TRADITION – HANDEL
Erfolgreich in der Bio-Nische Weil seiner Frau sein Brot nicht schmeckte, stellte Richard Schwienbacher die Ultner Traditionsbäckerei auf Bio um. Mit Erfolg: Heute gelten er und sein Sohn Hannes als Pioniere. 1
Fotos: Ultner Brot
1. Seit 2001 hat Ultner Brot auch in Meran eine Filiale. 2. Allein zehn Grissini-Sorten stellt der Bio-Bäcker her. 3. Ein eingespieltes Team: Richard Schwienbacher und Sohn Hannes
Richard Schwienbacher ist ein Unikat. Ein Mann, der auffällt, nicht nur der kräftigen Statur und des Vollbartes wegen. Auch seiner Ansichten wegen. Der Bäckermeister ist überzeugter Bio-Bäcker. Mitten im Ultental, im Dorf St. Walburg, hat seine Großmutter kurz nach dem Ersten Weltkrieg eine Bäckerei eröffnet. Auf einem Stock hat sie damals Brot gebacken, heute erstreckt sich die Backstube auf drei Etagen. Jeden Tag verarbeitet die Familie Schwienbacher hier eine Tonne Getreide und produziert an die 70 verschiedene frische Brot- und Gebäcksorten. Insgesamt hat das Unternehmen 150 Produkte im Sortiment, darunter eine Reihe von Dauerprodukten wie Grissini, Schüttelbrot oder Kekse. An die Umstellung auf Bio kann sich Richard Schwienbacher noch gut erinnern. „Es war Anfang der 80er-Jahre. Ich wollte nicht mehr nur für das Ultental Brot backen. Um aber auch außerhalb des Tales Erfolg zu haben, musste ich ein Plus anbieten. Einfach nur Semmel hätte mir niemand abgekauft“, so Schwienbacher. Er wusste, er muss sich abheben, und er wusste auch womit: Mit Bio. Bereits seit ei-
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Südtirol Panorama | 01.2016
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nigen Jahren tüftelte er daran. Inspiriert hat ihn seine Ehefrau. „Sie hat sich intensiv mit gesunder Ernährung befasst. Hat gekeimt und viel Müsli gegessen, nur mein Brot hat sie nicht angerührt. Irgendwann mal meinte sie zu mir: Wenn Du Brot mit Bio-Getreide bäckst, esse ich es“, erinnert sich Schwienbacher. Also kaufte er sich 1982 die erste Mühle und begann, mit der Frau als Beraterin zur Seite, BioBrotsorten herzustellen. Erste Abnehmer waren zwei Bio-Geschäfte. Die komplette Umstellung erfolgte im Jahr 2000, als Sohn Hannes, ebenfalls Bäcker und Konditor, in den Betrieb einstieg. Einfach war die Umstellung nicht. „Wir waren ja der einzige Bäcker im Ultental. Das heißt, wir haben die Ultner quasi dazu verdonnert, Bio-
Brot zu essen. Entsprechend kritisch waren sie zu Beginn, Bio wurde sofort mit teuer in Verbindung gebracht. Deshalb haben wir die Preise bewusst nicht erhöht, obwohl die Einkaufspreise für Getreide und Samen rund 30 bis 40 Prozent höher waren“, erinnert sich Hannes. Die Familie Schwienbacher versucht, nicht nur auf Bio zu setzen, sondern auch auf das Thema Regionalität. Wenngleich in Südtirol immer noch zu wenig Bio-Korn angebaut wird. Nur rund zehn Prozent des Bedarfs kann die Ultner Traditionsbäckerei damit abdecken. Dafür freut es die Bio-Bauern: Denn Ultner Brot und der zweite große Südtiroler BioBäcker, Profanter Backstube in Brixen, reißen sich um das biologische Korn aus der Region. Das Bio-Sortiment zu kommunizieren trauen sich Richard und Hannes Schwienbacher übrigens erst seit einigen Jahren. Als in Deutschland und Österreich die Bio-Welle losging und sich immer mehr Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten konfrontiert sahen. Seither schätzen sich auch viele Ultner glücklich darüber, einen Bio-Bäcker im Dorf zu haben. (VP)
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