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DER LAGEZUSCHLAG IM RICHTWERT

Zum Autor

ÖVI Präsident Georg Flödl ist geschäftsführender Partner von Funk Immobilien, seit langem in unterschiedlichen Funktionen in der Immobilienbranche tätig und Mitbegründer der ÖVI Young Professionals.

Der Lagezuschlag im Richtwert – endgültig alle Klarheiten beseitigt

Kommentar: Georg Flödl

Schon das Judikat des Obersten Gerichtshofs zum Lagezuschlag aus Adressverzeichnis als Anknüpfungspunkt dem Jahr 2017 hat nach mehr als 20 Jahren konstanter Rechtsausle- Das von der Stadt Wien veröffentlichte Adressverzeichnis ist der gung für viele Fragezeichen gesorgt. Vor allem die aus dem Urteil erste Anknüpfungspunkt für die Frage, ob ein Lagezuschlag zulässig abgeleiteten Konsequenzen, etwa die fast willkürlich erscheinende ist oder nicht. Diese Zuordnung kann aber im Einzelfall widerlegt Neuzeichnung der Lagezuschlagskarte durch die Stadt Wien, haben werden, so die langjährige Rechtsprechung. Der OGH (5 Ob 137/20p) für nachhaltige Aufregung gesorgt. hat nun die Zählweise hinterfragt, wie man bei einer Evaluierung der betreffenden Wohnumgebung zu einem Ergebnis kommt. Bisher Diese Rechtsunsicherheit ist durch eine jüngste Ent- hat man alle Gebäude einer abgegrenzten Wohnumgebung scheidung des OGH nicht etwa beseitigt, sondern betrachtet und danach differenziert, ob überwiegend noch verstärkt worden. Es ist wohl kaum mehr zwischen 1870 und 1917 errichtete Gebäude in dieprognostizierbar, was das Ergebnis von lang- sem Zählgebiet liegen und ob die Mehrheit sämtwierigen Gerichtsverfahren unter Befas- licher Objekte im Zählgebiet (im Zeitraum der sung hochqualifizierter Sachverständiger Errichtung) überwiegend kleine, mangelhaft sein wird. Die große Zweifelsfrage ist ausgestattete Wohnungen aufwies. In der mittlerweile die Einschätzung, ob über- neuen Lesart stellt der OGH nun fest, dass haupt ein Lagezuschlag zusteht oder die Beurteilung vom Überwiegen der mit nicht. mangelhaften Wohnungen ausgestatteten Gründerzeitgebäude im jeweiligen Gebiet

Terminus Gründerzeitviertel abhängt. Zunächst ist zu prüfen, ob der Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit Gebäudebestand der Wohnumgebung mehreines Lagezuschlags dürfen als bekannt heitlich aus Häusern besteht, die in den Jahren vorausgesetzt werden: Die Liegenschaft, von 1870 bis 1917 errichtet wurden. Überwiegt auf der sich die Wohnung befindet, muss der in diesen Jahren errichtete Gebäudebestand, eine Lage aufweisen, die besser ist als die durch- ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob dieser schnittliche Lage. Eine Wohnumgebung mit einem überwiegenden Gebäudebestand, der in der Zeit von 1870 bis 1917 errichtet wurde und im Zeitpunkt der Errichtung überwiegend kleine, mangelhaft ausgestattete Wohnungen (Wohnungen der mehrheitliche Gebäudebestand bei Errichtung überwiegend Wohnungen der Ausstattungskategorie D aufwies. Trifft beides zu, liegt ein Gründerzeitviertel vor. Das kann im Einzelfall einen großen Unterschied ausmachen und wird verstärkt GründerzeitFEES AND FUNDINGS GET DIRECTIONS MAPS Ausstattungskategorie D) aufgewiesen hat, ist höchstens als durch- viertel „versteinern“. Zu konstatieren ist ein weiterer rechtspolitischer schnittlich einzustufen. Genau das versteht der Gesetzgeber als Grün- Schwenk des OGH im Richtwertsystem. Ob der Gesetzgeber in absehderzeitviertel, ein Terminus, der im Übrigen außerhalb der Wiener barer Zeit faire Lösungen für Mieter und Vermieter präsentieren wird, Stadtgrenzen fast keine Bedeutung hat. bleibt abzuwarten.