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Pharma: Balance zwischen Information und Gesetzesübertretung

Der Spagat zwischen Transparenz und Wahrung gesetzlicher Schranken in der Kommunikation der Polizei Wien

Constanze Hack © Claudia Mann

Manfred Reinthaler, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Wien, diskutiert über die Wichtigkeit der Transparenz in der polizeilichen Kommunikation, den Einsatz von sozialen Medien und Recruiting-Maßnahmen.

Constanze Hack: Bei der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei geht es oft auch um heikle Themen. Wieviel Transparenz ist hier gut? Gibt es auch Punkte, wo zu viel Offenheit schaden kann?

Manfred Reinthaler: Grundsätzlich ist es so, dass die größtmögliche Transparenz gegeben sein sollte. Alleine schon, um Spekulationen vorzubeugen. Es gibt aber natürlich Schranken: Das sind einerseits die Amtsverschwiegenheit, gerade bei heiklen Themen, sowie der Daten- und Opferschutz. Andererseits sind auch kriminalpolizeiliche Überlegungen zu beachten. Wenn man gewisse Informationen nicht oder noch nicht freigeben darf, wird dies entsprechend kommuniziert. Dafür herrscht in Österreich auch großes Verständnis.

Hack: Wie viel Kreativität oder auch Humor lässt dies in der Kommunikation zu?

Reinthaler: Das kommt auf den Kanal an: Jedes Kommunikationstool ist anders zu bedienen. Der Grundsatz ist natürlich die gebotene Sachlichkeit zu wahren. Wir sind immerhin eine Behörde, die sich um die Sicherheit in Österreich kümmert, da wäre zu viel Humor vielleicht schädlich. Wir nutzen unsere Social Media-Kanäle „Twitter“ oder „Facebook“ gelegentlich auch dazu, um etwas humorvoll zu verkaufen. Das kommt sehr gut an. Man darf dabei natürlich eine gewisse Grenze der Geschmacklosigkeit oder Lächerlichkeit nicht überschreiten.

Hack: Wie läuft die Kommunikation bei laufenden Kriminalfällen ab?

Reinthaler: In erster Linie nutzen wir die klassische Öffentlichkeitsarbeit über Presseaussendungen, Interviews und Telefongespräche. So werden die Medien bedient, die dann ihre Funktion als Schleusenwärter wahrnehmen und Informationen in die Zeitungen bringen. Die zweite Möglichkeit sind unsere eigenen Social Media-Kanäle, die wir ebenfalls verwenden, um die Bevölkerung zu informieren.

Hack: Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit mit Medien und JournalistInnen genau?

Reinthaler: JournalistInnen sind für uns professionelle Partner, die die Öffentlichkeit über polizeilich relevante Vorfälle informieren. Natürlich gibt es hier ein professionelles, zu der einen oder dem anderen sogar ein freundschaftliches Verhältnis, auch wenn jede Gruppe andere Ziele verfolgt. JournalistInnen streben danach, möglichst viele Informationen exklusiv bekommen. Wir wollen die größte Transparenz und eine Gleichbehandlung aller Medien, müssen aber zugleich die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Diese unterschiedlichen Ebenen wird man auf Grund der differenzierenden Zielsetzungen nicht verhindern können. Aber es gibt einen sehr großen Deckungsbereich in der Mitte und über diese Wege kommunizieren wir miteinander.

Hack: Ein wichtiger Punkt in der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei ist die Prävention. Welche Maßnahmen treffen Sie hier?

Reinthaler: Die beste Straftat ist die, die nicht stattgefunden hat, heißt es. Deshalb ist die Prävention ein wesentlicher Faktor. Hier gibt es eine eigene große Abteilung in Wien, die verschiedene Maßnahmen durchführt. Unsere Aufgabe ist es, die verschiedenen Präventionsmaßnahmen anzukündigen, wo sie stattfinden, aber auch eigene Initiativen zu starten.

Hack: Man hört von vielen Seiten, dass die Aufnahmekriterien für die Sicherheitsakademie leichter gestaltet wurden, um wieder mehr BewerberInnen zu bekommen. Wie schafft man es trotzdem nach außen zu kommunizieren, dass bei der Polizei weiterhin qualifizierte Leute aufgenommen und ausgebildet werden?

Reinthaler: Der Grundtest wurde nicht gelockert, lediglich bei den sportlichen Aktivitäten ist zum Beispiel Schwimmen weggefallen. Von gewissen körperlichen Merkmalen, sprich Tätowierungen, hat man die Kriterien etwas gelockert, ich würde sagen zeitgemäß ge

© Adobe Stock: Tupungato

© LPD Wien

Manfred Reinthaler ist seit 1991 Beamter im österreichischen Innenministerium. 1998 hat er das Studium der Rechtswissenschaften und 2015 den Masterlehrgang Strategisches Sicherheitsmanagement erfolgreich abgeschlossen. Seit 2009 ist er als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Landespolizeidirektion Wien tätig. Außerdem ist er PR- und Kommunikationstrainer an der Sicherheitsakademie und der Fachhochschule Wiener Neustadt. Vor zwei Jahren hat er sich zusätzlich als gewerblicher PR-Berater mit der Firma Auftritt.Sicher selbstständig gemacht.

macht. Was aber nichts an der Qualifikation ändert. Das Verhältnis von BewerberInnen zu Aufnahmen ist in etwa gleichgeblieben, also man sieht hier, dass es nicht leichter geworden ist, sondern der Aufnahmeprozess wurde einfach beschleunigt. Wir haben verschiedene Maßnahmen über unsere Social Media-Kanäle gesetzt. Das Projekt „Deine Chance“ in etwa, wo wir die Voraussetzungen in einzelnen Teilen kommuniziert haben. Ziel war es, dass die Bevölkerung sich bewirbt, denn natürlich wollen wir eine höhere Bewerberzahl haben, um aus einem größeren Pool zu fischen. Zusätzlich organisieren wir noch spezielle „Recruiting Days“, an denen potentielle BewerberInnen die Möglichkeit haben, persönliche Gespräche zu führen.

Hack: Stichwort „Recruiting Days“: Die Polizei Wien ist auch auf vielen anderen Events vertreten. Was ist das kommunikative Hauptziel solcher Eventauftritte?

Reinthaler: Bei jedem dieser Events versuchen wir natürlich Recruiting-Maßnahmen zu setzen, zu informieren und gleichzeitig die Polizei nahbar zu machen. Das heißt, man kann sich zum Beispiel verschiedene Attraktionen ansehen und Merchandising-Artikel kaufen. Es ist bei allen Veranstaltungen immer ein Recruiting-Stand vor Ort, bei dem man sich über den Job informieren kann und gleichzeitig Einblicke in die Vielfältigkeit der polizeilichen Tätigkeit bekommt.

Hack: Einen weiteren wichtigen Punkt der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Wien bildet Social Media. Prinzipiell kommuniziert die Polizei an die breite Öffentlichkeit. Gibt es trotzdem eine spezielle Zielgruppe, die Sie über Soziale Medien erreichen möchten?

Reinthaler: Dies ist natürlich abhängig vom Kanal. Die „Facebook“-Community ist sehr polizeifreundlich. Hier haben wir Follower, die wirklich interessiert sind an der Polizeiarbeit. Etwas kritischer sind unsere „Twitter“- Follower. Hier geht es um Kurznachrichten, um die sachliche Information. Sollte es zu einer Krisenlage kommen, würde hier die gesamte Kommunikation stattfinden, weil man auch mittels Hashtags die größtmögliche Verbreitung hat.

Hack: Ist eine große Reichweite in Sozialen Medien für die Polizei Wien erstrebenswert?

Reinthaler: Reichweite ist zwar wichtig, aber nicht das erste Ziel. Wenn ich eine gewisse Followerzahl habe, dann habe ich die Chance, dass ich, vor allem in der Krisenkommunikation, viele Menschen erreiche. Das Mittel zum Zweck ist somit in „Friedenszeiten“ eine Community aufzubauen, auf die ich rasch zurückgreifen kann. Insgesamt wollen wir eine Mischung aus Information, Exklusivität und Unterhaltung.

Hack: Stimmt man den Außenauftritt, besonders im Fokus auf Soziale Medien, mit den Polizeiorganisationen in den anderen Bundesländern ab?

Reinthaler: Es gibt das Innenministerium mit einer eigenen Social Media-Abteilung. Die setzt die Vorgaben betreffend Layout und Corporate Design um, damit wirklich erkennbar ist: das ist die Polizei. Dann gibt es immer wieder Vorgaben des Bundesministeriums oder des Bundeskriminalamtes, gewisse Projekte zu starten oder zu teilen. Es gibt gemeinsame Projekte, aber 80 bis 90 Prozent erfolgt auf Initiative der jeweiligen Landespolizeidirektion, um die örtlichen Unterschiede zu wahren.

Hack: Abschließend noch: Welche sind die drei wichtigsten Dinge in der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei?

Reinthaler: Größtmögliche Transparenz zu schaffen, das Vertrauen der Bevölkerung zu bekommen und aufzubauen sowie ehrliche Kommunikation.

„Gute Kooperationen, aber nicht um jeden Preis.“

Lisa Volkert © Claudia Mann

Manuela Raidl-Zeller, Geschäftsführerin in den Bereichen Marketing, Produktentwicklung, Vertrieb, Franchise und Tourismus der Firma Sonnentor, über die Relevanz von Storytelling und den direkten Kontakt zu KundInnen.

Lisa Volkert: Sonnentor-Gründer Johannes Gutmann wurde anfangs oft belächelt, weil er Vorreiter für biologische Produkte in Österreich war. Wie ist es trotz der großen Skepsis gelungen, eine so starke Marke aufzubauen?

Manuela Raidl-Zeller: Ich glaube, das ist teilweise einfach passiert. Johannes Gutmann hatte von Anfang an eine klare Vision, er wollte einen Arbeitsplatz für sich und seine Familie schaffen. Und von dieser Vision geleitet hat er immer versucht, dass die Produkte ihren richtigen Platz finden und auch gut verkauft werden. Sprich, er hat sich früh damit beschäftigt, wie er denn überhaupt die Produkte verpacken muss. Da kam er auf die Idee, ein Sichtfenster bei den losen Tees zu machen, sodass man auch sehen konnte, was drinnen ist. Außerdem hat er viele Tipps von außen erhalten, eine der Ursprungsbäuerinnen, die Oma Zach, gab ihm den Tipp, eine Blüte, zum Beispiel eine Ringelblume, in die Verpackung zu stecken, um die Produkte noch attraktiver zu machen. Und siehe da, diese Blume vorne in der Verpackung ist irrsinnig gut angekommen. Er hat sich auch sehr früh schon mit dem Thema Markenaufbau insgesamt beschäftigt. Auch der Logoentwurf war ihm sehr wichtig. Er wollte nicht irgendeine Sonne abbilden, sondern es musste eine sehr charakteristische, besondere Sonne sein. Die Sonne hat 24 Strahlen, die für die 24 Stunden am Tag stehen und auch der Name Sonnentor hat eine besondere Bedeutung, da die Sonnentore im Waldviertel ein Symbol für die freien Bauern bzw. Bäuerinnen sind. Johannes wollte also mit freien Bauern bzw. Bäuerinnen zusammenarbeiten und ihre Produkte vermarkten.

Volkert: Also würden Sie sagen, dass das individuelle Produktdesign auch bereits damals eine wichtige Rolle gespielt hat?

Raidl-Zeller: Johannes hat immer gewusst, dass er nicht in diese klassische Birkenstockschlapfen-Bio-Schublade gesteckt werden möchte, sondern etwas Eigenständiges, etwas Attraktives, etwas Besonderes mit Strahlkraft erschaffen möchte. Außerdem war es ihm auch immer wichtig, Geschichten zu erzählen. Die Faszination von Geschichten hat er schon als Kind erkannt, als er beim örtlichen Greißler einkaufen war. Geschichten sind es, die die Leute begeistern. Auf den Bauernmärkten hat er die Geschichten der Bauern und Bäuerinnen und der Produkte erzählt und gemerkt, wie gut das ankommt. Darum sind auch die Illustrationen auf den einzelnen Produkten entstanden, weil jede Illustration wirklich eine eigene Geschichte erzählt. Das war für die Produkte, aber auch für die Marke selbst, sehr wichtig. Dieses Geschichtenerzählen ist etwas ganz Besonderes von Sonnentor, das hat er schon ganz früh erkannt.

Volkert: Sonnentor ist wenig aus der Werbung bekannt. Konzentrieren Sie sich daher stärker auf die PR-Arbeit?

Raidl-Zeller: Wir haben in der Kommunikation und der gesamten Vermarktung immer starken Wert darauf gelegt, unsere Zielgruppe direkt anzusprechen, unter dem Stichwort ethisches Marketing. Wir gehen in keine klassischen Massenmedien hinein und fahren riesige Kampagnen, sondern wählen unsere Partner ganz bewusst aus. Das sind im Printbereich hauptsächlich die Biofachmedien. Auch in der PR-Arbeit versuchen wir gute Kontakte zu den Medien und Journalis-tInnen aufzubauen und – noch wichtiger – gute Geschichten zu erzählen, relevante Inhalte zu bringen und die Menschen nicht mit irgendetwas zuzuspammen. Diese guten Inhalte sind auch sehr relevant als Content für unsere vielen Fans, die wir auf „Facebook“, „Instagram“ und „Pinterest“ haben. Wir wollen nicht einfach irgendetwas posten, sondern überlegen ganz gezielt, was unsere Fans brauchen, welche Informationen wichtig und relevant sind. Wir recherchieren unglaublich viel und generieren sehr viele Inhalte selbst. Das zahlt nicht unmittelbar auf Produkte ein, aber es ist ein wichtiger Wissenstransfer da. Von Do it yourself-Themen bis zu Rezepten bieten wir verschiedene Serviceleistungen für unsere Fans und KundInnen.

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Manuela Raidl-Zeller kehrte dem Waldviertel zunächst den Rücken, um in Wien Publizistik- und Kommunikationswissenschaft kombiniert mit Spanisch zu studieren. Nach zehn Jahren Agenturerfahrung kehrte sie allerdings 2009 durch einen Zufall zu ihren Wurzeln ins Waldviertel zurück und übernahm die Marketingleitung bei Sonnentor. Seit April 2019 ist sie Teil der Geschäftsleitung.

Volkert: In Social Media sind mittlerweile InfluencerKooperationen besonders präsent. Sind solche Kooperationen auch Bestandteil der Strategie von Sonnentor?

Raidl-Zeller: Also wir hatten schon ganz früh, da ist das Thema erst aufgekommen, Kontakt mit Bloggern. Wir haben uns da auch schlau gemacht, was diese denn eigentlich genau tun und was sie von uns brauchen. Manche sind aktiv auf uns zugegangen und wollten Produkte testen und probieren. Da ist relativ früh ein guter Kontakt entstanden, den wir nach wie vor intensiv pflegen. Wir haben uns circa 2010, also wirklich noch in den Kinderschuhen von Influencer-Marketing, mit dem Thema beschäftigt und fanden sehr spannend, dass jemand für und über uns schreiben und berichten will, der kein/e Journalist/in ist. Zwischenzeitlich hat sich diese Branche sehr gedreht. Da hat sich ein richtiger Markt daraus entwickelt. Wir sind nach wie vor daran interessiert, gute Kooperationen zu haben, aber nicht um jeden Preis. Das muss einfach stimmig sein; das müssen Blogger sein, die zu uns passen und wir müssen zu ihnen passen. Mittlerweile geht es gar nicht mehr so sehr um klassische Produktthemen, also Produktsamples, sondern es geht um das Erlebnis und ganz stark um unsere Werte.

Volkert: Sie haben die Werte angesprochen. Werden diese auch forciert kommuniziert?

Raidl-Zeller: Im Rahmen des Markenrelaunches war uns wichtig, unsere Kernwerte auch nach außen hin sichtbar zu machen. Hier geht es um die Themen Bio, Nachhaltigkeit, Handarbeit, palmölfreie Produkte und die Verpackung. All das kommunizieren wir auf der Verpackung, auf den Seitenflächen, also am Produkt selbst. Gerade hier haben wir gelernt, dass alles, was wir auf die Schachteln bringen enorm wertvoll ist. Denn sobald du die Information direkt am Produkt draufhast, wird es verstanden. Da kommt es zwar immer auf den Platz an, denn Tee- oder Gewürzschachteln sind nicht sehr groß, aber hier muss man verschiedene Themen priorisieren.

Volkert: Die Sonnentor-Produkte werden fast weltweit vertrieben. Das stelle ich mir sehr schwierig vor, diese individuellen Produkte und die dazugehörige Geschichte zu kommunizieren. Gibt es hier bei der Produkt-PR länderspezifische Unterschiede?

Raidl-Zeller: International liegt die Kommunikation zum Großteil bei unseren Partnern selbst. Wir statten sie mit diversen Materialien aus, aber auch hier ist es so, dass die meiste Kommunikation direkt über das Produkt selbst zum Kunden bzw. zur Kundin passiert. Das ist auch eine Zukunftsidee, dass wir in diese Kommunikation noch mehr Energie und Zeit stecken, denn jeder Markt ist anders und überall muss anders kommuniziert werden, damit du auch verstanden wirst. Daher sorgen unsere Partner selbst für die Übersetzung in die jeweilige Landessprache.

Volkert: Sonnentor-Produkte sind auch in der Gastronomie erhältlich. Sehen Sie das auch als Mittel der Produkt-PR?

Raidl-Zeller: Auf jeden Fall. Die Gastronomie war viele Jahre eher verhalten, mittlerweile merken wir aber, dass großes Interesse an der Marke besteht und das freut uns sehr, weil wir hier auch neue KundInnen kennenlernen beziehungsweise die KundInnen lernen uns kennen, das ist auch sehr schön. Für die Gastronomie gibt es eine eigene Produktlinie mit eigenen Illustrationen, um auch hier zu differenzieren und der Gastronomie einen Mehrwert bieten zu können. Auch unsere Franchisepartner wissen, dass ihnen niemand etwas vom Geschäft wegnimmt, sondern dass es ein Miteinander ist – und das ist natürlich für den Markenaufbau schön und wichtig.