Hintergrund - G20 - Schulden auf der Agenda in St. Petersburg

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G20: Staatsverschuldung auf der Agenda der G20 in St. Petersburg

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Hintergrund – G20: Staatsverschuldung auf der Agenda der G20 in St. Petersburg Erschienen:20.02.2012 erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung e.V. Carl-Mosterts-Platz 1 40477 Düsseldorf Tel.: +49 (0) 211 - 46 93 - 196 Fax: +49 (0) 211 - 46 93 – 197 E-Mail: buero@erlassjahr.de Website: www.erlassjahr.de Autor: Jürgen Kaiser V.i.S.d.P Sebastian Bonse Öffentlichkeitsarbeit Tel.: +49 (0) 211 - 46 93 - 211 E-Mail: s.bonse@erlassjahr.de Bildnachweis: Titel: Svetlana Kuznetsova, Shutterstock.com

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Die gute Nachricht Eines der Ziele für 2013 hat erlassjahr.de eigentlich schon erreicht: Am 15. Februar erklärte der russische Finanzminister Anton Siluanov, dass öffentliche Schulden als neues Thema auf die G20 Agenda 2013 gesetzt würden. Und tatsächlich: das Abschlusscommuniqué des Treffens der Minister und Notenbankchefs widmet zwei seiner 26 Punkte (nämlich 10 & 11) dem Thema „Öffentliche Kreditaufnahme und Schuldentragfähigkeit“. Das ist die gute Nachricht. Seit Ausbruch der globalen Krise haben die G20 öffentliche Überschuldung stets als eine Frage neuer Mittelmobilisierung zur Krisenfinanzierung behandelt. Siluanov und das Communiqué vom 16.2. scheinen nun die Tür zu einer systemischeren Sichtweise wenigstens einen kleinen Spalt weit zu öffnen. Die Schlüsselbegriffe dafür sind „Schuldentragfähigkeit“ und die „Auswirkungen von Unsicherheiten im Finanzsektor auf die öffentlichen Haushalte“. Das könnte einen Einstiegspunkt für diejenigen G20-Mitglieder bedeuten, die eine weiter reichende Reform des globalen Kreditsystems auf ihre Fahnen geschrieben haben. Die schlechte Nachricht Die schlechte Nachricht allerdings ist, dass dieses kleine Stückchen Reformperspektive unter einem Berg traditioneller Sprachregelungen begraben ist und Mandate vor allem denjenigen erteilt, die eher Teil des Problems als der Lösung sind: •

Schuldenmanagement wird ausdrücklich als eine technische Angelegenheit behandelt, indem auf die WB/IWF „Guidelines for Public Debt Management“ verwiesen wird. Dieses Papier von 2001 ist eine grottenlangweilige Ansammlung von Aufforderungen zu harmonischen Miteinander von Schuldnern und Gläubigern unter der freundlichen Aufsicht von Bank und Fonds. Diese technische Sichtweise hat Minister Siluanov in seiner Pressekonferenz nach dem Gipfel nochmals unterstrichen. Ein weiterer konkreter Bezug geht auf die Arbeit der OECD im gleichen Themenfeld, also wiederum eines Clubs von Gläubigerländern. Ausgewogenere Bemühungen wie etwa die UNCTAD-Prinzipien werden ignoriert.

Die Reduktion des Themas auf seine technischen Dimensionen hatte sich schon bei der IWF/WB-Jahrestagung in Tokio im Oktober 2012 abgezeichnet, als sehr ambitionierten Ankündigungen aus Moskau zunächst nur ein Diskurs des russischen Vize-Finanzministers folgte, der ganz auf solche technischen Fragen orientiert war – als ob die Frage der richtigen Schuldenverwaltungs-Software und das Zusammenspiele von Front Office und Back Office im Finanzministerium ein Thema für die G20 wäre. Dass die Russen nach ersten und guten Bemühungen, das brennendste Problem der Eurozone und vieler Länder im Süden tatsächlich in Angriff zu nehmen, Gegenwind von anderen G20-Staaten bekommen hatten, war in Tokio mit Händen zu greifen. Nach noch unbestätigten Meldungen aus Moskau ist ein G20-Seminar zu Thema Öffentliche Verschuldung, welches auf der G20-Website immer noch für Mitte März angekündigt wurde, auf „später im Frühling“ verschoben worden. Wir kann es weitergehen? Nachdem die G20 öffentliche Überschuldung jahrelang nur aus einer Finanzierungsperspektive gesehen haben, ist selbst die schüchterne und uneindeutige russische Initiative eine zu 3


wertvolle Chance um sie ungenutzt zu lassen. Zivilgesellschaft sollte den Dialog mit den G20-Mitgliedern suchen, und insbesondere diejenigen, die eine Reform internationaler Schuldner-Gläubiger-Beziehungen auf ihre Fahnen geschrieben haben – vor allem Argentinien und Deutschland – dazu ermutigen, dieses noch schüchterne russische Mandat kräftig auszuweiten. Konkrete Anknüpfungspunkte dafür könnten sein: •

An der Frage, wie Schuldentragfähigkeit definiert wird und wer sie definiert, entscheiden sich sowohl in der Eurozone als auch im globalen Süden die Schicksale ganz unterschiedlicherer Länder von Zypern über Jamaika und Zimbabwe bis zu Serbien. Das geplante Seminar in Moskau wäre eine exzellente Chance. Es sollte nicht nur mit den routinemäßigen Tagungen der Weltbank zum Schuldenmanagement (dieses Jahr Anfang Mai in Berlin) verknüpft werden, sondern auch mit Diskussionssträngen im UN-System, unter führenden Akademikern und in der Zivilgesellschaft.

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