Zeitschrift KLASSE 2/2018

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KLASSE DA S M AG A Z I N F Ü R S C H U L E I N S AC H S E N

Note: sehr gut!

Die Gewinner des Sächsischen Schulpreises

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BILDUNGSNEWS

Von der Schule in die Kita Das Landesprojekt »Lernort Praxis Sachsen − Kita« soll die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern noch praxisnaher machen. Wir stellen es vor. TEXT: BEN KUTZ

Zentrale Frage des Projektes ist: Wie kann die Ausbildung zum Erzieher noch praxisnäher werden?

Die duale Ausbildung in Deutschland gilt weltweit als Idealtyp für eine Berufsausbildung. Auch bei der Ausbildung zum Erzieher gehen die Azubis im regelmäßigen Wechsel in die Berufsschule und in ihre Ausbildungs-Kita. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass sie die Schulausbildung als nicht praxisnah genug empfinden. Dort setzt das Landesprojekt »Lernort Praxis Sachsen – Kita« an, das 2017 gestartet wurde und drei Jahre laufen wird. Ziel des Projekts ist es vor allem, die Ausbildung vor Ort in den Kindergärten weiter zu stärken. Ausgebildete Praxisanleiter vermitteln Wissen direkt dann, wenn es gebraucht wird – ohne den »Umweg« über die Berufsschulen. Außerdem will das Projekt die Lernorte Praxis und (Fach-)Schule noch weiter vernetzen.

THEORIE UND PRAXIS VERKNÜPFEN Dabei hat die stärkere Verknüpfung von Theorie und Praxis gleich mehrere Vorteile: Die Ausbildungsqualität wird gestärkt und die Motivation und vor allem die Bindung an ihren Betrieb ist bei den Fachschülern und Studierenden höher. Außerdem trägt dieser Ausbildungsweg zu einer höheren Professionalisierung der angehenden Fachkräfte bei. Indem Austauschmöglichkeiten geschaffen werden, sollen Abläufe und Inhalte der praktischen Ausbildung besser aufeinander abgestimmt und koordiniert werden können: »Die Ausbildung von einem Berufsbild darf nicht in zwei voneinander getrennten Welten stattfinden«, sagt Dr. Susanne Kleber, Koordinatorin des Projekts.

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Das sächsische Projekt setzt am Bundesprogramm »Lernort Praxis« an, das im Sommer 2016 ausgelaufen ist. Neben Sachsen nahmen auch die Bundesländer Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein an dem Pilot-Projekt teil. Mit dem Nachfolgeprojekt soll sichergestellt werden, dass die Ergebnisse weitergedacht und effektiv genutzt werden können.

IMPULSE AUS DER PRAXIS Koordiniert wird das Projekt von »Der Paritätische« Sachsen. Der Wohlfahrtsverband organisierte im November 2017 bereits ein Netzwerktreffen, bei dem rund 40 Involvierte die Thematik diskutierten. Die Gruppe äußerte ihr Bedauern, dass bislang noch ein klares Bekenntnis zur Unterstützung der Lernorte Praxis und Schule fehle. Dies will das Projekt nun ändern. »Es freut mich, dass wir mit dem Netzwerktreffen wichtige Impulse für die weitere Verknüpfung von praktischer und fachschulischer Ausbildung geben und einen Dialog anstoßen konnten. Darauf werden wir im weiteren Projektverlauf aufbauen«, so Kleber.

Weitere Informationen zum Landesprogramm gibt es unter www.parisax.de. Dort kann auch der Handlungsleitfaden für die kommenden Jahre heruntergeladen werden. »Der Paritätische« bittet ausdrücklich um Kommentierung durch die Fachpraxis. Weitere Informationen zum Bundesprogramm »Lernort Praxis« gibt es unter www.fruehe-chancen.de.


E D I TO R I A L /I N H A LT

Liebe Leserinnen und Leser, Sachsens Schulen leisten hervorragende Arbeit. Das haben zahlreiche Bildungsstudien belegt und Medien reflektiert. Doch weniger mediale Aufmerksamkeit bekommen meist die kleinen, aber nicht minder großartigen Projektarbeiten, die Schüler und Lehrer ins Leben rufen und die Schulen erst zu einem einzigartigen Ort des Lebens und Lernens machen. Genau diese Projekte soll der Sächsische Schulpreis würdigen und ans Licht der Öffentlichkeit holen. 67 Schulen hatten sich um die mit insgesamt 22.000 Euro dotierten Preise beworben. Zwölf Schulen meisterten erfolgreich die erste Hürde im Auswahlverfahren für den 4. Sächsischen Schulpreis. Juroren besuchten diese Schulen persönlich. Dabei wurde den Jurymitgliedern schnell bewusst, sie standen vor der Qual der Wahl. Konnte doch nur die Hälfte derer, die in die engere Auswahl kamen, einen Preis gewinnen. Am Ende wurden sieben Schulen für ihre herausragenden Projektarbeiten mit dem 4. Sächsischen Schulpreis ausgezeichnet. Dennoch haben es alle zwölf Schulen mit ihren Projekten verdient, in der aktuellen KLASSE (Seite 6–9) vorgestellt zu werden. Ich wünsche mir, dass die Projekte noch mehr öffentliche Wahrnehmung erfahren und viele andere Schulen zum Nachahmen angeregt werden. Die Preisträgerschulen, aber auch diejenigen, die dieses Mal leer ausgingen, sind Schrittmacher im sächsischen Bildungswesen. Eine Schrittmacherin ist auch Antje Ambos, Schulleiterin der Oberschule Dohna. Wie sie ihre Erfahrungen aus dem Schulversuch ERINA in Dohna weiterentwickelt, lesen Sie auf Seite 5.

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre. Ihr Christian Piwarz Sächsischer Staatsminister für Kultus

Inhalt Meldungen – Seite 4 Aus Lehrersicht – Seite 5 Inklusion in der Oberschule Dohna

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Titel – Seite 6–9

Die Finalisten des Sächsischen Schulpreises 2018

Ein Tag in Bildern – Seite 10

Im Schulsekretariat des Franziskaneums Meißen

Aus Schülersicht – Seite 11

Robin Henke ist Preisträger bei »Jugend forscht«

Interview zu Inklusionsassistenten – Seite 12 mit Prof. Udo Rudolph von der TU Chemnitz

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Recht und Ordnung – Seite 14 DSGVO – Was ändert sich für Schulen? Der KLASSE-Fragebogen – Seite 15

Michael Kretschmer, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen

Impressum – Seite 4 KLASSE

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MELDUNGEN

E Demokratietag in Leipzig In Leipzig findet am 14. und 15. September 2018 ein Demokratietag statt. Dabei wird in Workshops und auf einem Markt der Möglichkeiten herausgestellt, wie Demokratie an Schulen gelehrt und gelebt werden kann. Eingeladen sind dazu nicht nur Lehrende, Schulsozialarbeiter und Lehramt-Studierende, sondern auch die Kinder und Jugendlichen selbst. Organisiert wird die Veranstaltung von der »Initiative Bildung in Zukunft e. V.« (IBiZ) in Kooperation mit anderen Vereinen und Einrichtungen im Leipziger Netzwerk »Demokratie. Macht.Schule«. Auch die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik ist Partnerin. Die Stadt Leipzig fördert die Veranstaltung im Rahmen des »Jahres der Demokratie 2018«. »Schulen sind auf die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern angewiesen«, erklärt Veit Polowy, Gründungsmitglied von IBiZ und Lehrkraft am Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung der Universität Leipzig. »Der Demokratietag bietet die Möglichkeit, sich kennenzulernen, auszutauschen, zu diskutieren und zu vernetzen«, so Polowy.

SMK-BLOG Sie wollen auch zwischen den KLASSE-Ausgaben über Neuigkeiten in der sächsischen Bildungslandschaft informiert sein? Dann schauen Sie doch mal auf dem Blog des Kultusministeriums vorbei! Dort finden Sie unter anderem diese Einträge: Schüler schnuppern Praxisluft: Werkstatttage für bessere Berufsorientierung Neue Förderrichtlinie im Bereich der beruflichen Orientierung verabschiedet. Umsetzung des Lehrerpakets nimmt Fahrt auf Für das Anfang März gestartete Handlungsprogramm »Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität im Freistaat Sachsen« hat die Staatsregierung einen Referentenentwurf vorgelegt. Demokratiebildung: Schüler stellen selbst entwickeltes Unterrichtsmaterial vor Ein Modellprojekt zur Demokratiebildung an Schulen.

Diese und weitere Beiträge finden Sie im SMK-Blog unter: w w w.bildung.sachsen.de/blog

Weitere Informationen – auch zur Anmeldung – gibt es unter www.demokratietag.net

E Finanzamt macht Schule Das Sächsische Landesamt für Steuern und Finanzen gibt Schülern im Rahmen des Projekts »Finanzamt macht Schule« einen Einblick in das weite Feld der Steuern. Das Thema ist wichtig, um überhaupt die Funktionsweise des Staates zu verstehen.

E Förderrichtlinie für bessere Berufsorientierung

Ziel des Projektes ist es, »das Thema Steuern in die Schulen zu tragen und den Steuerzahlern von morgen den Sinn und Zweck von Steuern zu vermitteln.« Im Mittelpunkt stehe dabei die Botschaft »Steuern zahlen macht Sinn – ohne Steuern kein Gemeinwesen zum Wohle aller«. Zielgruppe des Projekts sind neunte Klassen der Oberschule und elfte Klassen des Gymnasiums. In Ausnahmefällen können aber auch andere Jahrgangsstufen teilnehmen. Interessierte Lehrer können sich unter finanzamt-machtschule.de direkt mit ihrem Ansprechpartner in Verbindung setzen.

IMPRESSUM Herausgeber: Sächsisches Staatsministerium für Kultus (SMK),

Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Carolaplatz 1, 01097 Dresden | Redaktion: Dirk Reelfs (V. i. S. d. P. ), Telefon: (0351)564  25  16 E-Mail: klasse @smk.sachsen.de, Twitter: www.twitter.com/bildung_sachsen; STAWOWY – www.stawowy-online.de, Annett Groh | Mitarbeit in dieser Ausgabe: Beate Diederichs, Ben Kutz | Fotos: Benjamin Jenak, Ali Arab Purian, Mike Hillebrand, Pawel Sosnowski (15), Roland Bonss (3), Fotolia, Robert Kneschke (2), PR | Gestaltung: STAWOWY, Ali Arab Purian, Basti Tóth | Auflage: 40.000 Exemplare | Druck: Druckerei Vetters GmbH & Co.KG | Verteilerhinweis: Die Informationsschrift wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlhelfern zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden.

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Der Übergang von der Schule in den Beruf soll in Sachsen weiter verbessert werden. Deshalb hat das Sächsische Kabinett eine neue Förderrichtlinie im Bereich der beruflichen Orientierung verabschiedet. Ziel ist, dass die Schüler frühzeitig begleitet werden. Wenn sie ihre Fähigkeiten und Stärken kennen, können sie eine gute berufliche Entscheidung treffen. Ausbildungsabbruch, Frustration und Demotivation lassen sich so verringern. Die von der Richtlinie geförderten Maßnahmen sind Werkstatttage, Potenzialanalysen und die Mitarbeit in Schülerfirmen. Gefördert wird aber auch »SCHAU REIN! Woche der offenen Unternehmen«. Die Maßnahmen richten sich an die Schüler von Förderschulen, Oberschulen und erstmals auch Gymnasien. Insgesamt werden im Zeitraum 2019/2020 etwa fünf Millionen Euro durch den Bund bereitgestellt. Die Förderrichtlinie tritt zum 01. Juli 2018 in Kraft. Weitere Informationen dazu finden Sie im SMK-Blog.


AUS LEHRERSICHT

Inklusion braucht Zeit Für Schulleiterin Antje Ambos ist das Thema Inklusion eine Herzensangelegenheit. Gemeinsam mit ihrem Kollegium entwickelt sie die Erfahrungen aus dem Schulversuch ERINA konsequent weiter. TEXT: BEN KUTZ; FOTO: BEN JENAK

Schulleiterin Antje Ambos im Kreise von Schülern. Lehrer müssen zu Teamplayern werden, sagt sie.

»Jede gute Schule ist inklusiv«, sagt Antje Ambos, »egal ob zeitgleich – in unterschiedlichen Räumen, aber es wäre möglich, die Türen offen zu lassen. Die Aufgabe für die Kollegen ich Schüler mit Förderbedarf habe oder nicht.« Das Thema ist es, diesen Unterricht gemeinsam vorzubereiten.« Inklusion bezeichnet die Schulleiterin der Oberschule Dohna als ihre Herzensangelegenheit. Sie hatte von 2012 bis 2016 Antje Ambos schaut in erster Linie darauf, dass die Lehrer mit der Oberschule Kötzschenbroda am Schulversuch ERINA kooperieren und gemeinsam den Unterricht sowie Projekte teilgenommen. Rückblickend sagt sie, der Name sei treffend: vorbereiten und umsetzen. »Kooperationen sind etwas Gutes »Es war wirklich eine ‚Erprobung erster – sie entlasten und durch die Vielfalt unAnsätze’, denn im Grunde hatte keiner von terschiedlicher Ideen bringen sie inhaltlich »SO, WIE WIR uns Kenntnisse über die lernzieldifferenten eine bessere Qualität. Dieser PerspektivBeschulung von Kindern. Wir haben uns wechsel, weg vom Lehrer als EinzelkämpDIE SCHÜLER vorgetastet und konnten erste Erfahrunfer hin zu einem Teamplayer, benötigt aber gen bezüglich inklusiver Lernarrangements Zeit«, sagt sie. KATEGORISIEREN, sammeln.« Für Inklusion braucht es laut Ambos multiAls sie 2016 die Leitung der Dohnaer SchuBEHANDELN WIR professionelle Teams, also Personen mit unle übernahm, knüpfte sie an die Erfahrunterschiedlichen Kompetenzen.» In Dohna gen aus Kötzschenbroda an und übertrug arbeiten eine Sozialarbeiterin, ein PraxisSIE AUCH.« verschiedene ERINA-Strukturen in den berater und einmal wöchentlich eine SonSchulalltag. In der Klassenstufe 5 wird derpädagogin. Für alle methodische Fragen gerade das Arbeiten mit Lernplänen im gibt es Unterstützung von außen, etwa durch die pädagogi»Lernbüro« getestet: Die erste Lernzeit gehört ausschließlich schen Werkstatt der deutschen Schulakademie, vom Lehrstuhl der freien Arbeit. Das macht es einfacher, mit dem gesamten für inklusive Bildung der TU Dresden, aber auch durch ExJahrgang auf unterschiedlichen Niveaustufen am selben Thekursionen. Ambos sagt: »Inklusion ist kein Projekt, an dem ma zu arbeiten. nur Einzelne beteiligt sind. Ich bin meinen Kolleginnen und Ab der Klassenstufe 7 hat sie mit dem Kollegium zusammen Kollegen sehr dankbar, dass sie sich mit auf diesen Weg gemacht haben.« ein neues Differenzierungsmodell gefunden: Die Schüler werden nicht nach ihren Leistungen in Haupt- und Realschüler Eine Alternative zu Inklusion sieht sie nicht. »Auch wenn ich aufgeteilt, sondern bleiben in ihren heterogenen Peergroups weiß, dass sich solche Prozesse über längere Zeiträume erstrezusammen. »Wir bilden aus dem gesamten Jahrgang drei cken, möchte ich in meinem Wirkungsbereich Impulse setzen Gruppen und überlegen, wie sie gruppendynamisch gut zuund die Entwicklung vorantreiben«, so Ambos. sammenpassen. Der Unterricht erfolgt dann durch drei Lehrer KLASSE

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Kopf-an-Kopf-Rennen um den Sächsischen Schulpreis 67 Schulen bewarben sich mit ihren Projekten um den Sächsischen Schulpreis 2018. Die Jury nominierte daraus zwölf Bildungseinrichtungen. TEXT: BEATE DIEDERICHS

Draußen herrlicher Frühling und drinnen aufgeregte Stimmung: In der Dresdner Dreikönigskirche zeichnete Kultusminister Christian Piwarz am 14. Mai mit einer Festveranstaltung sieben Schulen mit dem Sächsischen Schulpreis aus. »Der Preis soll zeigen, dass wir die Arbeit der Schulen wertschätzen. Wir haben großen Respekt davor, was Schulen alles leisten. Der Preis trägt auch dazu bei, dass eine breite Öffentlichkeit von diesem überdurchschnittlichen Engagement erfährt«, betonte der Minister vor den rund 200 Schülern, Lehrkräften und Gästen. In diesem Jahr verlieh das Ministerium den Sächsischen Schulpreis zum vierten Mal. Dieser kleine sächsische Bruder des Deutschen Schulpreises wurde auf Anregung des sächsischen Landeselternrates ins Leben gerufen und löste den Preis »Schule mit Idee« ab. Der Preis wird alle zwei Jahre an »Schulen, die hervorragende Projekte haben, die ihr pädagogisches Konzept und die Alltagskultur bestimmen« vergeben, wie es in der Ausschreibung heißt. »Das Konzept für den Preis hat sich in den Jahren seines Bestehens stetig weiterentwickelt«, betont Kathrin Beyer, beim Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) Ansprechpartnerin für den Schulpreis. In diesem Jahr wurden erstmals je eine Trophäe an Grundschulen und allgemeinbildende Förderschulen, Oberschulen sowie Gymnasien und berufsbildende Schulen vergeben. Dazu kommen noch drei themengebundene Sonderpreise, wie der Preis »Persönlichkeit macht Schule« von der Heraeus Bildungsstiftung. Alle Preise sind – bis auf eine Ausnahme – mit 4.000 Euro dotiert. Der Schulpreis ist für die Schulen etwas Besonderes: Er ist zum einen ein dickes Dankeschön, zum anderen motiviert er zum Weitermachen in Sachen Schulqualität. Im besten Fall spornt der Schulpreis auch andere Schulen an. Das wünschen sich jedenfalls die Verantwortlichen im Kultusministerium. Zum Bewerbungsschluss am 30. November 2017 hatten 67 Schulen aus ganz Sachsen ihre Projektbe6

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schreibungen eingereicht. Das waren etwas mehr als 2016. Wie werden nun aus 67 Einsendungen sieben Preisträger? Das entscheidet eine Jury, die unter anderem aus Referentinnen des Landesamtes für Schule und Bildung, ehemaligen Schulleiterinnen und Schulleitern sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des SMK besteht. Bei der ersten Sitzung sichtet die Jury alle Beiträge und findet ihre Favoriten. Beim zweiten Treffen diskutiert die Kommission, welche Beiträge besonders den vorgegebenen Kriterien entsprechen, und einigt sich auf zwölf Nominierte. Diese Schulen besucht die Jury, schreibt dazu Berichte und stellt diese bei der Abschlusssitzung vor. Dort wird endlich entschieden, wer die begehrten Preise erhält. Dieses Jahr lieferten sich die Nominierten ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Juroren debattierten lange und hitzig, aber sachlich, wer von den zwölf vor Ort besuchten Schulen tatsächlich preiswürdig ist. Beim Sonderpreis »Ganztag in der Schule« gab es eine Pattsituation: zwei gleichwertig gute Projekte. In so einem Fall lässt das Reglement das Teilen des Preises zu. So kam es, dass in diesem Jahr sieben statt sechs Schulen den Preis erhielten. Bei Grund- und Förderschulen gewann das Förderzentrum »A. S. Makarenko« Schule zur Lernförderung der Stadt Dresden, bei den Gymnasien und Berufsschulen das BSZ für Agrarwirtschaft und Ernährung Dresden, bei den Oberschulen die Oberschule »Am Flughafen« Chemnitz. Den Sonderpreis »Europa in der Schule« erhielt die Lessing-Grundschule Leipzig, der Sonderpreis Ganztagsangebote ging an die Freie Christliche Schule Schirgiswalde und die Schiller-Grundschule Radebeul und den Sonderpreis »Persönlichkeit macht Schule« bekam das Christliche Gymnasium »Rudolf Stempel« in Riesa. Alle zwölf Nominierten stellen wir auf den folgenden Seiten vor.


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Hier wird Europa gelebt

Das Projekt »Europa in der Lessingschule« prägt seit vielen Jahren den Schulalltag. Dazu gehören Gastlehrer aus anderen Ländern und ein eTwinning-Projekt mit einer schwedischen Schule. Von der Europa-AG sagt Projektleiterin Ricarda Geidelt: »Sie ist eine Konstante im Schulleben«. Mehrfach wöchentlich beschäftigen sich die Schüler mit dem Thema Europa, aktuell: mit der Geschichte des Marathons. Daneben gibt es jedes Jahr die Projektwochen »Eine Reise um die Welt« und ein »Europafest«. In diesem Jahr findet ein »Europäisches Lesefest« statt. 2012 erhielt die Lessingschule das Qualitätssiegel »Europaschule in Sachsen«. Dieses wurde 2017 rezertifiziert. So darf die Schule es nun für immer tragen. Lessing-Grundschule Leipzig Lernen und arbeiten mit Gleichaltrigen aus Europa und Israel

Beim »Schülerbegegnungsprojekt Auschwitz« lernen Azubis der Agrarberufe aus Polen, Litauen, Norwegen zusammen mit Gleichaltrige aus Israel. Das Projekt begann 2001, seitdem findet es jährlich statt. Die Schüler befassen sich mit Menschenrechtsverbrechen im Nationalsozialismus, aber auch mit Rechtsextremismus, Antisemitismus und Integration heute. Aktuell arbeiten und leben Wurzener Berufsschüler mit litauischen und norwegischen Teilnehmern je acht Tage in den beteiligten Ländern zusammen. Für 2019 ist ein Projekt mit einer französischen Agrarberufsschule geplant. Berufliches Schulzentrum Wurzen

Ganztägig erfolgreich

»Wir haben uns bewusst nicht mit einem einzelnen Projekt für den Sächsischen Schulpreis beworben, sondern mit einem von uns entwickelten und umgesetzten Ganztagskonzept«, sagt Schulleiter Torsten Heidrich. Zu dem Konzept gehören u. a. die Rhythmisierung des Schultags und die Differenzierung. Durch die Rhythmisierung lernen die Schüler in neunzigminütigen Unterrichtsblöcken und können sich so auf drei oder vier Fächer täglich konzentrieren. Beim Differenzierungskonzept werden die Schüler ab Klasse 7 in den Hauptfächern jährlich neu in zwei abgestufte Kurse eingeteilt, in denen die Hälfte der Unterrichtszeit des jeweiligen Faches stattfindet. Freie Christliche Schule Schirgiswalde Alles live!

Der kleine Prinz, Romeo und Julia, Das letzte Einhorn… alles Musicals, die Schüler der Oberschule »Katharina Peters« aus Zwönitz im Theater von Annaberg-Buchholz aufgeführt haben. Seit rund zehn Jahren gibt es das Musicalprojekt, an dem Schüler, Lehrer und Theaterpädagogen zusammen arbeiten: mit Probenlager, Workshops, Ganztagsangeboten und Neigungskursen. Gebraucht werden Tänzer, Schauspieler, Sänger und Musiker, aber auch handwerklich Begabte für die Kostüme und Kulissen. »Wir spielen alles live. Playback gibt es bei uns nicht!«, sagt Schulleiterin Sylvia Schönherr. Oberschule »Katharina Peters« Zwönitz

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Benachteiligungen vermeiden, Begabungen fördern

In der Friedrich-Schiller-Grundschule in Radebeul stehen einmal wöchentlich die Förder-Punkt-Stunden auf dem Stundenplan. »Wir wollen der zunehmenden Heterogenität unserer Schülerschaft gerecht werden und Lern- und Verhaltensschwierigkeiten vorbeugen«, fasst Schulleiterin Sabine Kranz zusammen. Die Stunden gehören zum Ganztagskonzept der Schule. Dort wird intensiv in Kleingruppen gearbeitet. Die Schulleiterin betont, dass die Förderzeiten gleichzeitig Schwächen und Benachteiligungen abbauen und Begabungen stärken und fördern. So wiederholt ein Schüler fehlende Grundlagen in Mathematik, ein anderer wagt sich bereits über das hinaus, was der Lehrplan verlangt. Grundschule »Friedrich Schiller« Radebeul

Im Zeichen des Sterns

Das Projekt »Mit den Füßen auf dem Boden nach den Sternen greifen« der Wilhelm-Tempel-Grundschule Niedercunnersdorf steht für vertieftes Astronomielernen. In jeder Klassenstufe gibt es einen Schwerpunkt, z. B. den Mond oder das Sonnensystem. Jährlich gibt es zwei »Tempeltage« zu astronomischen Themen. Kinder und Lehrer beobachten astronomische Phänomene und besprechen sie im Unterricht. Der Hort unterstützt sie als zertifiziertes »Haus der kleinen Forscher«. »Bei uns ist die Astronomie in Schulgebäude und Außengelände sichtbar und erlebbar«, sagt Schulleiter Peter Kubenz. Wilhelm-Tempel-Grundschule Niedercunnersdorf

Kinder fit machen fürs Leben

Die Pädagogen der jungen Ganztagsschule haben das Konzept »Lebensweltorientierung« entwickelt. Von der fünften Klasse an richtet man den Fokus auf Teamevents und lebensnahes Lernen. Beim einstündigen Fach »Verantwortung« arbeiten die Schüler in Kitas, Seniorenheimen oder Flüchtlingseinrichtungen. Der Profilunterricht ab Klasse 8 verknüpft Naturwissenschaft und Kunst. Auch die Berufs- und Studienorientierung wird großgeschrieben. Schulleiterin Christin Tellisch: »Wir möchten unsere Schüler befähigen, die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft mit Herz, Hand und Verstand zu lösen.« Christliches Gymnasium »Rudolf Stempel« Riesa

»Dieses Projekt wurde zu unserem Markenzeichen«

Bei dem Projekt »Demokratisches Handeln entwickeln« der Oberschule »Am Flughafen« bestimmen die Schüler die Regeln für das Zusammenleben in der Schule. Gremien wie Klassenrat oder Schülergericht achten auf die Einhaltung der »Schulcharta«. »Das Projekt hat sich zu einem Markenzeichen unserer Schule entwickelt«, sagt Schulleiterin Kerstin Daniel. Die Schüler organisieren sich in Projektgruppen, z. B. für Lernpatenschaften und Schüler-Coaches. Einige übernahmen sogar eine Patenschaft für eine andere Chemnitzer Schule, um dort eine eigene Schulcharta zu entwickeln. Oberschule am Flughafen Chemnitz

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Schüleraustausch gelingt nicht mit halbem Herzen!

»Unser Austauschprogramm mit einer polnischen Schule dürfte fast ein Alleinstellungsmerkmal in der Region sein«, sagt Schulleiterin Kerstin Bröse. Jedes Jahr empfangen die Schüler der 4. Klasse für einige Tage Gleichaltrige aus dem polnischen Kobylin. In dieser Zeit schreibt die Schule ihr Motto »Schule gelingt nicht mit halbem Herzen« um zu »Schüleraustausch gelingt nicht mit halbem Herzen«. Danach fahren die Jesewitzer Schüler mit ihren Lehrern und der Schulleiterin ins Nachbarland. Beide Austauschpartner bieten ihren Gästen ein abwechslungsreiches Programm. Die Jesewitzer werden dabei von der Gemeinde Jesewitz, dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk und dem Landesamt für Schule und Bildung unterstützt. Grundschule Jesewitz

Brücken in die Gegenwart und die Zukunft

Jährlich gestalten die Zehntklässler des Pestalozzi-Gymnasiums in Rodewisch ein Sportfest für die Schüler der Sonnenhof-Schule Auerbach. »Das ist für beide Schulen immer ein Jahreshöhepunkt«, sagt Schulleiter Sven Müller. Vorher hospitieren die Gymnasiasten an der Schule für geistig Behinderte und beobachten ihre Schützlinge im Unterricht. So können sie beim Sportfest Stationen aufbauen, die für die Behinderten machbar sind und sie motivieren. Die »Brücke zu Behinderten« ist nur ein Pfeiler des Gesamtprojekts »Brücken bauen« – es gibt weitere Projekte mit Grundschülern und Kindergartenkindern sowie ein Juniorstudium an der Uni Jena. Pestalozzi-Gymnasium Rodewisch

Von Sachsen nach Frankreich und zurück

Ein Verein bat die Geschichts-AG der Schule, sich um zwei historische Gräber auf dem St.-Pauli-Friedhof zu kümmern. Daraus entstand das Projekt zum Ersten Weltkrieg. 2014 und 2017 reisten Schüler zu Gedenkfeiern nach Frankreich. Außerdem recherchierten sie für einen französischen Geschichtsverein nach Namen gefallener deutscher Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Schulleiter Matthias Kranz: »Neben dem regulären Unterricht wollen wir unsere Schüler mit solchen Projekten fit fürs Leben machen.« An der FÖS lernen Schüler mit verschiedenen Förderschwerpunkten. Zum Unterrichtsfach Geschichte haben die meisten wenig Bezug. Doch die Geschichts-AG freut sich immer wieder über neue Anmeldungen. Förderzentrum »A. S. Makarenko« Dresden »Nachhaltigkeit ist unsere Pflicht«

»Bei unserem Projekt ‚Garten der Nachhaltigkeit’ lernen die Schüler das Potenzial der Ressource Pflanze für nachhaltiges Wirtschaften und Klimaschutz kennen«, sagt Schulleiterin Anja Unger. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen erproben in dem Garten agrarbiologische Arbeitstechniken: Sie erkennen Saatgut, prüfen es, gewinnen Farbstoffe und Öle aus den Pflanzen. Daraus sind mehrere Teilprojekte entstanden, wie ein großes Areal mit Energie-, Zucker- und andere Nutzpflanzen, ein Kräuter- und Gemüsegarten sowie ein Bienenstand. Die Schüler kümmern sich auch um ein Gewächshaus und die Parkplatzbegrünung. Am zweiten Standort gibt es unter anderem einen Hopfengarten. BSZ für Agrarwirtschaft und Ernährung Dresden KLASSE

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E I N TAG I N B I L D E R N

Drei Liebe helfen gern Die Arbeit im Schulsekretariat ist vielseitig. KLASSE hat einen Tag zugesehen, welche Aufgaben im Franziskaneum Meißen zu meistern sind. TEXT: BEN KUTZ; FOTO: ALI ARAB PURIAN

Eine Schülerin ist krank. Yvonne Hormes informiert die Eltern, dass ihr Kind nach Hause gehen wird - nur eine von vielen Aufgaben des Sekretariatstrios, in dem sie arbeitet. Neben diesem Tagesgeschäft ist Hormes vor allem für den Haushalt der Schule zuständig, etwa die Bestellung neuer Schulbücher. Ihre Kollegin Gudrun Kothe kümmert sich schwerpunktmäßig um die Krankmeldungen der Lehrer und die Inventur.

896 Schüler besuchen das Gymnasium Franziskaneum in Meißen. Das Team im Sekretariat fühlt sich für jeden von ihnen verantwortlich. Für Yvonne Hormes ist der Beruf längst Berufung geworden. »Wir sind die Lieben für die Schüler, für die Eltern, für die Lehrer«, sagt sie. »Das ist schon ein gutes Gefühl.« Ihr Kollege Enno Aust schätzt am Job vor allem die Vielseitigkeit.

Enno Aust ist seit anderthalb Jahren mit im Team. Dass sein ursprünglicher Wunsch, in einem Bürgerbüro zu arbeiten, nun nicht eingetreten ist, stört ihn nicht. »Nun habe ich eben Kontakt zu jungen Bürgern«, grinst er. Er ist dafür verantwortlich, dass die Schüler- und Lehrerakten immer auf dem neusten Stand sind. Ob Adressänderungen, Notenübersichten der Halbjahre oder – wenn’s sein muss – Schulverweise. Enno Aust kümmert sich drum.

Mit Beginn der großen Pause wird es hektisch im Sekretariat. Schüler, die eine Schulbescheinigung oder ein Pflaster benötigen, sich krank melden wollen oder einfach eine kurze Frage haben – die große Pause ist der ideale Zeitpunkt. Oft brauchen Schüler – wie hier Ulrike – auch schlicht schnell eine Kopie.

Die Schüler Lucas und Vivian brauchen noch ein paar Bücher aus der Schulbibliothek, um sich auf ihre mündliche Abi-Prüfung vorzubereiten. Einmal pro Woche sind die Mitarbeiter des Sekretariats auch für Ausleihtheke der Bibliothek zuständig. Dass die Bücherei eigentlich erst später öffnet, sieht Enno Aust nicht so eng. »Dafür sind wir ja da. Und wir helfen schließlich gern.«

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AUS SCHÜLERSICHT

Das Innere der Maschinen erforschen

Mit seinem Beitrag »Der Mikrocontroller als Ergänzung des Unterrichts« hat Robin Henke bei »Jugend forscht« einen zweiten Preis gewonnen. TEXT: BEATE DIEDERICHS; FOTO: BEN JENAK

Der Elftklässler genießt es sichtlich, den jüngeren Schülern die Technik zu erklären.

Walter, Gregor, Richard und Alfred sitzen vor ihren Bildschirmen und programmieren. Wenn einer der 11- und 12-jährigen Jungen nicht weiterkommt, schaut ihm Robin Henke über die Schulter, berät ihn kurz oder tippt schnell einen Befehl ein. Der hochgewachsene Elftklässler geht gelassen und sachlich mit den jüngeren Schülern um. Man spürt, dass es für ihn nichts Neues ist, anderen Wissen zu vermitteln.

um. Leistungskurse: Mathe und Physik. Sein ehemaliger Lehrer Andreas Samuel, der Informatik, Technik und Computer unterrichtet, holte Robin Henke ans ZUSEUM, in dem er selbst ehrenamtlich tätig ist. »Ich habe ein Konzept entwickelt, wie man Schülern leicht verständlich den Mikrocontroller nahebringen kann. Das teste ich bei meinen Kursen hier mit den Jungs. Ihr Feedback dazu ist sehr positiv«, sagt Robin. Wal-

»ICH KÖNNTE MIR VORSTELLEN, LEHRER ZU WERDEN.« »Ich habe bei der Station Junger Naturforscher schon oft Feriencamps zu Informatik- und Technikthemen geleitet und führe seit einem Jahr hier am ZUSEUM Einsteigerkurse zum Mikrocontroller durch. Perspektivisch könnte ich mir vorstellen, Lehrer zu werden, weil es mir viel Spaß macht, mit den Jüngeren zu arbeiten. Aber entschieden habe ich mich noch nicht«, berichtet der 17-Jährige. Er wohnt in Kubschütz bei Bautzen und besucht das Bautzner Schiller-Gymnasi-

ter und Richard nicken. »Er macht das gut«, lobt auch Andreas Samuel. Den Einführungskurs hat Robin für ein halbes Jahr konzipiert. Dabei lernen die Teilnehmer, wie der Mikrocontroller, ein Minicomputer in Form einer Leiterplatte, aufgebaut ist, funktioniert und wie man ihn steuert. Zunächst nehmen sie ihn auseinander, bauen ihn wieder zusammen und schreiben dann ihr erstes Programm – zur Steuerung der LED-Blinklampe. »Dann steigere ich die Schwierigkeit. Am Ende sollen die

Teilnehmer einen elektronischen Würfel bauen und steuern können. Für das Fortgeschrittenenprogramm habe ich auch schon einen Lehrgang entworfen, den ich demnächst anbieten will«, sagt der junge Kursleiter. Natürlich vermittelt er auch Hintergrundwissen. »Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass dieses Element in zahlreichen Geräten steckt, die wir im Alltag benutzen – etwa in Waschmaschinen, Fernbedienungen oder Uhren«, sagt Robin. Er selbst entdeckte den Mikrocontroller als Unterrichtsobjekt, als bei einem Workshop der Station der Jungen Naturforscher ein Mitarbeiter der Uni Cottbus dieses Element mitsamt einer vereinfachten Programmiersprache vorstellte. Mit seinem Projekt bewarb er sich beim Dresdner Regionalwettbewerb von »Jugend forscht« – und gewann. So wurde er für den Landeswettbewerb qualifiziert, wo er den zweiten Platz belegte und dazu vier Sonderpreise erhielt. Damit steht er für die Tradition des Schiller-Gymnasiums Bautzen: »Wir beteiligen uns seit 1993 ununterbrochen an diesem Wettbewerb«, erzählt Lehrer Andreas Samuel stolz.

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INTERVIEW

Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe Seit dem Schuljahr 2016/2017 arbeiten an sächsischen Schulen Inklusionsassistentinnen und -assistenten. Vorerst für fünf Jahre sollen sie die Teilhabe von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf am regulären Unterricht unterstützen. Professor Dr. Udo Rudolph von der TU Chemnitz begleitet mit seinem Team die Arbeit der Assistenten. INTERVIEW: ANNETT GROH, FOTO: TU CHEMNITZ/STEPHANIE LAUX

E Was leisten die Inklusionsassistenten und was ist so neu daran? Prof. Dr. Udo Rudolph: Zunächst einmal möchte ich betonen, welch hohe Bedeutung dieses Projekt für die Entwicklung von Inklusion im Freistaat Sachsen hat. Die Arbeit der vielen Praktiker in den Schulen ist von großer Bedeutung. Und darüber hinaus sind wir sehr glücklich mit dem Umstand, diese Arbeit vor Ort wissenschaftlich begleiten zu können. Nur auf der Basis einer solchen systematischen und systemischen Begleitforschung mit allen Beteiligten an Bord kann es möglich werden, im Sinne eines kontinuierlichen Change Management, die Inklusion in Sachsen immer besser zu gestalten. Dr. Stefan Uhlig: Das Thema Inklusion ist insgesamt natürlich nicht neu. In Sachsen haben wir mit den Inklusionsassistentinnen und -assistenten zusätzliches Personal an Schulen, das inklusive Prozesse vor Ort unterstützt und damit auch dazu beiträgt, die Kollegien und Schulleitungen für dieses Thema zu sensibilisieren und zu stärken.

Letzteres ist ein wichtiger Punkt: Neben dem originären Auftrag der Inklusionsassistenten, Schülerinnen und Schülern mit bereits festgestelltem oder prognostiziertem sonderpädagogischen Förderbedarf eine gleichberechtigte Teilhabe am Unterricht zu ermöglichen, tragen sie dazu bei, den Inklusionsgedanken in Schulen zu verankern. E Was bedeutet das Arbeiten mit den Inklusionsassistenten konkret für die Lehrer? Jasper Marahrens: Für Lehrkräfte an Sachsens Grund- und Oberschulen sowie Gymnasien stellt das Zusammenwirken mehrerer Professionen im Unterricht weitgehend Neuland dar. Zu erkennen, dass die Unterstützung den betreuten Schülern gilt und keinem Versagen bei der eignen Arbeit gleichkommt – dies ist eine erste Hürde, die es zu nehmen gilt. Nachfolgend gilt es, miteinander zu kommunizieren und Absprachen zu treffen, um in enger Kooperation eine optimale Förderung anbieten zu können.

Dr. Stefan Uhlig, Dr. Andreas David und Prof. Dr. Udo Rudolph (v. l. n. r.) Nicht im Bild: Jasper Marahrens 12

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INTERVIEW

Inklusive Unterrichtung nach Förderschwerpunkten in Sachsen (2017/18) Sehen

Motorische Entwicklung

Lernen

Geistige Entwicklung

62,3 % 37,7 %

48,1 % 51,9 %

75,1 % 24,9 %

5,4 %

Schüler: 823

Schüler: 287

Schüler: 1.648

Schüler: 11.952

94,6 %

3,3 %

96,7 %

Schüler: 4.296

Emotional-soziale Entwicklung

74,7 % 25,3 %

Schüler: 5.479

Sprache

68,8 % 31,2 %

Schüler: 3.849

Quelle: SMK

Hören

Schülerzahlen Sachsen gesamt: 366.790

Schüler an Förderschulen

Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf: 28.334 (7,7 %)

Inklusiv an Regelschulen unterrichtete Schüler

E Welche Faktoren sind ausschlaggebend dafür, dass Inklusion und die Arbeit mit den Assistenten gelingt?

Idee des Projektes geschuldet. An den Schulen konnte durch eine abzuschließende Kooperationsvereinbarung mit dem jeweiligen Projektträger relativ schnell Handlungssicherheit hergestellt werden. Auf diesem Weg konnte auch mit allen Beteiligten die Rolle der Inklusionsassistenten in der Schule genau definiert werden.

Rudolph: Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Einen davon möchte ich als ersten herausgreifen: Die Schulleitung hat einen kaum zu überschätzenden Einfluss. Es ist entscheidend, dass Inklusion dort zur Chefsache gemacht wird, also zum hoch priorisierten Anliegen der Leiterin oder des Leiters der Schule. Nachfolgend wird dies dann von oben bis in die Klassen hinein durchgegeben. Aufgabe der Schulleitung ist, dass ein interdisziplinäres Team entsteht und dass die verschiedenen Professionen an der Schule eng zusammenarbeiten. Dies ist zudem ein kontinuierlicher Prozess. Uhlig: Eine weitere wichtige Bedingung ist, dass die Inklusionsassistenten von Anfang an ihre Rolle klar definieren: Was sind meine Aufgaben, was nicht? Sie kommen ja neu in ein bestehendes System herein. Je besser sie ihre Rolle definieren und mit der Schulleitung und den Lehrern abstimmen, desto besser können sie mit den Kindern arbeiten, sind zufriedener und stoßen auf weniger Probleme. Marahrens: Auch die persönlichen Eigenschaften des Inklusionsassistenten spielen eine Rolle: Wie gut kann ich mit anderen Menschen kommunizieren? Wie gut finde ich mich in diese Rolle an meiner Schule hinein? Kann ich mit den Schülern umgehen? Welches Vorwissen habe ich bereits?

E Welche Unterrichtsform eignet sich besonders gut, wenn Inklusionsassistenten eingesetzt werden? Dr. Andreas David: Wir sollten hier als Erstes von dem ausgehen, was wir vorfinden. Wenn die überwiegend anzutreffende Sozialform der Frontalunterricht ist, müssen die Inklusionsassistenten in der Lage sein, in dieser Unterrichtsform zu agieren. Zudem eignen sich aber gerade auch offene Unterrichtsformen, um auf eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und -zielen eingehen zu können. So ist es z. B. im Rahmen von Gruppenarbeit die Aufgabe des Inklusionsassistenten, bei Bedarf Unterstützung im Lernprozess, z. B. durch Hilfestellung bei der Bewältigung von Aufgabenstellungen oder durch den Einsatz von spezifischen Lernmaterialien, anzubieten.

E Welche sind die größten Herausforderungen? Uhlig: Zum Projektstart 2016/17 gab es noch einige ungeklärte Fragen für alle Beteiligten. Dies war jedoch der innovativen

David: Darüber hinaus sind am Projekt Inklusionsassistent zahlreiche Partner – wie freie Träger, Schulleiter, Lehrkräfte, Eltern, Behörden und Institutionen etc. – beteiligt. Daraus ergeben sich nicht nur unterschiedliche Vorstellungen und Zuständigkeiten, sondern auch Unsicherheiten, ein hoher Kommunikationsbedarf und Reibungspunkte, die im Sinne des Projektes fortlaufend zu lösen sind.

E Gibt es schon Zwischenergebnisse? Marahrens: Momentan sind wir dabei, die Daten aus den ersten Erhebungswellen auszuwerten. Aus persönlichen Gesprächen wissen wir aber bereits, dass die Inklusionsassistenten als eine wertvolle Ergänzung an den Schulen angesehen werden. Bisher wurde die Tätigkeit der Inklusionsassistenten von beinahe jeder Schulleitung lobend hervorgehoben.

E Wie sieht Ihr Ausblick aus? Rudolph: Wir wollen in den nächsten Jahren die Anwendbarkeit psychologischer Konzepte in Erziehung und Unterricht voranbringen. Dies betrifft Fragen von Integration, Inklusion und Ausgrenzung, aber auch motivationspsychologische Konzepte: Wie schwer sollten Aufgaben gestaltet werden und welche Anspruchsniveaus haben die Schülerinnen und Schüler? Wie nützlich sind spezifische Ziele aus motivationaler Sicht? Welche ethischen Fragen kommen ins Spiel, auf allen schulischen Ebenen? Zudem brauchen wir Bildungsprozesse und Studiengänge, die das Berufsbild Inklusion adressieren. Daher ist es wünschenswert, die Erkenntnisse aus diesem Projekt für die Ausbildung zukünftiger Inklusionsassistenten fruchtbar zu machen. Denn Schule ist nicht mehr wie früher ein Arbeitsort ausschließlich für Lehrer, sondern wird immer mehr zu einem Arbeitsort, an dem viele Disziplinen zusammenarbeiten, so etwa Lehrer, Sozialarbeiter, Inklusionsassistenten und Schulpsychologen. Diese Professionen sollten wir zusammenbringen, sodass die gewünschten Synergien entstehen.

KLASSE

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RECHT UND ORDNUNG

Die neue DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) Was ändert sich für Schulen? An Schulen werden täglich Daten verarbeitet. Das sind nicht nur Namen und Adressen, sondern auch Fotos, Leistungsnachweise, Bewertungen und Prüfungsergebnisse. Gerade Schülerakten sind detaillierte Sammlungen mit teilweise sehr sensiblen Daten, die mit jedem Schuljahr aussagekräftiger werden. Die Datenschutz-Grundverordnung, die seit dem 25. Mai 2018 gilt, stellt für alle Einrichtungen, die personenbezogene Daten erfassen und speichern, Regeln auf, wie mit diesen Daten umgegangen wird. Für Schulen heißt das konkret: Auch in Bezug auf Fotos, Internetauftritte u. Ä. gibt es erhöhte Dokumentationspflichten.

E WAS ÄNDERT SICH BEI FILM- UND FOTOGE-

E DÜRFEN E-MAIL-VERTEILER ANGELEGT WERDEN?

Im Einwilligungstext müssen immer folgende Angaben gemacht werden:

E-Mail-Verteiler, etwa zur Information von Eltern, müssen grundsätzlich so angelegt werden, dass die Empfängeradressen nicht sichtbar sind.

NEHMIGUNGEN?

Wo werden die Fotos veröffentlicht?

Die pauschale Angabe »zur Veröffentlichung im Internet« ist nicht ausreichend; es muss definiert werden, über welche Kanäle die Veröffentlichung erfolgt (Website, soziale Netzwerke). Auch sollten die unterschiedlichen sozialen Netzwerke, in denen die Fotos veröffentlicht werden, benannt sein.

E WAS MÜSSEN SCHULEN BEI INTERNETAUFTRITTEN (FB, TWITTER, WEBSITES) BEACHTEN?

Die externe Weitergabe von Kontaktlisten (z. B. an alle Eltern zum gegenseitigen Austausch) ist nicht ohne Einwilligung aller Betroffenen zulässig. E WAS PASSIERT BEI EINER »DATENPANNE«? Sollte es im Verantwortungsbereich der Schule zu einer Verletzung des Datenschutzes kommen, ist die Schule verpflichtet, dies unverzüglich nach Bekanntwerden dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten zu melden.

Bei der Veröffentlichung von Fotos oder anderen personenbezogenen Daten müssen vorher rechtlich einwandfreie Einwilligungserklärungen (s. o.) vorliegen. E MÜSSEN

SCHULEN BEI DER ERFASSUNG VON SCHÜLERDATEN EINE DATENSCHUTZRECHTLICHE BELEHRUNG ERTEILEN? Wenn bereits bei der Schulanmeldung personenbezogene Daten erhoben werden, muss bereits zu diesem Zeitpunkt eine Belehrung erteilt werden, für die das SMK ein Muster zur Verfügung gestellt hat.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: datenschutzrecht.sachsen.de

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FR AGEBOGEN

»Freunde und eine wunderbare Zeit« Was macht einen guten Lehrer aus? Und einen guten Schüler? Mit dem KLASSE-Fragebogen bitten wir Bildungsträger und Prominente aus Sachsen, uns einen Einblick in ihre persönlichen Lernerfahrungen zu geben. ANTWORTEN: MICHAEL KRETSCHMER; FOTO: PAWEL SOSNOWSKI

Als ich klein war, wollte ich Handwerker, zum Beispiel Zimmermann werden. Meine Eltern wollten, dass ich vor allem glücklich bin. Als Schüler war ich gut in allen technischen Dingen. Heute bin ich gut darin Fragen zu stellen und zuzuhören. Dabei lerne ich viel. Mein liebstes Schulfach war Sport, denn ich war schon immer gern in Bewegung. Das Schulfach, das ich überhaupt nicht mochte, war Russisch. Ich habe leider kein großes Talent für Sprachen. Das hat mich in der Schule am meisten genervt: Eigentlich nichts. Heute erinnere ich mich an Freunde und eine glückliche Zeit.

MICHAEL KRETSCHMER

Das hat mir an der Schule am besten gefallen: Mit anderen zusammen zu lernen und

ist seit dem 13. Dezember 2017 Minis-

gemeinsam erfolgreich zu sein.

terpräsident des Freistaates Sachsen.

Ein guter Lehrer hat Freude an seiner Arbeit und ist Schülern ein Vorbild.

er die Erich-Weinert-Oberschule in

Geboren am 7. Mai 1975, besuchte

Ein guter Schüler respektiert den Lehrer und weiß, dass er durch Lernen die

Görlitz, die er 1991 mit der Mittleren

Grundlage für sein Leben schafft, um später selbstständig und selbstbe-

eine Ausbildung zum Büroinforma-

Reife abschloss. Danach machte er

wusst zu sein und auch erfolgreich im Beruf.

tionselektroniker. Auf dem Zweiten

In meinem Leben will ich noch als Politiker mit den Sachsen viel gestalten und

Fachhochschulreife und absolvierte

Bildungsweg erwarb er 1998 die

umsetzen. Als Vater möchte ich unsere Kinder gesund aufwachsen sehen.

anschließend ein Wirtschaftsingeni-

Am besten kann ich mich konzentrieren, wenn ich allein bin und es ruhig ist.

Technik und Wirtschaft in Dresden.

eursstudium an der Hochschule für

Mein Lieblingsbildungsort ist jedes Museum in unserem Land, weil sie wunder-

Von 1994 bis 1999 gehörte Kretsch-

bare Geschichten und Ideen vermitteln.

mer dem Stadtrat von Görlitz an. Seit

Wenn ich meinen Beruf noch einmal wechseln würde Ich habe doch gerade erst

des Landkreises Görlitz. Von 2002

2008 ist er Mitglied des Kreistages

eine neue Aufgabe übernommen, die möchte ich gern noch lange ausfüllen.

bis 2017 war er Mitglied des Deut-

Als Ausgleich zu meiner Arbeit baue ich gerade mit meiner Familie an einem Um-

tretender Vorsitzender der Arbeits-

gebindehaus in der Oberlausitz. Ich liebe an meinem Job, dass ich ganz vielen Menschen begegne und mit ihnen

schen Bundestages, u. a. als stellvergruppe Bildung und Forschung sowie Kunst, Kultur und Medien.

gemeinsam etwas bewegen kann. Ich verlasse das Haus nie ohne unsere Kaninchen zu füttern. Meine Kollegen/Freunde sagen von mir, dass ich nicht loslasse, wenn ich von einer Idee überzeugt bin und andere davon begeistern kann.

KLASSE

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r i m s ’ r ä l Erk N I R E T S I MIN

! ? f t w

? G N U R P HAMMELS ? G N U M M Ü R K N E GURK

#

r die Klassenkasse Gewinnt den ERKLÄRBÄR und 50 0€ fü

DREH DEIN ERKLÄRVIDEO

lärvideo zu einem n Politik habt, und dreht euer Erk he Sac in ck bli rch Du den ihr s dZeigt, das n: Was machen Landtagsabgeor hse Sac zu zug Be t mi ht ric ter h die Thema aus dem GRW-Un d nichts dahinter – wie wirkt sic un ng mu rüm nk rke Gu ? ng pru t Sachsens neten beim Hammels der demografische Wandel mi cht ma s wa – of do ist rf Do s? EU auf Sachsen au sfinden und , was ihr schon immer mal rau ein hr me ch no ch eu lt fäl t mm Dörfern? Besti haltsam erklären wolltet. anderen verständlich und unter

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Goldener Erklärbär + 500 €* Silberner Erklärbär + 250 €* Bronzener Erklärbär + 10 0 €* in den Klassenstufen 9/ 10 und 11/12. Alle sechs Preisträge r gewinnen einen Workshop mit einem bekannten You-Tuber.

WAS

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