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Richert Beil

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The Change

The Change

Mode ist politisch. Die Marken und ihre Unternehmensphilosophien, die wir tragen und konsumieren, sagen auch etwas darüber aus, wie unsere eigene ethische Wertelandkarte aufgestellt ist. Selbst wenn uns egal ist, was wir tragen und wir uns bewusst vom kapitalistischen, kollektiven Kaufrausch distanzieren, ist dies eine politische Haltung. Was ist aber mit Themen wie Diversität und Inklusion innerhalb der Modewelt? Wie kann Kleidung ein Gemeinschaftsgefühl erschaffen, ohne dabei bestimmte Gruppen auszuschließen?

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Klare, langlebige Schnitte, zeitlose Ästhetik, hochwertige

Materialien und die Liebe zur Schneiderkunst. So würde ich die Kreationen des Berliner Designer*innen Duos RICHERT BEIL wohl beschreiben.

Bei ihren Schauen setzen Jale Richert und Michele Beil auf Diversität und Inklusion. Ihre Unisex-Kollektionen präsentieren sie an Models, verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts und jeden Alters. Inklusive Designs sind den beiden Designer*innen per se ein Anliegen. Ein eigens konzipiertes Größensystem soll stereotypisierte Größeneinteilungen und alle Körpertypen und Menschen einbeziehen.

WOHER KAM DIE MOTIVATION FÜR DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT UND DIE EIGENE MARKE?

Wir haben uns 2009 kennengelernt und schon vor Richert Beil gemeinsam an vielen Projekten gearbeitet. Wir inspirieren uns gegenseitig und ergänzen uns in unserer Arbeit. Uns wurde schnell klar, dass wir langfristig zusammen arbeiten - und leben möchten. Es hat sich ganz natürlich ergeben Richert Beil zu gründen.

HATTET IHR VON BEGINN EINE VISION ODER WURDE DIESE ERST IM LAUFE DER ZEIT UND MIT JEDER KOLLEKTION KLARER?

Für uns ist kreatives Arbeiten eng verwurzelt mit der eigenen Persönlichkeitsentwicklung und wir mussten uns selbst erst als Individuen und kreativschaffende Personen kennenlernen, um eine gemeinsame Handschrift zu entwickeln. Es war uns immer schon wichtig, geschlechterübergreifend zu arbeiten. Wir ha- ben aber unseren Stil und die Umsetzung der Kollektionen über die Jahre gefestigt und Eigenständigkeit entwickelt. Die Entwicklung eines künstlerischen Ausdrucks sollte nie abgeschlossen sein, sondern immer offen, sich weiterzuentwickeln.

IHR SEID NICHT NUR BERUFLICH, SONDERN AUCH PRIVAT EIN PAAR.

WELCHE VORTEILE HAT DIE ZUSAMMENARBEIT MIT DEM EIGENEN PARTNER/DER EIGENEN PARTNERIN? WORAUF KÖNNTET IHR VERZICHTEN?

Es ist im Grunde egal, ob man ein Paar ist oder nicht. Um gemeinsam eine Marke aufzubauen, braucht man eine besondere Beziehung zueinander, die sehr viel aushält. Wenn man diese besondere Beziehung nicht hat, schafft man es nicht durch die vielen intensiven Phasen.

Es ist schwierig, immer respektvoll miteinander umzugehen, wenn man sich so nahesteht, aber wir schätzen den Austausch und das gemeinsame Arbeiten und könnten nicht darauf verzichten, so viel Zeit miteinander zu verbringen.

WAS BEDEUTET MODE FÜR EUCH PERSÖNLICH?

Mode ist für uns persönlicher Ausdruck und Teil der eigenen Identität.

WIE ERKLÄRT IHR EINER PERSON, DIE NOCH NIE ETWAS VON EUCH GEHÖRT ODER GESEHEN HAT, WAS DIE MARKE RICHERT BEIL (AUS)MACHT?

Mit Richert Beil und unserer Kollektion für alle Geschlechter, hinterfragen wir klassische Vorstellungen von Schönheit, Geschlechterrollen und Eleganz. Wir entwickeln Kleidungsstücke, die stereotype Schönheitsideale zwischen den Geschlechtern dekonstruieren und gleichzeitig schnitttechnisch anspruchsvoll sind. Wir arbeiten an einem eigenen Größensystem, dass wir durch unsere Arbeit immer weiter konkretisieren.

WIE DEFINIERT IHR NACHHALTIGKEIT?

Nachhaltige Mode ist für uns hochwertig, langlebig und relevant mit künstlerischem An- spruch und wird nicht als Massenprodukt angeboten.

INWIEFERN AGIERT IHR ALS BRAND NACHHALTIG?

50% aller Materialien, die wir für unsere Kollektionen verwenden sind Stoffe, die bei anderen Produktionen übriggeblieben sind, BCI*-zertifizierte oder organische Baumwolle, recycelte Kleidungsstücke oder Webwaren. Die anderen 50% sind sehr hochwertig produzierte Stoffe, in denen ebenfalls viel Handarbeit steckt und die vorwiegend in Europa hergestellt werden.

*BCI = Better Cotton Initiative ist eine Stakeholder-Initiative für bessere Baumwolle, die die Produktion nachhaltiger Baumwolle fördert.

HAT SICH DAS NACHHALTIGKEITSBEWUSSTSEIN DER VERBRAUCHER*INNEN IN DEN LETZTEN JAHREN VERÄNDERT? KONSUMIEREN

DIESE ANDERS UND BEWUSSTER?

Ja, auf jeden Fall. Leider haben wir das Gefühl, dass oft nur kleine Brands ohne finanzielle Möglichkeiten in die Verantwortung gezogen werden, bei denen die Stückzahlen ohnehin nicht maßgeblich zur weltweiten Verschmutzung und Überproduktion beitragen. Geht es um große, prestigeträchtige Marken, ist das Thema Nachhaltigkeit auch schnell wieder vergessen und es wird trotzdem konsumiert.

NACHHALTIGKEIT UND GEWINNBRINGENDES WIRTSCHAFTEN SCHEINEN OFT ZU KOLLIDIEREN.

SCHLIESSLICH BEDEUTEN NACHHALTIGE, LANGLEBIGE TEILE IM UMKEHRSCHLUSS OFT, DASS VERBRAUCHER*INNEN WENIGER KONSUMIEREN. IHR SCHAFFT ES TROTZDEM, BEIDES ZU VEREINEN. WIE SIEHT FÜR EUCH

EINE ZUKUNFTSFÄHIGE, NACHHALTIG AGIERENDE MODEINDUSTRIE AUS?

Es gibt viele Marken, die das Gegenteil beweisen und extrem erfolgreich sind. Wie immer ist die Antwort nicht schwarz oder weiß, sondern liegt irgendwo in der Mitte. Wir haben nicht den Anspruch ein Massenprodukt zu entwickeln, sondern sehen unsere Zukunft in kleinen Kollektionen und Projekten mit limitierten Auflagen, die mit gut laufenden Key Pieces ergänzt werden.

IHR WART SCHON IN DER VOGUE. FÜR VIELE, IN DER MODEWELT AGIERENDEN PERSONEN, EIN RITTERSCHLAG.

GIBT ES WEITERE MEILENSTEINE, DIE IHR 2023 ERREICHEN WOLLT?

Eine Capsule Plus Size Kollektion, eine Show in New York und zwischendurch auch mal wieder etwas ganz anderes machen, um neue Energie zu tanken.

WIR WÜNSCHEN EUCH VIEL ERFOLG BEI ALL EUREN PLÄNEN, FREUEN UNS, DIESE ZU VERFOLGEN UND BEDANKEN UNS FÜR DAS INTERESSANTE INTERVIEW!

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