PRaktivium Ausgabe 7: Produkt PR

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Pharma: Balance zwischen Information und Gesetzesübertretung Laura Katlenbrunner

Wer im Pharmabereich kommuniziert, muss rechtlich gut bewandert sein. Barbara Masser-Mayerl, Corporate Communication Lead bei GSK Pharma Österreich, diskutiert über Produkt-PR in einer stark reglementierten Branche.

© Claudia Mann

Laura Kaltenbrunner: Was verstehen Sie unter dem Begriff „Produkt-PR“?

Barbara Masser-Mayerl: Wir beschäftigen uns bei GSK Pharma vor allem mit verschreibungspflichtigen Medikamenten und Impfstoffen – das sind unsere Produkte. Die PR diesbezüglich richtet sich größtenteils an Fachmedien. Kaltenbrunner: Für Pharmaunternehmen gelten in Österreich strenge Werbebeschränkungen für verschreibungspflichtige Arzneien. Was bedeutet diese Situation für die Arbeit mit Produkt-PR?

Masser-Mayerl: Wie Sie bereits gesagt haben, sind wir einerseits durch das Arzneimittelgesetz sehr stark reguliert. Andererseits ist es uns aber auch sehr wichtig, als Unternehmen ethisch zu arbeiten. So wäre es z.B. nicht nur ungesetzlich, sondern auch unethisch, Werbung für ein verschreibungspflichtiges Produkt zu schalten. Das macht man nicht in der Branche und das ist im europäischen Raum gesetzlich auch gar nicht vorgesehen. In Amerika sieht das anders aus, da machen Pharmaunternehmen ganz klar Werbung bei PatientInnen. Bei uns in Österreich ist das Ziel bei einem verschreibungspflichtigen Medikament, die ÄrztInnen als VerschreiberInnen zu erreichen – das heißt, Informationen müssen an Fachpersonen gehen. Das ist ein riesiger Unterschied zu einem Konsumentenprodukt, bei dem man direkt die EndkonsumentInnen erreichen möchte. Es fängt schon an bei z.B. Zahnpasta, ein Massenmarktprodukt unseres Consumer Healthcare-Bereichs. Da kann und soll ich natürlich die KundInnen informieren, denn da entscheiden sie. Aber bei einem verschreibungspflichtigen Medikament sind die ÄrztInnen die EntscheiderInnen, SpezialistInnen für die PatientInnen und diejenigen, die das Produkt am Ende verschreiben. Dementsprechend ist die PR ein Weg, Informationen über Fachmedien an ÄrztInnen zu geben. Informationen über Produkt-PR direkt an EndkonsumentInnen zu geben macht keinen Sinn, wäre unethisch und ungesetzlich. Kaltenbrunner: Das heißt, Sie machen auch keine Produkt-PR in z.B. Apothekenzeitschriften?

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Masser-Mayerl: Nicht für verschreibungspflichtige Medikamente. Eine Ausnahme ist, wenn die Zeitschrift nur an ApothekerInnen geht, denn diese werden sehr wohl als sogenannte „Healthcare Professionals“ gesehen. Da kann man schon produktspezifische Werbung und PR durchführen und das wird auch gemacht. Aber wenn es eine Apotheken-KundInnenzeitschrift ist, dann auf keinen Fall. Kaltenbrunner: Die Zielgruppe für Ihren Bereich sind also MedizinerInnen und PharmazeutInnen. Wie kann man sich eine Produkt-PR-Maßnahme für diese Zielgruppe vorstellen?

Masser-Mayerl: Es ist sehr schwer, in unserem Bereich eine Pressekonferenz zu veranstalten oder einen richtigen „Big Bang“ zu inszenieren – das macht nur Sinn, wenn ich die große Masse anspreche. Wenn ich aber einen speziellen Bereich habe, wie ein neues Asthmamittel, dann schaue ich mir an, welche Fachmedien sich damit beschäftigen und mache dann mit diesen ein Hintergrundgespräch. Dabei präsentieren und erklären dann zum Beispiel interne MedizinerInnen, sodass man bei den Daten wirklich in die Tiefe gehen kann. Oder, ich lade PatientInnen ein, die aus ihrem Leben und ihren Erfahrungen berichten und so den Konnex herstellen zu Krankheit und Therapie. Durch ein Pressehintergrundgespräch dieser Art können auch die FachjournalistInnen mehr mit der Materie anfangen. Das wäre also ein Beispiel für Produkt-PR, die auch sehr gut ankommt. Es ist einfach mehr, als zu einer Studie eine Presseaussendung in die Redaktionen zu schicken. Kaltenbrunner: Sie haben vorher die amerikanischen Verhältnisse im Pharmabereich bei PR angesprochen. Wie weit sind wir davon entfernt?

Masser-Mayerl: Von diesen Verhältnissen sind wir sehr weit weg. In Amerika kann ich Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente schalten. Ich war erst diesen Frühling dort und habe gesehen, dass hier z.B. wirklich zwischen den Serien eine Werbung für ein HIVMedikament eingespielt wird. Das wäre bei uns ein Ding der Unmöglichkeit. Aber es ist eben so, dass die Patien-


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