6 minute read

FRECH GESAGT

„Wuselst Du noch oder digitalisierst Du schon?“

„Wir revolutionieren mit unserem Produkt den Immobilienmarkt“. ist wohl zweifelsohne der Satz, den ich in den vergangenen zwölf Jahren von ambitionierten Gründern am meisten gehört habe. Auf die Frage hin, wer die angebotene Leistung in Anspruch nehmen soll und wer sogar bereit ist, dafür zu zahlen, verstummten die Gesprächspartner hingegen sehr oft.

Kolumne: Anita Körbler

Das macht es für mich so spannend, strategischer Sparringpartner für Softwareentwickler, Datenexperten, potenzielle User bzw. deren Marketer zu sein. Die „Übersetzungsarbeit“ zwischen den unterschiedlichen StakeholderGruppen zu leisten, zählt seit Jahren zu den absoluten Lieblingsthemen in meinem beruflichen Wirkungsbereich.

Probieren oder digitalisieren?

Dieses besondere Jahr 2020 hat uns wohl allen mehr denn je gezeigt, in welchem Status quo der Automatisierung sich unsere Branchenteilnehmer befinden: Wir sehen Firmen, für die das Thema Digitalisierung ein papierloses Büro inkl. Versand von PDF-Schriftstücken bedeutet. Wir sehen Betriebe, die ihre Kundendaten analysieren wollen, die Ergebnisse jedoch nicht effektiv verwertet werden. Wir sehen ebenso Unternehmen, die sinnvoll Leistungen in automatisierte Alternativen lenken, um ihre Mitarbeiter optimaler in deren Kernbereichen einsetzen zu können. Unternehmerische Selbst- und Fremdbilder divergieren im Hinblick auf progressive Entwicklung oft immens, was sich nicht selten auch auf den Bereich des Employer Branding auswirkt: Der Generation der Digital Natives muss man als Arbeitgeber schon auch einen gewissen technischen Standard bieten, um Anreize zu schaffen. Das muss auch den Konservativsten unter uns klar werden.

„Automatisierungsgegner standen plötzlich vor der Herausforderung, wie ihr Business weiterlaufen kann.“

Wenn uns COVID-19 etwas gelehrt hat, dann wohl, dass viele Abläufe in der Not reduziert bzw. ausgelagert werden können. Auch die absoluten Automatisierungsgegner standen plötzlich vor der Herausforderung, wie und wodurch ihr Business trotzdem weiterlaufen kann. So mancher hat seine allererste Videokonferenz-Erfahrung gemacht und festgestellt, dass es ungewohnt ist, wenn man von seinem eigenen Bild abgelenkt wird, weil man sich plötzlich selbst beim Sprechen sieht und dabei so manche Eitelkeiten erweckt werden. Gleichzeitig kann es herrlich sein, dass Termine, die für eine Stunde anberaumt worden sind, auch wirklich binnen 60 Minuten durchgeführt werden. Betrachten wir grundsätzlich die gesamte Home-Office-Causa: Es ist schon interessant, wie viele Führungskräfte nach wie vor skeptisch sind, ob ihre Mitarbeiter auch von zuhause aus ihre Leistung erbringen (können) – obwohl ergebnisorientierte Messungen implizieren, dass in manchen Bereichen sogar an Effizienz in der Arbeitsweise gewonnen und dies von vielen Mitarbeitern als Zugewinn an Lebensqualität gewertet wird.

Digital oder (zu) normal? Unterschiedliche Ansprechgruppen – unterschiedliche (Fort-)Schritte. Natürlich musste man sich etwa als Makler mit Alternativen zu den nicht erlaubten Besichtigungsterminen auseinandersetzen. Natürlich sind viele an ihre Grenzen gegangen, weil das Digital-Know-how in kürzester Zeit angeeignet werden musste. Natürlich gibt es nach wie vor Verweigerer, die meinen, dass digitale Möglichkeiten ihnen

nicht ausreichend nützlich sind. Irritiert haben mich vor allem jene, die grundsätzlich pro Digitalisierung eingestellt sind – jedoch nur, solange es die Führungsebene selbst nicht betrifft. Nehmen wir uns etwa ein Beispiel an dem früheren Katalogriesen Otto Versand, der es in einer beachtlichen Zeitspanne geschafft hat, das gesamte Unternehmen, sowohl technologisch als auch mit einem kompletten Kulturwandel (beginnend auf Vorstandsebene), zu digitalisieren. Chapeau!

Nostalgie ist kein Zukunftsmodell

Ein Blick auf andere Länder zeigt, wie viel Arbeit uns in Bezug auf digitale Transformation noch bevorsteht, weil Prozesse dort bereits strukturell vereinfacht worden sind, was sich äußerst positiv auf die Ergebnisse ausgewirkt hat. Viele erfolgreiche, großartige PropTech-Gründer aus Wien oder Start-ups aus der Chatbot-Hochburg Graz hatten innovative, disruptive Ideen. Ausgestaltet wurden diese jedoch oftmals in anderen Ländern, da potenzielle Kunden und Investoren dort offener eingestellt und eher zu begeistern waren als heimische.

Eine natürliche Abwehrhaltung resultiert vielleicht aus einer Art Angst, ersetzt zu werden. Diese Emotion legt sich über den Habitus und wir wissen, dass wir eher ablehnen, was wir (noch) nicht verstehen. Schade, wir könnten einfach soviel lernen.

Loslassen ist das neue Planen

Ein optimaler Mix aus mittelfristigem Business-Plan und kurzfristig erforderlichem Troubleshooting wird in den Unternehmensstrategien künftig eine noch wichtigere Rolle einnehmen. Die Zeiten des Auf-denLorbeeren-Ausruhens sind definitiv vorbei. Was gestern noch wunderbar funktioniert hat, bringt heute nur mehr die Hälfte ein und wird schon morgen vom fortschrittlicheren Marktbegleiter bedient.

Weiters gilt: Erfahrung kann man nicht nachholen. Im Wesentlichen stellt die Symbiose von Branchenkennern mit Verfechtern der neuen digitalen Möglichkeiten die optimale Mischung dar. Erprobte Expertise gepaart mit innovativen Techniken – die frischen Impulse tun unserer etablierten Immobilienbranche sehr gut. Da sind wir beim Schlüsselelement: Erfahrung ist wichtig. Weiterentwicklung essenziell. Wenn das Ergebnis dem Kunden dann noch Spaß macht, gibt’s nur Sieger. Das Chancenpotential ist unendlich.

Ganz frech gesagt: Im Endeffekt geht es darum, die Probleme seines Kunden zu lösen – egal, ob Mensch und/oder Maschine. Wer zuerst kommt, löst zuerst.

Anita Körbler, MA – Geschäftsführerin

Anita Körbler, MA ist ideenreiche Branchenkennerin und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich (PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft und Public Communications, zeichnete jahrelang für verschiedene PropTech-Unternehmen als Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der Immobilienbranche.

Rückgängigmachung Grunderwerbsteuer

Nichtfestsetzung und Abänderung.

Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung von Immobilien begründen (zB Schenkungsvertrag), unterliegen der Grunderwerbsteuer. Auch wenn diese Verträge Grunderwerbsteuer (zB 3,5 Prozent von der Gegenleistung/Kaufpreis) auslösen, gibt es bestimmte Ereignisse, die dazu führen, dass die Steuer nicht festgesetzt werden muss oder sogar eine bisher festgesetzte Steuer rückgängig gemacht werden kann.

Einvernehmliche Vertragsauflösung

§ 17 Abs 1 GrEStG sieht vor, dass die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt oder rückgängig gemacht werden kann, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren ab der Entstehung der Steuerschuld rückgängig gemacht wird. Die Rückgängigmachung kann durch Vereinbarung, Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes erfolgen. Unter diesen Tatbestand fällt zB die einvernehmliche Rückübertragung des Grundstücks. Wichtig ist, dass dies innerhalb von drei Jahren ab Entstehung der Steuerschuld erfolgt, andernfalls bleibt es bei der ursprünglichen Grunderwerbsteuer und die Rückübertragung kann neuerlich Grunderwerbsteuer auslösen. Die steuerliche Begünstigung entfaltet zudem nur dann ihre Wirkung, wenn das Grundstück auf den ursprünglichen Verkäufer rückübertragen wird. Eine Übertragung auf eine andere Konzerngesellschaft ist nicht begünstigt, sondern würde sogar neuerlich Grunderwerbsteuer auslösen.

Rechtsanspruch

Nach § 17 Abs 2 und 4 GrEStG wird die Steuer nicht festgesetzt oder rückgängig gemacht, wenn es einen Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung gibt, weil Vertragsbedingungen nicht erfüllt wurden. In der Praxis können diese Bestimmungen von Relevanz sein, da sie – im Gegensatz zu der Vertragsauflösung laut Abs 1 – keiner Dreijahresfrist unterliegen. Das BFG erließ diesbezüglich erst kürzlich zwei wegweisende Erkenntnisse. In einem Fall hatten die Eltern dem Sohn ein Grundstück unter Auflagen geschenkt. Nach ca sieben Jahren hat der Sohn diese nicht erfüllt und war Am Heumarkt 7 A-1030 Wien Tel: +43 /1/718 98 90 Fax: + 43 /1/718 98 90 - 804 E-Mail: wien.office@leitnerleitner.com verpflichtet, das Grundstück an seine Eltern rückzuübertragen. Das BFG betrachtet die Bestimmung als anwendbar, wenn es einen einseitigen Rechtsanspruch gibt (BFG 5.5.2020, RV/5100273/2020).

In einem anderen Fall wurde ein Liegenschaftskaufvertrag abgeschlossen, der Kaufpreis wurde jedoch nach mehr als vier Jahren nicht bezahlt. Da laut BFG nach § 918 ABGB bei Zahlungsverzug ein Rechtsanspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag besteht, waren die Voraussetzungen des § 17 Abs 4 GrEStG erfüllt. Dies gilt laut BFG unabhängig davon, ob das Rücktrittsrecht einseitig ausgeübt wird oder formal eine einvernehmliche Vertragsaufhebung vereinbart wurde (BFG 8.5.2020, RV/3100059/2019). Wichtig ist, dass der Rückerstattungsantrag innerhalb von fünf Jahren ab tatsächlicher Vertragsaufhebung gestellt

LeitnerLeitner Wirtschaftsprüfer Steuerberater

wird (BFG 18.10.2020, RV/7104482/2019). Harald Galla, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei LeitnerLeitner Wien. Er ist spezialisiert auf Immobilientransaktionen.