ist der letzte Flossenstrahl der Afterflosse bis zum Grunde geteilt, so wird er nicht mitgezählt, da er zusammen mit dem vorhergehenden Flossenstrahl von einer Pterygiophore getragen wird (Abb. 71). Um Missverständnissen vorzubeugen kann man die Flossenformel wie folgt darstellen: iii 8 i. Dies bedeutet, dass die Flosse aus drei ungeteilten Weichstrahlen, acht geteilten Weichstrahlen und einem Weichstrahl zusammengesetzt ist, der bis zum Grunde geteilt ist. — 3. Stachel (Hartstrahl) (Abb. 70) Flossenstrahlen am Anfang der Flossen, die nie geteilt und nie gegliedert sind. Entwicklungsgeschichtlich wird der Stachel (Hartstrahl) aus einer Myomere gebildet, so dass der Stachel aus einem Stück besteht und keine Verwachsungsnaht zeigt. Die Stacheln werden in der Flossenformel
Atlas der Fische Sachsens | 2016
circuli radii
ctenii
Abb. 74: Schuppenformen der Knochenfische. Links: Rund- oder Cy cloidschuppe, rechts: Kamm- oder Ctenoidschuppe, nach Sterba (1987) umgezeichnet.
als römische Zahlen dargestellt (Abb. 73). Echte Stacheln kommen bei einheimischen Süßwasserfischen nur bei Barschen, Stichlingen, Grundeln und Groppen vor. Flossenformel: — Rückenflosse – Dorsale (Pinna dorsalis) – D: D 2–3/8–10 oder ii–iii 8–10 (zwei bis drei ungeteilte und acht bis zehn geteilte Flossenstrahlen in der Rückenflosse). D1 XIII–XVII, D2 I–II/13–15 (in der ersten Rückenflosse 13 bis 17 Stacheln und in der zweiten 1 bis 2 Stacheln und 13 bis 15 geteilte Weichstrahlen). — Afterflosse – Anale (Pinna analis) – A: A 3–4/5–7 oder iii–iv 5–7 (drei bis vier ungeteilte und fünf bis sieben geteilte Flossenstrahlen in der Afterflosse). — Brustflosse – Pectorale (Pinna pectoralis) – P: P 1/13–15 oder i 13–15 (ein ungeteilter und dreizehn bis fünfzehn geteilte Flossenstrahlen in der Brustflosse). — Bauchflosse – Ventrale (Pinna ventralis) – V: V 2/7 oder ii 7 (zwei ungeteilte und sieben geteilte Flossenstrahlen in der Bauchflosse). — Schwanzflosse – Caudale (Pinna caudalis) – C: „Prinzipielle Flossenstrahlen“ der C: 1/9–8/1. Oberhalb und unterhalb der Caudale gibt es noch mehrere Flossenstahlen, die teilweise im Gewebe des Schwanzstiels eingebettet und somit ohne Röntgeneinrichtung auch nicht zu zählen sind. Aus diesem Grunde zählt man in der Regel nur den letzten oberen ungeteilten Flossenstahl und ersten unteren ungeteilten Flossenstrahl zu den sogenannten „prinzipiellen Flossenstrahlen der Caudale“. Von beiden eingeschlossen sind in der Regel dorsal neun und ventral acht geteilte Flossenstrahlen, die durch eine deutlich sichtbare Spalte getrennt sind. Diese entsteht dadurch, dass die
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