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VORWORT

Gedanken am Strand

Nein, ich sitze nicht in Corona-Zeiten an einem Sandstrand und habe mich irgendwohin geflüchtet. Ich sitze in der Kanzlei oder bei uns im Seewinkel und wenn ich gerade nicht sitze, dann laufe ich. Ich laufe durch menschenleere Gassen und denke an das Buch „On the Beach“ von Nevil Shute, das vielleicht auch einige der geschätzten Leser zur Matura zu lesen hatten. Es handelt von der Welt nach einem Atomschlag, nur noch wenige sind übrig und diese retten sich in persönliche Scheinwelten. Wir sitzen augenscheinlich alle gemeinsam an diesem Strand und warten darauf, dass der Meeresspiegel steigt und steigt und steigt. Steigt die globale Temperatur nur um 2° C, dann sitzen wir dort nicht mehr lange, sondern müssen flüchten, mit uns etwa 100.000.000 Menschen, die auf der Höhe des Meeresspiegels in Indonesien, in Ägypten, in Amsterdam oder wo immer leben. Das sind dann nicht „bloß“ 100.000 Flüchtlinge aus Syrien. Sie werden nicht nach China fahren, denn dort gibt es bereits ausreichend Menschen und zu diesem Zeitpunkt wird es in Afrika auch schon vier Milliarden Sapiens sapiens geben, die nicht mehr ernährt werden können.

Ich erinnere mich zurück an jene Zeit, in der ich um die 20 Jahre alt war, und denke bei mir: Welche Fähigkeit habe ich verloren, um die es schade ist und die ich wieder hervorholen sollte? Meine Frau und ich hatten kaum Geld, auch keine besonderen Güter, außer einen 2 CV mit einem Loch unter der Kupplung, aber wir waren aufmerksam und von schnellem Entschluss. Wir fuhren nach Hainburg und ketteten uns an Bäume und wir demonstrierten vor der amerikanischen Botschaft gegen die Pershing II-Rakete. Ich denke, dass mir dieser Mut verloren gegangen ist und ich möchte mich bemühen, ihn wieder zu finden. Dazu muss ich wieder zur Selbstbestimmtheit zurückkehren, zur freien Entscheidung, losgelöst von der Angst der „gesellschaftlichen“ Antwort.

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei all jenen, die unser Forum Nachhaltigkeit Illmitz unterstützen. Wir haben eine Reihe von Partnern, für die es wohl einen nur überschaubaren wirtschaftlichen Wert bedeutet, uns zu helfen. Auch wenn wir 2020 keine Präsenzveranstaltung machen konnten, so haben wir mehr als 200.000 Zeichen zu den drei großen und wirklich einzig wesentlichen Themen „Klimawandel“, „Artensterben“ und „Krise der Zivilgesellschaft“ in einer Reihe von Printmedien platziert. Wir konnten Hintergrundgespräche mit Bundesministerin Leonore Gewessler und mit Kenan Güngör, dem Integrationsberater der Bundesregierung, führen und während ich dies schreibe, bereiten wir den Online-Vortrag von Ali Mahlodji, dem UN-Sonderberichterstatter zur Jugendarbeitslosigkeit, vor. All das finden Sie zum Nachsehen unter www.illmitzer-gespraeche.at. Selbstverständlich sind wir als Forum Illmitz auch auf Facebook und Instagram zu finden. Zurzeit setzen wir einen Bildungsschwerpunkt, denn wie JFK richtig bemerkte: „Nur eines ist teurer als Bildung – keine Bildung!“

Zurück an den Strand: Mit vielen lieben Kolleginnen und Kollegen gehe ich einen mehr als 30-jährigen beruflichen, ja in den meisten Fällen freundschaftlichen Weg. Es wird eine Reihe von Momenten gegeben haben, in denen ich sie enttäuscht habe, ich hoffe, es gibt auch Momente, in denen wir einer Meinung waren und gemeinsam eine Richtung eingeschlagen haben. Michael Ende schreibt: „Auf einem Schiff, das in die falsche Richtung fährt, kann man nur kurz in die richtige Richtung gehen.“ Wenn wir da hinaus aufs Meer schauen, dann sehen wir eine Reihe von Dampfern, die exakt in die falsche Richtung fahren und es liegt nur an uns, dem Kapitän ins Steuer zu greifen, denn

WIR HABEN WIRKLICH KEINE ZEIT MEHR.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben alles erdenklich Liebe und Gute, ich freue mich, Sie auch im kommenden Jahr zu uns – wo wir auch immer sein mögen – einladen zu dürfen, ersuche Sie um jenen Mut, den es unabdingbar aufzubringen gilt, und bin

Herzlichst Ihr

Thomas Malloth

t.malloth@malloth.at www.illmitzer-gespraeche.at