Esterhazy News 2022

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Esterhazy NEWS

Von der Esterhazyschnitte zum Leitbetrieb Der gebürtige Schweizer Stefan Ottrubay wurde Ende des Jahres 2001 von Melinda Esterházy mit der Leitung der Esterhazy Stiftungen und Betriebe betraut. Seither managt er mit Wohnsitz Eisenstadt die vielfältigen Aktivitäten des Unternehmens und hat dabei seine Wahlheimat Burgenland auch in großen Bereichen mitgestaltet.

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as Feiern zum 20-Jahr-Jubiläum seiner Arbeit für ­Esterhazy war durch die Pandemie ebenso beeinträchtigt wie die 100-Jahr-Feiern des Landes Burgenland. Peter Menasse, Publizist und Kommunikationsexperte, sprach mit Stefan Ottrubay über seine Erfahrungen mit seiner Wahlheimat, die Zielsetzungen, die Führung von motivierten Mitarbeitern, seine Ansichten zu Kunst und Kultur, zu strukturellen Themen der Politik und über vieles mehr. Herr Dr. Ottrubay, Sie sind in der Schweiz aufgewachsen und haben dort und später auch im Osten Europas höchst erfolgreich als Manager im Banken- und Versicherungswesen gearbeitet. Dann kam der Ruf ins kleine Burgenland. Haben Sie gezögert, Land und Branche zu wechseln? Ich war schon Jahre vor meinem endgültigen Wechsel Vorstand in einer der Stiftungen von ­Esterhazy, aber das hieß bloß drei bis vier Reisen pro Jahr. Also ein Kennenlernen auf Distanz.

„Wir haben in unseren Sammlungen und Publikationen riesige histori­sche Schätze.“ Stefan Ottrubay, Direktionsrat der Esterhazy Stiftungen

Als ich dann von der Fürstin gebeten wurde, in Eisenstadt zu beginnen, war das schon ein Sprung ins kalte Wasser. Aber ich wurde gut empfangen, nicht zuletzt auch deshalb, weil ich ein ganz gutes Weinwissen hatte. In Ungarn hat sich meine Familie nach der Wende an einem Weingut beteiligt. Das war meine erste starke Brücke nach Österreich. Mit Weinwissen kommt man generell weit im Burgenland, damit war der „Kulturschock“ gering.

2 Esterhazy NEWS | Jahrgang 2022

Leute, die sich an die Zeit vor Ihrer Tätigkeit für ­Esterhazy vor zwanzig und mehr Jahren erinnern, erzählen meist, dass die Aktivitäten eher einer Verwaltung als einem erfolgreichen Management glichen. Wie haben Sie den Betrieb hier vorgefunden? Ja, es war alles sehr verschlafen. Es wurden Mieten und Zinsen aus dem Bestand lukriert, aber das war es auch. Neu entwickelt und investiert wurde fast nichts, und vor allem gab es den Bereich Tourismus, Kultur und Veranstaltungen gar nicht, welchen wir dann ab 2004 aufgebaut haben. Die Abteilung für Immobilien bestand beispielsweise aus einem älteren ehemaligen Landwirtschaftsleiter und vier Mitarbeiterinnen für die Buchhaltung. Heute arbeiten in diesem Bereich über 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die parallel vier bis fünf große Projekte und viele kleinere betreuen können. Oft fragen Bürgermeister an, ob wir ihre Gemeinde kurzfristig organisatorisch unterstützen können. Wenn man betriebswirtschaftliche Kriterien einführt, macht man sich nicht nur Freunde. Wie war das zu Beginn, gab es Anfeindungen? Es gab die ältere Generation, von der dann mehrere in den wohlverdienten Ruhestand traten. Viele der Jüngeren allerdings hatten große Ambitionen. Sie waren dankbar, dass endlich frischer Wind in den Betrieb gekommen war. Aufgrund meiner Tätigkeit für große internationale Unternehmen in Ungarn hatte ich Erfahrung darin, wie man Veränderungen managt. Wir haben in einem modernen Sinne die Betroffenen zu Beteiligten gemacht. Damit waren fast alle eingebunden und die Widerstände gering. In kaum zwei Jahren hatten wir die Stiftung neu aufgestellt und die Mitarbeiter stark motiviert. Es dürfte aber anfangs mit der Rekrutierung von neuen Mitarbeitern nicht immer leicht gewesen sein. Es gab da doch auch Fluktuation. Warum? Zu Beginn hatten wir in den betreffenden Branchen keinen Namen, kein Renommee. Außer „Adel“ und „Esterhazyschnitte“ haben die meisten nichts mit uns assoziiert. Damit konnten wir nicht wirklich die großen Talente gewinnen. Zu dieser Zeit hatten wir nicht einmal einen Personalverantwortlichen. Mit den Jahren wurden wir

am Markt stärker anerkannt und gewannen immer bessere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In neuen Geschäftsbereichen waren wir fast wie ein Start-up Unternehmen, diese haben sowohl im Wiener Raum wie auch hier im Burgenland oft stärkere Fluktuationen, bis sich Stabilität einstellt. Wir hatten die reifen Bereiche, wie Forstund Landwirtschaft und Immobilien, die anderen Betriebsbereiche aber begannen vor 10 bis 15 Jahren eben wie kleine Start-ups. Der Großteil davon steht heute stabil und erfolgreich da. Inzwischen sind wir in ruhigem Fahrwasser und eine große Zahl von hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist in den insgesamt zwölf Unternehmensbereichen tätig. Die ­Esterhazy'schen Unternehmen beschäftigen viele Frauen in höheren Positionen. Ist das Zufall oder sehen Sie sich als besonderen Frauenförderer? Ich habe dazu eine recht rationale Einstellung. Zum einen gibt es zusehends mehr Frauen, die eine sehr gute Ausbildung haben und stark motiviert sind, aber oft keine entsprechende Position gefunden haben. Seitdem ich als Manager tätig bin, habe ich nach drei einfachen Grundsätzen gehandelt. Erstens wird kein machohaftes Auftreten im Betrieb geduldet, zweitens wird jeder Frau grundsätzlich die gleichen Chancen geboten und drittens unterstützt der Betrieb die Mitarbeiterinnen, wenn sie wegen Familie und Kindern einige Zeit aussetzen wollen oder müssen. Dieses Verhalten bringt dem Unternehmen große Sympathien und Loyalität und bewirkt eine überdurchschnittliche Verbundenheit der Mitarbeiterinnen. Das schlägt sich in besonders guten Leistungen nieder und hilft, interne Konflikte zu vermeiden. Meine über 30-jährige Erfahrung hat mir gezeigt, dass so für alle Seiten eine Win-Win-Situation geschaffen wird, für die Mitarbeiterinnen wie für das Unternehmen. Wie haben Sie das gesellschaftliche Umfeld im Burgenland vor zwanzig Jahren erlebt? Das Positive, gleichzeitig aber auch die Herausforderung, war der kleinräumige, ländliche Raum. Jeder kennt jeden, man erfährt über den anderen sehr schnell, woher er kommt und was er will und wie sein Umfeld aussieht. Damit musste ich zu leben lernen. Ich habe zuvor immer in großen


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