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Die Zukunft der Menschheit ist unteilbar ODER Was heißt heute Gerechtigkeit?
from UN 2022-3
Birnen einsetzt oder bezuschusst eine energiesparsame Waschmaschine erwirbt. Dennoch ist die Finanzierung des Programms nicht sichergestellt. Es braucht mehr solcher nachhaltiger, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit versöhnender Angebote, um auf die Herausforderungen zu reagieren, die sich aktuell in den steigenden Preisen von Lebensmitteln und Energie spiegeln. Und es lohnt die Anstrengung, denn es ist nicht damit zu rechnen, dass die Entwicklung der Preise bald gestoppt wird. „Putin setzt auf Hunger“4 – die gezielte Verknappung von Weizen- und Gaslieferungen ist Teil einer geopolitisch ausgerichteten Kriegsführung, die am Ende die Armen in den Ländern des Südens noch unvergleichlich härter trifft als die Armen in Deutschland und Europa. Not sehen und handeln: #DasMachenWirGemeinsam – dieser Anspruch gilt heute mehr denn je der Verschränkung von nationaler und internationaler Solidarität. Dem Balancieren mit erhöhtem Risiko, das den vulnerablen Gruppen zugemutet wird, können wir nicht einfach zuschauen. Die auf der Wippe brauchen die ausgestreckte Hand. Als Sturzprophylaxe. Eva Maria Welskop-Deffaa Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes Erstveröffentlichung in: „Die Politische Meinung“, Ausgabe Nr. 575, Juli/August 2022 Wir danken für die Genehmigung zur Wiedergabe; der Beitrag wurde gekürzt.
Foto Drei auf der Wippe. Bild von Kai Reschke bei Pixabay Quellen 1 siehe 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregie- rung, Berlin 2021, www.armuts-und-reichtumsbericht.de, S. 316 2 wzb.eu/de/forschung/dynamiken-sozialer-ungleichheiten/ arbeit-und-fuersorge/projekte/die-auswirkungen-von-covid- 19-auf-die-wirtschaftliche-und-soziale-situation-von-frauen- in-berlin 3 www.stromspar-check.de 4 Friedrich Schmidt, Putin setzt auf Hunger, FAZ 21. Mai 2022
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Die Zukunft der Menschheit ist unteilbar
oder: Was heißt heute Gerechtigkeit?
Manchmal staunt man über die Aktualität eines Textes, der eigentlich schon alt ist. 1970 schrieb Klaus Hemmerle als Bischof von Aachen drei Predigtanregungen für Adveniat: Was heißt heute Liebe? Was heißt heute Gerechtigkeit? Was heißt heute Gewalt? Hemmerle war ein Mann der leisen, nachdenklichen Töne. Wir meinen, es lohnt, seine fünfzig Jahre alten Gedanken im lauten Diskurs unserer Tage noch einmal zu lesen.
Wer in die Gesellschaft von heute hineinblickt, in ihre Entwicklungen, die im Weltmaßstab verlaufen und deren Gänge und Ziele noch kaum abzusehen sind, der wird ein wenig ratlos sein, was „gerechte Ordnung“ hier heißen solle. Was ist Gerechtigkeit? Diese Frage liegt uns heute so nahe wie einst dem Pilatus die Frage: Was ist Wahrheit? Sowenig dieser sich mit seiner Frage aus der Verantwortung herausreden konnte, sowenig entschuldigt uns heute unsere Ratlosigkeit vor dem Problem der Gerechtigkeit. Wir müssen uns stellen. Unser Begriff von Gerechtigkeit schließt zwei ungeprüfte Vorurteile ein. Das erste Vorurteil: Gerechtigkeit erscheint uns als ein Gegensatz zu Liebe und Barmherzigkeit. Entweder sträuben wir uns dagegen, Liebe und Erbarmen anzunehmen, wo wir eine Forderung der Gerechtigkeit sehen, oder aber wir halten ein bloß gerechtes Handeln für kalt und herzlos. Doch Liebe, Erbarmen ist mehr als bloße Gerechtigkeit. Vielleicht sind allein Liebe und Erbarmen imstande, Gerechtigkeit zu sehen und zu üben. Gerechtigkeit hat zumal im Alten Testament etwas mit dem Bund zu tun, den Gott mit seinem Volk geschlossen hat. Er hat sich in freiem Erbarmen dem Volk Israel zugeneigt und es auserwählt. Seine „Gerechtig- keit“ ist es, dass er diesen Bund immer neu bestätigt und bestärkt, auch wenn das Volk dem nicht entspricht. Für das Volk aber besteht Gerechtigkeit darin, die Bundestreue zu Gott zu halten, auch dann, wenn menschliches Verstehen die Wege Gottes nicht mehr begreift. Diese Gerechtigkeit aber, die Israel Gott schuldet, ist unteilbar: Sie gilt auch in der gegenseitigen Beziehung der Israeliten zueinander. Weil Gott ihnen als seinem Volk treu ist, sind sie gerufen, miteinander solidarisch zu sein, einander zu tragen und zu stützen. Im Neuen Testament bleibt dies alles bestehen, wird aber ausgeweitet: Gott hat grundsätzlich alle Menschen in seinen Bund berufen, er hat seinen Sohn für alle in den Tod gegeben. Daraus wächst für den