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Die Grenzen zwischen redaktionellem Content & Produkt-PR

Produkt-PR für Dienstleisungen?

Elena Puymann © Claudia Mann

Rudi Kobza, seit mehr als 25 Jahren österreichischer Agenturunternehmer, diskutiert mit „PRaktivium“ über das Potenzial der Produkt-PR im Prinzipiellen, als Eigentümer der Kommunikationsgruppe Kobza Media Group über die Rolle der PR für seine eigenen Dienstleistungen und jene seiner KundInnen.

Elena Puymann: Welche Bedeutung hat Produkt-PR innerhalb der Unternehmenskommunikation Ihrer eigenen Agenturen?

Rudi Kobza: Im Prinzip ist Dienstleistungs-PR in unserem Fall Produkt-PR, wobei unsere Produkte Beratungsund Kreativleistungen sind. Vorweg glaube ich, dass PR für einen Dienstleistungsbetrieb ein sehr wesentlicher Faktor ist. Vor allem laufend zu kommunizieren und seine Leistungen rauszutragen, da unsere Vertriebsform vorwiegend mit Menschen zusammenhängt. Wir müssen unsere Produkte bzw. Dienstleistungen, die am Kunden bzw. an der Kundin stattfinden über Kommunikation nach außen tragen und erlebbar machen. Daher finde ich PR für Dienstleistungsbetriebe sehr wichtig und richtig.

Puymann: Wie setzen Sie Produkt- bzw. Dienstleistungs-PR für Ihre Agenturen ein?

Kobza: Da haben wir unterschiedliche Stufen: die erste Stufe sind Experteninterviews bzw. Expertenstatements, die kann man proaktiv oder reaktiv führen. In diesem Fall bedeutet reaktiv, dass der bzw. die Journalist/in anruft und eine Stellungnahme einholt. Proaktiv wäre zum Beispiel, wenn man an einer Studie arbeitet und diese über JournalistInnen nach außen trägt. Die nächste Stufe ist die produktbezogene bzw. bei uns die kampagnenbezogene PR, wo wir laufend neue Arbeiten ins Rampenlicht stellen. Dies kann über die eigenen Social Media-Kanäle der Kobza Media Group kommuniziert werden, also „Facebook“ und „Instagram“. Über diese Kanäle versuchen wir einmal in der Woche eine Story zu erzählen. Und der andere Weg wäre über die Presse und Fachmedien zu kommunizieren. Pressemitteilungen versenden wir in der Regel einmal im Monat, z.B. berichten wir hier über neue Etat-Gewinne oder Kampagnen.

Und dann gibt es noch Personality-PR, die wieder in den Expertenbereich der ersten Stufen hineinfließt. Da versucht man meistens eine/n Geschäftsführer/in in den Vordergrund zu stellen.

Puymann: Neben den oben genannten Kommunikationskanälen, erachten Sie es als sinnvoll, Dienstleistungs-PR über eine Person des Unternehmens laufen zu lassen?

Kobza: Wir versuchen immer pro Unternehmensmarke ein Gesicht aufzubauen. Bei der Werbeagentur bin das ich, bei der Diego5 ist es Sandra Thier, bei alpha_z ist es Christoph Mahdalik. Der Hauptgrund dafür ist, dass Kommunikation Verdichtung ist und vor allem bei Dienstleistungsanbietern nicht über das Unternehmen per se geschrieben wird. Sondern eher über Unternehmen anhand von Personen, deswegen erachte ich eine Personalisierung als notwendig. Es muss allerdings nicht nur eine Person sein, es kann auch ein Team oder ein Bereich einer Agentur sein.

Puymann: Haben Sie im Bereich Dienstleistungs-PR ein Rezept, wie mit JournalistInnen umzugehen ist?

Kobza: Ich mache das jetzt ja schon seit 30 Jahren und es gibt Phasen, in denen man eher proaktiv reagiert und Phasen, wo man reaktiv mit JournalistInnen umgeht. Grundsätzlich ist der Zeitungsmarkt im Kommunikationsbereich überschaubar. Es gibt eine Handvoll Medien: Fachmedien und Wirtschaftsmedien. Da kennt man sich, sollte aber versuchen, den Kontakt aufrecht zu erhalten und JournalistInnen hinter die Kulisse einer Agentur blicken zu lassen. Macht man das im Alltag? Nein, weil man oft gar nicht die Zeit hat. Im Idealfall sollte man einen laufenden Austausch mit den Stakeholdern der Medienseite haben.

PR ist aber ein integrierter Bestandteil der gesamten Kommunikation, vor allem mit Social Media inklusive Videos, Eigenpublikationen, etc. Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit ist daher heutzutage mehr als die reine Medienarbeit.

Puymann: Nun haben Sie ja schon einige Jahre in der Werbung verbracht, Agenturen gegründet und verkauft: Welche Herausforderungen innerhalb der Pro-

© Adobe Stock: Henry Schmitt © Ralph Seda

Der Werbeunternehmer Rudi Kobza gehört zu den anerkanntesten Kommunikatoren Österreichs in den Bereichen Strategie, Kreation, Digital und Media. In mehr als 25 Jahren konnte er wertvolle Insights und Branchenerfahrung in den wichtigsten Märkten sammeln. Unter seinem Lead hat Rudi Kobza mit seinen Teams zahlreiche nationale und internationale Awards für Kreativität und Effizienz gewonnen, darunter 3 Cannes Löwen und 45 IAA Effies in Platin, Gold, Silber und Bronze. Die Kobza Media Group hält Beteiligungen an zahlreichen Kommunikations-unternehmen wie Kobza and the hungry eyes (KTHE), alpha_z, diego5 studios, Darwins Lab, R9, Biber und der hauseigenen Kaffeemarke Bieder&Maier.

„Egal, ob das ein Consumer Product ist, welches man angreifen kann oder ein B2B Product, das nur produziert – man kommuniziert immer.“

dukt-PR auf Ihre Dienstleistungen bezogen sind Ihnen bereits begegnet und wie sind Sie damit umgegangen?

Kobza: Meiner Meinung nach sind zwei Drittel der Dienstleistungs-PR bzw. Medienarbeit positiv. Bei negativen Botschaften empfiehlt es sich eher, proaktiv damit umzugehen. In diesen Fällen ist es besonders wichtig, die eigenen Statements nach dem Interview nochmal zu lesen, bevor der Artikel öffentlich wird, da Kommunikation oft Missverständnisse mit sich bringt.

Puymann: Nun würde ich gerne zur Produkt-PR übergehen, die auch von Ihrer Agentur alpha_z angeboten wird: Gibt es KundInnen, die Teil einer bestimmten Branche sind, wo Sie Produkt-PR als besonders sinnvoll erachten?

Kobza: Nein, ich denke jedes Unternehmen kommuniziert. Und egal, ob das ein Consumer Product ist, welches man angreifen kann oder ein B2B Product, das nur produziert – man kommuniziert immer. Und selbst wenn man nicht kommuniziert, kommuniziert man ein Desinteresse. Zudem reden Leute immer über einen und das kann man nicht verhindern. Aber man kann über Kommunikation Themen setzen, über die die Öffentlichkeit redet.

Puymann: Das heißt Produkt-PR empfehlen Sie jedem Ihrer KundInnen, die bezüglich Öffentlichkeitsarbeit auf Sie zukommen?

Kobza: Es gibt unterschiedliche Stufen: Unternehmenskommunikation, Produktkommunikation, etc. Aber an sich ist das eine Grundvoraussetzung für jedes moderne Unternehmen – gerade in einer digitalen Welt. Da man beispielsweise über „Google“ Informationen findet, die das Unternehmen absendet, aber auch die andere über einen schreiben. Um das nicht dem Zufall zu überlassen, sondern einen digitalen Fußabdruck zu haben, der dem entspricht, was das Unternehmen sein möchte, sollte es Produkt- bzw. Dienstleistungs-PR betreiben.

Puymann: Wie oft kommen KundInnen auf Sie zu und fragen explizit nach Produkt- bzw. DienstleistungsPR?

Kobza: Im Kommunikationsbereich haben wir drei Agenturen. Die alpha_z ist unter dem Thema „Let’s write a new story” positioniert, als übergreifende Event- und PR-Agentur. Da ist natürlich ein großer Bestandteil, dass Unternehmen die PR suchen zu uns kommen und entweder strategische oder anlassbezogene PR wollen. Produktbzw. Dienstleistungs-PR ist aber ein zentraler Bestandteil unseres Produktportfolios. Und ja, es kommen potentielle KundInnen zu uns und fragen auf jeden Fall nach dieser Art von PR.

Puymann: Welches Potenzial für Produkt-PR sehen Sie in der Zukunft im Hinblick auf Digitalisierung?

Kobza: Erstens ist die Kommunikation breiter und vielfältiger geworden. Zweitens können sich viele Unternehmen noch klassische Werbung leisten, aber viele auch nicht. Da öffnet die digitale Kommunikation über Grenzen hinweg neue Möglichkeiten. Wenn man Produkt-PR mit Content und Storytelling erweitert, bietet dies eine sensationelle Möglichkeit, einen digitalen Fußabdruck zu hinterlassen. Daher denke ich, dass Produkt- bzw. Dienstleistungs-PR sicher ein wachsendes Segment ist.

Hypes langfristig nutzen – die „Silent Disco“

Lisa-Marie Idowu © Claudia Mann

Einen Hype um ein Produkt zu generieren ist eine Sache, von der viele PR-BeraterInnen träumen. Wie man einen Hype optimal nutzen kann und welche Gefahren und Risiken sich auftun, schildert David Strolz, Geschäftsführer der Silent Disco Austria.

Lisa-Marie Idowu: Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Silent Disco in Österreich zu veranstalten?

David Strolz: Erfunden habe ich das Konzept nicht, das gibt es seit den 60er Jahren. Ich habe damals einfach Glück gehabt: Ich war in England auf einem Festival mit einer Silent Disco. Ich habe damals auch Veranstaltungen gemacht, mein Geld darin versenkt und mir vorgenommen, nie wieder Events zu machen, doch als ich das Konzept kennengelernt habe, wollte ich es hier probieren. Und das hat dann ganz gut funktioniert. Also, Zufall und Glück.

Idowu: Wie kann man MedienvertreterInnen am besten überzeugen?

Strolz: Bei der Silent Disco ist es echt schwierig, die Leute davon zu überzeugen. Wenn sie es nicht kennen, kannst du versuchen, es ihnen zu erklären und ihnen Fotos zeigen, aber sie checken das Konzept dennoch nicht leicht. Unser Ziel daher ist es, die Leute auf das Event zu bringen, denn nur so bekommen sie das Gefühl, welche neue Art von Stimmung und Atmosphäre aufkommt und was es auslöst. Anfänglich haben wir das mit „Wir sind die Ersten“ kommuniziert und auf diese Neuheit haben sich auch die Medien gesetzt.

Idowu: Wie macht man für ein Event PR?

Strolz: Es kommt ganz darauf an, was es für ein Event ist. Die Zielgruppe macht viel aus und was du für Leute dort haben willst. Wir haben für die PR von Silent Disco sehr viel auf Social Media gesetzt, „Facebook“ natürlich. Jetzt aber sind diese Zeiten vorbei. Ganz wichtig ist für uns nun die Frage, wie wir die jüngere Zielgruppe, die 16- bis 18-Jährigen, erreichen. Sie sind jetzt noch nicht auf unseren Events, wir wollen sie jetzt auch nicht haben, aber dass sie später ab 18 kommen. Momentan geht es bei uns viel um Kooperationen – wir haben Medienkooperationen mit „Hitradio Ö3“, „Antenne Steiermark“ oder der „Kronen Zeitung“. Bei der Auswahl der Radiosender schauen wir, dass sie dieselbe Musik spielen wie wir und auch die Zielgruppe passt.

Idowu: Was sind die größten Schwierigkeiten der PRArbeit, besonders in Hinblick auf Social Media?

Strolz: Ich finde, das Schwierigste ist, die Trends zu erkennen und schauen, auf welches Pferd man setzt. Manchmal macht man Fehler, manchmal hat man Glück. Ganz am Anfang hatten wir Glück mit „Facebook“, weil es ohne „Facebook“ keine Silent Disco geben würde. Bei uns sind dann einige Videos viral gegangen und so konnten wir viel Reichweite erzeugen, die dazu geführt hat, dass die Leute zu den Events gekommen sind. Momentan wird es immer schwieriger, da sich die Dinge geändert haben. Wir müssen versuchen, interessanten Content zu produzieren, um Reichweite zu bekommen. Man kann natürlich auch unzählige Bilder von Personen mit Kopfhörern posten, nur irgendwann wird es halt langweilig. Egal welche Plattform man sich ansieht, es geht um den Content. Wenn der nicht kreativ ist, kann man noch so viel Budget raufbuttern, es bringt nichts.

Idowu: Wie schafft ihr es, die junge Zielgruppe anzusprechen und neue PartygängerInnen dazuzugewinnen?

Strolz: Die Schwierigkeit bei uns ist es, die Leute einmal in eine Silent Disco zu bringen. Mit unseren Festivalproduktionen, die wir beispielweise am Frequency oder am Nova Rock machen, geht das ganz einfach und funktioniert gut. 90% der Leute auf den Festivals waren noch nie auf einer Silent Disco, gehen aber hin, weil sie schon da und gratis sind. Sie probieren es aus, finden es ganz witzig und kommen dann auf die anderen Partys. Dasselbe ist so bei Maturareisen: Wir sind auf allen drei großen Maturareisen vertreten. Das ist auch der „Züchter“ für die neue Zielgruppe. Wir können es dadurch den Leuten gratis erlebbar machen. „Unser Ziel daher ist es, die Leute auf das Event zu bringen, denn nur so bekommen sie das Gefühl, welche neue

Art von Stimmung und Atmosphäre aufkommt und was es auslöst.“

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© www.strolzevents.at

Der Vorarlberger David Strolz hat die Tourismusschule in Bludenz abgeschlossen. Nun ist er Geschäftsführender Inhaber der 2011 gegründeten Silent Disco Austria und der Corporate Events Agentur Strolzevents. Zudem ist er seit 2017 Chief Global Officer der Silent Conference.

Idowu: Wie geht man gegen den Effekt der Abnutzung am besten vor?

Strolz: Wir probieren es auf viele verschiedene Arten; Silent Disco ist kein Konzept, wo man jede Woche hingeht. Vielleicht drei Mal im Jahr, die Superfans fünf Mal. Wir halten das Konzept rar, machen es einmal im Monat pro Stadt maximal – das ist das oberste Limit – und in Locations, die immer ausverkauft sind. Wir unterdimensionieren die Location eher. Wir können auch größere füllen, wollen aber, dass die Party ausverkauft ist, damit wir dann den Leuten „sorry, sold out“ sagen können. Die Events strahlen dadurch eine gewisse Begehrtheit aus, was dazu führt, dass die Personen noch früher kommen. Zudem startet unsere Party schon um halb 12 und nicht um halb 2 wie normalerweise in Wien. Die Location-Auswahl und die Häufigkeit der Events sind sehr wichtig, damit wir uns nicht tot spielen. Wir hatten jetzt beispielsweise 12 Events hintereinander in Wien, aber eines war nicht ganz ausverkauft, da haben wir uns auch gleich gefragt: „Wo liegt der Fehler?“ Man darf sich nie auf den Lorbeeren ausruhen, weil dann geht’s bergab, und wenn es mal bergab geht, dann ist es zu spät.

Idowu: Wie geht man mit einem Hype um?

Strolz: Ein Hype ist eine sehr kurzweilige Aktion und man muss schauen, dass man persönlich am Boden bleibt, aber auch den Hype unbedingt nutzt – und das muss schnell gehen. Man kann reagieren und sagen „Okay, wir haben jetzt einen Hype, wir müssen jetzt in dieser und jener Stadt mit der Silent Disco anfangen“, weil den Hype haben wir jetzt für zwei Monate vielleicht, und dann vielleicht schon nicht mehr. Also Hypes sind schon noch etwas, wo viel Potenzial ist, das aber auch sehr gefährlich sein kann. Sie haben Pros und Contras – man muss schauen, dass man ihn nutzt, aber langfristig.

Idowu: Wie geht man damit um, wenn man plötzlich so viel Erfolg hat und sich dann dennoch Beschränkungen auferlegt?

Strolz: Es ist schwierig, weil wirtschaftlich kann man natürlich sagen: „Wir melken jetzt die Kuh und machen es jede Woche in einem anderen Club, weil Anfragen haben wir ja mehr als genug.“ Aber wir machen es zum Beispiel nicht in Clubs, die nicht zu uns passen. Da haben wir unsere Prinzipien. Ich bin der Meinung, wenn man es echt jede Woche veranstaltet, dann hat man in einem Jahr sehr viel Geld verdient, aber nur ein Jahr. Wir wollen es exklusiv halten, wir wollen ein langfristiges Konzept. Das beste Beispiel in der Eventbranche sind die Holi Festivals. Die waren extrem gehyped, haben super funktioniert und ja, sind jetzt tot gespielt. Man hat einfach viel zu viele gemacht und es waren viel zu viele Anbieter am Markt. Wir haben mit der Silent Disco das Glück, dass wir der einzige Anbieter sind und haben sie uns auch markenrechtlich schützenlassen. Dadurch können wir es ein bisschen steuern und sind somit in einer glücklichen Position.

Idowu: Wo geht es in den nächsten Jahren hin?

Strolz: Mir war es wichtig, dass ich mir mehrere Standbeine aufbaue und mich breiter aufstelle, damit ich dem Hype nicht ausgeliefert bin. Silent Disco funktioniert nun seit fast zehn Jahren und ich bin mittlerweile überzeugt, dass es kein Hype mehr ist und dass es langfristig so weitergeht. Am deutschsprachigen Markt gibt es noch sehr viel Potenzial und auch die ganzen Festivals sind noch komplett unerschlossen. Wir sind jetzt in den Städten, die ländlichen Gebiete sind noch unerschlossen, das Potenzial ist schon noch da, aber wir wollen uns, wie gesagt, nicht totspielen. Wir haben 2019 gut 250 Silent Discos gehabt – das ist schon recht viel, wir hatten viel zu tun, doch wir sind gerade dabei, einen weiteren Markt zu erschließen und machen mehr Firmen- und Corporate Events. Es gibt auch andere Länder, wo es noch keine Silent Disco gibt, wie Kroatien, die Potenzial hätten. Schauen wir, wo die Reise hingeht.