Faber Magazin Ausgabe #3

Page 1

FABE A AB RMA M MA GAZIN3


KEINE STADT IST SO FOTOGEN WIE PASSAU!

Wo macht man den schönsten Passau-Schnappschuss? Foto mit #passaufotospot auf Facebook oder Instagram posten und den Fotospot dadurch ins Ranking schicken! Wir suchen die besten Fotospots: Postet eure Passau-Bilder auf Facebook oder Instagram mit dem Hashtag #passaufotospot und seid Teil unserer Suche! Wir wollen wissen, wo die DREI_FLÜSSE_STADT am schönsten ist. Die verwinkelten Gassen, die bunten Häuser, die bezaubernden Uferpromenaden, die Türme, Fassaden und Dächer. Passau ist das perfekte Fotomotiv und wird nicht ohne Grund fleißig in den sozialen Medien geteilt. Wir finden: An den vielen Bildern kann man sich nicht sattsehen. Wir wollen mehr davon!

Mitmachen – so geht‘s: | Beliebig viele Passau-Fotos unter dem Hashtag #passaufotospot bei Instagram oder Facebook (öffentlich) posten. | Auf unserem Facebook- und Instagram-Auftritt „Passau gefällt mir“ (@passaugefaelltmir) könnt ihr der Aktion folgen und auf dem Laufenden bleiben. | Die Aktion läuft ab sofort für ca. 6 Monate. | Wir ermitteln aus euren Fotos die Top-Fotospots in Passau. Wir sind gespannt!

Kontakt: Stadt Passau – Passau Tourismus & Stadtmarketing Bahnhofstr. 28 | 94032 Passau | marketing@passau.de

Wo Kultur und L e be nslust zusamme nf lie ße n

@ passaugefaelltmir


EDITORIAL Greta Thunberg geht noch immer nicht zur Schule, ­Notre-Dame ist gelöscht und Robert Habeck sucht nach wie vor nach der zündenden Idee, die Welt zu retten, ohne die p ­ rivilegierte Existenz seiner Wählerschaft zu gefährden. Im Gegensatz zur dritten Ausgabe des Faber Magazins, sind diese Themen vor allem eines: auserzählt. Passauer Puffs, ein Mixtape namens »oui, je came.«, die bald berühmteste Band der Welt, ein verrostetes Disneyland am Ende der Welt, was Emma Private uns schon immer sagen wollte, der Untergang der MS Hope, A ­ utor Friedemann Karik, eine brandneue Persona Faber, Nullwörter am A ­ rbeitsplatz, eine Schauspielschule mit Namen Athanor, illustratives Textil­d esign und Collagenkünstler Stefan Gunnesch sind frischer Balsam auf die Schmökerseele.

HERVORRAGENDE ­ UNTERHALTUNG WÜNSCHT DIE ­R EDAKTION.

3


BUDE ZU KLEIN?

INFOS UNTER: TEL.: 0851 7569370 WWW.HATZ-POPP.DE

NEU AM RESIDENZPLATZ

WAS ?

Regionale Produkte, Feinkost aus der hauseigenen Manufaktur sowie Platz für Kurse und Workshops rund ums Thema Essen.

Z al ur E l fü e rö r FA ff ih B n re E un n R- g W Le gi ar s bt en er ‘s ei Inn fü nk e r au n f

GEGEN VORLAGE DES ABSCHNITTS

ERÖFFNUNG: ENDE MAI ’19

#guad

% tt 10 ba

it rm n ba ine er e ni ch bi uts om G t k ren ch e ni nd a

Ra

essStudio – Nestmeier Simon & Piwowarsky Josef GbR – Residenzplatz 10 – 94032 Passau Web: www.regiothek.de/essstudio – Facebook: @essstudio




FASHION BUSINESS IMAGE PEOPLE COMMERCIAL REPORTAGE

SIMONAKEHL.COM INSTAGRAM.COM/SIMONAKEHL | +49 157 37 222 509


Büchl 30

T. 08581 9874280

M

Foto + visuelle Gestaltung Manuel Kreuzer

I

F

94065 Waldkirchen

O

K

U

S

www.frame-optik.de


3

13

Editorial

Was sagt das Milieu dazu?

10

INHALT

Puff der roten Lichter – grünes Licht für Freier?

17

24

Projektion

Schulzeit ist die schönste Zeit!

30

Das kleine Arschloch hat jetzt einen Thermomix

26

Dankbar und zerrissen

35

Haager Idyll

32

Disneyland Pokhara

36

38

Echtes Shopping im echten Leben

Und dann kam ›HOPE‹

40

Stefan Gunnesch

43

Freundschaft

51

46

Vogl-Perspektive

Persona Faber: Dr. Marion Bornscheuer

54

60

Faber Mixtape

Veranstaltungen

56

62

Athanor Atmosphäre

Hypnotic, magnetic, electric: Franc Moody

70

63

Ein Passauer Novum in der novum

67

›Die Ereignisse‹

Fokus auf das Verborgene

72

9

Rätsel

78

Fragebogen nach Marcel Proust beantwortet Spitzbua Markus

80

Impressum


2

»He fack, da Duitstodl mocht in a hoibadn Stund zua!«, lallt Ste-

VILLA APPARTEMENTS REGENSBURGER STRASSE 53

fan aufgeregt. Seine Spezln Flo und Andi sind ratlos. Viel zu schnell war die Zeit wieder verflogen, viel zu wenig Bier hatten die drei erwischt und rangelassen hatte sie auch keine. Während sie also die letzten Lieder auf der Bierbank

5

3

1 APPARTEMENTHAUS STEFFELMÜHLWEG 3

grölen, laufen die wenigen unbe-

CLUB 1001 STEINBACHSTRASSE 13

4

APPARTEMENTHAUS HAITZINGER 80 THAI LODGE HAITZINGER STRASSE 80A

schadeten Gehirnzellen bereits auf Hochtouren: »Wo gemma hi?« »Cubana is ma z’stressig«, raunt Flo, während sie die Treppe zu den Taxen hinaufstolpern. »Mann he, oba i brauch heid no a weng Liebe und im Cubana find se oiwei wos«, bettelt Andi. Stefan gähnt dazwischen: »Eigentlich mecht i mi bloß no irgendwo einehocka und a Bier dringa.« Wo bekommt nun also Flo seine Entschleunigung, Andi seine schnelle Liebe und Stefan sein Bier? Genau, im Eroscenter PLATIN. Jedem bekannt, direkt an der B8. Oder soll es, gleich nach der österreichischen Grenze, für einen Fünfziger Eintritt der Whirlpool im Saunaclub Amore sein? Bademantel inklusive. Und dann war da noch dieses 20er-Haus in der Haitzinger Straße. Aber ob die Bier haben?

TEXT — ANNE LANG

10

Bordelle. Puffs. Freudenhäuser. Das Faber Magazin beschäftigt sich in dieser Ausgabe mit einem Thema, über das niemand gerne spricht, obwohl es sich durch die Jahrtausende zieht und auch heute nichts an Relevanz verloren hat. Vor allem Passau betrifft das Thema übrigens nicht unwesentlich, denn die Dichte an Angeboten ist hier neben Landshut die höchste in ganz Niederbayern.


bieter RTO GmbH überdies den Service »Taschengeldladies«. Hier findet der Sparfuchs Annoncen von – zumindest vermeintlich – privaten Damen in der Umgebung, die Geld für Sex annehmen. Auch, wenn sich hinter den »gelangweilten Hausfrauen und Studentinnen« überwiegend gewerbetreibende Frauen aus Osteuropa verbergen.

7 EROSCENTER PLATIN REGENSBURGER STRASSE 13

6 APPARTEMENTHAUS STELZHAMER 7

10 11 8

APPARTEMENTHAUS HAITZINGER 24A

9

LAUFHAUS PASSAU HAITZINGER STRASSE 20

STUDIO MADAME DOMINIQUE HAITZINGER STRASSE 22

APPARTEMENTHAUS HAITZINGER 24

Eine einschlägige Plattform Das Handy wird gezückt, passauladies.de weiß Rat. Und zwar richtig viel Rat: Mehr als 50 Damen allein im Passauer Stadtgebiet lassen sich hier auf Anhieb durch den Filter jagen. Alter, Herkunft, Intimfrisur, eine erstaunliche Palette an Serviceleistungen und allerlei Kleinigkeiten können hier mit einem Klick zum Muss erklärt oder ausgeschlossen werden. 2019 dreht sich auch hier alles um die bestmögliche User Experience: Personalisiert, ja beinahe custom muss sich die Prostituierte heute anfühlen. Der Online-Katalog ist also der bequeme Startpunkt, der den unentschlossenen potenziellen Freier erst einmal in Ruhe stöbern lässt, bevor er sich auf die Jagd begibt. Wenn er die vermeintlich richtige Prostituierte für sich gefunden hat, kann er sie entweder auf seinen Merkzettel setzen oder gleich telefonisch einen Termin vereinbaren. Schließlich ist es hier wie beim Frisör: Mal auf gut Glück hinfahren und hoffen dass die Chefin Zeit hat, kann zwar funktionieren, aber wer bei vollem Betrieb vor der Tür steht, hat die Wahl. Entweder warten, auf die Kollegin ausweichen oder morgen wiederkommen. Für die richtige Summe kann man so manche Dame übrigens auch in die eigenen vier Wände oder ins Hotelzimmer bestellen. Ein weiteres Feature, an das der Freier von heute gewöhnt ist, findet sich dann im zugehörigen »Ladies-Forum«: Zu sämtlichen Damen können ausführliche Reviews und Erfahrungen von Freiern nachgelesen werden, es gibt Bewertungen und Diskussions-Threads – man will schließlich nicht die Katze im Sack kaufen. Neben einem Fotostudio, dem Versandhandel Gummi-Express und einer Kontaktbörse für »Milieu-Kolleginnen«, betreibt der An-

Der typische Puffgänger

Zurück zu unseren drei fiktiven Dultbesuchern: Sie reihen sich in eine Vielzahl unterschiedlichster Charaktere ein, denn sie werden im Etablissement nicht nur ihresgleichen vorfinden. Hier tummeln sich: Einsame und Verlassene. Verlorene Seelen und gelangweilte Ehemänner. Erfolgreiche, die Ausgleich suchen und Erfolglose, die einen Abend lang in die Rolle des Erfolgreichen schlüpfen wollen. Männer mit speziellen Vorlieben, Neugierige, Schaulustige und Sexsüchtige. Auch der Vater mit dem Sohn, der endlich zum Mann werden soll. Der Verzweifelte, der einfach nur jemanden zum Reden braucht oder die Gruppe Halbstarker, die eine Art Mutprobe zu bestehen hat. Die Liste lässt sich ewig fortsetzen und man müsste schließen: Es gibt nicht DEN Puffgänger. Er trägt kein Schild um den Hals und ist nicht an der Nase zu erkennen. Was wiederum die Vermutung nahelegt, dass Puffgänger mitten unter uns weilen. In unserem Freundeskreis, unter unseren Arbeitskollegen, in unseren Familien. Sind es am Ende ganz normale Leute? Stellen wir doch einmal die wüste These auf, dass es sich ähnlich wie mit Fast Food im Erwachsenenalter verhält: Die meisten tun es, niemand ist stolz darauf, kaum einer spricht darüber. Und doch gibt es in Passau drei McDonald’s für den Mainstream, einen Burger King für die, die es etwas derber mögen und zwei Subway für die, die noch ein einigermaßen gutes Gefühl dabei haben möchten. Und dann natürlich noch Asia-Buden für das exotische Erlebnis und diverse kleinere Läden, in denen man sich unter Umständen auch mal Durchfall holen kann. Ernährt man sich automatisch ungesund, wenn man gelegentlich Fast Food isst? Woher kommt der Heißhunger? Die Schätzung sagt: Täglich suchen 1,2 Millionen deutsche Männer ein Bordell auf, etwa die Hälfte von ihnen ist in einer Beziehung oder sogar verheiratet. Das macht übrigens den Donnerstag zum umsatzstärksten Tag, denn das Wochenende ist bei vielen Männern für die Freundin oder die Familie reserviert. Davon ausgehend, dass der Großteil der Freier bei weitem nicht täglich die käufliche Liebe sucht, drängt sich bei 40 Millionen männlichen Deutschen zwangsläufig eine relativ große Streuung

11


auf. Wir sprechen also definitiv nicht von »ein paar Prozent, die ins Bordell gehen«. Die rund 400.000 Prostituierten in Deutschland bedienen eine klare Nachfrage.

Ob im alten Ägypten, im antiken Griechenland – der Wiege der europäischen Kultur – oder in Mesopotamien: Prostitution zieht sich seit Anbeginn der Geschichtsschreibung durch die Epochen und war vielleicht schon lange vorher da. Vom gesellschaftlich anerkannten Berufszweig bis hin zum strikt verbotenen Untergrundbusiness hat sie über die Jahrtausende viel erlebt. Und wahrscheinlich wird es mit fortschreitender Technologie noch mehr gesellschaftlichen Diskussionsbedarf geben: Ist es verwerflich, bezahlten Sex mit täuschend echten Robotern zu haben? Darf man sie als Sexsklaven halten? Welche Praktiken darf man ihnen zumuten? Wird menschliche Prostitution verboten, sobald technische Substitution möglich ist? Die Legalitätsdiskussion gestaltet sich weltweit ja schon ohne Roboter sehr divers: Was zum Beispiel in Deutschland oder etwa den Niederlanden sehr liberal gehandhabt und gesetzlich untermauert wird – Sex gegen Bezahlung, ist in den USA strafbar. Doch selbst hier gilt das Prinzip vom Kochtopf, der ohne Ventil zu explodieren droht: Ausschließlich im US-Bundesstaat Nevada, inklusive seiner größten Stadt Las Vegas, ist Prostitution zulässig. In diesem »Disneyland für Erwachsene« lebt eine ganze Nation aus, was sie zuhause nicht darf. Aber warum muss das überhaupt sein? Brauchen wir ein Ventil? Steckt das wirklich in uns Menschen? Steckt es zumindest in Männern?

die bereits ein Bordell besucht haben, an, dass es ihnen nicht nur um Lustbefriedigung ging. Besonders interessant: Ein großer Teil fährt sogar aus12 schließlich zum Reden ins Bordell. Das erfuhr das 13 Faber Magazin übrigens auch von Insidern aus dem SAUNACLUB AMORE regionalen Milieu, nachzulesen ab Seite 13. A-HAIBACH 31 LAUFHAUS BEL AMI Schon eingangs wurden einige Motive für den A-HAIBACH 31 Puffbesuch aufgezählt. Aber klammern wir einmal die Halbstarken, die Einsamen, die Neugierigen und die mit unkonventionellen Vorlieben aus. Warum geht der bodenständige, verheiratete Mann zur Prostituierten? Nur weil der reine Sex, also die Befriedigung zuhause – quasi per Naturgesetz – weniger geworden ist? Folgende Situation: Ein Mann wird in einer Bar von einer Frau angesprochen, sie scheint sich für ihn zu interessieren. Sie stellt ihm Fragen, hört ihm aufmerksam zu, klimpert mit den Augen. Sie amüsiert sich, lacht über seine schlechten Witze und berührt ihn immer wieder scheinbar zufällig. Die Signale sind eindeutig: Sie fühlt sich zu ihm hingezogen. Für seinen Geschmack ist sie zwar einen Tick zu klein und auch zu aufgetakelt; eigentlich findet er Gelnägel ja schrecklich. Und ihr Parfüm ist auch viel zu süß. Aber sie steht auf ihn und das lässt sie ihn spüren. Sie entpuppt sich letzten Endes als perfekter One-Night-Stand, der theoretisch auch zu einem weiteren kleinen Abenteuer bereit wäre. Der einzige Wermutstropfen, den er in Kauf nehmen muss: Sie nimmt Geld dafür und ihr Interesse an ihm ist rein professioneller Natur. Der Mann aber bekommt hier nicht einfach Sex. Er bekommt Aufmerksamkeit, Blicke, Zärtlichkeit und vor allem das Gefühl, eine Wirkung auf Frauen zu haben – wahr oder nicht. Sorgt das verletzliche, aufmerksamkeitssuchende Ego des Mannes für die wahre Motivation, aus der manche Männer für Sex und das Drumherum bezahlen?

Die Triebe sind schuld, oder?

Nicht zu viel drüber reden.

GewerbesDer Ruf des

Egal wie man nun zum horizontalen Gewerbe stehen mag, es existiert, und auch Passau ist voll davon. Und wahrscheinlich wäre eine Aufforderung zum Dialog an dieser Stelle absolut falsch. Nur als Tabuthema behält die Prostitution ihre nötige Anonymität. Aber: Um darü14 ber nachzudenken, muss sich niemand outen. Vielleicht sollte man nach dem LeLAUFHAUS SCHÄRDING A-BRUNNGASSE 10 sen dieses Artikels einfach einmal in sich gehen und herausfinden, wo die eigene Beziehung aktuell steht, statt dem Ehemann kommenden DonIst es wirklich so einfach? Sind es wirklich nur die nerstag panisch mit dem Auto hinterher zu fahren. Triebe, die aus Männern Freier machen? Unkontrollierbare, testosteronbedingte Momente? Offenbar sollte man hier ein bisschen tiefer graben, denn laut einer anonymen Befragung geben 78 % der Männer,

»Männer wollen immer und überall Sex!« »Männer sind triebgesteuert!« »Männer müssen ihre Gene verteilen!«

BB-BAR A-BADHÖRING 12

12

15


Über welche Triebe sprechen wir hier? »Spiel meine Tochter«, zum Beispiel. Wie weit gehen Prostituierte wenn es um krasse Wünsche und Fetische geht? Grundsätzlich ist jeder Frau selbst überlassen, was sie mitmacht und was nicht. Man kann sich ja überhaupt nicht vorstellen, auf welche irren Ideen die Leute kommen. Was davon dann erfüllt werden kann, wird vorher mit dem Freier abgesprochen. Auch, wie viel er für seine Vorlieben bezahlen muss, denn Extras können richtig Geld kosten. Für gewisse Fetische wie SM oder Bondage gibt es aber Leute, die das Klientel bedienen. Da kann es je nach Art des Wunsches auch sein, dass man ein paar Kilometer weiter fahren muss. Passau bietet sicher viel, aber nicht jeder Fetisch kann hier ausgelebt werden – Gott sei Dank, wie wir hier meinen.

INTERVIEW — JOHANNES NAGL  /  FOTOS — SIMONA KEHL . MANUEL KREUZER Das Faber Magazin wollte ein paar Dinge aus Perspektive der Branche wissen und schrieb dazu diverse Etablissements und Personen in der Region an – mit Erfolg: Es fand sich ein Triumvirat für ein exklusives Gespräch ein: Gina G. (per Telefon aus ihrer spanischen Enklave), Fante G., Milieugröße aus Oberösterreich und Daniel H., ehemaliger Betreiber des legendären Passauer »Club 1001«. Das Faber Magazin traf die Insider passenderweise in der »BB-Bar« nahe Schärding für ein aufschlussreiches Interview. Faber: Vorweg schon einmal vielen Dank, dass wir heute zusammen über das Thema Prostitution sprechen können. Über die Jahre entwickelt man zu seinem Business eine Bindung und auch eine Meinung. ­Welchen Sinn erfüllen Bordelle in Ihren Augen? Geht es um reine Lustbefriedigung oder steckt mehr dahinter? Triumvirat: Es steckt sogar sehr viel mehr dahinter, denn eine Hure hat eine gesellschaftliche Aufgabe. Sie muss mehrere Funktionen erfüllen, die allesamt sehr anspruchsvoll und verantwortungsvoll sind. Zuerst einmal die Funktion einer Psychologin, die zuhört und berät, ganz egal wobei. Psychische Probleme, Frau gestorben, Job

verloren, Erektionsschwierigkeiten, Bindungsangst, Eheprobleme, … Eine gute Hure hilft mit ihrer Lebenserfahrung und dem großen Wissen, das sie berufsbedingt über die männliche Psyche hat. Zum Zweiten muss sie natürlich die – wir nennen sie einfach mal so – »Getriebenen« bedienen, die die Verschwiegenheit und Anonymität des Bordells schätzen und hauptsächlich schnelle Lustbefriedigung suchen. Und als Drittes fungiert sie als Ventil für Menschen mit abnormalen sexuellen Neigungen. Das ist für die Gesellschaft mit die wichtigste Funktion, denn Menschen, die ihre Triebe unterdrücken müssen, holen sie sich früher oder später so oder so – nur dann vielleicht nicht auf legalem Wege.

Lassen Sie uns über das andere Extrem sprechen: In wie vielen Fällen wird aus dem Puffbesuch nicht mehr als ein Gespräch? Wir schätzen, dass mehr als 40 % der Männer ausschließlich zum Reden ins Bordell gehen. Meist aufgrund von akuten Problemen wie eingangs erwähnt, oder einfach weil die eigene Frau zuhause nur noch daran interessiert ist, ob der Rasen gemäht, das Auto gewaschen oder der Müll recycelt wird. Ein Mann kann sich im Bordell in einem gewissen Rahmen seine Fantasiewelt kaufen. Da wird der Pantoffelheld plötzlich wieder zum Womanizer, der begehrlich und liebevoll behandelt wird. Er zückt sein Geld und ist der MANN, übertrieben formuliert. Die Motivation für den Puffbesuch kann also unterschiedlich sein und den »typischen Puffgänger« gibt es nicht. Gibt es denn die »typische Prostituierte«? Nein, wobei es mit Sicherheit drei Gruppen gibt, denen ein Großteil der Frauen angehört: Zum einen sehen es viele Frauen als einzige Möglichkeit an, bitter benötigtes Geld zu verdienen, sei es für die kranke Mutter oder die verarmte Familie. Sie suchen sich den Job selbst aus, aber die Motivation ist die Geldnot. Eine zweite Gruppe sieht

13


Das sind jetzt ausschließlich frei­ willige Szenarien. Wie sieht es in Passau mit Zwangsprostitution aus? Vor allem die Clubs sind normale Geschäfte mit Geschäftsführern und arbeiten nach deutschem Gesetz. Die Mädchen sind selbstständig und mieten sich Zimmer in den Clubs. Sie sind berufstätige Frauen, die zwar vielleicht mehr oder weniger erfreuliche Beweggründe haben, aber in jedem Fall die Wahl selbst treffen. Ein Clubbesitzer hätte auch keinen Mehrwert, wenn er jemanden zwingen würde oder an jemanden vermietet, der anderweitig gezwungen wird. Die Frauen sollen ja

»performen«, Spaß haben, animieren. Was in diversen Privatadressen passiert, wissen wir nicht, aber insgesamt ist Passau zu klein für diese Art von Kriminalität. Die Etablissements in der Umgebung führen auch keine Kriege gegeneinander, wie man das vielleicht aus Filmen kennt. In Großstädten sieht das dann vielleicht etwas anders aus. Ein faires Miteinander in Passau also. Sorgt dann die Nähe zu Tschechien für Konkurrenz? Sicher fahren viele Freier aus der Umgebung nach Tschechien, sei es aufgrund der Entfernung zum Wohnort, die ihnen ein sicheres Gefühl gibt oder aufgrund der Preise. Aber auch dort hat sich viel verändert und in Sachen Preispolitik sind die Clubs dort nicht so sehr anders aufgestellt, als dass sich ein Besuch finanziell wirklich lohnt. Wer heute allerdings denkt, dass die billige Nummer ohne Gummi am tschechischen Straßenstrich oder in den privaten Appartements die schlauere Wahl ist, sollte sich auch bewusst sein, dass er damit seine Gesundheit gefährden kann. Was kostet dann die gesunde Stunde in Passau? Es gibt keine Preisabsprachen, weil das unter Förderung der Prostitution

laufen würde, aber man kann davon ausgehen, dass die gängige Summe den meisten Männern ohnehin bekannt ist – sie hat sich einfach eingebürgert. Im Übrigen sind die Preise seit der Grenzöffnung gefallen: Während zum Beispiel zur Anfangszeit des 1001er ausschließlich Deutsche und Österreicherinnen »performt« haben, sind es heute größtenteils Osteuropäerinnen, die in den Etablissements zu finden sind. Das hat auch den Preis stark beeinflusst. Viele deutsche und österreichische Frauen haben sich deshalb aus dem Business zurückgezogen. Sie erwähnten im Zusammenhang mit Tschechien ein sicheres Gefühl aufgrund der Entfernung und sprachen eingangs bereits über Verschwiegenheit. Wie wichtig wird dieses Thema in der Branche ­behandelt? Kann man »auffliegen«, wenn man in Passau ein Bordell besucht? Keine Hure würde jemals ihren Stammfreier beim Einkaufen grüßen – ganz egal ob er alleine oder in Gesellschaft ist. Die Anonymität ist einer der wichtigsten Pfeiler dieses Geschäfts-

14

es als perfekte Möglichkeit, ein Partyleben mit Spaß, Alkohol, Sex und obendrein gutem Verdienst zu führen. Es gibt durchaus Frauen, die nymphoman sind und das finanziell für sich nutzen, auch wenn sie vielleicht die kleinste der drei Gruppen darstellen. Die dritte Gruppe sieht es einfach als Job: Statt putzen zu gehen, im Restaurant zu bedienen oder sich ins Büro zu setzen, haben sie eben Sex mit Männern. So nüchtern kann man das tatsächlich betrachten. Übrigens gibt es innerhalb dieser Gruppe auch viele Studentinnen, die es einfach als gut bezahlten Nebenjob zum Studium sehen.


Ist es denn als Prostituierte be­ sonders wichtig, den Beruf vom Privatleben fernzuhalten? Wie in jedem anderen Beruf brauchen die Frauen Zeiten, in denen sie einfach frei haben und möglichst nicht über die Arbeit nachdenken müssen. Zum anderen sind viele von ihnen verheiratet, haben Kinder,… Von ihren Liebsten mit demselben Namen angesprochen zu werden, unter dem sie Freier beglücken, fühlt sich doch nicht richtig an. Außerdem macht, hört und sieht Veronika Dinge, die Natascha vielleicht niemals zulassen würde. Wenn man sich überlegt, welche kranken Fantasien, traurigen Schicksale und nicht zuletzt fragwürdigen Freier eine Hure in ihrem Leben kennenlernt, ist es sicher sinnvoll, wenn sie das in einer anderen Rolle tut. Die Psyche der Frauen droht zu leiden, wenn sie nicht richtig mit den Erlebnissen umgehen.

modells. Was im Zimmer passiert, bleibt im Zimmer. Das gilt übrigens auch für das Barpersonal, die Putzfrau oder den Chef. Jeder im Milieu sieht das als selbstverständlichen Ehrenkodex und es wäre geschäftsschädigend wenn das nicht so wäre. Oder würden Sie zu einem Arzt gehen, der Ihnen von den Hämorrhoiden Ihres Nachbarn erzählt? Wie steht es dann um die Anonymität der Frauen? Weiß zum Beispiel die Familie in Rumänien, dass Veronika in Deutschland als Prostituierte arbeitet? Ganz egal aus welchem Land und in welcher familiären Situation, für die meisten Frauen gilt: Das darf zuhause niemand erfahren. 95 % der Frauen arbeiten unter einem Pseudonym weil sie nicht riskieren können, dass Papa das erfährt oder ihr Dorf darüber spricht. Veronika heißt also mit 95%iger Wahrscheinlichkeit gar nicht Veronika. Das hat neben der Anonymität übrigens auch den Vorteil, dass sie in eine Rolle schlüpfen kann. Heute Abend Veronika, morgen Früh wieder Natascha. So lässt sich der Beruf besser vom Privatleben trennen.

Wie gut funktioniert die Trennung von Privatem und Beruflichem wirklich? Mit einer Hure verheiratet zu sein, wird erst dann eine Herausforderung, wenn der Job im Ehealltag präsent wird: Geschichten aus der Arbeit, Details, Verehrer. Einfach, wenn im übertragenen Sinne die Veronika nicht in der Arbeit bleibt, sondern mit nach Hause kommt. Wie schlecht Eifersucht für eine Beziehung ist, wissen wir alle. Für Menschen außerhalb des Milieus klingt das Wort »Hure« wie ein Schimpfwort. Ist das ein Irrglaube? Genau wie »Zuhälter« ist auch »Hure« kein Schimpfwort, sondern die korrekte Bezeichnung für einen Beruf. Viele Menschen denken, dass »Nutte« gängiger wäre, dabei ist das für die Damen das wahre Schimpfwort. Apropos schimpfen: Gibt es viele Übergriffe in Bordellen? Nein, und das ist auch vollkommen logisch. Die meisten Besucher haben schließlich zuhause eine Familie oder zumindest eine Freundin. Eine Rauferei zu provozieren, Stress mit einem der Mädchen anzufangen und letzten Endes eventuell noch einen Polizeieinsatz zu riskieren, klingt nicht sehr verlockend, denn dann verliert man – selbst verschuldet – seine Anonymität. Wer will schon, dass die Frau oder Freundin polizeilich von der Eskalation im Puff erfährt. Keiner.

Weil Puff gleich Fremdgehen ist? Das sollte jeder für sich selbst interpretieren. Menschen, denen die Branche vertraut ist, sehen das natürlich differenzierter als manch anderer. Soviel sei gesagt: Im Puff quasi unter Aufsicht und ohne echte Gefühle Geld für einen Service zu bezahlen, ist allemal stilvoller als eine Affäre – und von denen haben wir in unserer Mitte mehr als genug. Also gibt es keine Liebe im Puff? Dass Männer sich in Prostituierte verlieben, kommt relativ oft vor. Aber in 99% aller Fälle bleibt dies eine einseitige Liebe. Geschichten wie etwa aus dem Film »Pretty Woman« sind eben nur Fiktion. Die Frauen sind Profis. Sie wissen genau, wie sie einen Mann – zumindest stundenweise – glücklich machen. Und das übrigens nicht nur in sexueller Hinsicht, sondern vor allem auch in emotionaler. Hat das weibliche Geschlecht die eindeutig besseren Waffen? Gibt es deshalb keine Frauenpuffs? Sowas hat man in München mal versucht, hat aber nicht funktioniert. Der Grund liegt auf der Hand: Eine durchschnittliche Frau, die Lust auf Sex hat, sich sexy kleidet, in der Disco an der Bar steht und es darauf anlegt, bekommt von 10 Männern wahrscheinlich 8 ins Bett, bezahlt keinen einzigen Drink und spart sich das Taxi. Umgekehrt sieht die Erfolgsbilanz im besten Fall genau andersrum aus und der Geldbeutel wird ordentlich beansprucht. Frauen sind nicht nur begehrter, sondern auch vernünftiger. Männer werden ja bekanntlich oft untenrum gesteuert. Im Ernst, ein alter Spruch sagt: Mit der Dummheit der Männer ist am meisten Geld verdient. In diesen Worten erkennt sich wahrscheinlich jeder Mann wieder, wenn er einmal ganz ehrlich zu sich ist. Vielen Dank für das interessante Gespräch!

15


Steffi Bauer SHIRT —  werc 16

TUCH —


PP OO

RRR M e n sch e n st re b e n n a ch Pe r fe k t i o n . Da b e i s i n d es d o ch g e ra d e u n se re U n vo l l ko m m e n h e i te n , d i e u n s e i nzi g a r t i g machen. D i e M ü n c h n e r Te x t i l d e s i g n e r i n u n d

J

I l l u s t rat o r i n S t eff i B a u e r ü b e r t rä g t

EE

diesen inneren menschlichen Zwie s p a l t a u f i h re D e s i g n s . L e i c h t e, g e sch m e i d i g e B l u m e n i l l u st rat i o n e n we rd e n i m S i e b d r u ckve r fa h re n a u f fe i n e n S t off ü b e r t ra g e n u n d p ro j iz i e re n a u f s u b t i l e We i s e d a s i n n e r e C h a o s : I c h b i n i ch , we i l i ch n i ch t p e r fe k t b i n . D i e verwirrte Gesamtheit des Individu-

KKK

u m s , d i e S t eff i i n j e d e r B l u m e zu m

TT OO

A u sd r u ck b r i n g t , w i rd d u rch h a r m o n i sc h e Fa r bwa h l , ä s t h et i sc h e Fo r m s p ra che und ausgewählte Materialien zum tex t i l e n U n i kat . U n se re Foto g raf i n S i m o n a Ke h l f i n g S t eff i s G e s t a l t u n g s a n s a t z u n d p h i l o so p h i sch e n Ge d a n ke n i n e i n e r w u n d e r b a re n Foto s t re cke e i n .

TEXTILDESIGN / ILLUSTRATION — STEFFI BAUER FOTOGRAFIE — SIMONA KEHL MODEL — UNA . MOST WANTED MODELS

I NNN

17


18


& Other Stories ROLLI UND HOSE —  COS SHIRT —  Steffi Bauer BLAZER —

19


Steffi Bauer BUCKET HAT —  COS BRILLE UND MANTEL —  Second Hand HOSE —  A Kind of Guise

20

SHIRT UND TUCH —


21


Steffi Bauer 22

SHIRT UND TUCH —


COS SCHUHE —  Nike HOSE —

23


Salonkolumne von Elias Dupper

Schulzeit ist die s c h ö n s t e Zeit! Niemals wieder verfügte ich über ein so breit gefächertes Wissen wie am Ende meiner Schulzeit. 30-jähriger Krieg, Karl der Große, Marcus et ­Claudia, Van-der-Waals-Kräfte, Hans Jonas, das Hook’sche Gesetz, Cicero, ­Sokrates, ­Bernoulli, Newton, Mendel, Molière, Goethe, Brecht, Schiller, Trigonometrie, Stochastik, ­Algebra und noch mit zehntausend weiteren ­Begriffen konnte ich zumindest etwas anfangen. Beiläufig, neben all dem Teenagerkram, der diesen Lebensabschnitt nun mal bestimmt, floss mir dieses Wissen in meinen Kopf und verfestigte sich über Jahre hinter der Schulbank zur Allgemeinbildung. Von kaum etwas anderem profitiere ich heute mehr. Dazu beigetragen haben vor allem einige ­wenige Lehrer. Um genau zu sein, waren es einige alte ­Lehrer, die in meiner Schulzeit eine bedeutende Rolle spielten. Einer der prägendsten war mein Lateinlehrer. Der Legende nach beherr­ schte er neun Sprachen fließend und ist einmal mit nichts als einer Box Einwegunterhosen auf dem Rücksitz eines Motorradtaxifahrers quer durch die USA gereist. Das ist doch mal

24

»Notenängste sind für einen Schüler das, was Geldsorgen für einen Erwachsenen sind. Nicht minder schlimm, aber derselben Dynamik folgend.«


eine Geschichte! Dagegen konnte der kumpelhafteste Referendar – gelinde gesagt – ­scheißen gehen. Dieser Lateinlehrer schwang keine un­ beholfenen Reden über die Lebendigkeit einer toten Sprache, sondern sagte, »schau, Spanisch ist ganz einfach, eigentlich genauso wie Latein«, und übersetzte die »El País« mit uns. Derselbe Lehrer hat mir auch mal einen Spick-­ Dreier gegeben, weil er nur bis zu dem Punkt korrigiert hat, an dem er mich erwischt hat. ­Keine Maßnahme, die man in einem heutigen EWS-Staatsexamen findet, vermute ich. Dafür aber ein Akt der Nachsichtigkeit, der mehr Respekt in mir auslöste, als es ein Sechser je vermocht hätte. Und im Grunde genommen geht es in der Schule um Respekt. Um Respekt und Noten. Notenängste sind für einen Schüler das, was Geldsorgen für einen Erwachsenen sind. Nicht minder schlimm, aber derselben Dynamik folgend. Im Gegensatz zum Erwachsenen­-­ leben sind sie glücklicherweise aber zumeist die einzigen Sorgen, die man als Schüler hat. Zwei weitere, großartige Lehrer hatte ich in Biologie. Die eine beherrschte einen einmalig unterhaltsamen Spagat zwischen groß­ mütterlicher Liebe und völlig unberechenbarem Jähzorn. Ständig vermutete sie irgendeine ­verbotene Tätigkeit unter der Bank, sprang auf und wirbelte durch den Raum, nur um im ­nächsten Moment mit freundlicher Gelassenheit über die Regeln beim Kreuzen von grünen und gelben Bohnen zu referieren. Als ein Schüler einem ihrer Referendare den Mittel­ finger zeigte, quittierte sie die Situation nur ­lapidar, dass das vermutlich am Luftdruck liege. Wunderbar!

Der andere war ein Träumer, ein wahrer Menschenfreund und ein nachsichtiger Geist. Nie war die Urlaubsbräune in seinem Gesicht ­älter als zwei Monate. Von ihm lernte ich, was ein Zellorganell ist und wie durch die verschiedenen Phasen der Zellteilung komplexes Leben entsteht. A prospos Entstehung des ­Lebens: Einmal stellte er seinen Stuhl vor das Pult, ließ sich mit einem sehnsüchtigen Seufzer nieder und sprach nach einer gefühlt endlosen Pause die Worte »Ach Kinder … Sex … Sex, Sex, Sex!« – danach wurden wir überraschend anekdo­ tenreich und erstaunlich alltagsnah aufgeklärt. Auch bei ihm war derselbe, weitsichtige Er­ ziehungsstil zu finden, der alte Lehrer zu so viel besseren Pädagogen macht. Im Grunde genommen bin ich gerne in die Schule gegangen, habe wenig, bis nie gelernt und bin irgendwie durchgerutscht. An Detailwissen ist über die Jahre bereits einiges verloren gegangen, wobei ich ehrlich gesagt nicht ­traurig darüber bin, wenn mir das französische Plusquamperfekt oder die Mitternachtsformel nach und nach entgleiten. Der prägende Unterrichtsstil meiner alten Lehrer wird mir noch ­lange im Gedächtnis bleiben. Das und die letzte Glocke am Ende des Schultages, nach der eine verpflichtungsfreie ­Freizeit begann, die es so danach nicht mehr gab. Sicher, manche stellen das Erwachsensein über die Kindheit, weil man als Kind noch keine Kohle hat. Aber wann warst du tatsächlich glücklicher: heute oder damals?

25


26

FOTO — MANUEL KREUZER

Oft fallen nur leere Worthülsen, wenn wir über Integration sprechen. Wir halten sie für essenziell, wissen aber eigentlich nicht, ob und wie sie funktioniert. Und ist Deutschland wirklich besser als die Heimat, die die Flüchtlinge verlassen mussten? Taufiqullah »Taufik« Ashrafi ist 2015 über die Balkanroute aus Afghanistan nach Passau geflüchtet und lebt seitdem hier. Das Faber Magazin hat den 21-Jährigen gebeten, seine Gedanken zum Integriertsein in Passau aufzuschreiben.


27


TEXT — CHRISTIAN HASSMANN

Für viele Angestellte soll Arbeit heute mehr sein als nur Broterwerb. Arbeitgeber kommen diesem Wunsch bereitwillig nach — und bauen ihnen einen sinnstifEin Sammelsurium von Anglizismen, das tenden Spielplatz. beim Zuhörer eine Art negativen Unter-

»Christian, was war denn dein größter Success im vergan­ genen Jahr.«

Befremdlich. Man hätte irgendwas mit Alpenüberquerung antworten sollen, hätte sich bestimmt gut gemacht. Die Antwort, dass es für mich seltsam ist, sein Leben in Successes einzuordnen, brachte mich jedenfalls wortwörtlich nicht weiter. In den letzten zwanzig Jahren hat sich diese Verwendung von Nullwörtern wie ein schwarzer Ölteppich über die gesamte Bürowelt gelegt.

»Don’t find ­problems, solve them«

Woran man »Overachieving auch nicht is ­mandatory« ­vor­beikommt: Change,­ Commitment, ­Learnings,­ Know­ledge, ­Triggern, ­Catchen, Performance. oder

geben dem Einzelnen das Gefühl, hier das Richtige zu tun. Personen auf niedriger Hierarchieebene werden folgerichtig Talents genannt, die ihr Potenzial hier, und zwar genau hier, entfalten können. Keine Frage, da hat man sich einiges von den overachievern aus dem Silicon Valley abgeschaut. Die Hierarchien sind im Übrigen, und da gleicht

eine Jobanzeige der nächsten, flach. Bei allem Respekt, das stimmt einfach nicht. Mag sein, dass in modernen Unternehmen so gut wie jeder seine Ideen einbringen darf, und dass Aufgaben autonom erledigt werden können. Der Vorgesetzte entscheidet aber immer noch, wo der Hase langläuft. Und das aus guten Gründen, schließlich hat er oder sie mehr Erfahrung. Aber der Angestellte soll nicht daran erinnert werden, dass er sich in einem Angestelltenverhältnis befindet.

Arbeit soll sich nicht mehr wie ­Arbeit anfühlen, weil sie aus eigener ­Motivation ­heraus er­ledigt wird.

Hier wird was geleistet, hier kann man seine eigene Existenz vor sich selbst und der Gesellschaft rechtfertigen. Und das ohne »Mimimi«, sondern mit einem »Yeah«. Da muss man Foucault einfach Recht geben, Machtbeziehungen bestehen heutzutage, um die bpb zu zitieren, aus »Anreizstrukturen, Aktivierungs- und Ermächtigungsprogramme[n] und stellen so lediglich Spiel­ räume, Rahmenbedingungen und Möglichkeitshorizonte bereit, damit die Einzelnen unternehmerisches Handeln dies- und jenseits des Ökonomischen entfalten und sich zugleich selbst verwirklichen können. Dabei setzen sie an der Freiheit und Selbstverantwortung der Einzelnen, ihrem Fähigkeits- und

28

Der Bewerbungsprozess: Man schnürt seinem potenziellen Arbeitgeber ein schönes Päckchen, bestehend aus Lebenslauf, der einem auf Kante getrimmtem Rasen gleicht, einem vor Motivation strotzendem Anschreiben sowie (Arbeits-) Zeugnissen. Warten. Eingeladen werden. Davor gerne auch ein erster Plausch am Telefon. Und am Apparat kommt sie, die Frage.

druck erzeugt. Neuerdings ein großes Stichwort, sogar auf Deutsch: Identifikation. Viele Arbeitgeber entscheiden sich auch für Bewerber mit relativ geringer Vorerfahrung (»Es ist gar nicht so wichtig, was du bisher gemacht hast«), solange sich der Kandidat mit dem Unternehmen »identifizieren« kann, und er oder sie im Job eine Art von »Sinnstiftung« findet. Wenn eine Person für den Job brennt, sind Defizite in wenigen Wochen aufgeholt. Erreicht wird das durch einen, wie es in der Fachsprache heißt, »transformationalen Führungsstil«: Dem Bewerber wird ein Ziel beschrieben, das dem Erreichen des Gipfels eines hohen Berges gleicht. Nur wenn alle ihr Bestes geben – wenn nicht sogar 110 % – kann die Herausforderung gemeistert werden. Danach kommt ein neues Ziel, und dann wieder ein neues – volle Fahrt voraus. Dabei dürfen die Values natürlich nicht fehlen. Vertrauen, Respekt, Loyalität und Bewunderung, garniert mit inspirierenden Firmenkredos wie


Motivationspotenzial ebenso an wie an ihrem Wunsch nach Selbstverantwortung, Selbstverwirklichung, Gesundheit und Wohlergehen.« Der Einzelne funktioniert von ganz allein, und wenn etwas danebengeht, sucht er bei niemandem die Schuld dafür, außer sich selbst. Schließlich hat jeder die Möglichkeit, sich so fortzubilden, dass man den Ansprüchen des Arbeitsmarktes genügt.

Bei all der Selbstentfaltung ist man gleichzeitig Teil eines Teams.

»Teamwork Zu wenig ­makes the Selbstvertrauen ­dream work«, und Durch­ setzungsstärke? Lass dich ­coachen. Du bist schwach in Excel oder Drinks mit den im Program­ neuen Freunmieren? Mach den am »Casual einen Online­Friday«, im Kurs. Dir rotiert ­Privaten »Learnach einem nings« in ­anstrengenden ­Sachen Dating Arbeitstag machen. der Kopf? Yoga, Herrgott noch mal. Nichts, für »We're talking about das es kein a job here, not a ­Seminar oder ­religious experience.« keinen Kurs gäbe. und das gelingt am besten mit Freunden, nicht mit Kollegen. Kickertisch für die Mittagspause, eine Selbstverständlichkeit. Da werden Koch- und Kletterkurse organisiert, die Wochenenden mit Skifahren und Wandertouren überbrückt. Und so beschränkt sich diese Sphäre nicht nur auf die 40, 50, 60 Stunden die man jede Woche im Büro verbringt, sie durchdringt den Einzelnen durch und durch.

Klasse möchte man meinen, eine echte »Win-win-Situation« für beide Seiten. Der Arbeitgeber sahnt mit seiner nach Arbeit lechzenden Belegschaft so richtig ab. Der Angestellte fühlt sich

bestätigt, darf anpacken und ist »die beste Version seiner selbst«. Das ist an sich nicht verwerflich. Gleichzeitig haben viele vor lauter Heilsversprechen und Potenzialentfaltung aus den Augen verloren, wie zweck- und wirtschaftsgebunden das alles ist: Am Ende geht’s einfach ums Geld, und wer allein hier sein Heil sucht, der ist irgendwo auch verloren. Sich darüber klar werden, worauf es hinausläuft, mal sagen »Ich helfe millionen-, wenn nicht milliardenschweren Unternehmen dabei, effizienter zu werden und mehr Kohle zu machen«. Ein Zahnrädchen der Wirtschaft, die Wohlstand schafft und von der man gleichzeitig aussortiert wird, falls man es, aus welchen Gründen auch immer, nicht packt. Erfrischend auch der Satz einer Zufallsbekanntschaft, die für die Automarke Mini im Marketing tätig ist: »Ich inte­ ressiere mich einen Scheiß für Autos, aber mir gefällts hier irgendwie.« Den Ball mal flach halten, oder wie die amerikanische Wirtschaftsjournalistin Ellen Ruppel Shell zum Thema meinte:

29


Ich weiß nicht mehr, wann es anfing. Denn eigentlich hatte ich nie ein Problem damit. Ich spielte mit Jungs wie mit Mädchen – baute passioniert Barbietraumhäuser aus Büchern und Kisten genauso wie Baumhäuser im Wald. Ich kann mich nicht erinnern, den Satz »Das tut ein Mädchen nicht« oft gehört zu haben und wenn, interessierte es mich nicht besonders nachhaltig. Es kam schon mal vor, dass ich nicht in alle Gärten der Nachbarschaft zum Spielen durfte. Möglicherweise, weil ich mich nicht so benommen hatte, wie es den Vorgartenbesitzern angemessen erschien – »Die ist immer so laut und wild«. Auch das berührte mich in meiner Erinnerung eigentlich nicht sonderlich. Meine Gefährten und ich fanden die Gartenbesitzer samt zugehöriger Kinder einfach doof und suchten uns einen anderen Platz zum Spielen. Es gibt Sätze, die mir im Gedächtnis geblieben sind und mich wie Mantren seit meiner Kindheit begleiten: »Schau auf deine Händ und beiß ned Fingernägel«, »De andern interessieren mich nicht«, »Sei immer unabhängig«, »Es geht alles, wenn man will«, »Jetzt beginnt der Ernst des Lebens«, »Mach deinen Mund auf«, »Hab ned immer so eine Goschn«. Mit diesem stabilen Wertegerüst bin ich immer gut durch’s Leben gekommen.

Das kleine Arschloch hat jetzt einen Thermomix

30

ILLUSTRATION JOHANNES NAGL

WAS ›PRIVATE EMMA‹ SCHON IMMER SAGEN WOLLTE:


Dass meine Klassenkameraden in der Abizeitung schrieben, dass ich einmal Bundeskanzlerin werden würde, schmeichelte mir, und klar, abwegig fand ich es nicht. Wieso auch – es geht alles, wenn man will. Nun was soll ich sagen, es ging eigentlich so weiter. Was ich wollte, ging zumindest meistens und das was nicht ging, wollte ich wahrscheinlich nicht wirklich. Ich studierte, begann zu arbeiten, verliebte mich, führte Beziehungen, beendete Beziehungen, wechselte den Job, ging in eine andere Stadt, hatte stets gepflegte Hände. Dann wurde ich 30. Ha, herrlich! Was für ein geiles Alter! Du siehst gut aus, hast Kohle, hast einen Mann, einen Job – mir gehört die Welt! »Und, gell, jetzt aber, gell jetzt wird’s dann aber Zeit«. Die vielsagenden, epileptisch zwinkernden Schweinsaugen meines Frisörs blinkten mich an und gaben mir verschwörerisch zu verstehen, dass ES jetzt soweit sei. Jetzt beginnt der Ernst des Lebens! Plötzlich, als hätte sich eine magische Tür zu meiner Intimsphäre geöffnet, sagten mir permanent Leute, was jetzt sein müsse (Thermomix, heiraten, Kinder), was ich tun müsse (mit Thermomix Erdbeerlimes machen, heiraten, Kinder zeugen), womit es jetzt aber dann mal so weit sei (Concealer und Faltencreme). Sie trampelten auf meinem Selbstverständnis rum und sabberten mir ihr Weltbild an den Hals, ohne dass ich danach gefragt hatte. Ich steckte es weg. Wechselte das Thema. War sicher nicht so gemeint. Dachte mir, sag nix, hab ned immer so eine Goschn. Plötzlich sah ich mich auch Ratschlägen wie diesen ausgesetzt: »Ja also, das mit dem nächsten Karriereschritt, nich wahr, das muss dann ja auch passen – so mit Ihrer persönlichen Lebensplanung. Wissen Sie – hüstel – es gibt ja so Mütter, die ihr Kind nach zwei Monaten in der Krippe abwerfen. Ja, das muss man halt einfach vorher wissen, was man für eine Frau ist – nich wahr?!« Ich frage mich seitdem des Öfteren, ob auch mit meinen männlichen Kollegen solch gut gemeinte Mitarbeitergespräche geführt werden. Etwa zeitgleich mit diesen Erlebnissen hatte sich ein stiller, bitterer Zweifel in mein Leben geschlichen. Geht wirklich alles, wenn man es will? Was, wenn sie recht haben? Interessieren mich die anderen doch? Wieso hab ich meinen Mund nicht aufgemacht? Was bin ich denn für eine Frau? Eine mit oder ohne Thermomix? Eine, die Bundeskanzlerin werden will? Soll ich vielleicht einfach den Frisör wechseln? Oder den Job? Die meinen es doch alle gut, oder? Ich weiß es nicht. Es gibt Situationen im Leben, da ist es eben nicht egal, ob du in den Garten darfst oder nicht. Der Zweifel mopste sich hinterhältig in mein Leben. Wie ein nerviger Schatten begleitete mich fortan diese andere mögliche Version von mir: Sie schaut am liebsten den Bachelor und die Topmodels – natürlich mit ironischer Distanz. Sie kocht, putzt und bereitet ihrem Liebsten ein schönes Heim (alles ganz

freiwillig, neben ihrem 40-Stunden-Job). Zum Ausgleich von all ihrem Stress macht sie Yoga – denn auch Frau muss sich mal was gönnen. Ihr erstes Kind plant sie mit 28, ihr zweites mit 30. Sie bleibt dann natürlich erstmal daheim. Klar, er verdient ja mehr. Das ist vernünftig und in München ist es eh super schwer, einen Krippenplatz zu bekommen. Das sind ihre harmlosen Seiten. Sie kann aber auch ein mieses kleines Arschloch sein. Sie macht alles schnell und perfekt, allzeit bereit und verfügbar. Sie schaut dir morgens mit Duckface und Kulleraugen aus deinem Badezimmerspiegel entgegen und erinnert dich höflich, aber bestimmt daran, deinen sauteuren Concealer anzuwenden. Sie brüllt dich an wie Sergeant Hartman, lässt dich in die Küche sprinten, zehn Kniebeugen machen, bevor du endlich mit letzter Kraft den Knopf drücken darfst. Nach zwölf Stunden Intervallfasten ist es Zeit für deinen Grünkohlsmoothie. Sie macht ein Selfie mit dir und deinem Thermomix, den sie dir zum 30. Geburtstag gewünscht hat, postet es auf Instagram und schüttet einen Shitstorm über dich aus, wenn du abgehetzt und hungrig dein Kind in die Krippe bringst. »Wozu hat man denn dann eigentlich Kinder in die Welt gesetzt?!« Ungefragt und ständig stellt sie dich infrage, erschüttert deine vermeintlichen Gewissheiten und spuckt auf deine Anstrengungen. Sie flüstert dir beim Mitarbeitergespräch hinterhältig ins Ohr, dass er doch recht habe und dass er es doch gut meine und dass du doch wirklich nicht alles haben könnest. Es ist anstrengend, sie ruhig zu stellen. Nur manchmal, wenn sie sich unbeobachtet fühlt, stiehlt sie sich heimlich davon. – Sie, dein Schatten, ist abhängig, abhängig von dir. Sie braucht deine Aufmerksamkeit, sonst ist sie nichts. Ich weiß nicht mehr, wann es angefangen hat, aber ich lerne täglich dazu und manchmal brauche ich auch einfach Gefährten, die mich bei der Hand nehmen und sagen: »Die anderen interessieren uns nicht. Es geht alles, weil wir es wollen. Und scheiß auf deinen Frisör!«

» Und, gell, jetzt aber, gell jetzt wird’s dann aber Zeit «

31


Vorwort in eigener Sache

Tempel der Erleuchtung noch erahnbar auf der Stirn und die Erinnerung an

Nachdem nun auch der letzte abenteuerlustige Schwabe in Bali vom Surf-

das letzte Rock and Yoga Camp noch klar vor Augen. Es muss der Kick einer

brett gefallen ist, kein geprügelter Dschungelelefant in Thailand für das Tin-

ungeteerten Straße sein, der diese jungen Leute in ein Land am anderen

derfoto von »Sarah, 24« mehr herhalten muss und die angeketteten Tiger

Ende der Welt ziehen lässt, in dem mit Ziegen und Reissäcken überladene

burmesischer Scheinmönche für die attention-hungrigen 20-somethings un-

Busse als Kulisse einer seltsam romantischen Ursprünglichkeits-Masturbation

seres Landes als Bildhintergrund ausgedient haben, heißt das neue, echte

dienen.

und unberührte Reiseziel der Generation kein-Wohnungseigentum-in-Aus-

Der Stempel des modernen Deutschtourismus in Form veganer Restaurants

sicht: Nepal. Die Billigflugmeute stürzt sich im höchsten Gebirge der Welt

prägt das Land bereits wie einst der Erdinger Sonnenschirm den Gardasee.

auf »Traumziele für Bergsteiger mit moderaten Anforderungen«, wie es der

Wer sich in den Charakterisierungen der vergangenen Zeilen ertappt fühlt,

DAV auf seiner Summit-Website nennt. Zwar im Falle des Island Peak immer-

für den gilt der Appell: Bitte, bitte komm nicht nach Nepal. Es gibt dort ein-

hin auf einen mehr als 6.000 Meter hohen Berg, granted, auf den Vorder-

fach schon zu viele von dir.

kaiserfelden raufzukommen dürfte allerdings schwieriger sein. Im Mittelpunkt

Und weil wir wissen, dass du es eh nicht lassen kannst, hat Urlaubskorres-

steht ein komfortabel zur Schau tragbares Lebensgefühl, das an den heimi-

pondentin Coco einen Ort für dich ausfindig gemacht, an dem du – ganz im

schen, innerstädtischen Flusspromenaden in Form von Pludersackhosen tra-

Sinne der Anklage – mit der Aura des Abenteurers deiner wahren Gesinnung

genden Rasta-Dudes sein tragisches Ende findet, den roten Punkt aus dem

nachgehen kannst: der Suche nach Vergnügen.

Auslandsreport aus der Reihe Fabiger Reisen mit FaberReisen

TEXT UND FOTOS — COCO BELLA, URLAUBSKORRESPONDENTIN

DISNEYLAND POKHARA.

WACKLIGER STAHL UND HOHE FLIEHKRÄFTE.

32

EINTRITTSSCHILD DES DISNEYLAND POKHARA.


In der Mitte des Landes befindet sich Pokhara, am beschaulichen aber etwas vermüllten Phewa, dem zweitgrößten See des Landes. Neben Phewa besitzt die Stadt eine weitere Attraktion: Über der Zufahrt in eine Straße, die kaum breiter ist als eine kleine Seitengasse, prangt das Eintrittsschild des Disneyland Pokhara. Die Herzen fernreiselustiger Besucher, die in der Heimat den Mädels am Autoscooter hinterherpfeifen, dürften sich bei diesem Anblick zu einem saftigen Steak weiten. Ein offizieller Disney Freizeitpark ist das Disneyland Pokhara wohl nicht. Dafür sind Schriftzüge und Bilder der berühmten Comicfiguren mit viel Liebe zum Detail selbst aufgemalt worden. Nicht minder improvisiert wirken die acht Fahrgeschäfte, die auf dem Areal zur wilden Fahrt auf wackligen Gerüsten einladen. Wer nach bezahlbarem Spaß sucht, wird hier sicherlich fündig. Einen kleinen Klecks Risiko gibt es für die 80 Cent teure Fahrkarte sogar noch obendrauf und die drei Jungs vom Riesenrad scheinen im Großen und Ganzen alles im Griff zu haben.

DISNEYLAND POKHARA VON OBEN.

Für die einheimischen Touristen scheint der Zustand der Karussells kein Problem darzustellen und weil der echte Individualreisende auch immer nach den echten Erlebnissen vor Ort sucht, darf vor ein bisschen wackligem Stahl und hohen Fliehkräften nicht gekniffen werden. Individuell ist man allerdings sowieso, wenn man den Weg nach Nepal findet. Ich habe mich schon vor ein paar Jahren in Land & Leute verliebt. Selbstverständlich bin ich keiner der »Pludersackhosen tragenden« Hippies, vor denen man in unserer Redaktion so große Angst hat. Klar haben auch mich die Achselhaarwettbewerbe der dauerbekifften Techno-Bomboclats und ihre belanglosen »woher kommst du; wie lange reist du; welchen Trek machst du?«-Gespräche genervt; ich habe mich auch gefragt, warum man bis nach Nepal fliegen muss, um dort dann doch nur wieder abzuhängen, wie zuvor das ganze Leben schon in der heimischen Grashöhle. Und noch während ich diesen Gedanken hinterherhing, fiel mir die wunderbare Symbolik auf, die das Disneyland Pokhara besitzt: Haschnudel-Touristen pilgern nach Nepal für einen Brocken fernöstlicher Erleuchtung, während Nepal seinen Gästen mit einem gefälschten Erlebnispark aus dem Westen aufwartet. Schöne Symmetrie, denn auf beiden Seiten steht aufgrund einer vagen Vermutung am Ende ein völlig verfehltes, aber dadurch aufregendes Ergebnis.

DREI QUALMENDE JUNGS SORGEN FÜR ORDENTLICH SCHWUNG IM RIESENRAD MIT EINEM EINFACHEN MOTOR.

VIEL VERGNÜGEN WÜNSCHT MICKEY! EIN ZUFRIEDENES STORY PUBLIKUM WÜNSCHT EUCH FABER REISEN!

33


e m l e h y t s r a P au n i l r Be

U ILL

ST

RA

T

: ION

MA

RK

JA US

UR

SC

H

34

WA

R NE U E PA G E H SC -KAM N R E E M I S T D H E L T R ÄT N I AD RA YM RT A H R R S T VO R . A P UE KL E F E I N AS SA D I C S P D LT EL DEN E UN T S K TZ PU   , ER HL C S


Haager Idyll

Zum Essen, zum Trinken, zum Feiern, zum Entspannen, zum Plaudern: Im Landgasthof Anetseder in Haag kann man für jede Gelegenheit zusammenkommen. TEXT — CHRISTIAN HASSMANN FOTOS— GEORG KNAUS

LINDENSTRASSE 15 / 94051 HAUZENBERG TELEFON 08586.1314 ANETSEDER-WIRTSHAUSKULTUR.DE

ELISABETH ANETSEDER UND MANUEL HAGEL LIEBEN WAS SIE TUN UND KÖNNEN SICH NICHTS SCHÖNERES VORSTELLEN, ALS IHREN GÄSTEN ETWAS GUTES ZU TUN.

35

Eines vorweg: Obwohl sich Elisabeth Anetseder und Manuel Hagel ihre Sporen in den Spitzenküchen Münchens verdient haben, soll der Landgasthof Anetseder nicht als »Sterneküche im Woid« verstanden werden. Das Schnitzel bleibt hier Schnitzel, genauso wie der Schweinebraten nicht zum Schickeria Gourmetschmaus uminterpretiert wurde. Natürlich bietet die monatlich wechselnde Karte auch extravagante Gerichte, trotzdem soll sich der Gast unbedingt frei fühlen, ohne dass ihm etwas auf’s Auge gedrückt wird. Beim Anetseder kann alles, muss aber nicht. »Essen, Lachen und Genießen«, das Leitmotiv der Gastronomie, geht schließlich auf unterschiedliche Arten. Und so wird hier mehr geboten als nur ein Restaurant. Die rustikal belassene Wirtsstube bietet Schafkopfern und Stammtischlern einen Platz zum Verweilen. Der Außenbereich bei den Anetseders ist großzügig: Einerseits lädt die gemütliche Lounge-Holz-Terrasse mit herrlichem Blick auf die idyllische Waldlandschaft, zu einem Drink im Sonnenschein ein. Andererseits können es sich die Gäste im windgeschützten Biergarten im Innenhof gut gehen lassen. Spätestens im Juni wird der Freiluft-Bereich um einen Kinderspielplatz mit einem Wohlfühlgarten erweitert. Diese neue »grüne Oase«, wie sie von den Anetseders liebevoll genannt wird, soll Platz für nette, ungezwungene Gespräche bei einem guten Glas Wein bieten. Vom ersten Moment an wird man den Eindruck nicht los, dass Elisabeth Anetseder weder Kosten noch Mühen gescheut hat, um den in dritter Generation geführten Familienbetrieb in die Zukunft zu führen. Im À-la-­carteRestaurant wacht ein imposanter Kamin mit eigenem Lounge-Bereich über seine Gäste, Hingucker der Bar ist ein massiver Granitblock, auf dem Vater Josef das Bier zapft. Die vorhergehenden Zeilen und die Bilder dürften es andeuten: Platz ist fast unbegrenzt vorhanden. Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen – jede Festivität findet hier den passenden Rahmen. Dafür sorgt die Familie Anetseder. Mit Leib, Seele und Wirtshauskultur. ANZEIGE


» Mir liegt unsere Umwelt sehr am Herzen, wir müssen Verantwortung übernehmen. « PETRA SCHOTT KIRCHNER

Echtes Shopping im echten Leben

TEXT — ATLANTIS MÜLLER  /  FOTOS — MANUEL KREUZER

36

Puren Lifestyle, angesagte Mode und beste Beratung bietet Petra Schott Kirchner auf 400 Quadratmetern in der Grabengasse 11 und trotzt dem Onlinehandel mit ihrem stilvoll eingerichteten Laden mitten in der Passauer Fussgängerzone.


ANZEIGE

GRABENGASSE 11 / 94032 PASSAU TELEFON 0851.7568170

37

Bunt, hip, ein bis ins Detail perfekt aufeinander abgestimmtes Outfit, ein wasserstoffblonder Kurzhaarschnitt und eine wahnsinnig offene, herzliche Art: Seit 15 Jahren verkörpert Petra Schott Kirchner Mode nicht nur, sondern berät auch Stilbewusste und die, die es noch werden wollen mit Leidenschaft und Kompetenz. Seit dem ersten März hat die gut gelaunte Geschäftsfrau ihre Läden ›Joseph’s‹, ›Noa Noa‹ und ›Trends LIFESTYLE & FASHION‹ zusammengelegt und setzt nun mit ihrem neuen Einzelhandelsgeschäft in der Grabengasse 11 (ehemals Zechmann Moden) – mitten in der Passauer Innenstadt – ein Zeichen. Und was für eins: Mit Mut und großem Engagement wollen sie und ihre Mitarbeiter die Passauer Fußgängerzone wieder mehr beleben und bewusst machen, dass ein echtes Shopping-Erlebnis nur im echten Leben aufkommt – ehrliche Beratung, die Spaß macht, gibt es im Onlinehandel eben nicht. Petra erschuf aus dem zweigeschossigen Laden einen lässigen Concept Store, ein Schlaraffenland für modebewusste Menschen. ›Trends X Joseph’s‹ steht für guten Geschmack und lädt zum Verweilen und Entdecken ein. Bei smoother Hintergrundmusik findet man zwischen Weltmarken wie ›Ellesse‹ und ­›tigha‹ auch viele regional hergestellte Produkte und Independent Labels. Um das Outfit perfekt zu machen, bietet Petra auch eine große Auswahl an Schmuck, Taschen und Rucksäcken. Sogar die passenden Kopfhörer können gleich mitgenommen werden, denn der Lifestyle-Faktor ist Petra Schott Kirchner wichtig. Dafür spricht auch das originelle Sortiment an Drinks: Angefangen von ›Aphrogin‹ aus Passau, über ›Wiesensaft‹ aus Salzburg bis hin zu ›Ben’s

Ginger‹ aus München, finden sich in Petras Laden neben Mode auch flüssige Geschenke der beson­ deren Art. Und Shopping kann nachhaltig sein: »Mir liegt unsere Umwelt sehr am Herzen, wir müssen Verantwortung übernehmen. Auch unsere Kunden sind in Punkto Nachhaltigkeit sehr gut informiert und achten zum Glück vermehrt auf ökologisch hergestellte Produkte«, erzählt Petra. Sie will in Zukunft noch eine größere Bandbreite an bewusst und fair produzierter Ware anbieten. »Um die Umwelt möglichst wenig zu belasten, müssen die Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen oder recycelten Materialien hergestellt werden – am besten unter effizientem Einsatz von Ressourcen und einer nachvollziehbaren Lieferkette«, erklärt sie. Aktuell bietet Petra Gürtel aus veganem Leder aus Ananasfasern an, die Marke dahinter heißt ›NOANI‹ und kommt aus Passau. Außerdem findet man T-Shirts aus Buchenrindenfaser des Salzburger Labels ›Erdbär‹ sowie Unterwäsche aus 100 % recycelten Plastikflaschen. Die Umwelt im Blick, mit Feingefühl für das Besondere und vor allem mit viel modischer Kompetenz: Das ›Trends X Joseph’s‹ ist für all diejenigen perfekt, die sich vom digitalen Einheitsbrei für einen Moment lösen wollen und Lust auf echtes Shopping in Passau haben. Ganz egal ob es total ausgefallen, trendig oder basic sein soll – die Mischung in Petras Laden lässt keine Wünsche offen.

we like!


Anmerkung der Redaktion Es ist so weit, das Faber Magazin erhält Unterstützung von einem der ganz Großen. Mit seinen schillernden Reportagen hielt er die Bundesrepublik über Jahre hinweg in Atem. Er holte uns die fantastische Welt falt- und blätterbar auf den Schoß, wann immer wir dem Rest des Zugabteils beweisen wollten, wo der kritischreflektierende Geist ein Zuhause hat. Wegen Ungereimtheiten in seinen Recherchen, musste er seinen früheren Arbeitgeber verlassen.

—Never catch a falling knife!

—Why not? If it’s still sharp …

… hat sich das Faber Magazin gedacht und Claas Rinozeros an Bord geholt, damit er endlich wieder das machen kann, wozu er geboren

Und dann kam

›Hope‹ von Claas Rinozeros

38

wurde: sagen, was (geil) ist.


E

s war an einem trostlosen Dienstagmorgen, als der tiefgraue Nebel schwer auf der sonst so blauen Donau lag. Stumm und unbewegt wartete der Matrose Daniel R. darauf, die »Hope« an der Kaimauer vertauen zu können. Doch zu diesem Zeitpunkt lag das brandneue Partyschiff bereits auf dem sandigen Grund des Flusses. Seit 20 Jahren hält die Dreiflüssestadt einen fragwürdigen Rekord: 324 Boots Parties pro Saison – das ist einzigartig in Europa. Waren die ersten Gute-Laune-Dampfer noch das Werk sinnsuchender Langzeitstudenten, erlagen wenig später vor allem ortsansässige Gastronomen dem Ruf des schnellen Geldes. 37 Privatinvestoren führen seither einen erbitterten Preiskampf auf einem längst übersatten Markt. Neu ist, dass unter dem enormen Preisdruck die lange Zeit als heilig gegoltenen SicherheitsDie »Hope«, ist verloren: Das sinkende Schiff, wenige Momente nach dem tragischen Unglück. (Foto: Johannes Nagl)

standards in der Bootsproduktion kollabierten. Möglich gemacht hat das eine Skrupellosigkeit, die zum Branchensport avanciert ist. Mit »Hope« versprach alles anders zu werden. Vier statt der üblichen drei Decks, sollten die Kundenkapazität um 20 % erhöhen. Eine Zahl, die Insidern zufolge gleichermaßen auf den erwirtschaftbaren Umsatz anwendbar ist. Um Treibstoff zu sparen, wurde auf Ultraleichtbauweise gesetzt, statt wie bisher auf stabile, aber schwere Stahlrümpfe. Ebenso fiel teure Navigationselektronik den Einsparmaßnahmen zum Opfer – mit fatalen Folgen. An jenem Dienstagmorgen lief »Hope« zu ihrer Jungfernfahrt aus einem Trockendock nahe Linz vom Stapel und nahm Kurs, flussaufwärts, in Richtung Passau auf. Der Kapitän – einst selbst ein Gastronom – steuerte das Schiff auf Sicht, bis er etwa fünf Kilometer unterhalb der Stadt auf eine undurchdringliche Wand aus Tiefnebel traf. Da hilfreiche RADAR Instrumente nicht vorhanden waren und ein streng getakteter Fahrplan Pausen untersagte, entschied der Kapitän, das Schiff quasi im Blindflug zur Anlegestelle zu manövrieren. Eine Fehleinschätzung des Kurses ließ »Hope« schließlich an Passaus ikonischer Ortspitze auf Grund laufen, wo sie, aufgrund einer zerstörten Antriebswelle, den gewaltigen Strömungen der Flüsse Inn und Donau schutzlos ausgeliefert war. Binnen Minuten lösten die Wassermassen das Schiff vom Ufer, trieben es wieder hinaus auf´s offene Wasser, wo es schließlich mitsamt dem Traum von der großen Rendite unterging. Der Kapitän und eine zweiköpfige Crew konnten sich an Land retten. In einem späteren Interview mit einem Passauer Lokalblatt schildert der mittlerweile freigestellte und immer noch sichtlich mitgenommene Kapitän, dass er erst als es bereits zu spät war, gemerkt habe, »das Ding, was da knackte, war mein Boot!« Ein Jogger wurde Zeuge der schrecklichen Karambolage und beschrieb die Szene als »umarmten sich zwei Liebende«. Statt am schützenden Ufer zu bleiben, stieg er sogar in das eisige Flusswasser auf der Suche nach Verletzten. »Ich brauchte Gewissheit.« Immer wieder raunte ihm währenddessen Aerosmith »I don’t want to miss a thing« durch die Kopfhörer seines iPods zu. Erst als der Rumpf des Schiffes sich wieder vom Grund löste, gab der couragierte Jogger seine Suche nach Verletzten auf. Fassungslos starrte er dem zerstörten, sinkenden Partydampfer hinterher, untermalt von Flo Rida’s »Shorty got low low«.

Der gebürtige Tübinger Matrose Daniel R. wurde ebenfalls vor die Tür gesetzt. Doch tragischer als der Verlust der eigenen Existenz sei es für ihn »ein Boot zu verlieren. Das ist das Schlimmste.« Und noch bevor wir die glitzernden Tränen auf seinem Gesicht sehen können, verbirgt er es hinter seinen großen, schweren Händen. Eine Perspektive hat Daniel ebenso wenig wie Schuld an diesem Unglück. Die dürfte MS LifeGood treffen, ebenjene Holding, die die »Hope« in Auftrag gegeben hat. Doch nach Verantwortung sucht man dort vergebens. Schon am Folgetag distanzierte sich das Hacklberger Unternehmen in einem offenen Brief von allen Vorkommnissen und zieht sich, so wörtlich, »komplett aus dem Partybootbusiness zurück«. Auch die verbleibenden 36 Betreiber wirken von den Ereignissen unberührt und geloben feierlich, dass ihre Schiffe, wie auch das zugehörige Personal, frei von Mangel seien und jegliche Assoziation mit einem der Unfallbeteiligten – und sei es auch wie im Falle des arbeitssuchenden Daniels, eine noch so weit entfernte – völlig ausgeschlossen sei. Ein noch im Herbst vergangenen Jahres erschienener Prüfbericht des TÜV Süd, stellte an sieben von neun untersuchten Schiffen erhebliche, bei zwei sogar außerordentliche Mängel fest. Darauf angesprochen konnte ein merklich dünnhäutig wirkender MS LifeGood Pressesprecher, Reinhard Buchner, keine ernsthafte Bedrohung für die Partyboot Besucher erkennen: »Wir bauen hier keine Hochseetourer verdammt nochmal!« Nein, Herr Buchner, das tun Sie nicht. Aber muss man einem Mann in Ihrer Branche wirklich erklären, dass ein Fluss ausreicht, um darin zu Schaden zu kommen? Die Stadtverwaltung reagierte mit einem vorläufigen Verbot für die Ausrichtung weiterer Veranstaltungen, bis eine umfassende Prüfung des Partyboot Bestandes abgeschlossen ist. Der Kern des Problems dürfte damit aber nicht beseitigt sein. Schließlich sind der katastrophale Zustand, in dem sich die auf pure Gewinnmaximierung ausgerichtete Bootsflotte befindet, nur die oberflächlichen Symptome eines tiefer liegenden, raffgierigen Geschwürs, das die Besucher der berühmten Passauer Partyboote an Leib und Seele gefährdet. Daniel R. steht mit leeren Händen vor den Scherben seiner Existenz. Er wird lernen müssen, ein neues Leben aus ihnen zu bauen, während die zerstörerischen Heuschrecken weiterziehen, immer auf der Suche nach neuen Gründen für ihre rücksichtslose Jagd nach Profit.

39



Collage

›In-between‹

21 × 28 cm

2018


42

Buchkunst ausgezeichnet.

und wurden u. a. von der Stiftung

und Sammlungen vertreten

inter­nationalen Ausstellungen

Seine Arbeiten sind in

schaffender Künstler in Leipzig.

als Buchgestalter und frei­

seines Studios ›Bildschriftlich‹

arbeitet seit Gründung

staltung und Illustration und

Schwerpunkten Buchge-

Kommunikationsdesign mit den

Stefan Gunnesch studierte

Instagram: @stefan_gunnesch www.bildschriftlich.de

Der menschliche Körper sowie seine Abstraktion und Auflösung sind Leitgedanken im künstlerischen Werk von Stefan Gunnesch. Seine Collagen zeigen ein Zusammenspiel von unterschiedlichen Motiven, Materialien, Formen und Farben, die sich zu einem neuen Ganzen verbinden. Neben der Collage kommen auch Zeichnung und Malerei als künstlerische Techniken dazu, die sich mit den Schichten aus Papier zu einer besonderen Oberfläche verdichten. Als Inspiration für seine Collagen-Serie ist zum einen das Vanitas-Motiv zu nennen. Der Gedanke an Vergänglichkeit, an Veränderung, an Aufblühen und Verwelken steht als Ausgangspunkt für eine visuelle Suche. Das Übertragen auf den menschlichen Körper und auf ein Ebenbild, mit dem sich die Betrachter/-innen identifizieren können, erzählt auf fast mystische Weise von Schönheit und ihrem Vergehen. Die Technik der Collage setzt voraus, dass im Arbeitsprozess zunächst etwas Ganzes fragmentiert und damit zerstört werden muss, bevor daraus etwas Neues entstehen kann. In diesem Sinne stellt die Methode des Zerschneidens einen direkten Bezug zur Vanitas-Thematik dar. Während des Arbeitens zerfällt und verändert sich das Motiv stetig; aus etwas Schönem kann etwas Morbides oder gar Hässliches werden, dennoch durch seine ganz eigene Ästhetik auch etwas Interessantes ausstrahlen. Es liegt ein besonderer Moment in diesem Zwischenstadium – zwischen Ganzheit und Auflösung, zwischen Schönheit und Verfall. Des Weiteren stellt sich auch das Neukombinieren von verschiedenen Körpern und Geschlechtern innerhalb der Collagen als Thema dar. Die Diversität der verwendeten Materialien reflektiert die Besonderheit und Individualität des Körpers und öffnet diesen als eine neue Projektionsfläche. Stefan Gunnesch versucht mit seinen Arbeiten an die Gefühle, Erinnerungen und Assoziationen der Betrachter/-innen anzuknüpfen. Es geht immer um ein Sich-darin-Wiederfinden, das zum Nachdenken und Nachspüren des eigenen Körpers und damit der eigenen Identität anregt.


Freundschaft

F r e u n ftahcsd

Freunde, die lachen, beißen nicht Ü B E R D I E S E S S E LT S A M E E T WA S N A M E N S FREUNDSCHAFT

TEXT — FRIEDEMANN KARIG

43


Der Satz in meinem Roman »Dschungel«, über den ich am wenigsten nachdenken musste, ist der allererste. Die Widmung: Für meine Freunde. Lange bevor das Buch fertig war, hatte ich diesen Satz irgendwo vorne hingeschrieben. Und dort blieb er. Mit ihm beginnt die Geschichte einer Freundschaft, einer überlebensgroßen, literarisch aufgeputschten, ins Extrem gesteigerten Freundschaft. Die Handlung in Kurzversion: Der Erzähler folgt seinem verschwundenen Freund Felix nach Kambodscha, tief in den Dschungel, weil die beiden seit Kindestagen beste Freunde sind. Sie hatten niemals eine Wahl gegen das gemeinsame Schicksal – und damit auch nicht gegeneinander. »Eine Freundschaft«, verrät ein Khmer dem Erzähler im ersten Hostel, wo er Felix sucht, »wiegt nur so schwer wie die in ihr behüteten Geheimnisse«. Den Freunden folgen wir tiefer in ihre gemeinsame Vergangenheit, erinnert von einem Erzähler, der der Leserin, dem Leser langsam, aber sicher immer unglaubwürdiger erscheint. Denn wer sagt, dass er keine Schuld trage am Verschwinden des Freundes? Ist er vielleicht erst losgefahren, um etwas wiedergutzumachen? Solch eine tonnenschwere Freundschaft, unter Druck zu bittersüßer Abhängigkeit geronnen, habe ich mir, wenn ich ehrlich bin, lange ersehnt. Und ersehne sie mir manchmal heute noch. Was ein sinnloser Wunsch ist. Freundschaft, soll sie funktionieren, also ein Individuum mit einem anderen ver­ weben, muss Luft zum Atmen lassen. Diese Freundschaften, die wir alle allermeistens leben, sind lässiger, freier und nicht trotzdem, sondern gerade deshalb im Alltag unheimlich anstrengend und schwierig zu pflegen. Schon allein das Vokabular: Man muss an Freundschaften arbeiten, in sie investieren, sie aufbauen und pflegen. Wo früher vor allem Stände, Berufe, Wohnort, Konfessionen über Freundschaften entschieden, wo Familie noch die erste und letzte Peer Group stellte, sind wir heute total frei. Doch Freiheit in Kombination mit einer endlichen Ressource (Zeit) ergibt Knappheiten ergibt Konflikte. Und wir alle kennen die Verteilungskämpfe.

I c h

f r e u e

Ich habe Freunde, die beginnen ein Gespräch grundsätzlich mit einer Entschuldigung, mindestens einer Erklärung, warum es erst jetzt stattfinde, nur per Sprachnachricht oder nur fünf Minuten dauern könne, mindestens aber wo sie gerade seien (Baumarkt, ICE hinter Kassel), also warum es eigentlich kein optimaler Zeitpunkt wäre, aber besser als wieder nicht kommunizieren. Darauf folgt, besonders wenn man sich endlich einmal wieder sieht, also etwas unternimmt, essen geht oder einen anderen akuten Anlass (Geburtstag, Kultur, Sport) nimmt, sich persönlich zu treffen, ein »Was bisher geschah« des eigenen Lebens seit Zeitpunkt X = letzter Kontakt. Man sprintet miteinander durch ein Leben, klatscht ab mit »jetzt erzähl aber du mal«, und dann, vielleicht, pustet man durch in einigen kostbaren Minuten ohne Auftrag, erlebt fast so etwas wie gemeinsamen Alltag oder gar geteilte Langeweile, Schweigen, das heimliche Grundnahrungsmittel geglückter Beziehungen. Wahrscheinlicher stolpert man in ein Thema, eine Diskussion, reibt sich und wird warm und bereut es ambivalenterweise fast, über die Klimakatastrophe oder den besten Hummus der Stadt palavert zu haben und nicht über innigere Probleme, obwohl man doch genau wegen dieses Palavers befreundet ist. Ein ironisches Augenzwinkern später trennt man sich wieder, bis zum nächsten »Zeitfenster«, durch das man gemeinsam auf diese wahnsinnige Welt blickt. »Ich freue mich, dich zu sehen«, beendet ein anderer Freund jedes Gespräch, vermutlich um den Schmerz der nie genügenden Nähe zu mildern. Ein dritter Freund versucht die Technik des gezielten »Blocker setzen« in seinen übervollen Kalender, um sich Stunden oder Tage freizuhalten für gemeinsame Aktivitäten, was ein Zeichen fortschreitender Hilflosigkeit bleibt, weil alle Parteien wissen: wenn etwas wirklich wichtiges dazwischen kommt, verschiebt man diese Blocker sowieso, denn sie sind letztlich immer verhandelbar, genau wie unsere Freundschaften. So führen unsere ständige Erreichbarkeit auf mehreren Kanälen, unsere flexiblen ­Lebensentwürfe nicht zu stabilerer Kommunikation

m i c h ,

d i c h

z u

s e h e n .

Friedemann Karigs neuester Roman »Dschungel«, erschienen im Ullstein-Verlag.

m e i n e

F r e u n d e .

44

F ü r


voller Wertschätzung und Empathie. Sondern zu einem Urwald von schlechtem Gewissen, sich nicht »oft genug gemeldet« zu haben, nicht da zu sein, zu fehlen. Das wäre alles nicht so schlimm, würde nicht die Freundschaft immer wichtiger werden. Wenn kaum jemand mit seiner großen Liebe bis zum Ende zusammenbeibt, die serielle Monogamie längst Normalität ist, man sich für jede Lebensphase einen Partner sucht, sind vielleicht Freunde die eine große Konstante im Leben. Umso wichtiger, ihnen heute gerecht zu werden. Nur wie? Wie weit kann eine Freundschaft gehen? Ist sie nicht immer ungerecht, will nicht immer eine mehr als die andere, fühlt sich einer zurückgesetzt, vernachlässigt? »Er ist mein Freund.«, begründet der Erzähler seinem Mädchen, dass er sofort los muss, nach Kambodscha, Felix suchen. »Bist du dir sicher?«, fragt sie. »Felix, der Typ mit den Locken. Du erinnerst dich?« »Nein, ich meine: Bist du auch sein Freund?« Und woher will er das überhaupt wissen, wenn er den Verschwundenen nicht aufspürt, zur Rede stellt, die Augenhöhe der Freundschaft zur Not erzwingt? Seine abenteuerliche Suche ist auch der ultimative Beweis: Wer so treu folgt, muss ein guter Freund sein. Doch selbst wenn wir alles zu geben bereit sind: Was vermag Freundschaft überhaupt? Überschätzen wir sie und damit uns nicht ständig, wir kleinen Narzissten, die immer noch mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung wollen, aber geben tun wir viel schwerer? Kann man einen Menschen ändern, gar retten? Wollen wir das, ganz ehrlich, überhaupt? Freundschaft definiert sich immer auch über die Enttäuschungen. Es gehören zwei dazu – einer, der enttäuscht, einer, der enttäuscht wird. Neben dem fehlerbehafteten Freund strahlt man heller. Wer sich immer wieder unfreundschaftliches Benehmen gefallen lässt, tut das vielleicht auch aus dem Wunsch nach Überlegenheit, nach Macht, nach Kontrolle. So

sehen wir auch in »Dschungel« zwei Menschen dabei zu, wie sie fallen und sich im Fallen aneinander festklammern, unsicher, wer wen gestoßen hat. Und genauso ehrlich will ich sein, was das Schmücken mit wunderbaren, besonderen Freunden angeht. Im Laufe meines kurzen Lebens habe ich einige Menschen kennen lernen dürfen, die in irgendeiner Form etwas Besonderes machen oder sind oder wenigstens erfolgreich darstellen. Erfolgreiche Unternehmer, TV-Moderatorinnen, Autorinnen, DJs (okay, davon leider immer noch zu wenige). Natürlich gefalle ich mir selbst im Glanze ihres Lichtes ein kleines bisschen besser. Und hoffe, dass dem ein oder anderen Freund mein immenser Glanz auch gut gefällt. Sozial ambitioniert zu sein, ist eine lässliche Sünde, finde ich. So lange es immer wichtiger ist, worüber man zusammen lacht, nicht, wie viele tausend Follower mitlachen. Am Ende gibt es sowieso keine Alternative zu der Loyalität, Zuneigung, Fürsorge einer tiefen Freundschaft. Die Hölle sind die anderen, schrieb Sartre. Der Himmel aber auch. Was am besten tun, damit man einander aushält? »In einer Freundschaft gilt keine Menschenwürde?«, fragt Felix in »Dschungel«, lange bevor er verschwindet. »Würde – das war doch für dich immer nur ein Konjunktiv«, antwortet der Erzähler. Liebevolle Gemeinheiten mit einem wahren Kern, sie sind vielleicht die einzige Rettung des zerbrechlichsten, schönsten Zustandes der Welt: einander wirklich nah zu sein. Oder, um es mit dem Erzähler von »Dschungel« zu sagen, diesem besten, schlechtesten Freund der Welt: Freunde, die lachen, beißen nicht.

Friedemann Karig wurde 1982 bei Freiburg geboren und im Schwarzwald von einer Kuckucksuhr aufgezogen. In Passau und Köln studierte er eine Mixtur aus Medienwissenschaften, Literatur, Soziologie, Politik und VWL. Er arbeitete als Zukunftsforscher, strategischer Planer, Journalist, E r

i s t

m e i n

F r e u n d .

Pferdeflüsterer, Moderator, Gastronom und DJ, und zwar in Berlin, Barcelona und Bali. Heute konzentriert er sich auf Lesen, Schreiben und Reden. Sein

B i s t

d u

d i r

s i c h e r ?

Buch »Wie wir lieben. Vom Ende der Monogamie« erschien 2017 bei Blumenbar. Er moderiert das Format »Jäger&Sammler« von »funk«, dem jungen Online-­

45

Angebot von ARD & ZDF. Er lebt in München. Er mag Weißwein, Jay-Z und Sätze am Ende von Biographien, die wenig Sinn ergeben.


Frau Dr. Marion Bornscheuer ist Frankreich-Fan, war im Louvre, als sonst keiner drin war, hat am Centre Pompidou gearbeitet, hat Kunstgeschichte, Romanische Philologie, Neuere und Neueste Geschichte studiert und ist heute geschätzte Direktorin des Passauer Museum Moderner Kunst. Wir freuen uns, dass wir ihr mit Persona Faber ein weiteres Attribut verleihen dürfen und wünschen gute Unterhaltung mit dem Interview.

Dr. Marion Bornscheuer Persona Faber

46

INTERVIEW — ELIAS DUPPER  /  FOTOS — SIMONA KEHL


Faber: Frau Dr. Bornscheuer, meine erste Frage ist ganz generell: Wie wird man Museumsdirektorin? Frau Dr. Bornscheuer: Das ist ganz einfach zu beantworten: indem eine Stelle ausgeschrieben ist, man sich darauf bewirbt und sich durchsetzt. ... und woher kommt ihre Liebe zu Passau als Münchnerin? Also in München bin ich nur geboren, aber ich habe da nie gelebt. Es ist einfach so, wenn man sich weiter orientieren will und sich fragt was gibt es für Möglichkeiten? guckt man sich natürlich auch die Städte an, und hier hat es mir wirklich besonders gut gefallen. Ich bin sehr froh, dass ich hier bin. Passau ist eine wunderschöne Stadt. Welche Kunst kann man nach Passau holen und wo liegen die Grenzen? Also die Grenzen setzen sich eigentlich durch das Finanzielle. Es ist tatsächlich ein Problem, dass der Transportweg hierher oft sehr weit ist. Was man zum Beispiel gut nach Passau holen kann sind Werke wie die von Franz Bernhard, der regional verwurzelt ist, aber international renommiert. Was mich auch wahnsinnig freut ist, dass wir im Sommer eine Ausstellung in Kooperation mit der Galerie m in Bochum zeigen können. Das ist eine ganz renommierte Galerie, die u. a. Richard Serra vertritt, also das ist wirklich High Class. Das sind besondere Gelegenheiten, bei denen wir wirklich ganz oben mitspielen. Auch Ausstellungen, wie die zur zeitgenössischen ungarischen Kunst, die wir jetzt im Sommer zeigen werden, sind etwas Besonderes. Da ist das Ungarische Generalkonsulat in München an mich herangetreten und hat gefragt, ob sie nicht zum 30-jährigen Fall des Eisernen Vorhangs eine Ausstellung bei uns zeigen könnten, und das ist natürlich auch eine super Sache. Eine hypothetische Frage: Sie waren selbst im Louvre tätig. Welches Gemälde aus dem Louvre würden Sie sich gerne mit nach Hause nehmen? Gar keins. Da hätte ich Angst, dass es mir geklaut wird. Aber ich kann ihnen stattdessen sagen, was meine große Entdeckung war im Louvre, neben all den wunderbaren Schätzen, die man aus sämtlichen »Meisterwerke der Kunst« – Bücher kennt. Als Praktikanten haben wir auch an dem Tag Zugang zum Louvre bekommen, an dem das Museum für die Öffentlichkeit geschlossen ist. Der Louvre ist dann also menschenleer. Das hab ich genutzt, jedes Mal. Das Problem, das Sie dann allerdings haben ist, dass da keiner steht, den Sie fragen können: »Wie komme ich hier jetzt wieder raus«?, sondern Sie müssen sich das merken. Da bin ich dann in die Ägyptische Abteilung vorgedrungen und hab das wirklich für mich entdeckt. Also was da an unfassbaren Kunstschätzen zu sehen ist, das ist wirklich unglaublich. Das lohnt sich! Und jetzt ist grade eine Ausstellung in Paris zur Grabkammer des Tutenchamun zu sehen ... Also Napoleon (lacht) hat schon schöne Dinge nach Paris geholt. Ihnen liegt Kunst für Kinder am Herzen. Wie machen Sie denn Kunst für Kinder interessant? Das mache in dem Fall nicht ich, sondern meine Museumspädagoginnen. Die überlegen sich, wie man das Thema der aktuellen Ausstellung kindgerecht aufbereiten kann. Ein Beispiel wäre die Ausstellung von Hansjörg Voth, die wir hatten. Da habenwir Materialbilder gezeigt. Der Künstler hat mit Wüstensand und Asche aus den Feuern der Berber gearbeitet und auch getrocknete Echsen aus der Wüste in seinen Bildern angebracht. in der Museumspädagogik haben wir dann das Thema Sandbilder gehabt, da wurden Wüstentiere mit Klebstoff vorgezeichnet und dann Sand aufgebracht. So kriegen die Kinder ein Gefühl dafür, dass man aus den Materialien, aus denen man sonst Burgen oder Kuchen baut im Sandkasten, eben auch Kunst machen kann. Findet das Anklang? Auf jeden Fall, ja! Also wir haben jetzt gerade die Ausstellung Kinder ins Museum, ein Format, das zu unserer großen Freude vom Rotary Club Passau Dreiflüssestadt gefördert wird.Das ist insofern ganz wichtig, weil die Kinder die Erfahrung machen, dass sie als kleine Künstler ins Museum kommen. Sie haben eine eigene Eröffnung, kön-

WAS MICH AUCH WAHNSINNIG FREUT IST, DASS WIR IM SOMMER EINE AUSSTELLUNG ZEIGEN KÖNNEN, IN KOOPERATION MIT DER GALERIE M AUS BOCHUM. EINE GANZ RENOMMIERTE GALERIE, DIE RICHARD SERRA VERTRITT IN DEUTSCHLAND, ALSO DAS IST WIRKLICH HIGH CLASS.

47


nen ihre Kunstwerke präsentieren und dann hängen ihre Bilder auch noch zwischen der »großen« Kunst, sag ich mal. Und ich glaube, dass das in Erinnerung bleibt. Warum ist Kunst wichtig für Heranwachsende? Weil Kunst etwas ganz Essentielles ist. Sie stiftet Identität. Mein Lieblingsbeispiel ist immer die Frage: Warum zerstören Terroristen als erstes die Kunstwerke? Exemplarisch sind die großen Buddha-Statuen zu nennen, die der IS gesprengt hat. Warum? Weil sich ein Volk damit identifiziert und sagt »Das ist das, wo wir herkommen. Das ist die Kunst, die unser Volk geschaffen hat.« Und wenn man das zerstört, dann ist die Identifikation weg. Deshalb ist das so wichtig. Ich glaube, wenn man auf eine einsame Insel angeschwemmt wird, dann wird man früher oder später Muscheln zu einem Muster zusammenlegenoder irgendetwas in den Sand zeichnen. Also irgendwie steckt das drin im Menschen, dass man was schaffen will. Kunst findet auch digital, beziehungsweise online statt. Man denke an die vielen Memes auf Facebook, die auch gerne als Jugend Kunst bezeichnet werden. Die hängen allerdings nicht für die nächsten Jahrzehnte im Museum, sondern werden maximal zwei Sekunden angeschaut. Geht durch diese Schnelllebigkeit im online Zeitalter etwas Identitätsstiftendes verloren? Ja, definitiv. Gerade das, was sie angesprochen haben, mit dem zwei-Sekunden-anschauen und dann wieder weitergehen. Weil der Faktor Zeit einfach etwas Essentielles ist. Es ist extrem schwer zu beurteilen, aus heutiger Sicht, weil wir immer noch in so einer Revolution stecken wie damals mit der Druckgrafik. Als die aufkam, sind die Leute auch plötzlich mit Bildern überschwemmt worden, die sie vorher nicht gekannt haben, so ähnlich ist das bei uns jetzt. Ich glaube man kann das noch gar nicht so wirklich beurteilen, was das für eine Auswirkung haben wird. Aber ich glaube, zum heutigen Zeitpunkt ist es tatsächlich so, dass die Tiefe der Betrachtung verloren geht und man viele Dinge einfach gar nicht mehr erkennt oder sieht, die für bestimmte Kunstwerke eine Rolle spielen. Es geht natürlich auch Hintergrundwissen verloren. Allein dadurch, dass wir nicht mehr so Bibel-firm sind wie frühere Generationen, fällt es uns schon schwerer zu sagen, was auf einem religiösen Gemälde eigentlich dargestellt ist. Wenn man nicht weiß, was dargestellt ist, hat man natürlich auch keine Lust, sich das lange anzuschauen.. Aber wenn ich die Geschichte kenne, dann kann ich natürlich sagen: » Ah! Hier istgenau die Szene dargestellt und das ist anders gemacht als es in der Geschichte erzählt wird.« Das geht alles verloren, was natürlich sehr schade ist. Und man hat natürlich über den Monitor auch überhaupt kein Verhältnis zu realen Größe der Werke. Ich bin zwar nicht mit dem Digitalen groß geworden, das hat sich entwickelt, während ich studiert habe, aber auch für mich war es eine Überraschung, die Mona Lisa live zu sehen und zu sehen, wie klein sie ist. Das Digitale liefert einfach verfälschende Eindrücke. Um noch ein spezielles Beispiel zu nennen: wenn ich Leonardos »Abendmahl« aus dem architektonischen Kontext löse, sieht es anders aus, als wenn ich es im architektonischen Kontext sehe. Denn es gibt meistens einen Grund dafür, warum die Werke im jeweiligen Kontext so und so gestaltet sind. Bei Rubens kennen wir das auch. Der hat Aufträge für Kirchen in Antwerpen gestaltet, wo er über die Position der Gemälde den Lichteinfall durch die Fenster berücksichtigt hat. Das heißt, sobald ich das im Digitalen sehe, bricht das ursprüngliche Konzept weg. Lassen Sie uns bei der Bildbetrachtung bleiben. Sie haben ihre Doktorarbeit über eine spezielle Theorie der Bildbetrachtung geschrieben – ich kenne aber ehrlicherweise nur den Titel. Der lautet: »Von der Bildbetrachtung zur Theorie der Malerei«, sie beziehen sich da glaube ich auf eine spezielle Theorie aus dem 17. Jahrhundert. Aber nur mal ausgehend von diesem Titel, bin ich ein besserer Betrachter, wenn ich Kunst studiert habe? Also ich weiß jetzt nicht, ob es konkret etwas mit dem Studium zu tun hat. Der Titel bezieht sich auch nicht auf dass Kunststudium. Also in meiner Doktorarbeit war es so, dass ich über einen Theoretiker des 17. Jahrhunderts geschrieben habe. Ludwig XIV. hat gesagt: bislang

48

ICH GLAUBE ZUM HEUTIGEN ZEITPUNKT IST ES TATSÄCHLICH SO, DASS DIE TIEFE DER BETRACHTUNG VERLOREN GEHT UND MAN VIELE DINGE EINFACH GAR NICHT MEHR ERKENNT ODER SIEHT, DIE FÜR BESTIMMTE KUNSTWERKE EINE ROLLE SPIELEN.


war die italienische Kunst die wichtigste, aber ich will jetzt eine französische Staatskunst haben, die die italienische übertrumpft. Dazu muss ich die besten Maler des Landes zusammenbringen und die sollen jetzt anhand von meiner Sammlung im Louvre herausfinden, was die italienische Kunst eigentlich so gut macht, beziehungsweise was ist überhaupt gute Kunst? Also eine uralte Frage eigentlich, die damals schon versucht worden ist zu beantworten. Dann haben diese besten Maler, in einer bestimmten Reihenfolge, nämlich der Hierarchie nach, die damals in der Akademie sehr wichtig war, gesprochen. Der Maler, den ich mir ausgesucht habe und, der bis dahin kaum bekannt war, hat zwei Bilder analysiert. Schonbei seiner dritten Redehat er gesagt: So, ich brauch jetzt kein bestimmtes Bild mehr, ich hab jetzt eine Theorie gefunden. Und durch die Analyse kriegt man natürlich mit: Wie haben sich die Künstler Bilder angeschaut im 17. Jahrhundert? Und dann hab ich mir gedacht: Was würde ich denn als Maler machen, der eine Theorie entwickeln muss? Ich gehe von dem aus, was ich selber praktiziere. Wie bau ich mein eigenes Bild auf? Und so sehe ich auch andere Bilder – und das versuche ich auch anderen beizubringen. Da hab ich mir gedacht, ich weiß ja jetzt wie dessen Analyse von einem Bild funktioniert hat, jetzt schau ich mir mal seine Bilder quasi mit seinen Augen an. Und plötzlich hat man einen Schlüssel, mit dem sich diese ganzen Bilder aufschlüsseln lassen. Also das war eine sensationelle Erfahrung! Und um das ins Heutige zu übertragen: mir selber ging es auch so mit den Skulpturen von Wilhelm Lehmbruck. Für eine besondere Ausstellung musste ich mir ein Werk konzentriert anschauen. Da war dann die Frage: Was stellt diese Skulptur eigentlich dar? Und je länger ich mich damit beschäftigt habe, desto mehr habe ich gemerkt, dass bildhauerische Probleme mit dem Umgang des Raumes eine Rolle spielen. Also da geht es nicht darum, irgendeinen Engel abzubilden, das ist viel zu banal. Oder irgendetwas Schönes darzustellen. Sondern es geht wirklich um ein Problem zwischen Figur und Raum. Das sind einfach tolle Erkenntnisse, das ist sensationell. Natürlich kann man das auch erkennen, ohne studiert zu haben, aber es hilft einem enorm, wenn man versteht wie solche Prozesse funktionieren. Haben Sie für sich definiert, was schön ist? Das ist tatsächlich eine Frage, die mich primär nie gereizt hat. Mich reizt eigentlich immer, zu verstehen – und das ist eben besonders spannend bei guter Kunst, man kennt ja so ein paar Spitzenwerke. Und wenn man dann über ein Werk – und da ist es eigentlich egal, ob das ein Buch oder ein Bild oder eine Skulptur oder was auch immer ist, irgendetwas vom Menschen Geschaffenes – in einen geistigen Dialog gehen kann mit jemandem, der sich wirklich Gedanken gemacht hat zu einem Thema, dann macht das unglaublich Spaß! Wünschen Sie sich als Direktorin mehr Museums Besucher? Ich glaube das wünscht man sich nicht unbedingt als Direktorin, sondern das ist das, was man von außen immer gern anfragt. Das ist die Standardfrage: Haben sich die Besucherzahlen erhöht? Ist ein Museum rentabel? Das ist eher die wirtschaftliche Sicht. Es ist zu beobachten, in verschiedenen Häusern, dass die Besucherzahl mehr oder weniger konstant bleibt, weil es ein spezielles Klientel ist, das sich die Ausstellungen anschaut. Mal kommen mehr dazu von außen, mal weniger, aber die Basis bleibt gleich. Und dass ein Museum kein Wachstumssektor ist, ist alleine schon darin begründet, dass wir hier nichts verkaufen. Wir zeigen Dinge, aber wir haben keine Produktion, die eine bestimmte Nachfrage oder einen Absatz braucht. Manche Dinge gefallen den einen gut, manche den anderen. Ich glaube nicht, dass man das auf so eine Rentabilität reduzieren kann. Wichtig ist, dass die Leute, die sich das angucken geistig für sich etwas mitnehmen können – und dazu muss ich gut konzipierte Ausstellungen machen. Das ist das, was mir am Herzen liegt. Wunschkonzert, wen würden Sie nach Passau holen, wenn Sie könnten? Also den einen Künstler verrate ich ihnen nicht, weil ich den tatsächlich zu kriegen versuche. Aber ja, sensationell wäre natürlich Brâncuși –

WENN ICH LEONARDOS ABENDMAHL AUS DEM ARCHITEKTONISCHEN KONTEXT HOLE, SIEHT ES ANDERS AUS, ALS WENN ICH ES IM ARCHITEKTONISCHEN KONTEXT SEHE.

49


das ist allerdings ein Künstler, den heute fast keiner mehr in einer Ausstellung zeigen kann. Das wär ein Traum. Dieser rumänische Bildhauer, der in Paris gearbeitet hat, Mitarbeiter von Rodin war und Objekte geschaffen hat, die so reduziert sind, dass es fast schon Design ist – aber einfach unglaublich gut. Diese Werke sind so hoch versichert, dass sich das keiner mehr leisten kann, die rückt auch kein Museum mehr raus. Die Objekte haben so glatte Oberflächen, dass sie, sobald da ein Kratzer oder eine Macke drin ist, die Wirkung vorbei ist. Man kann die Werke aber wunderbar sehen im Pariser Atelier von Brâncuși, das an das Centre Pompidou angeschlossen ist. Was ist Ihr persönlicher Anspruch an die nächsten Jahre MMK? Ich möchte es gerne auf einem guten Niveau halten, soweit das finanziell geht. Aber wir sind auf einem guten Weg, so wie es jetzt begonnen hat: mit Franz Bernhard, dann mit den Ungarn und mit Evelyn Hofer. Im nächsten Jahr haben wir das große »Wörlen-Jahr« zum 30-jährigen Jubiläum, mit Retrospektive und der Herausgabe des Werkverzeichnises. Mal gucken wie sich das alles so gestaltet. Ich bedanke mich für Ihre Zeit. Gerne, ebenfalls herzlichen Dank!

50

IM NÄCHSTEN JAHR HABEN WIR DAS GROSSE WÖRLEN JAHR ZUM 30-JÄHRIGEN JUBILÄUM, MIT RETROSPEKTIVE UND WERKVERZEICHNIS. MAL KUCKEN WIE SICH DAS ALLES SO GESTALTET. ICH WÜRDE ES GERNE AUF DIESEM NIVEAU HALTEN.


Vo l TEXT — ELIAS DUPPER FOTOS — FAMILIENARCHIV MANUEL KREUZER Der Vogl auf der Ries beendet den gastronomischen Regelbetrieb. In Zukunft stellt das Wirtspaar sein zünftiges Lokal, samt sonnigem Biergarten und dem partyträchtigen »Voglstadl«, vor allem für Hochzeiten, Geburtstage und sonstige Feierlichkeiten zur Verfügung. An Sonntagen, sowie an jedem ersten Freitag des Monats bleibt die

perspektive

traditionsreiche Gaststätte allerdings weiterhin geöffnet.

51

Wenn weniger mehr wird


1443 erhielt der Landgraf von Leuchtenberg erstmaliges Schankrecht für den Wirt auf der Ries. Stolze 122 Jahre besteht das Brauereiabkommen mit der Passauer Hacklberger Brauerei und seit der fünften Generation ist der »Vogl« nun schon in Familienbesitz. Der Vogl auf der Ries ist ein großes Stück Passauer Wirtshausgeschichte. Über dreißig Jahre haben die Vogls der Gastronomie einen Großteil ihres Lebens gespendet. Nun hat das Wirtspaar beschlossen, die Ausrichtung des Lokals zu verändern, ohne dabei die Verbundenheit zu Wirtshaustradition, ihren langjährigen Stammgästen und den zahlreichen Vereinen, die den »Vogl« seit Jahrzehnten ihr Zuhause nennen, zu opfern. Bisher herrscht aufwendiger Kombinationsbetrieb: Restaurant- und Biergarten im Vorderhaus und Veranstaltungsbetrieb im Festsaal sowie im an-

grenzenden »Voglstadl«. Das soll sich ändern. Künftig will man das große Areal, ganz individuell, für private Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Hochzeitspaare, Geburtstagskinder und andere Gäste mit gutem Grund zu feiern, können aus Biergarten, Wirtsstube, Festsaal und »Stadl«, für ihren Anlass gerecht, ein ganz persönliches Paket schnüren. »Ob Sektempfang im Biergarten, Kaffee und Kuchen im Lokal oder mehrgängige Menüs im festlich geschmückten Stadl – wir richten uns ganz nach den Wünschen unserer Gäste«, lautet die Losung für alle kommenden Veranstaltungen. Auf ebenjene Wünsche möchte man sich, in aller Ruhe und ohne Doppelbelastung, durch den Regelbetrieb, konzentrieren können. Wirt zu sein, bedeutet, jenseits aller Freibierromantik in erster Linie weder Feiertag, noch Ferien zu kennen. Ein Zustand, den man mögen kann, wenn man will. Den man aber mögen muss, wenn man ein Wirtshaus hat. Der Schritt hin zu einem individuelleren Betrieb ist nachvollziehbar, wenngleich er auch für die Passauer Lokallandschaft bedauerlich ist. Zwar mag die Zuneigung zum jeweiligen Passauer Biergarten erziehungsbedingt-individuell sein, aber selbst für die nicht eingefleischte Besucherschaft ist der »Vogl« eine Institution die man kennt – und vor allem: eine die man noch immer besuchen kann. Denn ganz können und wollen sich die Vogls von ihrer Einkehr noch nicht trennen. Den vielen Vereinen und Stammtischen, die dem Lokal seit Jahrzehnten die Treue hal-

ten, steht deshalb an jedem ersten Freitag im Monat das Wirtshaus in unveränderter Form zur Verfügung. Auch Kartler finden an diesem Abend Platz für einen gepflegten Schafkopf, bei dem ein oder anderen kühlen Bierchen. An allen Sonntagen bleibt das Restaurant ebenfalls geöffnet. Für jedermann. Eine gänzliche Abkehr von der Gastronomie ist in nächster Zeit also nicht in Sicht. Dafür hat die Familie Vogl noch viel zu große Lust, ihre Konzentration auf eine hervorragende Bewirtung aller kommenden Feste zu richten. Statt auf den durchgehenden Betrieb werden die Kräfte der Wirtsfamilie dann aber auf gebuchte Veranstaltungen gebündelt. Die Passauer dürfen sich also freuen über eine neue-alte Veranstaltungslocation, mit viel Erfahrung und großer Kapazität. Das Gelände der Vogls bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten. Ein für Kleinkunst und Kabarett geeigneter Stadl – jederzeit erweiterbar auf festliche ­Tafeln und Partys fürs Jungvolk. Festsaal und Lokal, die ebenso Platz für Familienfeste wie Firmenfeiern bieten und nicht zuletzt einen der schönsten Biergärten, der in unserer Stadt zu finden ist. Mit seinen alten Kastanien bezeugt er auch nach der Umstrukturierung noch die jahrhundertelange Wirtshaustradition der Familie Vogl. Ihn zu besuchen, können wir unseren Leserinnen und Lesern gerade an den lauen Sommersonntagen, nur wärmstens empfehlen – und wer weiß, vielleicht bekommen Sie ja Lust auf ein Fest beim »Vogl«?

WIRTSPAAR: GÜNTHER MIT GATTIN PETRA VOGL

52

Wirt zu sein, bedeutet, jenseits aller Freibier­ romantik in erster Linie ­weder Feiertag, noch Ferien zu kennen. Ein Zustand, den man mögen kann, wenn man will. Den man aber ­mögen muss, wenn man ein Wirtshaus hat.


Im Schatten der mächtigen Kastanien lässt sich auch in Zukunft, immer sonntags, ein kühles Bierchen zischen. DER BIERGARTEN BEIM »VOGL« IST JEDEM PASSAUER EIN BEGRIFF – DAMALS, GENAUSO WIE HEUTE.

2001 ERWEITERTE DIE FAMILIE VOGL DAS GASTHAUS UM DEN »VOGLSTADL«. HEUTE FINDEN DORT KLEINKUNSTUND KABARETT-VERANSTALTUNGEN, FESTLICHE TAFELN UND PARTYS FÜRS J ­ UNGVOLK STATT.

EIN STIMMUNGSVOLLER RAHMEN FÜR GROSSARTIGE FESTE.

53


1 A N E M O N E slenderbodies | 2017 | 3:48

Auch wenn es die Anemone als Restaurant in Passau nicht geschafft hat, ist die fünfköpfige musikalische Namensvetterin aus Montréal ein Garant für gute Vibes. Gedämpfte, delaygefütterte Gitarren, ein eingängiger Refrain und Chloé Soldevilas beruhigende Stimme machen »slenderbodies« zur absoluten Wohlfühlnummer für deinen nächtlichen Spaziergang zur Ortsspitz.

2 L I G H T E N U P Parcels | 2018 | 3:47

Funktioniert vor dem Badspiegel genauso gut wie im Club deines Vertrauens: Die fünf Australier von Parcels sehen nicht nur originell aus, sondern schaffen hier einen einzigartigen Gute-Laune-Sound aus 70ies-Disco und frischem Indie. Hauchige Kopfstimme, mitreißende Gitarrenriffs, groovender Bass und ein Querflötensolo als Rausschmeißer: Versuch da mal, still zu halten.

4 TO I

ET MOI

Paradis | 2016 | 3:41

Wenn du genau hinhörst, findest du dich in einer schmerzhaften Sommerromanze im Frankreichurlaub wieder. Na gut, vielleicht auch in der Passauer Altstadt, aber es ist auf jeden Fall Liebe im Spiel. Schwebende Keys, monotoner Beat und Simon Ménys aufreizende Stimme tragen dich durch den Song und lassen viel Raum für energische Träumereien.

5 S TA R RY

NIGHT (EDIT)

Peggy Gou | 2019 | 3:54

Dr. Alban lässt grüßen: Die japanische Steilgängerin Peggy Gou versorgt dich mit 90er-schwangerem, pianolastigem House und versüßt dir mit nur zwei Akkorden die sternklaren Nächte zwischen Colors und Innenstadt. All I want for summer is Gou!

6 QUI

Poom | 2016 | 4:02

E S -T U ?

Entspannt und doch mit Drang nach vorne schwingt sich der Oktavgesang von Camille und Siegfried zu vielen kleinen Höhepunkten auf. Dazu Pianosound à la Simply Red, sexy angezerrte Gitarren und belebend-chansoneske Synthie-Streicher – genieße vier höchst erotische Minuten.

7 U R L AU B

I N I TA L I E N

Erobique | 2018 | 6:18

Oft braucht es ja gar nicht mehr. Das hat sich auch Carsten Meyer alias Erobique gedacht, der übrigens ohne Raucherhotelzimmer in keinen Urlaub mehr fährt. Wer die Musik zum Tatortreiniger schreiben kann, kann offenbar auch Ohrwürmer produzieren. Das Schöne: Spätestens wenn du dich beim Mitsingen ertappst (und das wirst du), sind es wieder die einfachen Dinge, die zählen. Erwin, sieht man das Meer schon?

8 I TA L I E N

’ 97

Golf | 2019 | 3:49

Die Jungs aus Köln teilen die Urlaubserfahrung von Erobique und erzählen uns wunderbar bildhafte Details. Ist das Kim von ECHT, der da singt? Nö, ist Sänger André Hörmeyer. Er und seine Bandkollegen wissen wahrscheinlich gar nicht, wie gut sie sind. Zumindest klingen sie so. Fun fact: Auf der Website von Golf (golfgolfgolfgolf.de) kannst du ganz unten auf der Seite Pong spielen.

9 PAY

PAY PAY

Adriano Celentano | 1979 | 4:19

Adriano Celentano singt zwar nicht vom pagare für den dritten Schaumwein, den der Jurastudent seinem gelangweilten ­Tinderdate in der Passauer Cafebar Centrale spendiert. Aber der Song untermalt die Szene für dich so wunderbar, dass du am besten sitzen bleibst und über die beiden sinnierst. Piccoli lügen nie.

10 D O L C E

V I TA

Ryan Paris | 1983 | 3:55

Mix

Kaum zu glauben: Ryan Paris ist Italiener, singt auf Englisch und bewegt sich im Video schlimmer als jeder Deutsche. Wer das Video nicht kennt: Anschauen und wundern, wie viel davon ernst gemeint ist. Wir vermuten: Leider alles. Aber wer weiß: Vielleicht haben deine Eltern dich mit deutschen Bewegungen im Italienurlaub zu dem Song gezeugt?

Faber

Endlich Sonne: Du kannst den italienischen Flair unserer schönen Stadt wieder genießen und freust dich auf Spaziergänge, Gelato und einen Sommerspritzer in der Cafebar. Was passt da besser als ein Soundtrack, der dich durch die heißen Tage und Nächte begleitet und dir nächstes Jahr noch davon erzählt, wie schön doch der Sommer 2019 war? Eben. Ein deutsch-englisch-französisch-italienisches Potpourri, das du lieben wirst.

54

* Urlaub in Britannien: Das Faber Magazin traf Franc Moody in London im HEAVEN für ein exklusives Interview, nachzulesen auf Seite 56 und nachzuhören auf faber-magazin.de. Und wie Ned Franc bereits festgestellt hat: »Passau is a city with three rivers, but with only one Franc Moody.« Am 20. Juni kannst du die Jungs im Trägertal live sehen – die letzten Tickets gehen in diesem Moment über den Ladentisch!

3 D O PA M I N E Franc Moody | 2017 | 4:04

Diese Nummer stimuliert sämtliche Rezeptoren: Geslappter Bass, immer unten im Wah-Wah angesiedelt, dominiert den synthielastigen Pop mit Disco-, Funk- und Soul-Vibes. Tanzbar, kraftvoll und eigenständig wirst du in Franc Moody deine neue Lieblingsband entdecken, bevor sie ganz groß wird: »Kannte ich schon bevor sie jeder gehört hat.«


11 VA N I L L E

FRAISE

L’Imperatrice | 2017 | 3:58

Zu diesem Song wirst du dann mit hoher Wahrscheinlichkeit deine Kinder zeugen: An einem heißen Nachmittag am Ilzstausee, mit einem Cornetto Erdbeer als Nachspeise. Taten statt Worte lautet die Devise, deshalb musst du hier nach der Hälfte des Mixtapes mal ohne Lyrics auskommen, bekommst dafür aber einen höchst inspirierenden Song.

12 I T

R U N S T H R O U G H M E ( F E AT. D E L A S O U L)

Tom Misch | 2017 | 3:58

Dass der studierte Jazzgitarrist Tom Misch blutjunge 24 Jahre alt ist, verdammt gut aussieht und es jetzt schon geschafft hat, darf dich nicht stören. Den holst du nämlich sowieso nicht mehr ein. Deinen Bachelor kannst du auch nächstes Semester noch machen. Genieß bis dahin lieber diese irre angenehme, unaufdringliche Jazz-Soul-HipHop-Nummer im Sonnenschein.

13 N E W

John Mayer | 2018 | 3:36

LIGHT

Raus aus der friend zone! John Mayer erkundet mit New Light neues Terrain und schafft es doch wieder, seinen Signature Gitarrenstyle hineinzubasteln. Im Song geht es um das Date das dir noch fehlt, um endlich im richtigen Licht dazustehen, also worauf wartest du? Und auch wenn es nicht klappt: Immerhin kennst du jetzt ein trashiges Musikvideo, das du auf der nächsten Party herzeigen kannst.

14 B I L LY DRAMA | 2016 | 3:34

Leg dich auf den wunderbar weichen Soundteppich und hör dem Bass bei der rhythmischen Arbeit zu. Ruhig aber kraftvoll eignet sich der Song des Chicagoer Duos DRAMA perfekt zum Fokussieren und Motivieren. Nimm dir was vor, sei ein Held, aber bleib entspannt.

15 WAY

B AC K

Rayana Jay | 2017 | 3:00

Das Kopfnicken setzt ab Sekunde 16 ein und ist ab da schwer abzustellen. Sexy R&B mit einer gehörigen Portion Soul und feinen Samples, der dich durch die Fußgängerzone schweben lässt. Du siehst bestimmt nicht so cool aus wie du dich mit »Way Back« im Ohr fühlst, aber wen interessiert’s.

16 L E D

GO

Bilderbuch | 2019 | 4:27

Liebe is the place to be! Ein gepitchtes Sample, kinderliedeske Strophen, die mit zwei Tönen auskommen und ein Beat, den man gar nicht erst zu verstehen braucht. Spätestens wenn die Nummer im Refrain zum Ohrwurm mutiert, solltest du dir zu den trashigen Chören im Sonnenuntergang ein Dosenbier auf dem Balkon aufmachen und zusehen, dass deine Grillwurst nicht verbrennt.

17 N O

LIMITES

Alliance Ethnik | 1999 | 3:06

Die hier gehört eindeutig an den Innstrand. Dass die Pariser Jungs von Alliance Ethnik ihre Wurzeln in aller Herrenländer hatten, ist in der lateinamerikanisch anmutenden 90er-Rapnummer schwer zu überhören. Was du hingegen garantiert überhören wirst, ist dein Alltagslärm.

18 M U S I C

A N D L I G H TS

Imagination | 1982 | 5:23

Das kannst du 2019 unverändert wieder auflegen. Die Achtziger müssen wirklich toll gewesen sein – außer man ist da aufgewachsen, denn die Mode war einfach grauenvoll. Eine falsettige Post-Disco Nummer vom allerfeinsten, passt ganz hervorragend zu einem Absacker in den frühen Morgenstunden. Schönen Gruß von den Bee Gees!

19 H I S T O I R E

D’1 SO I R

Bibi Flash | 1983 | 4:36

Lass mal in den Eighties bleiben. Ein Riff, das du glauben wirst zu kennen. Und dann doch wieder nicht. Oder doch? Oder so ähnlich? Irgendwie entschleunigend und doch mitreißend. Nach einem miesen Tag zieht dich diese Nummer sofort wieder hoch und die Welt fühlt sich plötzlich ganz leicht und heil an.

20 N I G H T

FA L L S

Bibio | 2016 | 3:29

xtape

Das hättest du 1982 unverändert auflegen können. Niemand hätte dahinter Zukunftsmusik vermutet, was die Nummer so zeitlos macht. Ein soulig-weiches Flüsterfeeling, zum Aufwachen oder ins Bett gehen oder auch einfach zwischendurch zum schnell-mal-gut-fühlen. Klingt so sanft aus wie sie anfängt und hinterlässt den Drang, jemanden ganz innig zu umarmen.

»Oui, je came.«

55

Das Mixtape findest du auch auf faber-magazin.de

a m pp us le ic

sp

ot

ify

von DJ Claudio Bravo und Johannes Nagl


Ned Franc und Jon Moody: Zwei Londoner DIY-Musiker, die in Trägertal- und Faber-Kreisen schon seit geraumer Zeit als heißer Geheimtipp gelten. Deutlich weniger pragmatisch als bei der Wahl ihres Bandnamens zeigen sich Franc Moody auf musikalischer Seite, denn ihr 2018er Debütalbum »Dance Moves« klingt, als hätte Soul-Pop mit Funk in einer 70ies-Weltall-Disco auf LSD rumgemacht und dabei eine irre spaßige Zeit gehabt. Die elektrisierende Laune, die von Ned, Jon und ihren vier Live-BandkollegInnen ausgeht, solltet ihr am 20. Juni im Trägertal live Festival dringend selbst erleben. Bis es soweit ist, verkürzen wir euch die Wartezeit ein wenig.

FOTOS — ELIAS DUPPER

56

EIN INTERVIE W M I T F R A N C M O O DY


Das Faber Team machte sich – vielleicht zum letzten Mal ohne Reisepass – auf zum »Urlaub in Britannien« und genoss drei Tage voller genuine British food, süffiger Pints und raging parties. Ganz im Sinne des europäischen Gedankens stand aber vor allem networking und friendmaking im Vordergrund: Wir trafen Franc Moody vor einem restlos ausverkauften Gig im Londoner HEAVEN für ein exklusives Backstage-Interview und sprachen mit Ned und Jon über ihren Sound, Auftritte in Badschränken und den Klinsmann dive. Enjoy, mate! Would you rather How did you find have dinner Faber: What did you guys do before the Franc Moody signature with Jamiroquai’s sound? Jay Kay or go Franc Moody? on a tour with parcels?

tually, we were in the studio, and someone referenced his track ”Little L“ as a record with a bit of a throwaway lyric. We played it in the studio, and we were listening back to it and were like ”Hey, this is the most ridiculously cool record ever“. And the lyrics – amazing, actually – instantly after that, we wrote ”Yuri“, like moments after that. Actually, we just slammed down that bass line … NED See if you can spot the similarities, hahaha. JON Hahaha, exactly. And then other names … Like the early Daft Punk records, again coming from that rave warehouse scene, that kind of feeling they got in their early records. And then, you know, we listen to a whole bunch of stuff, from electronic music through to West African music, through to, you know, Blues and Soul and what not. But yeah, I would say those records are a good example of where we’re sort of trying to base the Franc Moody sound.

NED So, before Franc Moody we were all working in different bands and different things like that. I mean, now, Franc Moody is the focus, really. JON Yeah yeah yeah, so we were both playing in 50’s / 60’s New Orleans Rhythm and Blues style bands, which is kind of dance music in its own right.

So you’ve been making music for a living?

JON We built a studio together with our drummer, Dan Hale, and there was like a collective of musicians in the studio, we worked like an analog recording studio. There were put on parties, like warehouse parties, a bit like you were saying how the Trägertal festival started: Very underground, had a cool atmosphere going on. And we basically started putting them on because we loved doing it, but also we needed some cash, we were like ”How do we make some money?“, so we put on these parties. The energy was just electric, you know. Just like that melting-pot-like dancefloor, sort of, you know, the raucous energy of it all.

JON These warehouse parties were a real inspiration when starting the Franc Moody project. That, combined with not having the space, when we moved studios to record live drums. So we had to start programming drums, and with that, we found that a way to make it sound cool, was just to have them really high in the mix. You know, bringing it into that contemporary sort of drum mix, you know, like dance music, four to the floor kick drum. And then we put our craggy kind of playing on top of that. That was basically where the Franc Moody sound came from: The limitation of not being able to record our live drums.

Are there also artists who influenced your sound?

57

JON I mean, it varies hugely. A huge amount of influence has come into the melting pot in the studio. But there’s a few key artists, I suppose, that really led us into the sound where we’re at now, like George Clinton of Parliament Funkadelic – big influence seeing them live, we went to see them actually as a band last summer. It’s just amazing, the energy they bring when they play Funk music, it’s quite special. And Jamiroquai was another big, big artist. Ac-

JON Oh god … NED I’ll take this one. Definitely dinner with Jay Kay, that would be amazing. He’s got reputations of a bit of a wild man. It would probably be a dinner that would last for about seven days, and who knows what would happen, it would probably be quite fun. I mean, that’s not to say that touring with Parcels wouldn’t be fun, I mean, that would be amazing. I know those guys live in Berlin, don’t they? They relocated to Berlin. I mean, it would be great either way, but I just think on notoriety, Jay Kay just has it.


815.000 monthly ­l isteners – Where do they come from? How do you get there?

Would you rather play in sold out ­ HEAVEN, performing your own songs, or in How’s the tour ­ g oing? the sold out ­W embley Right before the ­S tadium, ­c overing i ­ nterview, you told us Robbie W­ illiams songs? that Dublin was a great success and you just loved it. What was so special ­a bout it? Could it get even better tonight? You’re working on an album right now. When is it going to come out? Anything special planned for it? Any ­f eatures?

think we’re going to keep it just a straight Franc Moody record, but there’s going to be Amber Simone, who is an artist in her own right as well, singing on a couple of numbers, improving the level of the vocals that are already there. And yeah, I think hope­fully it should be completed soon.

JON Here, any day. Although I do love a bit of Robbie Williams, hahaha. NED Tonight we could just play Robbie Williams. JON Yeah, we could announce the encore now. NED Angels! JON I’d rather play in a cupboard in Wembley Stadium’s toilet, playing my own songs than playing in the actual stadium, playing Robbie Williams songs.

NED Well, for the album we’re complet­ ing now, or hope to have it completed fairly soon within the next couple of months or something like that, the bare bones are def­ initely there. I think, ideally we release it at the end of the year, so about October time, somewhere like that. But, I mean, that’s fairly loose at the moment. Featurewise, we

NED Dublin was mental. I mean, last time we played there as well. We’ve been there once before as a band and it was pretty crazy. But this time it was just mad, I mean, it was absolutely mad. We were sold out and when we went out, there were people crying in the crowd – hopefully as a result of it being good, they might as well have been quite depressed. JON Yeah, like “Stop that turd!” NED Yeah, “Stop that turd at the front!“ And people were sitting on peoples’ shoulders and there was sweat dripping off the

58

JON I wish that there was a really obvious answer. NED It is interesting, I mean, the thing about where they come from. JON Yeah, sure, from all around the ­globe, it’s amazing. You know, in Spotify nowadays you can see exactly where people are streaming. There’s rural parts of Russia or whatever, where someone’s listening to ”Yuri“, so, what the hell? It’s really cool. And it’s amazing as well, I think, it helps with planning tours. Hopefully we will be looking at getting off to Australia, cause they’re streaming really well over there and America and stuff like that, so that’s really interesting. But, I mean, we have been so lucky and fortunate, we have the most amazing label and management, Juicebox, who have been with us from the beginning. And they’ve had some really interesting ideas with like, starting by releasing the instrumental EP, which is really just four tracks of instrumentals. And then we started releasing stuff like introducing the voice to the mix instead of cundering up a bit of a scene as it were, rather than going like ”Here’s everything we’ve got“. So I would say that they’ve been a huge influence in us getting to the point where we’re at now, playing HEAVEN tonight. But also, I suppose, mak­ ing sure that you’re super happy with everything you’re putting out. Not putting music out cause you think it might help a certain aspect of the project. This is like being really, really sure that you’re into it and really love it.


ceiling. It was a quite tightly packed room as well. It was just crazy. JON Yeah, I think that was it, a small, packed room, you know, no moving inch, and it was sweaty, no air in it, it was really raucous. It was very, very special, especially when you travel all that ways, you know. So, that was great but tonight should be amazing as well, obviously home turf, for all of us. You know, this is where we live in and record in and stuff, so it’s going to be really special. Really looking forward to it.

Do you like f­ ootball?

NED I’m a huge football fan. I’m a big, big football fan. I’m a season ticket holder of Brighton & Hove Albion, who won’t do so well at the moment, but I’m a big football man. I long to watch football in Ger­ many as well. I need to find a German team to support, actually! Perhaps you guys could help me.

Hah, maybe. But we got another q­ uestion first: Would you rather be a wax figure in Madame ­Tussauds or a special member of your f­ ootball club?

NED Well, I mean that’s very easy for me: 100 % be a special member of my fa­ vourite football team. I feel that being a wax model in Madame Tussauds to be a tiny bit boring and you’d have a lot of people kind of rubbing up against you, poking you, taking photos, sooo maybe … What do you reckon? JON Yeah, I think you’re probably right with that one, it’s just sort of queuing in Madame Tussauds for the rest of your life. But yeah, it could be alright. NED Could we try both things for two days and then decide at the end of that?

We can’t make it ­h appen anyway, so it doesn’t really matter. What do you Do you guys know of when you think ­a nything about Passau? think of Germany? (Ned leaning back, taking his phone out.) JON Uh, sad to say, I know very little about Passau … Umm … Ned, any joy on Google over there? NED (reading from his phone) I have a small knowledge of Passau, which is a German city on the Austrian border, lays at the confluence of the Danube, – oh it’s on the Danube, okay that’s quite amazing, I didn’t know that – Inn and Ilz rivers, known as the ”Three rivers city“. So it’s got three rivers, the Danube probably being the largest of them.

Great “Life on ­P lanets” from the U.S. is the voice of a lot of Wolf – Lamb and Soul Clap songs, which are also ­f eaturing ­P arliament Funkadelic. He’s ­g oing to be Co-­H ead­l iner at the Trägertal live festival in ­P assau. Are you looking forward to playing there, too?

NED I think about beer. JON Yeah, Steins. NED Yeah, huge Mass-Steins. And I think of football, as well. Big time. I think of Jürgen Klinsmann, one of Tottenham’s ­great legends. The Klinsmann dive, I can see him diving now into a Stein in my head. He’s just doing that dive into a Stein. I think of Frankfurters, no, not Frankfurters  … Schnitzels … I mean, I’ve only been there once, so I’m looking forward. I like to keep my mind open as to see what’s going to happen.

We’re pretty sure something great will happen in Passau. Thank you guys for the nice chat and see you at Trägertal!

NED Niiiiice! JON That’s so sick! NED You know, when we get sent festivals through, they’re sort of vetted, they’re chosen through our management team, label and stuff. They offer us only the ones that they think would be best. JON Only the best. NED Only the best, basically. So this being the first German festival we’ve ever done, it’s got everyone’s seal of approval, we’re definitely very very lucky for doing it. So, thank you for asking!

59

DEN FILM ZUM FABER LONDON-TRIP UND AUSSCHNITTE AUS DEM INTERVIEW MIT FRANC MOODY FINDET IHR AUF WWW.FABER-MAGAZIN.DE UND AUF INSTAGRAM @FABERMAGAZIN_PASSAU.


1 7. 5. — 19.5.

derbe zur See ›Magic‹ Der Nino aus Wien &

25.5. PASSAU. Z AUBER BERG

Band 1.6. PASSAU. I NNEN STADT

Nacht der Musik Schwerelos

7.+8.6. WA L L OF FAM E.INNSTADT

Open Air

Forever HIP HOP on the BOAT

9.6. BOOTSPA RTY

Festival Contre Le Racisme Passau

60

11.—15.6. PASSAU.INNENSTADT


15 6. TRÄG ERTA L . HALS

20 6. TRÄG ERTA L .H ALS

23.6. PASSAU. DOM PLATZ

tanz im trägertal

trägertal live Domplatz-Open-Air

mit Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi 29.6.

Passauer Sommer-

nachtsklänge 29.6.

INN RUN 2019

11.+.12.7. PASSAU .ORTSPITZE

12.—.14.7. VORNBACH

Dicht & Ergreifend

61

Rosa Laub Festival


TEXT — JOHANNES NAGL

FOTOS — MANUEL KREUZER

Seit fast vier Jahren quasi um die Ecke und doch für viele Passauer ein Novum. Wer heute in Niederbayern an einer staatlich anerkannten Schauspiel- und Regieakademie studieren möchte, hat genau eine Option: Die Athanor Akademie in Passau Grubweg. Bezirksweit die einzige ihrer Art, und doch: »Ach krass, wusste ich gar nicht.«, »Atha-was?«, »Was machen die?« Das Faber Magazin verschafft einen kleinen Überblick.

AT H A N O R ATMOSPHÄRE T A L E N T S C H M I E D E U N D K U LT U R - G E H E I M T I P P

62

Den Studenten sollte der Umzug vor knapp vier Jahren allerdings am wenigsten ausgemacht haben, denn sie kommen ohnehin aus sämtlichen Ecken Deutschlands, Europas und der Welt. In Athanor – benannt nach dem speziellen Ofen der Alchemisten, ist acht Semestern Regelstudienzeit absolvieren sie ihren staatlich diese Akademie ein Ort, an dem sprichwörtlich Talente geschmieanerkannten Abschluss als Schauspieler oder Regisseur. 25 interdet werden. Und zwar staatlich anerkannt, gefördert und nationale Dozent/innen unterrichten und coachen sie in neun BAföG-berechtigt. Seit Herbst 2015 befindet sich die SchauspielGrundkategorien, die jeweils in mehrere Fächer aufgeteilt sind. und Regieschule im ehemaligen, eigens modernisierten und erUnd hier versammelt sich die geballte Kompetenz: Im Kollegium weiterten Grundschulgebäude in Grubweg. Lediglich die typibefinden sich beispielsweise preisgekrönte junge Filmemacher, sche Schularchitektur und einige grundschuleske Mosaike an den oder HBO-Serienregisseurinnen und Filmschauspieler, die 2019 Wänden erinnern noch an die Zeit, zu der hier die ABC-Schützen Grimme-Preise gewannen. paukten. Denn die hellen Gänge der Eine fundierte und gleichzeitig Akademie lassen sofort beim Betrezeitgemäße Ausbildung ist allen Lehten auf kreatives Tun schließen: Zahlrenden der Athanor Akademie wichreiche Abbildungen der Commedia tig, denn die Zeiten werden schneldell’Arte schmücken die Wände, geler, die Medien werden flexibler. Die schmackvolle Möbel schaffen Räume Akademie legt viel Wert auf die Erund überall verstecken sich Requisiprobung neuer Formen, denn die Entten, Technik oder sonstiger schöpfewicklungen des Theaters sind sehr » rischer Groß- und Kleinkram. Auf über vielfältig geworden. Außerdem: PerDas Prinzip meiner Methode ist es, zu wissen, wo 3.000 qm wird in der Athanor Akadeformative Kunst, Film, Tanz, TV-Serie, die ›Hebel‹ sind: Was bestimmt die Echtheit, mie geprobt, gedreht, gelehrt, geneue Medien … Wie innovativ und undie Stimmigkeit und die Wirkung des Spielvorgangs? sungen, gelagert, gestylt, gebastelt, konventionell die Studenten und Do« gespielt, improvisiert, trainiert und zenten der Athanor Akademie wirkP r o f. D r. D a v i d E s r i g vieles mehr. Die vergrößerten Räumlich arbeiten und schaffen, spürt man lichkeiten waren einer der wertvollen spätestens, wenn man eines ihrer Gewinne, die die Akademie durch Projekte erlebt. Ob wildes, spitzfinden Umzug in die kulturliebende Dreidiges Improvisationstheater des ersflüssestadt erhielt. ten Jahrgangs oder das anspruchsProf. Dr. David Esrig, deutsch-ruvolle Abschlussstück des vierten mänische Regie-Koryphäe und ein ViJahrgangs; die Atmosphäre der Akasionär in Sachen Lehrmethoden, gründete die Athanor Akademie demie fängt den Besucher ein und lässt ihn tagelang nicht los. 1995 in Burghausen, wo den Studenten und Dozenten knapp 20 Das Faber Magazin empfiehlt wärmstens, diese Atmosphäre, Jahre lang Räumlichkeiten der Burg zur Verfügung standen. In die Menschen und vor allem deren Darbietungen einmal aus der eine größere Stadt zu ziehen, eine Universitätsstadt, in ein gröNähe zu betrachten, denn gerade der Passauer Kulturgeist kann ßeres und moderneres Gebäude und vor allem in ein Umfeld, das hier einen unverhofft beeindruckenden Abend erleben. Auf der kulturell gut vernetzt ist, war für die Akademie ein großer und Website athanor.de lässt sich eine Menge über die Akademie, ihre wichtiger Schritt. Philosophie und die Menschen dahinter erfahren.


DIE

E

AUF

DEM

REIGNISSE

WEG

ZU

DEN

EREIGNISSEN

Ein kraftvolles Werk, das in unsere dunkelsten Ecken blickt und einen Funken Licht sucht: ­ »Die Ereignisse«, ein Theaterstück von David Greig aus dem Jahre 2013, strotzt vor Aktualität und Relevanz. Das sah auch Athanor Regie­s tudent Henry Oehlert so und inszenierte das Stück von 10.–12. April 2019 im Institut für Spaß und Gesellschaft. Das Faber Magazin begleitete das Theaterprojekt in den ­Wochen vor der Premiere, beobachtete die Entwicklung des Stücks über die Probenphase und sprach mit Henry Oehlert und den Schauspielern Andi Schlegel und Philip Kevin Brehse über Verantwortung, Zerrissenheit und die Bestie im Menschen.

»Die Proberäume der Athanor Akademie sind alle in einer anderen Farbe gestrichen – wir proben unser Stück im blauen Raum«, erzählt uns Henry, als er die Tür zu dem umfunktionierten Grundschulklassenzimmer öffnet. Eine kleine Bühne, ein paar Stühle, hier und da ein wenig kreative Unordnung. Sind die Wände Kobaltblau oder doch eher Kornblumenblau? Diese Frage klären wir vorerst nicht, denn Philip und Andi stoßen dazu. »Sorry dass wir sind zu spät, wir waren so in unser Gespräch vertieft«, lächelt Philip in charmantem amerikanischem Akzent. Geboren und aufgewachsen in New York, studierte der heute 60-jährige in seiner Heimatstadt Schauspiel und wirkte viele Jahre am Living Theatre NY mit. Die Liebe zu einem Mann hielt ihn während einer Theaterreise in Deutschland und seit einem guten Jahrzehnt ist er an der Athanor Akademie als Dozent für Biomechanik, einem Teilgebiet der Bewegungswissenschaft, tätig. Seine Leidenschaft zum Schauspiel lebt er heute vorrangig im Bereich der Performance Arts in Berlin aus. »Es ist erst mal seltsam«, fängt Philip an, »wenn man als Dozent nach sechs Jahren wieder aktiv auf der Theaterbühne steht. Ich springe in Henrys Inszenierung kurzfristig für eine Studentin ein, die leider verhindert ist. Aber es ist eine großartige und intensive Erfahrung.« Das zustimmende Nicken von Andi ist eindeutig: »Die Konstellation mit Philip macht irre Spaß und naja … so oft erlebt man es auch nicht, dass ein Dozent mal unter Beweis stellen muss, was er kann«, scherzt er augenzwinkernd. Andi Schlegel kam 2001 als kleiner Junge mit seinen Eltern aus Usbekistan nach Passau und studiert nach einigen Jahren Erfahrung in der Statisterie und Bühnentechnik nun im sechsten Semester Schauspiel an der Athanor Akademie. »Aber im Ernst,«, fährt er fort, »mit jeder Probe und mit jedem Tag entwickeln und manifestieren sich neue Facetten im Stück und in unseren Rollen und wir sind manchmal selbst erstaunt, wie viel es da zu entdecken gibt.« Entdecken. Ein wichtiges Schlagwort bei dieser Produktion, denn vor allem Philip entdeckt in seiner Rolle etwas: Sich selbst. »Es ist fast so, als wäre die Rolle des Chorleiters für mich geschrieben worden. Naja, eigentlich Chorleiterin – denn sie ist als Frau angelegt, aber das macht keinen Unterschied. Ich teile im echten Leben einige

63


» Das Stück predigt nichts, es verurteilt auch niemanden. Es stellt einfach nur die richtigen Fragen. « Henry Oehlert

IM PROBENVERLAUF FESTIGEN SICH IDEEN UND EMOTIONEN

64

Eigenschaften mit der Rolle: Angefangen von der Homosexualität über die große Liebe zur Chormusik bis hin zum Engagement für soziale und politische Projekte. Überdies sind wir beide Ausländer.« Die Identifikation mit der Rolle hilft Philip, sich tiefer hinein zu graben. Klar, sich mit einem Gutmenschen zu identifizieren, einem liberalen Musiker, der einen Chor aus Flüchtlingen und sozial Schwachen leitet, stellt schließlich in keiner Weise einen Gewissenskonflikt dar, oder? Wie sieht es da bei Andi aus? In der Hauptsache spielt dieser nämlich einen Attentäter, »den Jungen«, der aus rechtspolitischer Motivation den Großteil von Cedrics (Philips) Sängern während einer Chorprobe erschießt. »Naja, also erstmal: Ich bin natürlich nicht rechtsradikal«, beginnt Andi. »Und ich verübe keine Attentate. Aber es ist nicht so, dass der Junge im Stück als Bösewicht dargestellt wird, sondern als Mensch, der eine schreckliche Tat begangen hat. Die große Frage, die während des Stücks fast monolithisch im Raum steht, ist: Warum? Und ich glaube, hier muss man als Schauspieler anknüpfen. Wo finde ich den Jungen im Alltag? Welche Lasten teilt er mit einem selbst? In welchen Emotionen liegen bei jedem Menschen die Ursprünge, quasi die Samenkörner für seine Greueltaten?« Die Stimmung wird ernst und die Gesichter verfinstern sich. Philip stimmt zu: »Ich glaube, dass jeder Mensch sich vorstellen kann, gewalttätig zu werden. Der eine hat vielleicht noch kaum Bekanntschaft mit dieser inneren Bestie gemacht, ein anderer kennt sie wiederum sehr gut. Warum jemand seinen Menschenverstand über Bord wirft, zur Waffe greift und Menschenleben auslöscht, werden wir zwar dennoch nicht verstehen und das beantwortet auch das Stück nicht für uns. Aber es lässt uns nachdenken, wo die Nährböden für die Samenkörner liegen können. Wo gedeihen sie, wo reifen sie heran?« Henry, der »Die Ereignisse« als Semesterprojekt an der Akademie inszeniert, beschreibt es so: »Das Stück predigt nichts, es verurteilt auch niemanden. Es stellt einfach nur die richtigen Fragen. Denn ich glaube, dass wir zu viel darüber sprechen, welcher Radikale wo welche Tat begangen hat, statt zu fragen, warum er sie begangen hat.« Bewusst provokativ soll Henrys Inszenierung sein und den Zuschauer nachdenken lassen. Schon der Einstieg in das Stück lässt vermuten, dass es keine leichte Kost wird: Philip und Andi treten als Philip und Andi auf und stellen dem Publikum Fragen wie »Haben Sie eine Waffe?« oder »Haben Sie schon mal ein Attentat verübt?«. Eine


KREATIVE DETAILARBEIT: REGISSEUR HENRY (LINKS) FEILT MIT DEN SCHAUSPIELERN AN DER INTERPRETATION.

DAS FABER MAGAZIN SPRICHT MIT HENRY, ANDI UND PHILIP (V. L.) ÜBER IHRE ERFAHRUNGEN MIT DEM STÜCK.

» Mit jeder Probe und mit jedem Tag entwickeln und manifestieren sich neue Facetten im Stück und in unseren Rollen und wir sind manchmal selbst erstaunt, wie viel es da zu entdecken gibt. « Andi Schlegel

65

Diskussion über »den Jungen« und sein Attentat entbrennt zwischen den beiden und Philip geht ans Klavier, um die Situation der Chorprobe nachzustellen. Er bittet das Publikum aufzustehen und ehe man sich versieht, ist man als Chorsänger in die Szene integriert und macht amüsante Einsing-Übungen mit Philip, der übergangslos in die Rolle des Chorleiters Cedric geschlüpft ist. Es ist erschreckend, wie aus dieser spaßigen und lockeren Atmosphäre heraus blanke Beklemmung am eigenen Leib zu spüren ist, als Andi, der unbemerkt aus dem Fokus verschwunden war, plötzlich als »der Junge« in die Chorprobe hereinplatzt und schreit: »Alle die hierher gehören, RAUS!«. Damit meint er die Deutschen unter uns, denn denen will er nichts tun. Das schummrige Licht, die Nebelmaschine, das Wissen um das Vorhaben des Jungen – Schaudern geht durch den Raum, obwohl jeder Zuschauer weiß, dass er sich im Theater befindet. Cedric bittet ihn – sichtlich verunsichert – mitzusingen, doch die Unberechenbarkeit des Jungen ist allgegenwärtig. Man ertappt sich beim erleichterten Aufseufzen, als die Szene jäh unterbrochen wird: Philip ist wieder Philip, Andi ist wieder Andi und sie diskutieren weiter. Über die Motive, über den Hintergrund des Attentäters. Es folgen mehrere Sequenzen, in denen Cedrics Obsession immer deutlicher wird: Als einziger Überlebender des Attentats ist er vernarrt in die Vorstellung, dass es einen eindeutigen Grund für das Handeln »des Jungen« gegeben haben muss. Philip ermöglicht durch sein markantes, ehrliches Spiel tiefe Blicke in die Zerrissenheit Cedrics zu und nimmt das Publikum auf seine emotional aufwühlende Suche nach Antworten mit. Vielleicht kann der Pfarrer es erklären? Der Vater des Jungen? Der Politiker der rechten Partei, der »der Junge« angehörte? Immerhin hatte dieser seinen Chor auf eine Liste »staatlich subventionierter, multikultureller Propaganda« im Internet gesetzt. Andi steht Philip Rede und Antwort und schlüpft in all diese Rollen, wobei er durch sein intensives und wandelbares Spiel begeistert. Sogar in die Rolle von Cedrics Psychiater und auch in die seines Geliebten schlüpft er. Nackte Oberkörper, Parallelen zwischen Erotik und Mordlust. Warum sind Menschen auf diese bizarre Art mordgeil? Kann man die wachsende Rachsucht Cedrics nachvollziehen? Kann man verstehen, warum er am Ende »den Jungen« im Gefängnis vergiftet? Die Themen sind hart und eine erkennbare Chronologie oder Ordnung sucht der Zuschauer vergebens. Mit Absicht: Henry


jung einsam radikal

will herausfordern. Auch der Bühnenaufbau könnte ungelernter nicht sein: Podeste, die im halbkreisförmig zueinander sitzenden Publikum verteilt sind, drei Leinwände, die sich als erweiterte Bühne entpuppen. Einspieler zeigen ein Live-Interview des Jungen mit einer YouTuberin oder etwa den vorher aufgezeichneten Chor bei der Probe. Ist es okay, wenn ich mir »den Jungen« als GoPro-Livebild auf Leinwand ansehe und nicht den Schauspieler selbst? Der Zuschauer ist gezwungen, die gewohnte Theaterumgebung zu vergessen und sein eigenes Erlebnis zu finden. Manche Monologe und auch Dialoge werden über Mikrofone geführt, Podeste werden gewechselt, ein Schrei schallt vom anderen Ende des Institus wider. Gareth McGregor untermalt intensive Szenen mit Songs wie »Where is my mind« von den Pixies oder etwa »Creep« von Radiohead in sanft gesungenen Pianoversionen. Eine Inszenierung auf vielen Ebenen, sowohl visuell als auch audiovisuell. Und auch Social Media Referenzen sind zu finden, denn Henry sieht hier eine Schwierigkeit: »Viele Leute machen es sich leicht und denken, dass sie mit Facebook-Aktivismus ihre politische und soziale Pflicht getan haben. Was wir hier versuchen, ist, einen Dialog anzuregen. Es ist wichtig, dass die Menschen nachdenken und miteinander reden, statt ehrenhafte Facebook-Gruppen zu liken. Woher kommt der Drang zur Gewalt? Warum denken Menschen, dass sie ihrer Meinung Raum durch Gewalt schaffen müssen? Und was können wir als Gesellschaft tun, wo liegt unsere Herausforderung?« »Die Ereignisse« hinterlässt neben vielen Fragen vor allem eine Mischung aus Staunen, Beklemmung und Tatendrang. Das Institut wurde an diesem Abend zur Bühne der anderen Art und bot neben bewegender schauspielerischer Leistung vor allem Idealismus, viel Kreativität und Inspiration. Denn was uns das Stück am Ende lehrt, ist so tröstlich wie beunruhigend: »Was auch immer der Grund ist, es gibt nicht EINEN Grund.«

Andi EINE INTENSIVE UND BEEINDRUCKENDE VORSTELLUNG: „DIE EREIGNISSE“ IM INSTITUT FÜR SPASS UND GESELLSCHAFT

zerrissen traurig rachsüchtig

PS: Der Raum ist Kornblumenblau.

Veranstaltungsvorschau WÖRTER|KÖRPER 05./06./07. Mai im Zauberberg Passau 2. Jahrgang

ROMEO UND JULIA Filmabend Öffentliche Präsentation 15.7. in der Akademie 3. Jahrgang

Änderungen vorbehalten.

66

Philip


Fokus auf das Verborgene Zwei seiner großen Leidenschaften sind es, die Manuel Theodor Kreuzer in ­s tudio095 vereint: Architektur und Foto­ grafie. Die emotionale Herangehensweise prägt den Stil von studio095, denn hier bedeutet Architekturfotografie mehr als nur Weitwinkelaufnahmen von Gebäuden. Archi­t ektur entsteht aus Gedanken und Ideen, aus Bedürfnissen und Wünschen. All dem muss eine ­Fotografie gerecht werden, denn in jedem Bauwerk wollen ­S trukturen, Details und Atmosphäre entdeckt und als Teil einer Komposition erkannt werden. studio095 steht nicht für kühle Hochglanzfotografie, sondern rückt die Dinge in den Fokus, die nicht offensichtlich sind. So entstehen Szenen aus Licht, Schatten und Materialien, die so klar wie tiefgründig sind. Für das Faber Magazin hat Manuel T. Kreuzer markante Objekte und Strukturen

STADTTURM  PASSAU MITTE  FRIEDL + PARTNER ARCHITEKTEN

in Passau fotografiert.

67


68

KAPUZINERSTRASSE 37  INNSTADT  STUDIO FÜR ARCHITEKTUR BERND VORDERMEIER


ARCHIV DES BISTUMS PASSAU  HACKLBERG  KOEBERL DOERINGER ARCHITEKTEN

69


I N

E I G E N E R

S A C H E

Ein Passauer Novum in der novum

Seit 1924 zählt die »novum — world of graphic design« zu den einflussreichsten und führenden Designmagazinen weltweit. Monatlich werden hier herausragende Arbeiten aus den Bereichen Grafikdesign, Illustration, Corporate Design, Verpackung und Typografie präsentiert. So auch das Faber Magazin: In der novum 02/19 bekamen wir eine Seite ehrlichen Lobes.

»Kein Titelfoto, dafür plakative Typografie – und von Mal zu Mal neu. Dass jede Ausgabe des Faber Magazins anders aussieht und einen sowohl gestalterischen als auch typografischen Eigenwillen besitzt, muss man erst einmal verstehen. Und hier beginnt die Mission: Den Leser aus der gewohnten, glattgezogenen Magazinwelt holen und eine grafische Vielgestalt schaffen, die die Ausgaben untereinander verbindet.« Die novum sieht als maßgebliches Merkmal des Faber »… unerwartete und auch unbequeme Themen, die mit ungewohnter, Das beschreibt aus unserer Sicht nicht nur den

salsatz, gestürzte Zeilen, massive Fonts oder

Ansatz, sondern auch den gesamten Hinter-

kompresse Zeilen machen dabei eher auf den

grund des Faber Magazins: Unserer Heimatstadt

Inhalt neugierig, als dass sie den Lesefluss

Passau ein Medium zu geben, das abseits

stören.« Das spezifische Erscheinungsbild, das

des Mainstreams funktioniert und dabei sowohl

jedem einzelnen Artikel gegönnt wird, wird

inhaltlich als auch gestalterisch auf den zwei-

zum Konzept und sorgt laut novum für Dynamik.

ten oder dritten Blick den Kern offenbart.

Faber Grafiker Manuel Kreuzer versteht das

Ohne Profilierungsdrang und Profitsucht, dafür

Magazin ausdrücklich als experimentelle Spiel-

mit viel Ideologie, Freundschaft und Spaß.

wiese, und auch die novum ist der Meinung,

Dass das bereits nach so kurzer Zeit internati-

dass nicht jede Lösung den »Regeln strenger

onal Beachtung findet, macht uns stolz und

Design-Auguren« folgen muss.

ehrlich gesagt ganz schön baff.

70

rein typografischer Inszenierung auftreten. Ver-


Danke an die novum. Danke an unsere Leserinnen und Leser.

71


19

16

6

18

25

13

21

5

23

15

11

9

2

13

2 4

22

3 4 14

5 1

12

27

11

10 24

7

1 3

1 Was bekommt der Torschützenkönig der Passauer Fußball Stadtmeisterschaft? 12 2 Welche Passauer Band hat 2018 ihre Single »Ende September« veröffentlicht? 3 Gasse in Passau? 4 Vorname des Roots-Vorbesitzers? 5 Heute Journey. Früher? 6 Austragungsort des Pfingst-Open-Airs in Passau in den 90ern? 7 Fluss in Passau? 8 Bürgermeisterkandidat Passau? 9 Bekanntes Startup aus Passau? 10 Band aus London, die am 20. Juni ins Trägertal kommt? 11 Dicht und …? 12 Wer sah mit 10 schon aus wie mit 12? 13 Gibt’s in Passau die größte der Welt? 14 Passauer Stadtteil? 15 Coolstes Passauer Magazin? 16 Ganzer Name der neuen Lokalität am Anger (ehem. Spinne)? 17 Militanter Nichtraucher? 18 Größter Arbeitgeber in Passau? 19 Wer beißt sich an der Theke fest? 20 Größter Stadtteil Passaus (Fläche)? 21 Trendsport, der bald mit einer Halle nach Passau kommt? 22 Großes Passauer Fußball-Hallenturnier? 23 Mit wem machte Erobique Urlaub in Italien? 24 Hat eine komische politische Einstellung und stellv. Schatzmeister der AFD Passau? 25 Spitzname des Vorstandsvorsitzenden von SV Schalding/Heining? 26 Zweiter Roman von Friedemann Karig? 27 Schlagersänger und Interpret vom Pipi-Henderl-Song?

20

9

8 17

6 8 26

7

10

Unter allen Einsendungen, die das richtige Lösungswort nennen, verlosen wir ein T-Shirt, gestaltet von Steffi Bauer und 2 Tickets für »Dicht & Ergreifend« am 12.7.19 beim Eulenspiegel Festival. Die Lösungen bitte an verlag@faber-magazin.de senden. Einsendeschluss ist der 1.7.19, 0 Uhr. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

72

LÖSUNGSWORT


Mi 03.07. WOLFGANG KREBS Geh zu, bleib da! Do 04.07. GRANADA & Gäste Ge Bitte 2019

Sa 13.07. DREIVIERTELBLUT

Diskothek Maria Elend

Fr 05.07. PAM PAM IDA & das Silberfischorchester

So 14.07. BODO WARTKE Klaviersdelikte

Fr 05.07. KUNSTNACHT

Mi 17.07. HANS SÖLLNER Solo

Sa 06.07. MAXI SCHAFROTH Faszination Bayern So 07.07. SÜDEN II

Do 18.07. FRANK-MARKUS BARWASSER als ERWIN PELZIG Weg von hier

Mi 10.07. HANNES RINGLSTETTER & Band

Sa 20.07. HERBERT & SCHNIPSI

Die gwohnte Gäng

Schmidbauer•Pollina•Kälberer Tour 2019 Fürchtet Euch nicht! Tour 2019

Do 11.07. DICHT & ERGREIFEND Ghetto mi nix o-Tour 2019

Di 16.07. EULENSPIEGEL POETRY SLAM Vol. 5

Fr 19.07. HAN’S KLAFFL Nachschlag! Eh ich es vergesse... Best-of: Zeitreise mit Schlaglöchern

So 21.07. LABRASSBANDA LaBrassBanda Tour 2019

Fr 12.07. DICHT & ERGREIFEND Ghetto mi nix o-Tour 2019 TICKETS: PNP, OPTIK SOMMER, BÜCHER PUSTET, CAFÉ HORNSTEINER, WWW.RESERVIX.DE UND WWW.EVENTIM.DE VERANSTALTER: EULENSPIEGEL CONCERTS, TILL HOFMANN • WWW.EULENSPIEGEL-PASSAU.DE

Aufgeblüht 20.-26. Mai 2019

PASSAUS GRÜNE WOCHE

Vieles rund um bewusste Ernährung, Gartenwelt sowie Sport & Bewegung

24. + 25. Mai / Theresienstraße

Fest der Goldpomeranze

Veranstalter: City Marketing Passau e.V.

Infos: www.cmp-passau.de


Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten (m/w/d) ab 01.09.2020 in den Geschäftsstellen in Bad Griesbach, Hauzenberg, Passau, Pocking und Vilshofen

Das erwartet dich

Das bringst du mit

• Lerne eine verantwortungsvolle Tätigkeit mit und für Menschen hautnah kennen. • Erwerbe grundlegende Kenntnisse in Sozialversicherungs- und Rechtslehre, Marketing und Datenschutz sowie Rechnungswesen und Wirtschaftslehre. • Kommunikation mit Kunden gehört zu deinen Hauptaufgaben. • Arbeite in einer modernen Arbeitsumgebung mit den aktuellsten IT-Systemen.

• Du hast das Abitur, die Fachhochschulreife oder die mittlere Reife erfolgreich absolviert. • Du kannst dich mündlich und schriftlich sehr gut ausdrücken. • Du besitzt ein offenes und freundliches Auftreten und arbeitest gern im Team. • Ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, Service- und Kundenorientierung sowie Einsatz- und Reisebereitschaft zeichnen dich aus.

STEUER ERSTATTUNG

Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt.

Zeig uns, wer du bist! • Wir freuen uns auf deine Onlinebewerbung bis zum 27.09.2019. • Für Fragen zur Ausbildung steht dir Birgit Holzner (Telefon: 0851 5302-302) gern zur Verfügung. www.aok.de/karrierestart

Holzinger Steuerberatungsgesellschaft mbH 1. P LAT Z

Attraktivste Arbeitgeber Für Schüler 2018 Versicherungen

www.partner4tax.de

Neuburger Str. 101 94036 Passau Telefon +49 851 94990-0 Telefax +49 851 94990-50 E-Mail info@partner4tax.de


trägertal live 20/6/19

präsentiert von

Life on Planets Franc Moody

TICKETS 15 EURO

A

N

D

SAMT M

O

R

E

Matija Paradiso

traegertal


mkreuzer.de T. 0851 96699900 Firmianstr. 10 94032 Passau


Kulturwochen hauzenberg 3.5.— 27.7. 19

M A I

das programm 2019 3. mai — 27. Juli Fr. 3.5. | 19:30 Uhr | Adalbert-Stifter-Halle, Hauzenberg

eröffnungskonzert

Trio Adorno

Fr. 31.5. | 20 Uhr | Hof Kinateder, Sickling

im rahmen des böllerschützenfestes

J U N I

Christian Willisohn

Mo. 10.6. | 11 Uhr | Gidibauer-Hof, Hauzenberg

musikalisch-kulinarischer frühschoppen

4 Buam und ein Heurigenbuffet

Fr. 28.6. | 19:30 Uhr | Granitzentrum Hauzenberg

forum hauzenberg

Steffi Bauer Textile Design & Illustration

J U L I

Siedlungsgeschichte des Bayerischen Waldes Sa. 6.7. | 19:30 Uhr | Granitzentrum Hauzenberg

bach trifft tango

Glorvigen Trio Sa. 27.7. | 19:30 Uhr | Pfarrkirche St. Vitus, Hauzenberg

chor-orchester-konzert

+49 1775980460 hello@steffibauer.com steffibauer.com

Joseph Haydn Kartenvorverkauf Rathaus Hauzenberg – Tourismusbüro PNP-Geschäftsstellen und online

www.kultur wochen-hauzenberg.de


Wo möchten Sie leben? Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück? Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten? Was ist für Sie das größte Unglück? Ihre liebsten Romanhelden? Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Ihre Lieblingsheldinnen/-helden in der Wirklichkeit? Ihr Lieblingsmaler? Ihr Lieblingsautor? Ihr Lieblingskomponist? Welche Eigenschaften schätzen sie bei einer Frau am meisten? Welche Eigenschaften schätzen sie bei einem Mann am meisten?

Frage bogen nach Marcel Proust beant wortet von Spitzbua Markus

Ihre Lieblingstugend? Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Wer oder was hätten Sie gern sein mögen? Ihr Hauptcharakterzug?

Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten? Ihr größter Fehler? Ihr Traum vom Glück? Was wäre für Sie das größte Unglück? Was möchten Sie sein? Ihre Lieblingsfarbe? Ihre Lieblingsblume? Ihr Lieblingsvogel? Ihr Lieblingsschriftsteller? Ihr Lieblingslyriker? Ihre Helden der Wirklichkeit? Ihre Heldinnen in der Geschichte? Ihre Lieblingsnamen? Was verabscheuen sie am meisten? Welche geschichtlichen Gestalten verabscheuen Sie am meisten? Welche Reform bewundern Sie am meisten? Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Wie möchten Sie gern sterben?

Ihr Motto?

78

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?


Wir haben für jeden das richtige Auto! Über 600 sofort verfügbare Fahrzeuge: www.auto-roehr.de Volkswagen Zentrum Passau

Audi Zentrum Passau

Auto Röhr Skoda

Spitalhofstr. 61/70, 94032 Passau

Pionierstr. 2, 94036 Passau

Spitalhofstr. 61/70, 94032 Passau

Auto Röhr Grafenau

Erich Röhr Vilshofen

Erich Röhr Tittling

Frauenberg 13, 94481 Grafenau

Kapuzinerstr. 108-111, 94474 Vilshofen

Kaltenecker Str. 6, 94104 Tittling

Golf GTI Kraftstoffverbrauch l/100 km: innerorts 7,8 / außerorts 5,5 / komb. 6,4; CO2-Emissionen g/km: 148; Effizienzklasse C


WIDMUNG »Give the goal!« Am 28. April gab Leeds United Trainer Marcelo Bielsa seiner Mannschaft die umstrittene Anweisung, den Gegner Aston Villa das Tor zum Ausgleich schießen zu lassen. Seine Mannschaft hatte trotz des verletzt am Boden liegenden Jonathan Kodija im Angriff zuvor das 1:0 erzielt. Für diesen Akt höchst ehrenwerter Sportlichkeit widmen wir diese Ausgabe Marcelo Bielsa. »Vielen Dank für Ihren Besuch im Studio.« Außerdem gilt diese Ausgabe dem ORF Moderator Armin Wolf. In seinem Interview mit FPÖ Generalsekretär Harald Vilimsky zeigte er – unter Einsatz der eigenen beruflichen Existenz – die schamlosen sowie gefährlichen Täuschungsversuche eines banalen, aber äußerst hochrangigen Rechtspopulisten deutlich auf.

I M P R E S S U M F A B E R M A G A Z I N # 3

HERAUSGEBER Faber Verlag GbR Felix Fuchs & Manuel Kreuzer Firmianstraße 10 94032 Passau

P ROJEKT­ M AN AG EM EN T  / ­ AN ZEI G EN Felix Fuchs felix@faber-magazin.de 0175 3657413

TE XTE

Elias Dupper elias@faber-magazin.de Johannes Nagl johannes@faber-magazin.de

G RAF I K

Manuel Kreuzer manuel@faber-magazin.de mkreuzer.de 0851 96699900

FOTOS

Simona Kehl mail@simonakehl.com Manuel Kreuzer mail@studio095.de

FA B E R - M A G A Z I N . D E

KONT R IBU­TO R E N Friedemann Karig Markus Jaursch Christian Hassmann Una [ Most wanted Models ] Anne Lang Stefanie Bauer Uli Popp Familie Piwowarsky Private Emma Spitzbua Markus Claas Rinozeros werc Textilveredelung Dr. Marion Bornscheuer Franc Moody Stefan Gunnesch Benedikt Meisenberger Atlantis Müller Taufiqullah »Taufik« Ashrafi Coco Bella Grete & Faust


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.