6 minute read

Inbound-PR als Mittel individueller journalis

Inbound-PR als Mittel individueller journalistisch-interessensbasierter Kooperation

© Privat

Bernhard Laber

Aus Push wird Pull – was im Marketing längst gängig ist, wird auch für die Öffentlichkeitsarbeit zunehmend relevant. „PRaktivium“ sprach mit Veit Salentinig, Geschäftsführer der Agentur plenos, eine der wenigen Inbound-PR anbietenden Agenturen in Österreich, über dieses Modell und das Zusammenspiel mit Journalist*innen.

Bernhard Laber: Inbound-PR gilt als einer der vielversprechenden Trends. Wie funktioniert sie?

Veit Salentinig: Inbound bedeutet im Kern, dass man zunächst einmal versteht, mit wem man sprechen möchte und was diese Person nicht nur für Interessen, sondern auch für Problemstellungen zu lösen hat. Der Vorteil ist, dass Menschen viel aufnahmebereiter sind, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Probleme verstanden werden und dann erst in Folge eine Lösung angeboten wird, zum Beispiel von einem Produkt. Das große Problem der PR heute ist, dass die Journalist*innen einen Information- Overload haben. Anstatt ihnen also sämtliche Presseaussendungen unreflektiert zuzuschicken, die überhaupt nicht mit ihrem Ressort oder Interesse zu tun haben und die Journalist*innen durchsuchen zu lassen, was für sie relevant ist, wird der Spieß umgedreht. Inbound-PR im eigentlichen Sinn basiert auf dem Erstellen journalistischer Profile in einer Datenbank, unter Berücksichtigung der Interessens- und Notwendigkeitslage dieser. So entsteht die Möglichkeit, meine Informationen, die ich platzieren möchte software-gesteuert gezielt und individualisiert an sie zu adressieren. Somit kann ich die Berichterstattung erhöhen, denn die Journalist*innen müssen nicht mehr aussieben, was relevant ist und was nicht. Sie wissen dann auch mit der Zeit, dass wenn etwas von diesem Absender kommt, es für sie relevant und interessant ist. Sie können sich so der Themen annehmen, darüber berichten und freuen sich über die Passgenauigkeit der erhaltenen Information. Das ist der große Unterschied. So wird das Prinzip von Inhalts- und Problemorientierung auf die journalistische Zielgruppe umlegt.

Laber: Es geht also darum, ein Profil für die Journalist*innen zu erstellen und dann entsprechend diesem den Content an sie auszuspielen?

Salentinig: Es werden Profile von den Journalist*innen anhand ihrer Berichterstattung angelegt. Die Journalistin*innen arbeiten beispielsweise in der Wirtschafts- oder in der Lifestyle-Redaktion, im Innen- oder im Außenpolitik-Ressort, usw. Das alleine reicht aber nicht: Denn im Wirtschaftsressort wird es solche geben, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen und andere mit Unternehmensreportagen. Wenn wir als PR-Manager*innen wissen, welche Journalist*innen bei einem Medium vorwiegend über welches Thema schreiben, dann kann ich damit ein Profil in meiner eigenen Datenbank hinterlegen und somit nur noch jene Pressemitteilungen personalisiert ausspielen, die für diese wirklich relevant sind. So bekommt man mit der Zeit eine deutlich klarere journalistische Segmentierung nach deren Interessen.

Laber: Wenn ich ein geschickter PR-Manager bin, schaue ich dann nicht sowieso darauf, wem ich welche Information schicke? Ist das nicht alter Wein in neuen Schläuchen?

Salentinig: Nein, weil ich nicht den Eindruck habe, dass sich viele PR-Manager*innen fragen, ob ihre Informationen wirklich zu den Interessen des journalistischen Netzwerks passen. Es wird versucht, durch einen persönlichen Anruf den persönlichen Draht zu erhöhen, um die Wahrscheinlichkeit zu steigern, dass die Journalist*innen über das eigene Thema schreiben. Die interessensbasierte Aussendung erfolgt jedoch nicht. Wichtig ist aber vorallem der Aspekt der künstlichen Intelligenz des Systems: Wenn ich weiß, was eine Person interessiert, kann ich durch eine laufende Verfeinerung des Profils und automatisierte Prozesse im Hintergrund die Qualität der Information für den Journalisten stark erhöhen. Zuguterletzt gibt es auch noch den Technologieaspekt, z.B. wie angesprochen in Hinsicht auf Automatisierung und faktische Erfolgsmessung. Hier lässt sich messen, wer Inhalte geöffnet und sich angesehen hat, wie darauf reagiert und wie berichterstattet wurde. Hier gibt es in vielen Old School PRAbteilungen das Verständnis: Wir machen unsere Medienresonanzanalyse und sehen uns die Medienclippings an. Wenn berichtet worden ist, dann ist es gut. Wie sehr ich die Journalist*innen tatsächlich anspreche, sehe ich so aber nicht – das sehe ich sehr wohl über andere Parameter, die ich technologisch mit abfragen kann.

© Privat

Mag. Veit Salentinig hat in Wien und Brüssel internationale Wirtschaft studiert. Nach einer internationalen Karriere im Konzernmarketing von großen Marken wie L’Oréal oder Coca-Cola wechselte er 2017 auf die Agenturseite und ist Eigentümer und Geschäftsführer bei plenos.

Laber: Wie sieht denn das ideale Zusammenspiel von PR und Journalismus aus, wenn ich gute Inbound-PR machen möchte?

Salentinig: Ich sage immer auch zu unseren Kund*innen: PR ist viel auch persönliche Beziehungsarbeit und ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis. Inbound-PR kann also nur eine Ebene der Zusammenarbeit sein. Ein ganz wichtiges Thema ist, dass man versucht, aus Absendersicht zu vermitteln: „Ich bin Experte/in in einem gewissen Bereich.“ Denn werden die Journalist*innen sich an mich wenden, wenn es um dieses Thema geht. Je besser und relevanter meine Arbeit ist über die Zeit, desto eher gelingt es mir, bei den Journalist*innen top-of-mind zu sein und dann auch nachgefragt zu werden. Und auch wenn man es schafft, wirklich top-of-mind zu einem gewissen Thema zu sein, dann ist die Beziehung zu ihnen ein ganz wesentlicher Aspekt in der Zusammenarbeit. Das schafft man durch die klassische Medienarbeit, vor allem aber auch durch persönliche Gespräche. Der persönliche Kontakt und das Verständnis ist sehr wichtig, wenn man journalistische Beziehungen pflegt. Wenn diese aber in regelmäßigen Abständen Content bekommen, der genau darauf einzahlt, was gebraucht und gesucht wird, dann verstärkt das diese Beziehung zusätzlich.

Laber: Wie muss dieser Content gestaltet sein, damit er den Bedürfnissen von Journalist*innen gerecht wird?

Salentinig: Es ist wichtig, dass man den Journalist*innen ein gewisses Erlebnis bereitet. Der Content sollte in einer Art und Weise gestaltet sein, dass sie auch einen „Wow“-Effekt haben. Keine Journalistin und kein Journalist freut sich über blumigst ausgeschmückte, lange Texte, sondern möchte etwas, dass sich journalistisch schnell verwerten lassen kann. Und ich glaube, dass die Qualität, mit der man Content liefert extrem wichtig ist. Da gibt es viele Grundregeln klassischer PR-Textierung, die einzuhalten sind. Zusätzlich ist jede*r,

die bzw. der sich Content ansieht begeistert, wenn er oder sie klar belegbare Fakten und dazu starke Bilder und Aussagen bekommt. Es ist wichtig, dass man gute Quellen hat oder klare Verweise. Zusätzlich glaube ich, dass man auch viel stärker mit Bewegtbild arbeiten sollte. Gerade Inbound-PR ist größtenteils digital. Hier sieht man, dass Video eine immer wichtigere Bedeutung für die OnlineRedaktionen bekommt. Das wird auch heute noch von vielen sträflich vernachlässigt: Oft sieht eine klassische Pressemitteilung aus wie ein Word-Dokument, an das Bilder angehängt sind. Man kann aber auch die Informationen in einem sehr schön dargestellten Blog ähnlichen Format schicken und zusätzlich noch die Rohdaten anhängen. Das schafft natürlich ein anderes Leseerlebnis.

Laber: Warum hat sich Inbound-PR in Österreich noch nicht flächendeckend durchgesetzt?

Salentinig: Das hat mehrere Gründe und ist eine komplexe Frage. Dazu muss man auch verstehen, wie die österreichische Medienlandschaft funktioniert, wer da an den Hebeln sitzt und wer am Ende des Tages tatsächlich das Sagen hat. Und wissen, was die Journalist*innen gewohnt und was die etablierten ArbeitsPR ist viel auch persönliche Beziehungsmethoden sind. Das ist nicht immer ganz einheitlich. Daher glauarbeit und ein gegenseitiges be ich, dass dieser Push eher von Vertrauensverhältnis. Inbound-PR kann der Unternehmensseite kommen also nur eine Ebene der müsste, sprich von der Absenderseite. Wenn es da gelingt, für Zusammenarbeit sein. die Journalist*innen eine höhere Qualität der Informationsbereitstellung zu etablieren, dann werden sie dankbar dafür sein, weil sie sich viel Zeit sparen. Im Punkt Digitalisierung sind wir in Österreich auch in manchen Stellen einfach hinterher. Inbound nutzen wir vor allem als Marketinginstrument für unsere Kunden. Und selbst, wenn Sie da fragen, wer das auf Unternehmensseite kennt, gibt es noch viel White Space. Da besteht auf Unternehmensseite – insbesondere im Mittelstand – sehr viel Aufholbedarf und dort wäre das Potenzial am allergrößten.