Südtirol Panorama - Oktober 2010

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UNTERNEHMER & MÄRKTE

Der kühle Kalkulierer Sie gelten als die heimlichen Herrscher der Wirtschaft. Namhaft sind ihre Kunden, mit deren Probleme sie ihr Geld verdienen. Lang die Liste der Bewerber, die sich steile Karrieren erhoffen. Ob McKinsey, Roland Berger oder Boston Consulting Group – in der Berater-Elite locken blendende Karriereaussichten. Der Brixner Matthias Tauber hat sich locken lassen – er ist High Potential bei BCG.

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ie sind Dauergast in fast jedem Großkonzern, haben direkten Zugang zu den Chefetagen und beeinflussen die wichtigsten Entscheidungen. Sie tragen klingende Namen wie McKinsey & Company, The Boston Consulting Group, Roland Berger Strategy Consultants. Die Consultingunternehmen sind die heimlichen Herrscher der Wirtschaft. Sie saugen die besten und klügsten Absolventen vom Markt auf, versprechen steile Karrieren, steile Lernkurven und steile Gehaltssteigerungen. AUFSTREBENDE ELITE. Matthias Tau-

ber ist einer dieser aufstrebenden Karrieristen. Gebürtig aus Raas bei Brixen, ist der 32-Jährige seit 2003 bei der Boston Consulting Group (BCG) – zuerst in Wien und seit nunmehr vier Jahren in München. Insgesamt 300 der weltweit 4.400 BCGBerater sind dort beschäftigt. The Boston Consulting Group ist die weltweit führende strategische Unternehmensberatung. 1963 in den USA gegründet, ist BCG heute weltweit mit 69 Büros vertreten. Der gelernte Bauingenieur Matthias Tauber ist ein Exot. Mit Wirtschaft hatte seine vorangehende Ausbildung so gut wie gar nichts zu tun. Heute ist er Principal bei BCG. Das heißt, er ist verantwortlich für die operative Führung von großen komplexen Projekten. Er leitet je nach Projekt ein Team von 10 bis 15 Mitarbeitern. Zu seinen Kunden zählen Mittelständler und Großunternehmen aus dem Industriegütersektor – also beispielsweise Baustoffhersteller, Unternehmen aus der Auto- oder der Rohstoffbranche. Namen seiner Kunden darf er keine nennen. So sieht es die Firmenpolitik vor.

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Südtirol Panorama Oktober | 2010

„Wer sich bei BCG bewirbt, sollte es nicht des tollen Lifestyles wegen machen…“ Matthias Tauber

SÜDTIROL PANORAMA: Sie sind Principal bei der Boston Consulting Group. Es ist dies neben McKinsey eine der renommiertesten Unternehmensberatungen. Bekannt vor allem auch wegen seiner harten Einstellungsgespräche... MATTHIAS TAUBER: Es stimmt, Rec-

ruting wird groß geschrieben. Ich habe mich vor acht Jahren für ein Praktikum in Wien beworben. Wobei ich für BCG ein völliger Exot war – mit einem Bauingenieurstitel in der Tasche aber ohne fundierte Wirtschaftskenntnisse. Und wie ist Ihr Bewerbungsgespräch schließlich verlaufen?

Um ehrlich zu sein, als Exot wusste ich nicht mal genau worauf ich mich einlasse. Die vier Interviews haben schließlich je eine Stunde gedauert und waren in zwei Teile gegliedert: Der erste Teil war ein Gespräch über meinen Lebenslauf, im zweiten Teil musste ich eine Fallstudie lösen. Wäre da nicht doch ein BWL-Studium von Vorteil gewesen?

Nein, man braucht kein BWL-Studium, um Fallstudien zu lösen. Wichtig ist, dass man strukturiert vorgeht und analytisch stark ist. Ob jemand bei BCG genommen wird, hat nichts mit dem Studium zu tun, sondern vielmehr mit der Leistung in den Interviews. Heute führen Sie selbst solche Interviews. Was macht für Sie einen guten Kandidaten aus?

Grundsätzlich gilt: Wer sich bewirbt, sollte den Beraterberuf aus tiefstem Herzen machen und nicht des tollen Lifestyles wegen. Ein Kandidat sollte exzellente akademische Leistungen aufweisen, er sollte vor oder nach dem Studium Auslandserfahrung gesammelt haben, wobei ein viermonatiger Strandurlaub in Thailand leider nicht dazu zählt. Zusätzlich sollte er auch etwas Außergewöhnliches geleistet haben – zum Beispiel Afrika mit dem Fahrrad durchquert haben. Was hatten Sie damals Außergewöhnliches vorzuweisen?

Ich war schon Exot per se. Übrigens: Heute sind etwa 50 Prozent unserer Berater Exoten, das heißt, sie haben eben nicht BWL sondern Medizin, Ingenieurwissenschaften oder Physik studiert. BCG empfindet diese Exoten als sehr befruchtende Mischung im Team. Es ist also kein Zufall, dass ich als Bauingenieur auch die Baustoffbranche betreue. Mittzwanziger, stromlinienförmig, smart und skrupellos – so benennt die Autorin von „Gestatten Elite“ Nora Friedrichs die jungen Unternehmensberater. Junge


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