Atlas der Fische Sachsens

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Schlammpeitzger Misgurnus fossilis (Linnaeus, 1758) Verbreitung

Fundort des Schlammpeitzgers (Misgurnus fossilis). Die Lober bei Brodau ist selbst in diesem naturfern ausgebauten Abschnitt ein Lebensraum des Schlammpeitzgers.

Historische Vorkommen Unter dem Namen „Beyscker“ oder „Beisker“ war der Schlamm­peitzger bereits Kentmann (1556, 1560), Fabricius (1569), Albinus (1580) und Dielhelm (1741) bekannt. Im „Codex Kentmanus“ befindet sich eine gute Zeichnung dieser Art. Reibisch (1869) nannte neben der Elbe, die Zwickauer Mulde und die Röder als sächsische Fundorte. Leonhardt & Schwarze (1903) beschrieben sein Vorkommen als sehr häufig, ohne jedoch konkrete Angaben zu machen. Michel (1929) macht für das böhmische Einzugsgebiet der Elbe folgende Angaben über die Verbreitung des Schlammpeitzgers: „kommt zeitweise häufig, dann wieder seltener im Hafen, in der Polzen, im Altwasser Topkowitz, bei Gersdorf und an vielen anderen Orten vor. War früher auch zahlreich im Eutaubache.“ v. Meyer zu Knonow (1797) und Fechner (1851) beschrieben ihn für die Oberlausitz in stehenden, schlammigen Gewässern. Neu (1859) schilderte über sein Vorkommen in den Oberlausitzer Teichen: „… den sogenannten Schlammpeisker halten dagegen alle erfahrenen Fischer für einen äußerst nützlichen und willkommenen Mitbürger im Streichteich …“ Jordan (1923) fand ihn sehr regelmäßig in den Teichen der Oberlausitzer Heide.

Atlas der Fische Sachsens | 2016

Der Schlammpeitzger ist ein sehr versteckt lebender Bodenfisch und bewohnt kleine, langsam fließende Fließgewässer mit sandigem Grund oder Teiche mit schlammigem Boden. Es ist sehr schwer, den Schlammpeitzger zu fangen, zumal häufig die sehr dichten Makrophytenbestände in solchen Gewässern den Fang zusätzlich erschweren. Deshalb ist eine genaue Angabe der Bestandssituation schwierig. Zarske & Sieg (2011) geben Hinweise zur Me­ thodik des Nachweises des Schlammpeitzgers. Gesicherte Nachweise existieren aus Gewässern des Oberlau­sitzer Teichgebietes sowie aus Nordwestsachsen. Gelegentlich werden Schlammpeitzger bei Teichabfischungen in Karpfenteichen festgestellt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass er sich unter den Bedingungen der Teichwirtschaft erfolgreich vermehren kann. Obgleich in Nordwestsachsen mehrere bis dato unbekannte Vorkommen in der Parthe und dem Lober-Leine-Gebiet neu entdeckt wurden, scheint die Art insgesamt weiter zurückzugehen. Das trifft besonders auf die Teichgebiete der Oberlausitz zu. Die Beseitigung naturnaher Teichgräben durch maschinengerechte Gerinne sowie Verrohrung entziehen ihm seinen Lebensraum. Von einer regelmäßigen Erscheinung in Teichgebieten in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg ist er gegenwärtig zu einem äußerst seltenen Naturdenkmal geworden. Durch das flächendeckende WRRL-Monitoring und Befischungen in FFH-Gebieten sind seit 2005 weitere Vorkommen u. a. im Einzugsgebiet des Weißen Schöps und der Raklitza nachgewiesen worden. Allerdings bestehen die Nachweise oftmals nur aus Einzelexemplaren. Zudem ergeben sich im Zuge der FFH-Berichtspflicht Probleme die Vorkommen an konkrete Befischungspunkte zu manifestieren. Oftmals gelingen zwar Nachweise innerhalb des gleichen Gewässersystems, aber selten am gleichen Befischungspunkt. Weiterhin unterliegen die Bestände starken natürlichen Schwankungen. Die zeitweise natürlich bedingte Austrocknung der bevorzugten Habitate erschweren seinen steten Nachweis.

Bedeutung Der Schlammpeitzger hat keine wirtschaftliche Bedeutung. Die Schutzwürdigkeit dieser Kleinfischart kommt durch die Aufnahme in den Anhang II der besonders geschützten Arten der FFH-Richtlinie zum Ausdruck.

Gefährdung Der Schlammpeitzger ist in Sachsen sehr selten und die Bestände weisen eine rückläufige Tendenz auf. Besonders nachteilig für die Art sind Meliorationsmaßnahmen an Gräben, Fließen und Teichzuleitern, ebenso wie die für ihn unüberwindbaren Querverbauungen. Er ist akut vom Aussterben bedroht.

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