Südtirol Panorama 06-2013

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TITEL einen bestimmten Geschmack ergeben, der mit den tatsächlichen Zutaten nichts zu tun hat, denken sie über den Drink nach. Natürlich erkläre ich später gern, was wirklich enthalten ist, das soll kein Geheimnis bleiben.“

herrscht. Mit eleganten Handbewegungen und selbstbewusster Körpersprache lässt er Flaschen und Shaker durch seine Hände gleiten, als er für Südtirol Panorama in der Cocktailbar des Hotel Greif, dem „Grifoncino“, einen Mint Julep zubereitet. Da kommt ihm wohl seine Erfahrung als BoEIGENPRODUKTION. Viele seiner für das dybuilder zugute, wo es ebenfalls darum Mixen benötigten Sirups und Essenzen geht, sich auf einer Bühne vor Publikum stellt Christian Heiss selbst her. Einfach und Jury zu präsentieren. deshalb, weil er eine hohe Qualität der Cocktail zubereiten ist nicht gleich Mixen. Grundstoffe für unabdingbar hält, um ei- Wer sich zum ersten Mal mit den Feinnen qualitativ hochwertigen Cocktail zu heiten des Metiers auseinandersetzt, entzaubern. „Ich sehe den Barkeeper als eine deckt, dass dabei auch Details zählen. So Mischung von Sommelier und Koch“, be- gibt es etwa unterschiedliche Shaker, die alle schreibt Heiss seine Definition des eige- einen anderen Ton beim Schütteln mit Eis nen Berufs. „Ein guter Barman sollte wis- darin alle einen anderen Ton von sich geben. sen, wie er welchen Geschmack im Drink „Ein Laie wird darauf nicht achten“, schmunerzeugen kann und welche Zutaten zu- zelt Heiss, „aber ein Kenner hört genau hin.“ Auch die Art des Rührens mit dem Cocktaillöffel folgt je nach SCHAU. Heiss’ Domäne ist Drink einer eigenen Choreogradie Disziplin Free Style, was fie. Vom Typ des Cocktails hängt so viel heißt, dass Drinks ad es ab, wie, mit welchem Finger hoc gemixt werden. Weniger und in welche Richtung wie oft damit gemeint ist das reine gerührt wird. Show-Mixen, bei dem akrobaBei der Dekoration der Cocktisch mit Flaschen und Shaker tails achtet der Kenner auf das hantiert wird. Christian Heiss Wie. Gerade bei Wettbewerhat einige Hundert Cocktailben sei das oft entscheidend, zusammensetzungen im Kopf so Christian Heiss. Dezent und abgespeichert und kann diese doch raffiniert sowie gekonnt auf Zuruf mixen. Seine große drapiert sollten heute Cocktails sein. Wichtig sind auchGläser Passion ist aber das Zubereiten von Drinks mit fein aufund Becher, in denen die Drinks einander abgestimmten Zuserviert werden. So hat Heiss für den Mint Julep, der mit viel „crataten, ohne dass dabei ein shed ice“ zubereitet wird, eigens vorhandenes Rezept genau einen Silberbecher mitgebracht. verfolgt würde. Heiss: „Der „Das Silber isoliert viel besser als Gast sagt mir, wie er seinen Cocktail haben möchte. EntGlas und so bleibt der Drink länweder fruchtig oder nicht, ger kühl“, erklärt Heiss. Anekdoleicht oder schwer – und ich te am Rande: In manchen Cockversuche dann den Drink ent- Der 32-jährige Christian Heiss steht seit acht Jahren tailbars wird vor dem Servieren sprechend dem Wunsch des hinter dem Tresen der bekanntesten Cocktail- Bar von Zürich des Mint Julep im Silberbecher Gastes zu kreieren.“ die Kreditkarte verlangt. Der wertvolle Becher könnte ja unter UmDabei greift Christian Heiss gerne auf etwas ungewöhnlichere Zutaten einander passen.“ Und wie beim Kochen ständen nicht mehr auftauchen. Christian wie Olivenöl, Balsamico, Hibiskusblüten müsse eben experimentiert werden, um Heiss hat nicht nur jede Menge Rezepte von oder Sake, den japanischen Reiswein, zu- Neues zu entwickeln. Cocktails in seinem Kopf auf Abruf bereit, rück. So entstehen ungewöhnliche Cock- Bei Cocktail-Wettbewerben wird nicht sondern auch einige selbst kreiert, so etwa tails mit ungewöhnlichem Geschmack. nur der Geschmack des fertigen Drinks den „Aurora“ oder den „Black Diamond“. „Es kann spannend sein, die Gäste zu- beurteilt, sondern auch das Aussehen Grundsätzlich findet der Barmeister, dass in nächst ein wenig in die Irre zu führen“, des Drinks, die Dekoration und die Art, Südtirol das Verständnis für die hohe Kunst erzählte Heiss kürzlich der Schweizer wie der Barkeeper den Cocktail zuberei- des Cocktail-Zubereitens noch sehr gering Gourmet-Zeitschrift „marmite“. „Ich tet. Es darf keine knallige Show sein, aber ist. Heiss: „Es wäre schön, wenn sich das in mixe gerne Drinks ohne zu sagen, was die Bewegungen und Handgriffe müssen den nächsten Jahren ändern würde.“ drin ist. Eine Überraschung. Wenn Kun- sitzen und Kompetenz ausstrahlen. Das Er selbst, so viel ist klar, tut einiges dafür. ◀ den dann merken, dass Kombinationen ist etwas, was Christian Heiss perfekt bePETER SEEBACHER Foto: Alexander Alber

nem ersten Mix-Wettbewerb teil, den er prompt gewann. Es folgten verschiedene Weiterbildungen, die Ausbildung zum Barmeister sowie eine Spezialisierung auf Whisky. Und immer wieder Teilnahmen an Cocktail-Wettbewerben. Nach drei Jahren zog es Christian Heiss wieder nach Südtirol, von wo er bald nach Zürich in die Kronenhalle wechselte, eine der renommiertesten Cocktailbars von ganz Zürich: „Ich kann mich noch genau an meinen ersten Arbeitstag dort erinnern“, erzählt der Barkeeper, „es war der 1. Dezember 2004.“ In diesen knapp acht Jahren hat sich der Südtiroler zum stellvertretenden Barchef hochgearbeitet und seine Fertigkeiten im Mixen verfeinert. Oder besser gesagt: Er hat seinen eigenen Weg in Sachen Cocktails gefunden.

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Südtirol Panorama | November 2012

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