DP 2009 11 Musterloesung

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Diplomprüfung aus Finanzrecht

Diplomprüfung aus Finanzrecht, 23.11.2009. o. Univ. Prof. Dr. Werner Doralt; Univ. Prof. Dr. Michael Tanzer Die Arbeitszeit beträgt 90 Minuten. Achten Sie auf die Fragestellung, antworten Sie kurz und sachgerecht; für Antworten, die nicht gefragt wurden, werden auch keine Punkte vergeben. Bei Unklarheiten im Sachverhalt treffen Sie Annahmen. Schreiben Sie nur auf der ausgeteilten Angabe. Der freie Platz hat keine Bedeutung für die notwendige Länge der Beantwortung. Sollten Sie während der Prüfung mit einer Gesetzesausgabe angetroffen werden, die mehr als reine Paragraphenverweise und Unterstreichungen enthält, wird Ihnen diese abgenommen. Prüfungen, bei denen unerlaubte Hilfsmittel mitgenommen oder verwendet werden, werden nicht beurteilt. Die Prüfung wird jedoch auf die Gesamtzahl der Wiederholungen angerechnet (§ 10 Abs 6a der Satzung der Universität Wien).

Punkte: 43 – 50: Sehr gut 38 – 42: Gut

32 – 37: Befriedigend 26 – 31: Genügend 0 – 25: Nicht genügend

Nachname:

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Teil I: ______ Teil II: ______

Vorname:

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Punkte gesamt:

Matrikelnummer: _______________________

Note:

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Teil 1 – Ertragsteuern [25 P] 1. [1,5 P] Nennen und beschreiben Sie die drei Funktionen von Steuern! 1) Finanzierungsfunktion: Finanzierung der Staatsausgaben (Primärfunktion) [0,5]. 2) Umverteilungsfunktion: zum Ausgleich der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Steuerpflichtigen [0,5]. 3) Lenkungsfunktion: insbesondere zur Lenkung der Wirtschaft (zB Investitionsbegünstigung) [0,5]. [Doralt 2009/10 Tz 3] 2. [4 P] Beurteilen Sie folgende Einkünfte nach der jeweiligen Einkunftsart im Einkommenssteuergesetz: a) Bezüge eines Nationalratsabgeordneten aus seiner Tätigkeit als Abgeordneter [0,5] Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs 1 Z 4 EStG [0,5]. b) Privatnutzung des unentgeltlich überlassenen Firmenwagens durch den Dienstnehmer [0,5]

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Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sachbezüge und andere Vorteile wie zB die Privatnutzung des überlassenen Firmenwagens [0,5]. c) Annahme von Schmiergeld - durch einen wesentlich beteiligten Geschäftsführer von einem Kunden [0,5] - für einen privaten Tipp [0,5] Schmiergelder fallen unter § 29 EStG, soweit sie nicht zu anderen Einkünften gehören; Fall 2: [0,5]. Der wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer (Fall 1) bezieht Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 2 EStG, daher Einkünfte aus selbständiger Arbeit [0,5]. d) Dem Angestellten C werden Schmerzengeld von 8.000 € und Verdienstentgang von 5.000 € für einen Arbeitsunfall zugesprochen [1] Das Schmerzengeld ist keine steuerbare Einkunft [0,5]. Verdienstentgang gehört hingegen gemäß § 32 Z 1 lit a EStG zu den Einkünften und stellt aufgrund des Dienstverhältnisses Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar [0,5]. e) Die D AG gewährt ihrem Gesellschafter einen zinsfreien Kredit iHv 1.000.000 €. Wie erfolgt die Besteuerung? [1] Es handelt sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung. Daher stellen die „ersparten“ Zinsen Vorteile dar, die unter Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs 1 Z 1 lit a EStG zu subsumieren sind [0,5]. Diese sind wiederum nach § 93 Abs 1 iVm Abs 2 Z 1 lit a EStG kapitalertragsteuerpflichtig [0,5]. [Doralt 2009/10 Tz 19, 23, 26ff, 30, 32, 172, 209] 3. [3 P] Der Bildhauer B hat im letzten Jahr einen Umsatz von 200.000 € erzielt. An Mietkosten für sein Atelier hat er 5.000 € bezahlt und für Marmorblöcke 15.000 € ausgegeben. Andere Ausgaben hat er nicht gehabt. Wie kann B seinen Gewinn ermitteln und wie hoch ist der zu versteuernde Betrag, wenn B keinen Vermögensvergleich anstrebt? B bezieht als Künstler Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 1 lit a EStG [0,5]. Er kann daher seinen Gewinn, unabhängig vom Umsatz, durch Einnahmen-Ausgabenrechnung ermitteln (§ 4 Abs 3 EStG) [0,5]. Vom Umsatz werden Mieten sowie Rohstoffeinkäufe (Wareneinkäufe) für das letzte Jahr abgezogen, somit werden 180.000 € zu versteuern sein [0,5]. Da für B keine Buchführungspflicht besteht (§ 125 BAO), er Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezieht und der Umsatz 220.000 € unterschreitet, kann er auf Antrag beim Finanzamt die Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz gemäß § 17 EStG pauschal ermitteln [0,5]. Das Betriebsausgabenpauschale beträgt 12 % vom Umsatz, höchstens 26.400 € [0,5]. Das Pauschale beträgt in diesem Fall 24.000 € (12 % von 200.000) + 15.000 €, weil Rohstoffeinkäufe zusätzlich geltend gemacht werden können. Zu versteuern sind daher 161.000 € (200.000 – 39.000) [0,5]. Darüber hinaus besteht für Künstler und Schriftsteller eine Durchschnittssatzverordnung [+ 0,5]. [Doralt 2009/10 Tz 19, 50, 117, 118] 4. [3 P] Ein Opernsänger hat in Wien eine Wohnung, die er nur während seiner sehr seltenen Auftritte in Österreich benutzt. Seite 2 von 8


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a) Wie beurteilen Sie die Steuerpflicht in Österreich? [0,5] Der Opernsänger hat in Österreich einen Wohnsitz und wäre daher unbeschränkt steuerpflichtig. Gemäß der Zweitwohnsitzverordnung besteht trotz Wohnsitz im Inland keine unbeschränkte Steuerpflicht, wenn die Wohnung höchstens 70 Tage im Jahr genutzt wird und der Mittelpunkt des Lebensinteresses im Ausland liegt [0,5]. b) Wie werden die Einkünfte des Opernsängers in Österreich steuerlich behandelt? [1,5] Der Opernsänger bezieht grundsätzlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit [0,5]. Gemäß § 98 EStG unterliegt er mit diesen Einkünften der beschränkten Steuerpflicht [0,5]. Die Erhebung der der ESt erfolgt durch die Abzugsteuer (pauschal 20% ohne Betriebsausgaben/Werbungskosten), weil er ein Künstler ist [0,5]. c) Wie sollte der Opernsänger vorgehen, wenn er bei seinen Auftritten in Österreich sehr hohe Betriebsausgaben hat? [1] Wenn er die Abzugssteuer nicht in Anspruch nehmen will (zB wegen hoher Aufwendungen), kann er eine Veranlagung beantragen (§ 102 Abs 1 Z 3 EStG) ODER Staatsangehörige aus der EU und dem EWR, die nur beschränkt steuerpflichtig sind, können auch beantragen, wie unbeschränkt Stpfl behandelt zu werden, wenn sie in Österreich einen wesentlichen Teil ihrer Einkünfte beziehen [1]. [Doralt 2009/10 Tz 10, 11, 173, 174] 5.

[6 P]

Der Stpfl A hat 2005 je eine 50%-ige Beteiligung an der Alpha Gesellschaft (atypische stille Gesellschaft) und an der Beta Gesellschaft (GmbH) gekauft. a) Inwieweit kann A die auf die Beteiligungen entfallenden Firmenwerte abschreiben? [2] •

Alpha [1] Der unechte stille Gesellschafter ist ein Mitunternehmer. Beim Erwerb der Beteiligung an einer Personengesellschaft ist der anteilige Firmenwert auf 15 Jahre abzuschreiben [1].

Beta [1] Keine Abschreibung des in der Beteiligung enthaltenen Firmenwertes. Ein im Kaufpreis bezahlter Firmenwert kann nur bei Personengesellschaften abgeschrieben werden [1].

b) Die Gesellschaften Alpha und Beta erleiden 2007 einen Verlust. Welche Möglichkeiten hat der Gesellschafter, um die Verluste zu verwerten? [1] Die Verluste der Alpha Gesellschaft (Personengesellschaft) kann der Gesellschafter übernehmen (Durchgriffsprinzip) [0,5], die Verluste der Beta Gesellschaft (Kapitalgesellschaft) nicht (Trennungsprinzip) [0,5]. c) A verkauft beide Beteiligungen im Jahr 2010 mit Veräußerungsgewinn. Wie erfolgt die Besteuerung? [2] •

Alpha [1] Die Veräußerung von Anteilen an einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) wird wie eine Betriebsveräußerung (§ 24 EStG) behandelt [0,5]. Die Verteilungsbegünstigung (§ 37 Abs 2 Z 1) und der Hälftesteuersatz (§ 37 Abs 5) kommen nicht in Frage, weil die Anteile nach 5 Jahren (Behaltefrist 7 Jahre) verkauft werden; der Veräußerungsgewinn ist jedoch nur insoweit steuerpflichtig, als er den anteiligen Freibetrag übersteigt [0,5].

Beta [1] Seite 3 von 8


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Da dieser Vorgang eine Beteiligungsveräußerung gemäß § 31 EStG darstellt, führt die Veräußerung von Anteilen zu sonstigen Einkünften gemäß § 29 Z 2 EStG [0,5]. Der Veräußerungsgewinn unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (halber Durchschnittssteuersatz, § 37 Abs 4 Z 2) [0,5]. d) Wie werden verfahrensrechtlich die Gewinne von Alpha bei A erfasst? [1] Einkünfte von Mitunternehmerschaften mit betrieblichen Einkünften werden für alle Beteiligte gesondert von der ESt-Veranlagung festgestellt (Feststellungsbescheid). Der Feststellungsbescheid wird dann den ESt-Bescheiden der Mitunternehmer zugrunde gelegt [1]. [Doralt 2009/10 Tz 29, 123, 126, 127, 129, 143, 217] 6. [3 P] Das Unternehmen A mit Sitz in Wien ermittelt seinen Gewinn nach § 5 Abs 1 EStG. Bilanzstichtag ist der 31.12. A liefert seine Produkte mit eigenen LKWs aus. Wie wirken nachfolgende Ereignisse auf die Bilanz zum 31.12.2009 aus, die im März 2010 erstellt wird: a) LKW 1 erleidet am 28.12.2009 auf der Fahrt nach Rom einen Unfall, der zum Totalschaden führt. Die italienische Polizei übermittelt den Polizeibericht erst am 5.1.2010. [1] Bewertungsstichtag ist der Bilanzstichtag und somit der 31.12.2009. Nachträglich bekannt gewordene Umstände über den am Bilanzstichtag bereits bestehenden Wert sind zu berücksichtigen (werterhellende Umstände) und wirken auf den Bilanzstichtag zurück [1]. b) LKW 2 kommt am 2.1.2010 auf einer Brücke ins Schleudern und stürzt in einen Fluß. Das Fahrzeug ist unreparabel beschädigt. [1] Wertverändernde Umstände, die den Wert erst nach dem Bilanzstichtag verändern, sind nicht zu berücksichtigen und wirken auf den Bilanzstichtag nicht zurück [1]. c) Variante: Welche Änderungen ergeben sich, wenn A den Gewinn nach § 4 Abs 1 EStG ermittelt? [1] Da die Stichtagsbewertung einen allgemeinen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung bzw. einen allgemeinen Bewertungsgrundsatz darstellt [0,5], ergeben sich für die oben genannten Ereignisse bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG keine Veränderungen [0,5]. [Doralt 2009/10 Tz 67, 70] 7. [4,5 P] Anschaffung und Veräußerung: a) Der Einzelunternehmer B schaffte Ende Mai 2001 um 100.000 € eine Maschine an (voraussichtliche Nutzungsdauer 10 Jahre). B verkauft jedoch die Maschine Ende Oktober 2008 um 30.000 €. Im Dezember 2008 kauft B eine neue Maschine. Wie können sich diese Vorgänge steuerlich auswirken? [1,5] Der Buchwert der Maschine beträgt Ende 2008 noch 20.000 € [0,5]. Die Differenz zwischen dem Buchwert (20.000) und dem Verkaufspreis (30.000) stellt eine stille Reserve in Höhe von 10.000 € dar [0,5]. Diesen Betrag kann B auf eine Übertragungsrücklage und anschließend auf die neu angeschaffte Maschine übertragen [0,5]. b) Variante: Was gilt wenn B kein Einzelunternehmer, sondern eine GmbH ist? [1]

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Die Übertragung der stillen Reserven ist auf die ESt eingeschränkt und gilt von vornherein nicht im Rahmen der Körperschaftssteuer [1]. d) Die C-GmbH erwirbt im Jänner 2007 eine reparaturbedürftige Maschine. Gehören folgende Positionen zu den Anschaffungskosten: [2] Ja

Nein

a. 100.000 € Kaufpreis

b. 3.000 € Transportkosten

c. 5.000 € Einrichtungs- und Installationskosten

d. 2.000 € Fremdfinanzierungskosten

e. 10.000 € Reparaturkosten

Die Anschaffungskosten bestehen aus den unmittelbaren Aufwendungen zum Erwerb eines Vermögensgegenstandes (Preis 100.000 €), Nebenkosten im Zusammenhang mit der Anschaffung (Transportkosten 3.000 €) [0,5] sowie Aufwendungen, um den Gegenstand in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (Einrichtungs- und Installationskosten 5.000 €) [0,5]. Fremdkapitalzinsen im Zusammenhang mit einem Kredit zur Anschaffung eines Wirtschaftsgutes (Fremdfinanzierungskosten 2.000 €) gehören nicht zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes [0,5]. Da die Reparaturkosten (Reparatur 10.000 €) für die Erlangung der Betriebsbereitschaft notwendig sind, gehören diese ebenfalls zu den Anschaffungskosten [0,5]. Die Anschaffungskosten sind daher mit 118.000 € anzusetzen. [Doralt 2009/10 Tz 81, 107, 111, 112]

Teil 2 – Verfahrensrecht, Finanzstrafrecht, Verkehrssteuern, Gebühren [25 P]

8. Umsatzsteuer, Verfahren, Finanzstrafrecht [3 P] Der rechnungslegungspflichtige Unternehmer U a) bezahlt die USt-Vorauszahlung für März 2009 versehentlich erst im Juni 2009 und b) die USt-Vorauszahlung für April 2009 im August 2009, weil er kein Geld hat. Mit welchen verfahrens- und allenfalls strafrechtlichen Konsequenzen hat er zu rechnen? a) Die USt-Vorauszahlung ist jeweils bis 15. des zweitfolgenden Monats fällig (§ 21 UStG); es fällt ein Säumniszuschlag von 2% an (§ 217 BAO)) [1]. b) Die USt-Vorauszahlung ist ebenfalls bis 15. des zweitfolgenden Monats fällig; der Säumniszuschlag beträgt auch hier 2% [1]. Da in diesem Fall Vorsatz vorliegt, verwirklicht er außerdem eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG (vorsätzlich verspätete Zahlung von USt-Vorauszahlungen) [1]. [Doralt, Tz 350, 568, 601] 9. Umsatzsteuer [5,5 P] Seite 5 von 8


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a) Der buchführungspflichtige Holzhändler H und der Vermieter V erbringen im Februar folgende Leistungen an einen Tischler: - Holzhändler H liefert im Februar Holz im Wert von 100.000 € inkl. USt - Vermieter V vermietet die Betriebsliegenschaft an den Tischler (Jahresmiete: 60.000 € inkl. USt) und hat sonst keine Einkünfte. Die Rechnungen dafür werden am 15.3. gelegt. Bezahlt werden sie im April. Bis wann haben H und V die USt zu bezahlen? [3,5] Holzhändler: Beim Holzhändler kommt die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) zur Anwendung [0,5]. Die Steuerschuld entsteht grundsätzlich mit Ende des Monats, in dem die Leistung erbracht wurde; erfolgt die Rechungslegung einen Monat später, entsteht die Steuerschuld (höchstens!) einen Monat später, dh mit Ende März (vgl § 19 Abs 2 Z1 lit a UStG); fällig ist sie am 15. des zweitfolgenden Monats (§ 21 UStG), das ist der 15. Mai [1]. Vermieter: Beim Vermieter kommt die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) zur Anwendung, weil sein Jahresumsatz aus der Vermietung 110.000 € nicht übersteigt (vgl § 17 Abs 2 UStG) (1). Die Bezahlung erfolgt im April, daher entsteht die Steuerschuld mit Ende April (§ 19 Abs 2 Z 1 lit b UStG); fällig ist sie am 15. des zweitfolgenden Monats, das ist der 15. Juni [1]. b) Variante: Der Tischler bezahlt die Rechnungen nicht und geht in Konkurs. Welche Konsequenzen ergeben sich für H und V? (2 P.) Holzhändler: Aufgrund der Sollbesteuerung war die USt am 15.5. fällig; wenn T in Konkurs geht, hat B die Bemessungsgrundlage für die USt (auf null) zu berichtigen (§ 16 UStG) und erhält die bereits bezahlte USt zurück (1). Vermieter: Da V der Istbesteuerung unterliegt, muß er die USt erst nach Bezahlung entrichten; wenn diese nicht erfolgt ist, ergeben sich für ihn keine Konsequenzen (1). [Doralt, Tz 331, 336, 347 ff] 10. Umsatzsteuer [5 P] a) Der Arzt A verabreicht in seiner Ordination eine Infusion, die er aus seiner Hausapotheke entnimmt. Er legt dem Patienten eine Rechnung über 240 € für die Infusion inklusive USt und 60 € für die Behandlung. Beurteilen Sie den Vorgang aus umsatzsteuerlicher Sicht! [3] Es gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung: Das Medikament ist (trotz höheren Entgeltanteils) Nebenleistung zur Hauptleistung Behandlung; daher sind Behandlung und Medikament insgesamt von der USt befreit [1]. Der Arzt ist unecht von der Umsatzsteuer befreit (§ 6 Abs 1 Z 19 UStG), dh er verliert gleichzeitig den Vorsteuerabzug. Die Hausapotheke ist von dieser Befreiung aber nicht erfasst. Wenn er Medikamente für nicht steuerpflichtige Zwecke verwendet, hat er den Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 12 Abs 11 UStG; kein Anwendungsfall der Bagatellgrenze von 220 € nach § 12 Abs 13!) [1] Wenn der Arzt die USt auf der Rechnung ausweist, entsteht die Steuerschuld kraft Rechnungslegung; der Arzt schuldet trotz Befreiung die USt (mit Berichtigungsmöglichkeit; § 11 Abs 12 UStG) [1]. Seite 6 von 8


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b) Der Arzt A betreibt seine Ordination in einer gemieteten Wohnung, die er zur Gänze für die Ordination nutzt. Der Vermieter B stellt für die Miete monatlich 1.000.- € zuzüglich 10% USt in Rechnung. Beurteilen Sie die Rechnungslegung des Vermieters aus umsatzsteuerlicher Sicht! [2] Die Vermietung von Gebäuden ist unecht von der Steuer befreit (§ 16 Abs 1 Z 16 UStG) [0,5]; es kann aber auf die Steuerpflicht optiert werden (vgl § 16 Abs 2 UStG). Nur die Vermietung zu Wohnzwecken unterliegt (immer) dem ermäßigten Steuersatz von 10%. Der Steuersatz ist daher jedenfalls falsch bemessen [0,5]. Da der Arzt unecht von der Steuer befreit ist, wird der Vermieter von der Option auf die Steuerpflicht keinen Gebrauch machen [0,5]. Wenn der Vermieter die USt auf der Rechnung zu hoch ausweist, entsteht die Steuerschuld kraft Rechnungslegung; er schuldet die USt in Höhe von 20% (mit Berichtigungsmöglichkeit; § 11 Abs 12 UStG) [0,5]. [Doralt 2009/10 Tz 312, 315, 334, 336, 340, 343] 11. Verkehrsteuern, Verfahren (3,5 P.) Welche verkehrsteuerlichen oder sonstigen abgabenrechtlichen Vorschriften sind zu beachten? a) Der Autohändler KH hat eine offene Forderung gegen seinen Neffen N in Höhe von 16.000 €; anlässlich der Betriebsaufgabe erläßt KH seinem Neffen schenkungsweise die Forderung. (1,5 P.) Schenkungen unter Lebenden sind grundsätzlich meldepflichtig. Da der Neffe zu den Angehörigen nach § 25 BAO zählt (0,5), gibt es einen Freibetrag von 50.000 € (0,5); die Schenkung ist daher von der Meldepflicht befreit (vgl § 121a BAO) (0,5). b) Der Großhändler G hat eine Forderung gegen den Kunden K, die er an seinen Geschäftspartner P abtritt; P und G teilen K diesen Sachverhalt in einem gemeinsamen Schreiben mit. (1 P.) Es liegt eine Zession vor, die der Gebührenpflicht nach § 33 TP 21 GebG unterliegt; der Brief ist eine rechtsbezeugende Urkunde und bewirkt die Gebührenpflicht. (1) c) Der Steuerberater C bringt das Kanzleigebäude in seine Steuerberatungs-GmbH ein. (1 P.) Der Vorgang löst GrESt (0,5) und Gesellschaftssteuer nach dem KVG (0,5) aus. [Doralt, Tz 477, 514, 543, 564] 12. Sonstige Steuern (2 P.) Ein Wiener Arzt beschäftigt in seiner Ordination eine Sprechstundenhilfe und zu Hause ein Kindermädchen. Welche lohnabhängigen Abgaben hat er neben der Lohnsteuer noch zu entrichten? Sprechstundenhilfe: Dienstgeberbeitrag nach FLAG (vgl § 41 FLAG); als Unternehmer schuldet der Arzt auch die Kommunalsteuer (vgl §§ 1, 2, 3 KommStG) (1). Kindermädchen: Dienstgeberbeitrag nach FLAG (vgl § 41 FLAG); weil es im privaten Bereich beschäftigt wird, fällt keine Kommunalsteuer an (1). In Wien unterliegen diese Dienstverhältnisse noch einer zusätzlichen Dienstgeberabgabe („U-BahnSteuer“). (+0,5) [Doralt, Tz 391 f, 524]

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13. Verfahren (3 P.) Beurteilen Sie folgende Sachverhalte nach der Zuständigkeit hinsichtlich ESt und USt! a) A wohnt in Wien und betreibt in Perchtoldsdorf (NÖ) ein Weinbauunternehmen. ESt: Wenn der Stpfl nur einen Betrieb hat, ist bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben das Lagefinanzamt zuständig (§ 55 Abs 2 iVm § 54 Abs 1 lit a BAO) (1). Hier: FA Baden Mödling. USt: Für die USt ist das FA zuständig, das für die ESt zuständig ist (§ 61 BAO). (0,5) b) B wohnt in Korneuburg (NÖ); in Wien betreibt er eine Gastwirtschaft und eine Tischlerei. ESt: Da der Stpfl mehrere Betriebe hat, ist das Wohnsitzfinanzamt zuständig (§ 55 Abs 1 BAO) (1). Hier: FA Hollabrunn Korneuburg Tulln. USt: Wie bei a), daher Wohnsitzfinanzamt (§ 61 BAO) (0,5). [Doralt, Tz 562] 14. Verfahren (3 P.) a) A erklärt neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit negative Einkünfte aus Vermietung; es lässt sich dabei noch nicht zweifelsfrei vorhersehen, ob die Vermietung Liebhaberei darstellt. Wie wird das Finanzamt vorgehen? (1 P.) Wenn die Abgabenpflicht ungewiss ist, kann das Finanzamt einen vorläufigen Bescheid erlassen (§ 200 BAO) und die Werbungskostenüberschüsse damit (vorläufig) zulassen. b) B wird anläßlich eines Grundstückserwerbs mit Bescheid vom 1. Feber 2008 zur GrESt veranlagt. Am 1. März 2008 wird außerdem eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt. Im Oktober 2009 hebt das Finanzamt den Bescheid wegen Unrichtigkeit des Inhalts auf und schreibt mit Bescheid eine höhere GrESt vor; B erhebt dagegen Berufung und begründet sie mit der Rechtskraft der Unbedenklichkeitsbescheinigung. Nehmen Sie dazu Stellung. (2 P.) Unbedenklichkeitsbescheinigungen (§ 160 BAO) sind keine Bescheide und erwachsen daher auch nicht in Rechtskraft; Änderungen sind jederzeit möglich. (1) Eine Aufhebung wegen Unrichtigkeit des Spruchs (Berichtigung; § 299 BAO) ist nur binnen eines Jahres ab Bekanntgabe des Bescheids möglich (vgl § 302 Abs 1 BAO); da diese Frist verstrichen ist, wird B mit dieser Begründung den Bescheid zu Fall bringen. (1) [Doralt, Tz 567, 575]

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