Der Motor der Internet-Entwicklung ist X-rated WĂ€hrend Schnitzel fĂŒr manche zu Ăsterreich gehören wie AprĂ©s-Ski, so betrachten andere Menschen âschweinischeâ Inhalte als festen Bestandteil des Internet. Gemeint ist Pornografie, die allzeit, meist barrierefrei und schambefreit abgerufen werden kann. Wer dabei noch in den Inkognito-Modus schlĂŒpft, um sich durch ein verĂ€ndertes Erscheinungsbild wie in einer anonymen Höhle zu fĂŒhlen, wird spĂ€testens dann enttĂ€uscht, wenn herausgefunden wird, dass Website-Betreiber und Internetanbieter trotzdem sehen können, was eigentlich lieber verborgen bleiben möchte. Was Rezipient*innen sexuell expliziter Inhalte im Netz jedoch auch selten wissen: Sie sind einer der GrĂŒnde, warum das Internet heutzutage so aussieht, wie wir es kennen. SUMO ging dieser Sache auf die Spur und befragte Kommunikationswissenschaftler und Medienökonom Jan Krone, Professor an der Fachhochschule St. Pölten, via Mail, und SexualpĂ€dagogin Sabine Ziegelwanger. Bei der Pornografie geht es nur um das eine, und das ist jedoch nicht das, was den meisten Menschen sofort in den Kopf schieĂt. âGeld regiert die Welt!â, lautet das weltbekannte Zitat, das auch auf die Erotikbranche umgelegt werden kann. Konkret bedeutet das, dass sich alles um gĂŒnstige Produktion, gĂŒnstigen Vertrieb und gĂŒnstige EndgerĂ€te dreht. Dies hat nicht nur das Drehen von Videos in den eigenen vier WĂ€nden revolutioniert, sondern auch die Internetentwicklung signifikant beschleunigt. So basiert das Internet mit all seinen aktuellen Charakteristiken auf technischen Errungenschaften, die zumindest teilweise auf die Pornoindustrie zurĂŒckzufĂŒhren sind.
© Copyright: adobe stock / terovesalainen
Pornografie als MitgrĂŒnder des Internets Im Jahr 1990 wurde das World Wide Web von Tim Berners-Lee ĂŒber die Entwicklung der Hypertext Transfer Protocol http und der Hypertext Mark Up Language HTML gewissenmaĂen begrĂŒndet und das Internet ebenfalls fĂŒr kommerzielle Inhalte freigegeben. Zwei Jahre spĂ€ter wurde der erste InternetBrowser Mosaic zum Leben erweckt, mit welchem bereits pornografische Inhalte abgerufen werden konnten. TatsĂ€chlich sei dies gar nicht so weit hergeholt, denn auch Medienökonom Jan Krone nimmt an, âdass die Branche zu den Early Birds der Contentdistributoren via Internet Protocol gehörte. Die Domain âsex.comâ zĂ€hlte frĂŒh zu den wertvollsten Adressen und wurde offenbar vor elf Jahren fĂŒr einen geringen achtstelligen Dollarbetrag weiterverkauft.â Auch dieser Tage spielen Websites wie âYouPornâ, âPornhubâ oder âxHamsterâ in einer profitablen und populĂ€ren Liga: âPornhubâ verzeichnete im Jahr 2019 laut einer eigenen Studie insgesamt 42 Milliarden Aufrufe, was einer durchschnittlichen Zahl von 115 Millionen Aufrufen pro Tag entspricht.
Insgesamt wurden 6.597 Petabyte an Daten ĂŒbertragen, wobei ein Petabyte 1.000.000 Gigabyte entspricht. TĂ€glich sollen weltweit laut âPornhub Insightsâ etwa 18.073 Terrabyte geflossen sein. Eine extreme Summe an Daten, die dank moderner Technologien problemlos erfasst wird und die Ladezeit der Inhalte je nach Internetanbieter dennoch nur wenige Sekunden betragen lĂ€sst. Die Pornoindustrie sorgt demnach fĂŒr bis zu einem Drittel des weltweiten Datenverkehrs, soziale Netzwerke befinden sich hier aber noch immer in der Vormachtstellung. Ăber einen langen Zeitraum hinweg wurden Angaben hinsichtlich Aufrufe und Datenmengen von Pornowebsites jedoch nicht von den Betreibern in die Welt geschrien, sondern lediglich von Beobachter*innen geschĂ€tzt. GemÀà Jan Krone wĂŒrde âdie Entwicklung von Kompressionsverfahren zur besseren, schnelleren, umfangreicheren DatenĂŒbermittlung durch dezentrale Netze in der Unterorganisation der UNO, der ITU (International Telecommunication Union) zusammenlaufen. Standardisierungsverfahren und Protokolle beispielsweise werden dort in der Breite der Einsatzmöglichkeiten und -wĂŒnschen zwischen Stakeholdern diskutiert.â Ob dabei auch der Wunsch nach einer schnelleren DatenĂŒbermittlung aufgrund des regen Pornokonsums geĂ€uĂert wird, lĂ€sst sich nur mutmaĂen. Offensichtlich agiert die Pornografie-Branche gerne hinter verschlossenen TĂŒren, so wurde beispielsweise auch erst im Jahr 2020 publik, dass das Unternehmen MindGeek, ehemals Manwin, an der Spitze des âPornhubâ-Imperiums steht. Der Unternehmenssitz befindet sich in Luxemburg, einer Steueroase.
Popularisierung des Internet lĂ€sst sich auch am Erfolg des Formates HTML5 betrachten. Der Standard zur Darstellung von Websites verbreitete sich nicht nur wie ein Lauffeuer, weil Apple sich weigerte, das Konkurrenzprodukt Flash auf iPads anzubieten, sondern auch, da die Betreiber von Pornoseiten rasch erkannten, dass Tablets und Smartphones lukrative EndgerĂ€te darstellen und im Zuge dessen auf HTML5 umstellten. Ebenfalls galten Pornowebsites schon frĂŒh zu jenen, die versuchten, gegen das illegale Kopieren und Weiterverkaufen von Online-Inhalten vorzugehen. Ebenso gilt die Pornoindustrie als eine der ersten, die alternative GeschĂ€ftsmodelle anstrebten und dabei kostenfreie und werbefinanzierte Angebote ausbauten. Jedoch profitiert nicht nur das Netz von der Pornografie, sondern auch der/die Rezipierende selbst. Mussten frĂŒher noch öffentliche Kinos aufgesucht werden, um erotische Inhalte zu empfangen, langt dieser Tage das Ăffnen des Browsers â und bei manchen das Aktivieren des InkognitoModus fĂŒr ein besseres Gewissen. Auf die Frage, ob Kinos und Videotheken unter der Digitalisierung und der damit aufkommenden Online-Pornografie gelitten hĂ€tten, antwortet Medienökonom Krone: âIn dieser Entwicklung unterscheidet sich die Branche nicht von anderen Verlagsorganisationen. Druck-, Aufnahmedienstleistungs- sowie analoge Versandbetriebe mussten sich genauso der Digitalisierung stellen wie auch der Verkauf auf der letzten Meile, also Abonnementanbieter und Einzelverkaufsstellen.â
Technologische Erfolgsgeschichten
Der Porno-Markt jedoch wird durch Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch bestimmt. Zudem stellen die frei zugĂ€nglichen pornografischen Inhalte im Netz vor allem fĂŒr junge Rezipient*in-
Die maĂgebende Bedeutung der Pornoindustrie fĂŒr die Entwicklung und
Zwischen versteckten Gefahren und Fortschritten
Der Motor der Internet-Entwicklung ist X-rated
9