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SOZIALE NACHHALTIGKEIT UND INTEGRATION SETZEN BEIDSEITIGE TOLERANZ VORAUS

Soziale Nachhaltigkeit und Integration

WIRTSCHAFTS-EXPERTE FRANZ GSCHIEGL VOM TEAM DER ILLMITZER GESPRÄCHE IM TALK MIT DEM SOZIOLOGEN UND POLITBERATER KENAN GÜNGÖR.

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ versteht sich nicht nur im Sinne von Umwelt- und Klimaschutz und ökonomischen Überlegungen, sondern umfasst etwa auch Themen sozialer Dimensionen. Die soziale Nachhaltigkeit soll eine stabile Gesellschaft ermöglichen, an der alle Mitglieder teilhaben können und die menschliche Würde, sowie Arbeits- und Menschenrechte gewährleistet werden. Sie ist auch in den „17 nachhaltigen Entwicklungszielen“ der UNO ( SDG‘s = Sustainable Development Goals) verankert. „No one will be left behind“ lautet einer der Schlüsselsätze der UnoAgenda 2030, die von allen 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen schon 2015 beschlossen und 2016 in Kraft gesetzt wurde.

Im Zuge der „Illmitzer Gespräche“, die coronabedingt im Oktober 2020 nicht vor Ort abgehalten werden konnten, fanden und finden nun zeitversetzt mit namhaften Referentinnen und Referenten Studioaufnahmen statt. So war auch der Soziologe und Politberater Kenan Güngör, der auch unsere Bundesregierung in Integrationsfragen berät, zu Gast. Themenschwerpunkte seines sozialwissenschaftlichen Beratungs- und Forschungsbüros „think.difference“ sind unter anderem der gesellschaftliche Wandel, Integration, Diversity, Identität, Stadtsoziologie, Bildung sowie Konflikt- und Gewaltanalyse.

In der Rückschau auf den Terrorangriff in Wien meint Güngör, dass unsere westliche Gesellschaft hochkomplex und daher leicht, sogar durch eine einzige Person, angreifbar und auch verwundbar ist. Es geht den radikalen Fundamentalisten nicht allein um die Menschenopfer, sondern um die Destabilisierung unserer Gesellschaft, indem sie verängstigt und erschüttert wird. Der „Schaden“ ist nicht nur in der bedauernswerten Form von Menschenopfern zu sehen, sondern eben auch weitverzweigt in einer Verängstigung von uns Menschen, vielleicht sogar in einer gesellschaftlichen Klimaveränderung. Einer oft angestrebten Spaltung der Gesellschaft, einer Polarisierung, muss mit gemeinsamen Kräften entgegengetreten werden. Derarti-

gen „Erschütterungen“ muss die gesamte Gesellschaft, also alle in Österreich Ansässigen, entgegentreten. Eine Spaltung nach Religionsbekenntnissen („die Moslems“) muss hintangehalten werden.

Güngör führt aus, dass die Radikalisierung bei jungen Leuten oft auf einer Lebenssituation, die wenig Perspektiven bietet, beruht. Sie suchen nach einem Sinn und auch nach einem Abenteuer, wobei sie in einem Gerechtigkeitsbedürfnis emotional reagieren, da sie sich gedemütigt fühlen. Die Radikalisten wollen „für eine Sache kämpfen“ und entwickeln dabei ein Heldengefühl, hin bis zum „Ego-shooting“.

Während in der Phase der Hochblüte des IS (= Islamischer Staat) vor einigen Jahren eine Umfrage durch das Institut von Güngör unter muslimischen Jugendlichen in Wiener Jugendzentren ergeben hat, dass bei 27 Prozent eine latente Radikalisierungsgefährdung vorherrschte, ergaben seine jüngsten Studien erfreulicherweise, dass diese seit den Niederlagen der IS deutlich abgenommen hat.

Dr. Franz Gschiegl – Der Denker

Eigentlich ist der Denker ein Banker. Uneigentlich ist er jemand, der den Dingen sehr tief auf den Grund geht und dessen Erfolg in eben diesem ständigen Hinterfragen auf ethisch hohem Niveau liegt. Er nützt Chancen für Ideen, die nicht bloß der Kaptalvermehrung dienen und – er sie setzt um.

Wichtige Wegmarken:

• 1978 Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften mit Magisterium und Doktorat • seit 2007 Geschäftsführer der ERSTE Immobilien KAG • 1991 bis 2016 Mitglied des Vorstandes der ERSTE-SPARINVEST KAG • 2008 bis 2012 Mitglied des Vorstandes der Erste Asset Management GmbH • 2003 bis 2008 Mitglied des Vorstandes der VÖIG • Ständiger Autor des Monatsmagazins „GEWINN“ • Referent bei zahlreichen internen und externen Veranstaltungen • Coautor zahlreicher Börsen- und Finanzbücher