ahoi! norderney Magazin #31

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Künstler der sogenannten „Neuen Wilden“ wie Helmut Middendorf oder Rainer Fetting zählen zu den Helden der eigenen Jugend. In feuchten Kellerräumen haben wir in den 1980er Jahren ihre expressiven Mauerbilder und Punkrockszenen dilettantisch nachgeahmt, wann immer wir aufgewühlt und aufgeregt - zurückkamen von Besuchen in West-Berlin. Die Reisen gen Osten, die Konfrontation mit der Mauer und der von ihr umgebenen Stadt, bedeuteten für uns Teenager - so glaubten wir zumindest - mehr als nur Tourismus, mehr als die Besichtigung einer Sehenswürdigkeit. Und nichts spiegelte das Berlin-Gefühl jener Tage für uns intensiver wider als die Kunst der „Neuen Wilden“. Vor diesem Hintergrund erwartet uns im Frühjahr 2020 in der Kunsthalle Emden ein besonderes Highlight. Denn die Ausstellung „Sight Seeing. Die Welt als Attraktion“ rückt nicht nur die Frage nach dem Reiseziel in den Fokus, sondern zeigt als eines der zentralen Motive Rainer Fettings 1988 entstandenes Bild „Südstern mit Mauer“.

Vom 8. Februar bis 14. Juni 2020 dreht sich in der Kunsthalle Emden alles um den Umgang mit „Sehenswürdigkeiten“. Der gezielte Besuch bestimmter Orte bzw. die (medial vermittelte) Sehnsucht danach zählt zu den großen Phänomenen im Zeitalter des Massentourismus. Menschen verständigen sich immer wieder aufs Neue darüber, was in der Natur, auf dem Land und in den Metropolen als besonders anziehendes Reiseziel gelten soll. Im Spannungsfeld von Symbolik, Spektakel und Inszenierung widmet sich die Ausstellung der spannenden Frage, warum manche touristische Spots eine höhere bildliche Attraktivität entwickeln als andere - und wie die Wechselwirkung von Sehenswürdigkeit und Darstellung die Popularität und Narrative beeinflusst. Kann letztlich das Kunstwerk selbst die „Sehenswürdigkeit“ sein? Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte, dem empfehlen wir begleitend Marco d‘Eramos ebenso kluges wie ironisches Buch „Die Welt im Selfie. Eine Besichtigung des touristischen Zeitalters“. Ab dem 20. Juni widmet sich die Kunsthalle mit der Schau „wild/schön. Tiere in der Kunst“ dem ambivalenten Verhältnis von Mensch und Tier.

Menschen begreifen Tiere oftmals als das Andere schlechthin. Ehrfurcht und Fürsorge wechseln sich mit Angst und Tötung ab. Auch in der Kunst schlägt sich dieses Verhältnis nieder. Ausgehend von der eigenen Sammlung und ergänzt mit wichtigen Leihgaben zeigt die Ausstellung verschiedenste Tierdarstellungen des 20. und 21. Jahrhunderts. Parallel sind in einer umfassenden Überblicksschau Arbeiten des Malers Helmut Sturm (1932–2008) zu sehen, der zu den bedeutendsten Vertretern der abstraktexpressiven Malerei nach 1945 in Deutschland zählt. Zu Jahresbeginn läuft zuvor noch bis zum 26. Januar 2020 die Ausstellung zum 90. Geburtstag von Horst Janssen.

Geöffnet ist die Kunsthalle Emden von Dienstag bis Freitag von 10.00 bis 17.00 Uhr und am Wochenende sowie an Feiertagen von 11.00 bis 17.00 Uhr. Einen Kunstabend mit verlängerten Öffnungszeiten bis 21.00 Uhr gibt es an jedem ersten Dienstag im Monat. Montags ist das Museum geschlossen. Die Internetseite der Kunsthalle bietet weitere ausführliche Informationen, unter anderem auch zu Preisen, Führungen und Workshops sowie Angeboten für Kinder.

KUNSTHALLE EMDEN Hinter dem Rahmen 13 - 26721 Emden - (04921) 975050 - kunsthalle-emden.de

Bildnachweis. Rainer Fetting, Südstern mit Mauer, 1988, Öl/Lwd., 250 x 160 cm, Kunsthalle Emden (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2020


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