Filmpodium Programmheft Januar/Febuar 2019

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Stummfilmfestival 2019

TAGEBUCH EINER VERLORENEN Deutschland 1929 «Die Kamera weidet sich an Brooks’ strahlender Schönheit, wenn Pabst dem Abenteuer der Apothekerstochter Thymian folgt, die ihre Unschuld verliert. Ihre Entwicklung vom Augapfel des Vaters über ihren sexuellen Fehltritt und das Erziehungsheim zum Liebling eines teuren Bordells und schliesslich zur verwitweten Gräfin gibt Pabst Gelegenheit, schonungslos das Deutschland der Weimarer Republik darzustellen im Kontrast zu Brooks’ Verkörperung einer überschäumenden, gleichsam unschuldigen Vitalität.» (Ruth Baumgarten, Time Out Film Guide) «Pabst umschifft in seinem letzten Stummfilm die Klippen des kolportagehaften Sujets geschickt und erzählt in sehr dynamischen Bildern. Der im September 1929 der Zensur vorgelegte Film bekam zunächst Schnittauflagen, wurde dann zwischenzeitlich als ‹entsittlichend› ganz verboten. Schliesslich durfte er, abermals gekürzt, wieder auf die Leinwand. (…) Die rekonstruierte Version ist etwas länger als die Uraufführungsfassung.» (Ursula von Keitz, Programm Filmpodium, Jan. 2004) 113 Min / sw / DCP / Stummfilm, d Zw’titel // REGIE Georg Wilhelm Pabst // DREHBUCH Rudolf Leonhard, nach einem Roman von Margarete Böhme // KAMERA Sepp Allgeier // MIT Louise Brooks (Thymian), Edith Meinhard (Erika), Fritz Rasp (Provisor Meinert), Josef Rovensky (Apotheker Henning), Andrews Engelmann (der Vorsteher), Valeska Gert (seine ­ Frau), André Roanne (Graf Osdorff), Arnold Korff (sein Onkel), Vera Pawlowa (Tante Frida), Kurt Gerron (Dr. Vitalis). SA, 26. JAN. | 20.45 UHR

ment (…). Das Resultat sind fast surreale Bildkompositionen, die die Schrecken des Krieges auf suggestive Weise reflektieren.» (Fred Gehler, in: Sonntag, 1966) 108 Min / sw / DCP / Stummfilm, russ + e Zw’titel // REGIE Friedrich Ermler // DREHBUCH Katerina Winogradskaja, Friedrich Ermler // KAMERA Jewgeni Schneider // MIT Fjodor Nikitin (Filimonow), Ljudmila Semjonowa (Natascha), Waleri Solowzow (ihr zweiter Mann), Jakow Gudkin (verletzter Soldat, Sergej Gerassimow (Offizier der Weissen Armee). MI, 23. JAN. | 18.15 UHR LIVE-BEGLEITUNG: ALEXANDER SCHIWOW, ZÜRICH (PIANO)

SHIRAZ – DAS GRABMAL EINER GROSSEN LIEBE Indien/GB/Deutschland 1928 Als «Dreingabe» ein weiterer vom BFI restaurierter Indien-Film von Frank Osten, diesmal mit der Musik der Sitarspielerin Anoushka Shankar. «Erzählt wird in eindrucksvollen Bildern, die an Originalschauplätzen mit indischen Darstellern entstanden sind, die Legende des Taj-Mahal, eine unglückliche Liebesgeschichte, die mit dem Bau des berühmten Wahrzeichens endet. Unter dem Titel Shiraz war Das Grabmal einer grossen Liebe selbst in den USA ein grosser Erfolg, der Indien als Filmland international bekannt machte.» (Bonner Sommerkino 2004) 97 Min / sw / DCP / Stummfilm mit Musik, e + d + f Zw’titel // REGIE Franz Osten // DREHBUCH W. Burton, nach einem ­Theaterstück von Niranjan Pal // KAMERA Emil Schünemann, H. Harris // MUSIK Anoushka Shankar // MIT Himansu Rai (Shiraz), Seeta Devi (Dalia), Charu Roy (Prinz Khuram).

LIVE-BEGLEITUNG: MAUD NELISSEN, DOORN (PIANO)

TRÜMMER EINES IMPERIUMS (Oblomok imperii) Sowjetunion 1929 «Erstaufführung einer neuen Rekonstruktion von Friedrich Ermlers bildgewaltigem Filmklassiker. Ein Arbeiter verliert als Soldat im Ersten Weltkrieg durch einen Schock sein Gedächtnis. Zehn Jahre später erkennt er am Zugfenster seine Frau – und kann sich plötzlich wieder an früher erinnern. Auf der Suche nach ihr reist er durch ein neues Land und erkennt staunend, was sich seit 1917 alles verändert hat.» (Bonner Sommerkino 2018) «Eine originelle Fabel, die Ermler mit hoher künstlerischer Meisterschaft umzusetzen versteht. (...) Die Assoziationsmontagen des Films sind für den damaligen Stand der filmischen Entwicklung ein höchst beachtenswertes Experi-

FRÜHE TONFILME VON 1929 APPLAUSE USA 1929 «Applause basierte auf einem Roman über eine alternde Varieté-Königin, die sich in bester Tra­ dition von Mutterliebe und Show-must-go-on-­ Melodramatik für ihre Tochter opfert. Von Anfang an beharrt Mamoulian darauf, seine Geschichte vor allem (und das war ein Novum zur Zeit der primitiven Tonkameras, die in plumpen Gehäusen eingeschlossen waren) mit einer beweglichen Kamera zu erzählen. (…) Während des ganzen Films mit seinem schmutzigen, düsteren Realismus der Hinterbühnenatmosphäre, dem diskre-


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