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Wie die Allianz aus Search Engine Optimization

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Wie die Allianz aus Search Engine Optimization und PR den Online-Journalismus beeinflusst

Verena Örtelt-Sumps

Digitale PR-Inhalte können mittels Suchmaschinenoptimierung (SEO) gepusht werden. Doch wie beeinflusst die Allianz SEO & PR den Online-Journalismus? Experte Anton Martic im Interview.

Verena Örtelt-Sumps: Sie verbinden in Ihrer Agentur zwei sehr spannende Thematiken: SEO und PR. Wie funktioniert das Zusammenspiel? Örtelt-Sumps: SEO-PR ist vor allem performanceorientiert und messbar. Welche Kennzahlen nutzen Sie hierfür?

Anton Martić: Ich durfte vor meiner Selbständigkeit große Budgets von Kunden verantworten. Die Abteilungen dort, ob Web-Ansprechpartner*innen, Online-Marketing-Ansprechpartner*innen, SEO-Partner*innen oder PRPartner*innen – sie alle haben eigene Budgettöpfe und verbrauchen sehr viel Geld, nutzen aber vorhandene Synergien oft nicht. Das hat mich immer geärgert und ich wollte Prozesse schaffen, die hier Synergien finden. PR generiert täglich eine Menge Content, den SEOAnsprechpartner*innen brauchen, damit auch die SEO gut funktioniert. Leider sprechen die Verantwortlichen selten miteinander, weil der*die eine in Zahlen denkt und der*die andere in Headlines. Wir versuchen das über unsere Prozesse zusammenzuführen. Um jetzt konkret auf die Frage zu antworten, was wir tun: Wir nutzen Analysetools, die eine klassische SEO-Agentur nutzt – ob das jetzt Keyword-Analysen sind oder ein Tool wie Sistrix, mit dem man die Sichtbarkeit von Websites messen kann und sieht, welche Seiten am besten ranken. Diese Tools nutzen wir alle, um Rückschlüsse für besseren Content zu ziehen. Ziel von PR ist es ja, spannende Nachrichten im Auftrag eines Unternehmens zu generieren, also Geschichten zu erzählen, die einen gewissen News-Wert haben. Wenn wir diese beiden Regeln verbinden, also dieses Headline-Verständnis von den Journalist*innen und das SEO-Verständnis, dann hat man eigentlich eine perfekte Symbiose, um aus zwei Budgettöpfen einen sehr – wir nennen das – „konvertierenden Content“ zu erschaffen. Früher hatten wir diese Werkzeuge nicht. Jetzt gibt es sie und viele sind kostenfrei.

Martić: Das kommt auf das Kundenziel darauf an – wenn der Kunde etwa das Ziel hat, möglichst viel Reichweite zu generieren, dann nutzen wir Kennzahlen, die sich nach dem Wettbewerb orientieren. Kunde X stellt zum Beispiel PR generiert täglich eine Menge ConSchuhe her und sieht, dass der Wettbewerb besser unterwegs ist. tent, den SEO-Ansprechpartner*innen Dann sehen wir uns das mit unbrauchen, damit auch die SEO gut seren Tools, den KPI’s an. Wenn funktioniert. Leider sprechen die wir herausfinden, dass der WettVerantwortlichen selten miteinander, bewerb zum Beispiel 3.000 Landingpages hat und unser Kunde weil der*die eine in Zahlen denkt und nur 100… klar, dass der Wettbeder*die andere in Headlines. werb hier mehr Sichtbarkeit hat. Unsere KPI‘s sind dabei einmal die Sichtbarkeit für bestimmte Landingpages, die Zugriffe auf diese Landingpages zu einem bestimmten Thema und auch wo die Leser*innen dann am Ende hinkommen sollen. Das kann die Homepage oder eine Landingpage des Kunden sein. Hier fragen wir uns weiters: Haben wir auch die richtige Zielgruppe erwischt? Hat der Kunde also dann auch die Landingpage aufgerufen, die ein Thema war. Unser KPI ist nicht nur klassische Reichweite, sondern auch Aufrufe von Owned Content.

Örtelt-Sumps: Reicht digitale PR ohne SEO überhaupt noch aus?

Martić: Das kommt darauf an, was man unter DigitalPR versteht. Manche verstehen darunter einfach Influencer Marketing oder mit Social Media umzugehen. Unser Verständnis von digitaler PR ist es jedoch, digitale UserSignale aus dem Netz zu nutzen, daraus Erkenntnisse zu schaffen und auf Basis dieser Erkenntnisse die beste PR für unsere Kunden zu machen. Digitale PR ist für uns ein sehr wissenschaftlich-analytischer Ansatz, weil wir auf Basis von Erkenntnissen tiefgreifender SEO-Analysen erst beginnen, Themenpläne oder Pressemitteilungen zu schreiben. Nach-

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Anton Martić ist ein Digital PR Professional und seit dem Jahr 2015 Unternehmensinhaber und Managing Partner der ROTWAND Digitale PR GmbH. Zuvor war er als Group Head of PR an der Roth & Lorenz GmbH und als Deputy Managing Director an der TOC PR & Communications Agency tätig.

dem wir Content geschaffen haben, überlegen wir, an wen diese Pressemitteilung adressiert werden soll und wo man digital anknüpfen kann – ob auf „Facebook“, über einen Blogbeitrag, auf der Website des Kunden oder vielleicht über einen Newsletter. Die Synergien sind: Auf der einen Seite wissen wir, was Nutzer*innen im Netz interessiert und im zweiten Schritt wissen wir, wie Content gestaltet sein muss, damit dieser auch die Nutzer*innen erreicht.

Örtelt-Sumps: Denken Sie, dass Digital-PR die klassische PR in Zukunft vollständig ersetzen könnte?

Martić: Per Definition bedeutet klassische PR, eine Beziehung zur Öffentlichkeit aufzubauen und zu pflegen. Das bleibt immer der Kern. Wir als Auftragskommunikator*innen sind Auge, Ohr und irgendwann einmal Mund unserer Kunden. Wir müssen wissen, was die Öffentlichkeit momentan denkt, welche Trends es derzeit gibt und das geben wir dann an die Organisation weiter. Die DNA von PR wird sich nicht verändern, sondern nur die Werkzeuge. Ein Chef von mir hat einmal gesagt: „Was in der klassischen Offline-Welt schlecht war, ist auch in der digitalen Welt schlecht. Und was offline gut ist, kann auch digital gut sein.“ Die klassischen PR-Prozesse werden immer Gültigkeit haben. Nur die Werkzeuge und natürlich auch eine Menge Daten haben sich verändert. Diese kann man verarbeiten, auswerten und gute Schlüsse ziehen.

Örtelt-Sumps: Diese Ausgabe steht unter dem Rahmenthema Interdependenz zwischen PR und Journalismus. Könnten Sie uns anhand eines Ihrer Kunden skizzieren, worin diese (Nicht-)Abhängigkeit besteht?

Martić: Interdependenz… Also wir kommunizieren die Kernbotschaften und Ziele, die ein Unternehmen hat und übersetzen sie so, dass man den Kunden und die Ziele über die Kommunikation erreichen kann. Im Endeffekt müssen wir verstehen, was den Journalist*innen wichtig ist, denn wir verstehen uns als Dienstleister für beide Seiten: für unsere Kunden, aber auch für Journalist*innen. Die Interdependenz oder die Abhängigkeit zum Journalismus wird tatsächlich für uns als kleine Agentur immer weniger, weil man als Unternehmen auch schon Absender ist. Anders wird es, wenn man eine bestimmte Meinung in der Öffentlichkeit bestimmen möchte – dann brauche ich die Medien. Wenn es darum geht politisch zu kommunizieren, kommt man um Leitmedien kaum herum. Die Abhängigkeit gibt es also immer noch, obwohl ich glaube, dass gute Journalist*innen keine PR-Agentur brauchen, weil sie die Informationen selbst recherchieren. Wenn ich es geschafft habe, dass Journalist*innen bei bestimmten Themen zu mir als PR-Agentur kommen, dann habe ich meinen Job richtig gemacht.

Örtelt-Sumps: Denken Sie, es ist möglich, dass sich die Digital- oder SEO-PR und der (Online-)Journalismus gegenseitig ergänzen und positiv beeinflussen?

Martić: Ich glaube, dass der Online-Journalismus aufpassen muss, dass er nicht zu sehr gelenkt wird. Was ich selbst weiß, ist was wir schon an Daten aus öffentlich zugänglichen Datenbanken ziehen können. Daraus können wir dann Schlüsse ziehen und wissen teilweise ganz gut, wann die Online-Journalist*innen zu welchen Themen recherchieren könnten. Wenn wir sie dann ein oder zwei Wochen zuvor anrufen, bevor sie ihre Story planen und die passende Information anbieten, ist es für sie ein Zufall, für uns ist es ein wissenschaftlicher Vorgang. Aber auf der anderen Seite sehe ich es kritisch, weil die Journalist*innen immer weniger Zeit für Geschichten haben und dankbar sind für jedes Thema, das sie bekommen. Beide Seiten wollen ihren Berufsethos hochhalten und möglichst saubere Informationen erhalten. Also am besten alles nochmal doppelt checken – auf journalistischer, wie auch auf PR-Seite. Aber natürlich bieten auch Markenunternehmen mit einer starken Content-Marketing-Strategie dem Online-Journalismus auch eine gewisse Konkurrenz, weil wir Leser*innen abziehen. Jeder hat nur 24 Stunden am Tag und entscheidet, wo er*sie das im Netz verbringt. Also konkurrieren wir auch um Aufmerksamkeit.